[Januar 2008] - Leben auf dem Abstellgleis

Kartoffelgratin

Heiss und Fettig
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17. Februar 2008
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In einem abgestellten Wagon, in welchem wohl vor kurzem erst Vieh aus weiten Teilen Deutschlands nach Finstertal transportiert wurde, raschelte in zufälligen Abständen das Stroh in der rechten Ecke. Die Tiere, die mit diesem Wagon hergebracht wurden, waren schon längst verladen worden, doch hatte es das zuständige Unternehmen versäumt den Wagen zu säubern. Es roch stark nach Urin, Kot und nach etwas, was normale Menschen nicht in der Lage waren zu riechen. Todesangst.

Im Stroh fiepte es kurz. Danach hörte das Rascheln für einen Augenblick ganz auf. Sonst war auf dem Güterbahnhof kaum ein Laut auszumachen. Beinahe beängstigende Stille lag über diesem Ort, ganz im Gegensatz zum Lautstärkepegel bei Tageslicht, wenn einfahrende Züge koordiniert, Waren umgeschlagen und das eine oder andere dreckige Geschäft erledigt werden musste. Aus dem Stroh krabbelte eine dünne, jedoch relativ große, weiße Katze mit 3 schwarzen Flecken auf dem Köpfchen, im Maul eine fette, graue Ratte. Die Katze lief ein Stück durch den Wagon, bevor sie durch die weit offen stehende Schiebetür sprang um sich draussen, neben einem alten Autoreifen, zum Fressen nieder zu legen. Aufmerksam hob sie bei jedem Geräusch, welches doch manchmal leise über den Güterbahnhof wehte, den Kopf und ihre Augen reflektierten gespenstisch das wenige Licht der Laternen, welche den Bahnhof zu dieser späten Stunde wenigstens teilweise erhellten.

Die große, weiße Nummer auf dem Viehtransporter war zwar schon stark verblasst, wer genau hinsah konnte jedoch erkennen, dass es sich um eine 34 handelte. An der offenen Schiebetür dieses Wagons mit der Nummer 34, durch welche die Katze grade gesprungen war, saß Mira, mit dem Rücken an den Rahmen der Türöffnung gelehnt. Ihr rechtes Bein hing locker herab und wippte unstet hin und her, während sie die Umgebung beobachtete. Sie schien auf etwas, oder jemanden zu warten.

Ihre Reise aus Dortmund bis hierher war unspektakulär gewesen, so wie sie es auch geplant hatte. Sie war in Dortmund Nord auf das Bahnhofsgelände geschlichen, und hatte sich einen Platz im letzten Viehtransport nach Finstertal gesichert. Auch wenn die Schweine, mit denen sie den Wagon teilen musste, zuerst ausgesprochen panisch reagierten und für besorgte Blicke bei einigen Bahnhofsmitarbeitern gesorgt hatten, beruhigten sich diese jedoch langsam wieder nachdem Mira ihnen versucht hatte zu erklären, dass sie nicht ihretwegen hergekommen war. Mira hatte es sich auf Stroh bequem gemacht und unterwegs ihre eBooks auf dem Notebook sortiert, sowie einige Tabellen gepflegt. Mr. Smith wurde, wie eigentlich immer, nicht beachtet. Katzen mussten für die meisten Menschen derart uninteressant sein, dass Mr. Smith ohne Probleme zu Mira in den Wagen springen konnte.

Mira trug eigentlich alles was sie besaß bei sich. In einer Bundeswehr-Umhängetasche bewahrte sie ihren Laptop, ihr Handy und einen Notizblock mit Stift auf. Ein Bündel zerknitterter Euroscheine, welche einen Betrag von 400 € nicht überschritten befanden sich in der Hosentasche ihrer stabilen, aber abgenutzten Cargo-Jeans. Sie trug stabile schwarze Lederstiefel ohne irgendwelchen Schnick-Schnack, drei Schichten an oliv-grünen und schwarzen Wollpullovern übereinander, einer davon mit einer großen Kapuze welche sie jedoch derzeit nicht übergezogen hatte. Ihre Hände steckten in grauen Wollhandschuhen ohne Finger, die schon bessere Zeiten gesehen hatten. Ihre verfilzten, einst blonden Haare, nun waren sie beinahe braun vor Staub und Schlamm, hingen ihr in Strähnen ins Gesicht. Im Bund ihrer khakifarbenen Jeans hatte sie eine USP Compact Pistole verstaut. Ihre gesamte Kleidung war starr vor Schmutz, und wenn sie den linken Arm anwinkelte, rieselten getrocknete Dreckstückchen zu Boden.

Sie war noch immer wütend auf Frederick, ihren Erzeuger. Sie fragte sich oft, in welchem Zustand geistiger Umnachtung er gewesen sein musste, den Prinzen auf diese Art schützen zu wollen. Sich selbst zu opfern, für den schmierigen Prinzen? Und das, obwohl er nie in hohen Tönen von der Camarilla gesprochen hatte. Er hatte sie als 'Mittel zum Zweck' oder 'Sinnvoll aber Altmodisch' bezeichnet, und dann nimmt er die Gefahr in Kauf, sich von wütenden Werwölfen in Stücke reißen zu lassen, nur damit Monsieur Prince am Unleben bleibt. Mira reckte den Kopf und ließ einen Faden blutiger Spucke aus ihrem Mund tropfen, um ihrer Abneigung mehr Ausdruck zu verleihen. Mira vermutete, dass die Sache nicht mit rechten Dingen zugegangen war. Deshalb war sie auch aus Dortmund abgehauen. Naja, sie war auch abgehauen, weil Frederick verfügt hatte, dass sich nach seinem endgültigen Tod jemand anderes um sie kümmern sollte.

Sie warf einen kurzen Blick zu Mr. Smith, der immer noch seinen Hunger an der Ratte stillte. Mira war satt von fettem, klebrigen Schweineblut. Einen kleinen Schluck konnte sie sich unterwegs dann doch nicht nehmen lassen. Sie wartete auf Lurker. Er sollte sie hier in Finstertal am Güterbahnhof abholen. Unterwegs hatte sie ihm noch eine eMail geschickt, dass sie im Wagon 34 warten würde, bevor die GPRS-Verbindung abriss, da sie in einen langen Tunnel einfuhren. Sie hoffte, dass die Mail noch rausgegangen war. Andererseits hatte er auch ihre Handy-Nummer, wenn er also verhindert wäre, oder was auch immer, er würde sich melden. Sie warf noch einen prüfenden Blick auf ihr Handy. Nichts. Während sie weiter wartete, fing sie an ein Lied zu summen, wie sie es gerne tat wenn sie wartete. Und sie wartete häufig.
 
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Es war eine rabenschwarze Nacht in Finstertal. Die Wolken türmten sich Haushoch auf, quollen dunkelgrau am Himmel und erstickten das Sternenlicht, so das die Dunkelheit überall an dem spindeldürren Nosferatu kleben blieb, während dieser über das Bahnhofsgelände spazierte.
Lurker war gut gelaunt und gleichzeitig konzentriert darauf das er nicht unabsichtlich in ein Bewegungsmuster verffiel das zu unauffällig und leise war, als das man ihn sehen konnte. Nur allzu leicht wäre er dann aus der Realität in die Halbwelt Jenseits der Wahrnehmung gerutscht und so zu einem unwirklichem Schatten geworden.
Was ihm sonst wie eine zweite Haut war, würde heute Abend nur stören, denn er war hier um ein neues Mitglied abzuholen. Seine neue Schwester hatte sich als bemerkenswert unkompliziert erwiesen. Er hatte für sie einen angenehmen Transport organisieren wollen, aber sie hatte einfach nur das schnellstmögliche haben wollen und war somit recht kompfortlos, dafür aber auch schon heute Abend, in der Stadt angekommen.
Während er also über das dunkle Kopfsteinpflaster zwischen den alten Fassaden wanderte in dessen Ritzen überall vorwitziges Unkraut wucherte und die Lichtinseln großzügig umwanderte trug der milde Winterwind eine Melodie zu ihm heran, getragen von einer recht angenehmen Stimme.
Er hielt kurz inne um die Quelle zu bestimmen und machte so die kleine Gestalt aus die völlig unbekümmert dort in der Tür eines Frachtcontainers saß. Das musste Mira sein.
Den Rest des Weges setzte er bedächtig und so auffällig zurück das sie ihn kommen sehen würde. Eine merkwürdige gebeugt gehende Gestalt in viel zu viel abgetragene Kleidung gewickelt die den Eindruck vermittelte das sie deutlich zu groß war. Einschließlich der dunkelgrünen Kapuze. Sie bewegte sich merkwürdig hakelig und ruckte ab und an unregelmäßig hin und her, ging mal drei Schritte sehr schnell und dann wieder einen normal, wie in einem defektem Film der ab und an in den schnellen Vorlauf sprang, nur um dann kurz komplett still zu stehen.
Schließlich erreichte er die Türe und blieb stehen. Ein schräges Kratzen erklang, das kurz darauf aber Worte bildete.

Ich bin Lurker, willkommen in Finstertal. Hattest du eine... gute Reise ?

Das kurze Zögern kam zustande weil er eigentlich hatte fragen wollen ob sie eine 'angenehme' Reise hatte. In Anbetracht an die Mitreisenden wäre das aber ziemlich unpassend gewesen, daher hatte er sich mitten im Satz umentschieden.
Lurker schien sich wenig Sorgen darüber zu machen ob sie diejenige war auf die er wartete. Er schaffte es trotz des rostigen Nagels der in seiner Stimme zu stecken schien freundlich, aber distanziert höflich zu klingen.
 
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Mira knibbelte grade verwitterte und abgeblätterte Farbe von der Holzvertäfelung der Tür, an welcher sie nun schon seit mehreren Stunden gesessen hatte, als sie aus dem Augenwinkel eine gebückt gehende Gestalt ausmachen konnte. Interessiert drehte sie den Kopf in die Richtung des Besuchers und legte den Kopf leicht schief, während sie die Augen zusammenpresste um mehr zu erkennen. Dies war selbstverständlich ein Relikt aus alten Tagen, mittlerweile sah sie mit den Augen eines Raubtiers, anders als damals, als sie noch ein Mensch war. Und um auf große Entferung mehr zu erkennen, musste sie ihre Augen nicht zusammenkneifen, sie tat es aber trotzdem. Die Gestalt hatte einen Kleidungsstil der ihrem nicht ganz unähnlich war. Nosferatu teilten in gewisser Hinsicht die Vorliebe, praktische Kleidung der hübschen vorzuziehen. Manche machten sich gar nichts aus Kleidung und huschten, nur in Laken gehüllt, durch die Innenstädte unserer Großstädte. Nicht wenige der sogenannten paranormalen Phänomene geschahen genau dann, wenn ein Nosferatu wollte dass man ihn einen kurzen Moment sah, bevor er wieder verschwand.

Das musste Lurker sein, auf jeden Fall war es ein Nosferatu. Entweder war es jemand, der jetzt gleich unangenehme Fragen stellen würde, oder es war eben wirklich Lurker. Mira zuckte kaum merklich mit den Schultern und ließ ihr Summen verstummen, als Lurker neben ihr zum stehen kam und sich vorstellte. Seine Stimme hatte den Charme von Industriegelände: kratzend, quietschend, abgenutzt. Aber angenehm. Angenehm sympathisch. Mira störten die Stimmen ihrer Clansbrüder und Schwestern nicht. Der Fluch war leider nicht nur dafür zuständig, dass sich die Gleider verkümmten und dass sie sich äußerlich in Monstren verwandelten, der Fluch war auch Schuld daran, dass sich die Stimmbänder ineinander verhakten und diesen Charme in die Stimme zauberten. Bei ihr war das nicht der Fall gewesen, damit gehörte sie zu einem seltenen Teil ihresgleichen. Ihre Stimme war vom Fluch unangetastet geblieben.

Mira lächelte Lurker mit gesenktem Kopf zu und hob langsam die rechte Hand zum Gruß. "Hi Lurker.", flüsterte sie beinahe. Sie ließ sich von der Kante herabgleiten und kam neben Lurker zum stehen. "Schön, dass du da bist. Ich fing langsam an mich zu langweilen.", sie lächelte noch immer. Da war kein Vorwurf in ihrer Stimme, eher echte Erleichterung. "Meine Reise war okay, ja. Danke. Im Vergleich zu meiner Bude in Dortmund, war dieser Schweinetransport beinahe 'ne Luxusreise."

Als sie diese Worte sprach fiel ihr ein, dass sie noch nicht einmal eine Zuflucht in Finstertal hatte. Andererseits war dafür ja jetzt Lurker da. Sie entschloss sich, vorerst nah bei ihm zu bleiben um so viel es ging über Finstertal herauszufinden, bevor sie sich alleine auf den Weg machte. Sie erinnerte sich da noch an eine unschöne Begebenheit in London vor etlichen Jahren, als sie bei einer fremden Brut untergekommen war. Zur Fortbildung, um es so auszudrücken.

"Ich hoff' dass ich dich nich' von etwas wichtigem abhalte. Und ich danke dir, dass du gekommen bist um mich abzuholen.", sie hob die Hand ein Stück, diesmal um die Größe einer Person anzudeuten. "Ich hatte dich mir irgendwie größer vorgestellt. 'Schuldigung, meine das nicht negativ, oder so. Aber ich mache mir schnell ein Bild von Leuten, die ich nur vom 'Hörensagen' kenne.", sie lächelte entschuldigend.
 
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Es hatte etwas irritierendes in ihr zersprungenes Gesicht mit diesen toten Augen zu schauen und sie gleichzeitig sprechen zu hören mit einer Stimme die auch einem Teenager gehören könnte, denn man konnte die ganze Zeit annehmen das ihre Worte von irgendwo anders kamen und nicht aus diesem Körper vor ihm.
Untereinander konnten sich die Verborgenen zwar mit ihren Defekt Sammlungen nicht wirklich schockieren, aber für die meisten normal tickenden Leute mochte so etwas sehr entnervend sein, weil es die ganze Zeit das Gefühl erzeugte das 'irgendetwas' überhaupt nicht stimmte.
Lurker schaute sich um. Er war das Gelände schon zu Beginn der Nacht abgegangen und konnte daher ziemlich sicher sein das sich niemand in ihrer Nähe aufhielt. Dennoch kontrollierte er den Horizont aus alten Gleisen, Stromleitungen und Backsteingebäuden noch ein letztes mit einem schweifendem Blick, bevor er seine Kapuze zurück schlug. Untereinander maskierte man sich nicht. Die Adern die seinen kahlen, schmutzig bleichen Schädel zierten schimmerten in einem Lila dem man entnehmen konnte das er vor kurzem Getrunken hatte. Nun konnte man das verbindliche Lächeln das man zunächst nur vermuten konnte auch auf seinen gesprungenen Lippen sehen. Seine Vorderzähne waren viel zu groß und lugten hervor.

Ich bitte dich...du bist doch das Wichtigste das heute Nacht ansteht. Wir sind nicht viele hier an der Finster und solange der Rosenprinz auf seinem Trohn hockt und wir somit den Launen des Clans der Traumtänzer ausgeliefert sind ist jeder von uns der sich hier mit einer Genehmigung aufhält ein kleines Wunder.

Er sah kurz in den Container hinter ihr und runzelte dann die Stirn. Sie hatte noch schlechter gewohnt ? Er hätte gedacht das sich in Dortmund eine Unterwelt ihres Clans etabliert hätte und dort sollte es doch eigentlich behaglich genug sein. Zumindest für die Verhältnisse der Nosferatu. Aber manche scherten sich einfach überhaupt nicht um solcherlei Dinge und hatten kein Problem damit in einem dunstigem Haufen schwärenden Unrates zu leben. Das hielt die Menschen fern und war somit sogar ganz praktisch.
Was sie dann sagte entlockte ihm einen fragenden Blick. Er zog die kahle Stelle an der sich seine linke Augenbraue befunden hätte nach oben. Größer ? Im laufe seiner Verdammung hatte man ihm eine Menge Adjektive angedeihen lassen, aber er konnte sich nicht erinnern das jemals jemand ihn für groß gehalten hätte.

Ich trage sonst orthopädische Schuhe...Haltungsschäden..weißt du ?

Mit einem übermütigem Grinsen seiner schartigen Zähne täuschte er über seinen trockenen Tonfall hinweg und verdeutlichte den Scherz. Das jemand ihn für größer halten mochte schien ihm absurd.

Du hast noch ungemütlicher gewohnt ? Warst du denn auf der Flucht ? Ich meine, mir ist zu Ohren gekommen das du Schwierigkeiten hattest...und einen Verlust. Mein Anteilnahme übrigens dafür.

Er wirkte bedrückt als er das sagte und legte sogar vorsichtig seine Hand auf ihre Schulter, als wollte er ihr Trost spenden. Seine Finger waren bleich und beinahe so dünn wie die eines Skelettes und lang wie die Fühler eines riesigen Insektes.
 
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Als Lurker die Kapuze zurückschlug, stellte Mira erleichtert fest, dass Lurker wirklich lächelte. Sie hasste es wenn sie jemanden kennenlernte, der ein echter Miesepeter war, der nie lachte und auch nie lächelte, selbst dann nicht, wenn man sich grade das erste Mal begegnete und unvoreingenommen sein sollte. Als sie Lurkers große Vorderzähne sah, führte sie unbewusst ihre spröde Zunge unter ihre Eck-Fangzähne, welche immer sichtbar waren. Sie konnte sie nicht einziehen, konnte sie noch nie. Früher dachte sie, das sei normal, bis sie das erste Mal Zeuge wurde, wie einer ihrer Clansbrüder seine riesigen Fangzähne komplett in den Kiefer hineinfahren konnte. Mittlerweile hatte sie sich jedoch daran gewöhnt und trug, wenn es nötig wurde, ein großes und stabiles Tuch, welches sie sich bis unter die Augen um Hals und Gesicht schlug.

Als Lurker das Wort 'Genehmigung' erwähnte, rollte Mira kurz mit den Augen. Hatte sie denn eine? Sie erinnerte sich, dass ihr Erzeuger ein guter Freund von Lurkers Erzeuger gewesen war, und dass er verfügt hatte, Lurker solle sich nun um sie kümmern. Von einer Gehnemigung, wohl vom Prinzen von Finstertal, wusste sie nichts. Sie entschloss sich dazu, mit offenen Karten zu spielen. Letztendlich blieb ihr auch keine andere Wahl, wenn sie hier bleiben wollte.

Sie zog fragend die Augenbrauen nach oben. "Mit einer Genehmigung, aha. Also...", sie kratzte sich ehrlich am Kopf, eine Geste die Lurker sicher richtig deuten würde. "Hab ich denn eine? Weißte, ich bin mehr oder weniger direkt nach dem Zwischenfall mit Frederick und den Knochenbeißern hergekommen. Die Nosferatu in Dortmund sind leider ziemlich, wie soll ich sagen... Antisozial. Zumindest wars denen scheißegal wo ich unterkomme und ob ich überhaupt noch da bin. Andere Löcher, andere Sitten, weißte?"

Auf Lurkers Frage ob des Wohnens, der Flucht und den Schwierigkeiten ballte sie wütend die Faust. "Ja, ich war auf der Flucht. Wie gesagt, die anderen Kriecher in Dortmund, sind halt Eigenbrötler oder kleine Bruten, die so für sich sind. So wie ich und Frederick, wir waren die meiste Zeit zusammen. Mit anderen hatte ich nich' täglich zu tun. Man tauschte halt Infos aus und laberte mal wenn man sich traf. Hat mir auch nich' wirklich gefallen. Weißte, ich war mal ein paar jahre in London. Da war das schon wieder ganz anders mit der Herzlichkeit und der Gastfreundschaft.", sie lächelte kurz. "Naja... auf jeden Fall war es eben so, dass mein Erzeuger von Werwölfen in Stücke gerissen wurde. Er wollte den Prinzen schützen, warum auch immer. Wir hatten mit dem Schleimscheisser nie viel zu tun, das übliche eben, aber da war keine Freundschaft zwischen Fred und dem Prinzen, deshalb wundert es mich auch so. Scheiße, und dann musste ich weg, klar. Wollte ja nicht selbst draufgehen. Deshalb hab ich bei so 'nem Durchlauf gewohnt für ein paar Wochen, weißt schon, wo die ganze Kacke durchschwimmt. Da hab ich mich am sichersten gefühlt und gehofft, dass mich die Wuffis nich' so gut riechen könnten.", sie deutete mit dem Daumen über die Schulter. "Von daher war dieser Wagon schon das reinste Paradies.", sie lächelte schief.

Sie nickte dankbar und blickte kurz zu Boden als Lurker ihr seine Hand auf die Schulter legte. Kurz schloss sie sogar die Augen. Ihr hatte ein Gefühl der Einheit, ein Freund, jemand der einfach da war, gefehlt. "Danke dir.", flüsterte sie nun.

Als sie nochmal darüber nachdachte, was sie grade alles erzählt hatte, kam man nicht umhin sich zu fragen, was denn da los ist im Dortmund dieser heutigen Nächte. Zugegeben, es klang alles andere als gut, unter anderem auch, weil sie sich vorkam wie eine Ausgestoßene. Letztlich war sie das auch, aber sie war es nicht, weil sie etwas verbrochen hatte. Sie war nur ein kleines Licht gewesen in Dortmund, und vielleicht war dies ihr Vorteil gewesen. Auch wenn Mira im Moment einen leicht gebrochenen Eindruck machte, so hatte sie doch viel durchgemacht und vor allem, sie mochte ihr Dasein. Das was sie hier darstellte war nur Trauer um den Verlust ihres Erzeugers und die Traurigkeit und Sehnsucht nach Kameradschaft, wenn sie an die Jahre in London dachte. Vampir zu sein allein war schon ein echter Fluch, Nosferatu dazu noch viel mehr. Und besonders schlecht war man dran, wenn man aus der Kanalisation von Dortmund kam.
 
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Für Lurker war die Sache ziemlich klar. So ging es nun einmal zu in einer Stadt in der Werwölfe ihn unwesen trieben. Bisher hatte sich die in Finstertal ansässige Fraktion bedeckt gehalten, aber früher oder später würde es auch hier zu Auseinandersetzungen kommen und dann würde Blut fließen und alles würde sich verändern.
Die Neue hatte wohl genau das gerade durchgemacht. Umso mehr galt es diese Viecher zu vertreiben.

Es gibt auch hier welche von diesen Dingern. Im Augenblick trauen sie sich noch nicht gegen uns vorzugehen, die Obrigkeit scheint zu glauben das man sie ewig so ruhig stellen kann. Aber wir zumindest wir beide wissen wohl das man diese Tiere loswerden muss.

Hatte sein Meister deswegen verfügt das Mira hier her kam ? Weil sie praktische Erfahrungen mit den Wolfswesen hatte ? Das würde einen Sinn ergeben.

Was die Genehmigung und das offizielle Tamtam angeht bin ich einfach davon ausgegangen das es so ist. Wenn niemand von denen weiß das du hier bist soll uns das natürlich genau so recht sein. Ich sollte vor zwei Jahren auch vor den Prinzen treten nachdem ich einige Wochen auf Reise war, aber wie so oft hat sich dann kein Termin mehr gefunden und die Sache ist dann im Sande verlaufen. Es will sich glücklicherweise niemand so recht mit uns abgeben.

Es schien als wenn ihm das übliche Reglement ziemlich egal wäre, aber Tatsache war das die Offiziellen immer so lange wild auf ihre merkwürdigen gesellschaftlichen Spielchen waren bis einer ihres Blutes auf der Türschwelle stand. Dann war man eigentlich immer nur darauf bedacht sie wieder aus der Türe zu komplimentieren, wenn möglich bevor sie unangenehme Substanzen auf dem Teppich verloren.
Die Wahrscheinlichkeit das es eines Tages klingeln würde und ein Vertreter der oberen Zehntausend vor der Tür stand um die Nosferatu zum Tee einzuladen war ungefähr so hoch wie die, das man einen Schneeball unbeschadet zu Fuß durch die Sahara bringen würde, wozu sollten also ausgerechnet sie sich Gedanken um die Etikette machen ? Zumal es wesentlich wichtigeres gab.

Ich stelle dich später Marie vor, sie ist unsere Älteste hier und sobald wie möglich stelle ich dir Stray vor. Sie ist ein Findelkind hier. Wir nehmen am besten einen kleinen Umweg, dann zeige ich dir das Nosferatu Gehege.

Ein mildes Lächeln und wieder dieser ironische Tonfall.

Uns gehört das östliche Industriegebiet mit diesem altem Güterbahnhof im Zentrum und die Mülldeponie. Das ist Maries Reich. Außerdem haben wir unglaublich große und gut ausgebaute Unterwelt. Unser Clan war scheinbar maßgeblich am Bau der Stadt beteiligt.

Er hatte begonnen wie ein Reiseführer hier hin und dorthin zu deuten und machte dabei ein paar Schritte in östliche Richtung. Es schien als wollte er sie einladen ihm zu folgen.

Hast du Gepäck ?

Er schien ihr etwas abnehmen zu wollen, falls sie irgendetwas zu tragen hatte. Was für ein netter kleiner, hässlicher Kavalier. Fehlte nur noch das er ein paar Blumen mitbrachte. Aber zu Lurkers zeiten trugen die Ladys ihr Gepäck nicht selber.
 
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Mira zuckte für einen Sekundenbruchteil zusammen, als Lurker erzählte, dass es auch in Finstertal Werwölfe gab. Nur wenn man ganz genau aufpasste, hatte man ihre Zuckung sehen können, denn sie hatte sich genau so schnell wieder unter Kontrolle und der kurze Anflug von Angst wich einer glühenden Wut und der Ausdruck in ihrem Gesicht verhärtete sich. "Wenn es hier auch welche gibt, dann kennst du sicher die Geschichten die man sich über sie erzählt aus erster Hand. Leider ist das meiste davon wahr. Ich habe selten etwas gesehen was sich so schnell bewegen und so hart zuschlagen konnte. Als sie Frederick buchstäblich zerrissen, war er schon Staub bevor auch nur ein Teil von ihm den Boden berührte.", sie knurrte leise.

Als das Gespräch wieder zum Prinzen und der Genehmigung ging, machte Mira eine wegwerfende Geste. "Mir isses im Grunde auch egal, weißte? Ich habe sowieso eine gewisse Abneigung gegen diese selbstgerechte Obrigkeit.", sie sprach die letzten Worte immer leise, so als würde sie damit rechnen belauscht zu werden. Sie sah sich beiläufig um. "Marie kennenzulernen fänd' ich natürlich umso schöner.", sie lächelte und folgte Lurker, als er begann nach Osten zu gehen und dabei in alle vier Himmelsrichtungen zu weisen. 'Sehr nett', dachte sie bei sich, als er andeutete ihre Sachen tragen zu wollen. 'Sehr nett und mit echten Manieren.'
"Ich hab kein großes Gepäck.", sie klopfte auf ihre Umhängetasche und zog am Kragen ihrer Lage an Pullovern. "Hab alles dabei."

Sie machte zwei klickende Geräusche mit dem Mund, damit Mr. Smith ihnen folgen konnte, in welchem Abstand er auch wollte. Er sollte nur wissen, dass sie jetzt gehen würden.

"Übrigens", sagte sie leise. "das is' Mr. Smith. Mein treuester Begleiter seit den 90ern.", etwas Stolz schwang in ihrer Stimme mit. Ob es daran lag, dass Mr. Smith für sein Alter noch besonders fit war, oder weil Mr. Smith ein ausgesprochen kluges Tier war, ließ sich nicht genau sagen.

"Sag mir Lurker, wo treiben sich die Flohsäcke denn rum? Nur ausserhalb der Stadt oder haben sie, wie in Dortmund, auch die Straßenszene infiltriert?", ihre Schritte waren leise und unauffällig, als sie neben Lurker ging.
 
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Wie er es sich gedacht hatte. Sie hatte diese Dinger wirklich und wahrhaftig gesehen und war ihnen scheinbar nur knapp entkommen. Wenn jemand an dem Plan gegen die Viecher mithelfen konnte, dann wohl sie.

Das klingt übel. Du warst also in der Nähe als es passiert ist ?

Er schüttelte traurig den Kopf und seine Gedanken schienen für einen Augenblick abzuschweifen.

Das klingt mir aber eher so als wenn er DICH hätte beschützen wollen und der Prinz dadurch zufällig auch hatte entkommen können.

So oder so, je mehr Verbündete sie waren gegen diese Monstren umso besser.
Dann wandte er sich Mr. Smith zu, legte den Kopf ein wenig schräg und besah sich den kapitalen Kater der sich tatsächlich auf den Weg gemacht hatte ihnen zu folgen. Lurker griff in eine seiner Manteltaschen und wühlte einen kurzen Moment herum. Als seine Langen, knochigen Finger wieder zum Vorschein kamen glänzten seine Fingerkuppen ölig und ein Klumpen zerkleinerten Fisches hing daran. Er ging hinunter in die Hocke, was ein wenig aussah als wenn er sich an mehreren Gelenken, die eigentlich gar nicht da sein sollten wo sie sich zu befinden schienen, zusammenfaltete. So war er nicht mehr ganz so groß für das Tier und konnte diesem bequemer die Hand zur Begrüßung hinhalten.

Guten Abend Mr. Smith... es ist eine Freude sie kennenzulernen.

Der Nosferatu klang feierlich und vergnügt während er dem Tier Gelegenheit gab zu überlegen ob es den Happen annehmen wollte. Dann sah er hinauf zu Mira und schürzte überlegend die zerworfenen Lippen.

Soweit ich weiß hausen sie außerhalb der Stadt, aber es gibt einen Bereich der Stadt der für uns Vampire vollständig verbotenes Gebiet ist. Der Prinz ist angeblich übergeschnappt genug es diesen Biestern als Territorium zu überlassen. Könnte also gut sein das sie dort einen Vorposten oder etwas ähnliches haben.

Er klang so als würde er sich wünschen das ein ganzes Heer von wildgewordenen Dorfbewohnern mit Fackeln, Mistgabeln und Silberkugeln losmarschieren und die Brut ausrotten möge. Aber dummerweise hätte so eine Vorgehensweise den immensen Nachteil das so ein Mob auch direkt alle anderen Monster die so in Reichweite waren in einem Abwasch mit auf den Scheiterhaufen werfen mochte. Das wäre für die Untoten keine sehr erfreuliche Entwicklung.
 
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Sie nickte. "Ja, ich war dabei. Ich glaube ich habe den Angriff nur deshalb überlebt, weil ich mich in den Kanälen dann doch besser auskannte als diese Viecher. Dass er mich schützen wollte, eigentlich kann das nich' sein. Ich meine, er wusste genau dass er gegen 3 Werwölfe keine Chance hat, er hätte mit mir abhauen können, was weiß ich. Stattdessen hat er sie noch rübergerufen, als sie hinter dem Prinz her waren.", sie kratzte sich wieder am Kopf. "Als hätte er unter eine Art Einfluss gestanden. Würde mich nicht wundern wenn der Prinz da selbst seine Finger im Spiel hatte.", ihr Blick verfinsterte sich.

Als Lurker eine Portion Fisch aus seiner Manteltasche zauberte, zog sie eine Augenbraue nach oben. Das war natürlich auch eine Möglichkeit um Menschen von sich fern zu halten. Es gab kaum etwas ekelhafteres, als den Geruch von verderbendem Fisch. Sie kicherte leise. "Hast du immer Fisch in der Manteltasche dabei?"

Mr. Smith kam auf leisen Pfoten angeflitzt und schnupperte aus einiger Entfernung, während er vorsichtig näher kam. Der Fisch schien ihn stark zu interessieren. Mr. Smith schnappte sich einen großen Brocken, den er gierig verschlang. "Er hatte schon sehr lange keinen Fisch mehr.", erklärte Mira.

"Dass der Prinz Werwölfe in seiner Stadt duldet zeugt für mich nicht von einem Vampir vor dem man Respekt haben müsste. Was ist das für ein Kainit, der so einen Gefahrenherd duldet, oder ihm gar noch 'Rechte' einräumt?", sie klang etwas aufgebracht. Man konnte gut merken, dass sie diese Neuigkeit kaum glauben konnte.
 
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Während der Kater, nach einigen misstrauischen Augenblicken, meditativ den Fisch hinunter schlang und dabei dem Zustand Lurkers keinerlei Beachtung mehr zu gönnen schien, lauschte dieser konzentriert Miras Worten.
Was sie beschrieb klang schrecklich. Zu unangenehm und ekelhaft war der Gedanke das einige der Untoten die Macht haben mochte den normalerweise scharfen und logischen Verstand eines anderen Wesens zu packen und mit brutaler Gewalt so zu verdrehen das sich dieser Jemand plötzlich zwischen so einen arroganten Pinsel und ein heranrasendes Monster stellte. Das war verstörend und widerlich, aber so wie sie das erzählte war es durchaus möglich das man ihren Erzeuger gezwungen hatte. Eine abartige Variation einer Vergewaltigung, doch Lurker hatte schon davon gehört das es einige unter ihnen gab die zu derartigen Dingen fähig waren. Traurig sah er zu Boden und kehrte mit seinen Gedanken erst wieder zurück als der Kater aufhörte seine Finger zu malträtieren und Mira sich über die besondere Art von Proviant lustig machte die er mit sich herum trug. Ihr beschwingtes Kichern vertrieb seine düsteren Gedanken über Gewalt und mentale Schändung.

Das habe ich tatsächlich. Ich habe mir angewöhnt immer ein wenig Wegzoll mit mir zu tragen wenn ich durch die Stadt wandere. Man weiß nie wann man mal ein wenig Schmiergeld braucht um sich bei den lokalen Herrschern beliebt zu machen.

Die Art wie der den letzten Satz betonte machte klar das damit die zahlreichen tierischen Könige die eine Stadt wie Finstertal gebar gemeint waren. Besonders fette Ratten und die Anführer eines Rudels streunender Hunde.

Aber ausgerechnet für die Genossen rund um Kater Mikesch hatte ich tatsächlich ausgerechnet in der Nacht nichts dabei, als ich von ihnen auf dem Schrottplatz der Stadt zu unserer Marie geführt wurde. Seit diesem Fauxpas sorge ich vor.

Er angelte mit seinen langen Fingern einen Plastikbeutel aus seiner Manteltasche hervor in der er den Inhalt einer Dose Thunfisch untergebracht hatte. Wahrscheinlich hatte Mira wegen des Frischhalteverschlußes bis eben nichts von dem Fisch gerochen. Vielleicht hatte auch der Geruch muffiger Erde der von Lurker ausging den Fisch überdeckt.
Als sie jedoch plötzlich vom Prinzen der Stadt sprach erhob er sich ruckartig und spannte jede vertrocknete Sehne in seinem totem Körper an. Seine Stimme gefror zu Eis und er wurde merkwürdig eindringlich. Er verschränkte die Arme hinter dem Rücken und begann auf und ab zu gehen, während er anfing zu sprechen als würde er rezitieren.

Mach nicht den Fehler Buchett zu unterschätzen. Man mag seinem traumtänzerischem Clan nachsagen was man will, das sie nur fabulierende Schöngeister sind und die meiste Zeit zu nichts taugen, aber dieser alte Hund ist nicht der Herrscher dieser Stadt geworden weil er so hübsch singt und tanzt. Er ist ganz sicher kaltblütig und skrupellos. Ich habe ihn einmal gesehen und der Dreckskerls schiebt Macht vor sich her wie eine Bugwelle. Er versteckt sich in seiner Akademie und die anderen Vampire mögen denken das er nur geschmackvoll angezogen und klassische Musik hörend durch sein Atelier schlurft um geistreichen Smalltalk von sich zu geben und da Capo zu rufen wenn er sich seine Bildersammlung anschaut. Aber wir machen nicht den Fehler uns von Äußerlichkeiten ablenken zu lassen. Solltest du jemals vor ihn treten, dann mache es ihm nicht zu einfach indem du ihn einfach unterschätzt. Verschließe deine Gedanken tief in dir und gib seinem Blick nichts preis, hörst du ? Er ist ein gerissener alter Fuchs und vielleicht wären alle unserer Art in dieser Stadt schon lange mit Stumpf und Stil von den Werbestien ausgerottet worden wenn er nicht diesen ominösen Frieden aufrecht erhalten hätte, ich weiß es nicht. Wie dem auch sei, wir müssen ihn nicht mögen, wir müssen ihn in unseren Herzen nicht einmal als ligitiemen Herrscher akzeptieren, aber respektieren...

Er machte eine Pause und erhob mahnend einen Finger. Ein wenig wirkte er dabei nicht wie er selber, sondern so als würde er jemand anderen imitieren, wie er da so auf und ab geschritten war.

Ich fürchte respektieren müssen wir ihn. Wir sollten es, zu unserem eigenen Bestem.

Als er abschloss war seine Stimme milder geworden, weniger feurig. Er meinte es gut, das drückten seine Gesten aus, während zwei fahl schimmernde Punkte aus seiner Kapuze heraus Miras Augen suchten.
 
AW: [Januar 2008] - Leben auf dem Abstellgleis

Als Lurker erzählte, dass er immer etwas zu fressen für die Tierwelt dabei hatte, um sich bei ihnen zu bedanken wenn sie für ihn in den Dienst traten, schnalzte Mira mit Zunge. Sie liebte Tiere. Sie liebte Tiere so sehr, dass sie oft mit ihnen sprach, auch dann, wenn sie keine Aufgabe für sie hatte. Aber dass sie so gut wie immer Futter dabei hatte, auch wenn es nur dazu war, um den kleinen Schnuffis was gutes zu tun, das war ihr nicht einmal eingefallen. Dieser Gedanke ließ sie beschämt den Kopf zur Seite drehen. So ganz besonders lange war sie noch kein Vampir, aber auch ihr hatte etwas zu Essen mal etwas bedeutet. War es mittlerweile schon so weit mit ihr gekommen, dass sie fast völlig vergaß, dass Lebewesen, sterbliche Wesen, noch essen mussten und es auch gern taten? Sie trat einen Kieselstein leicht über das Gelände, welcher mit einem leisen 'Klick' von einem alten Bahngleis abprallte. Sei seufzte kurz.

Als Lurker aber damit begann auf und ab zu schreiten und dabei über den Prinzen zu sprechen, war sie wieder voll bei der Sache. Was Lurker sprach machte Sinn. Sehr viel Sinn sogar. Mit ziemlicher Sicherheit würde sie nicht so weit gehen und von sich behaupten, einen alten Prinzen zu unterschätzen, auf irgendeine Art ärgerte sie sich, dass das so rübergekommen sein musste. Sie kannte die Capes, wie die alten Camarilla Ahnen in London gern genannt wurden, aus unzähligen Audienzen, wusste wie sie mit ihnen umzugehen hatte um nicht ihren Zorn auf sich zu ziehen. Und sie wusste auch, dass diese Ahnen nicht nur so lange überlebt hatten, weil sie die ganze Zeit in Starre gelegen hatten und von einer Leibgarde bewacht wurden. Viele dieser Ahnen hatten die Fäden einer ganzen Stadt in der Hand, das wusste Mira. Sie knurrte leise zu sich selbst. Sie musste besser auf ihre Worte achten, sonst käme sie noch rüber wie ein rebellisches Kleinkind, und das war sie nicht.

Sie nickte, langsam aber bestimmt. "Du hast sicher Recht.", sagte sie tonlos und ballte eine Faust in der Tasche, immer noch wütend über ihre, manchmal zu unüberlegte, Art. Sie blickte Lurker so tief und offen wie sie konnte in die Augen. Mira war sich ziemlich sicher, dass diese Augen schon viel gesehen haben und auch, dass diese Augen ehrlich waren. "Verzeih mir, wenn ich manchmal wie ein ätzendes Straßenkind wirke. Ich kann mich auch benehmen wenn es nötig ist, doch zu erkennen wann es nötig wird seine Worte mit bedacht zu wählen, daran muss ich noch arbeiten.", sie hatte während dieser Worte den Blick nicht von Lurkers Augen abgewendet. Sie hatte sich sogar ein paar Schritte näher auf ihn zu bewegt. "Danke, dass du von jetzt an für mich da bist und mir hilfst meine Stärken und Schwächen besser zu erkennen.", sie deutete eine tiefe Verbeugung an. Sie mochte Lurker offensichtlich.
 
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Der Nosferatu schrumpfte wieder auf sein verkrüppeltes, buckliges normal maß zurück und wurde merklich ruhiger. Mit Sicherheit hatte er zu schulmeisterhaft gewirkt. Mira wirkte sehr jugendlich durch ihre Art, aber sie war beinahe genauso alt wie er selber, sie brauchte sich seinen Sermon nicht wirklich gefallen zu lassen.

Entschuldige... Natürlich bist du nicht gerade frisch aus dem Nest gefallen, nur weil du neu in der Stadt bist. Du hast da schon einen ziemlich heftigen Brocken durchgemacht. Es ist ein wenig mit mir durchgegangen. Schimpf mich ruhig ausgiebig aus wenn es mal wieder mit mir durchgeht.

Er hatte schon zu viele Schutzbefohlene verloren. Gut möglich das sein eigenes Junges sich von ihm abgewandt hatte weil es mit seiner belehrenden Art nicht umgehen hatte wollen.
Sie waren Freunde, nicht Lehrer und Schüler. Wenn jemand hier in dieser Stadt einen Status inne hatte der es erlaubte sich so zu geben, dann war es Marie. Die Tatsache das die so etwas nie getan hatte sprach nur für ihr Alter und ihre Weisheit. Lurker hatte noch viel zu lernen.

Ich wollte nicht so 'ätzend' sein, ich bin jetzt...'Cool'.

Es wirkte befremdlich wenn er so sprach. Von Jugendkultur und Sprache hatte Lurker offensichtlich keine Ahnung. Trotzdem ließ er ein schadhaftes Lächeln aus dem Schatten der über seinem Gesicht lag hervorblitzen.
Sie hatten die Grenze des Bahnhofgeländes erreicht und Lurker hielt im Schatten eines alten Verwaltungsgebäudes.

Ab hier müssen wir ein wenig durch bewohntes Gebiet. Hier gibt es ein paar ziemlich schäbige Kneipen und ein paar Spielhallen. Wir werden größtenteils durch Hinterhöfe und Seitenstraßen gehen, aber wir könnten auf Menschen stoßen.

Diese Individuen würden zwar sturztrunken sein und sich selber bepinkeln, so das nicht wirklich Gefahr bestand das sie gesehen wurden, aber in ihrem Clan gönnte man sich keine Unachtsamkeit. Er wartete bis sich Mira entsprechend präpariert haben würde um weiter zu gehen. Taktvoll sah er dabei in eine andere Richtung, so als würde er prüfen ob sich jemand näherte.
 
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