Ja habt ihr denn nur einen Gang in der Schaltung?

Das ist für mich eigentlich ein essentieller Bestandteil des Rollenspiels - die Entwicklung des Charakters im Spiel. Daher verstehe ich bis heute nicht, warum einige Rollenspieler so viel Wert auf eine ausführliche Hintergrundgeschichte Wert legen. Ich will doch sehen, wie sich der Charakter durch Ereignisse entwickelt, die ich (als Spieler) maßgeblich (mit)beeinflusst habe oder mich als Spielleiter überraschen lassen, wie der Spieler mit bestimmten Situationen umgeht - und das können auch gerne Banalitäten sein.

damn right you are.
entwickeln wollen spricht ja nicht für einen ausführlichen hintergrund - oder dagegen. ich würde da nochmal zwischen lebenslauf und psychologischem profil unterscheiden wollen. ersteres stekt ereignisse ab die für den charakter wichtig sind, zweiteres determiniert wie er sich mit sich und seiner umwelt auseinander setzt - ergo auch wie er sich entwickelt.

wenn sich sage ich spiele gerne "fertige" charaktere, dann meine ich damit in erster linie ihr psychologisches profil, zudem für mich allerdings auch der werdegang hinzu zählt. das sich charaktere entwickeln ist denke ich allen charakter spielern nur recht und billig (ich finds essentiell). für mich wird es dann schwierig wenn ich bei z.b. bei D&D einen talentierten jungen leutnant spielen will der aufgrund seiner erfahrungen bei der truppe merkt das er sich in erster linie für religion interessiert, und mir dann die spielleitung sagt: "mach dir einen level 1 charakter" - dann dreh ich als charakter darsteller innerlich am rad weil ich den hintergrund meines charakter in keinster weise in werten darstellen kann. und später, sagen wir bei level 5, wenn ich dann denke "so sollte mein charakter sein". dieser dann aber nach und nach mit fertigkeiten zugeballert wird (nur weil er ein paar monster umgenietet hat), die aber ansich nichts mit seiner tatsächlichen entwicklung zutun haben. ... dann bricht mir erneut der schweiss aus.
also meint "fertig" das ich mein charakter konzept, das ich im kopf habe, auch erstmal so spielen will - egal was die regeln sagen. wie sich das entwickelt steht auf einem ganz anderen blatt, muss für ich als spieler jedoch nachvollziehbar sein.

Deswegen mag ich es auch, wenn nicht alles rund läuft - wenn dann wider erwarten der soziale Superstar bei einer wichtigen Probe patzt und sein ganzes Leben eine andere Wendung nimmt... oder auch nicht.

die probe kann er von mir aus (gerne) verpatzen, solange mir als spieler klar ist warum - und damit meine ich nicht das "warum" das die würfel nun mal so und so gefallen sind.
 
So sehr ich auch für die Charakterentwicklung im Spiel bin, versteh' ich persönlich widerum nicht, warum so viele Spieler (die ich kennengelernt habe) dem Willen anderer Spieler, ihren Charakteren einen gut ausgearbeiteten Hintergrund zu geben, so skeptisch oder unverständlich gegenüber stehen. Warum sollten sie das nicht tun, warum sollte man sich überhaupt die Frage stellen (und sie eigentlich immer mal wieder in solchen Diskussionen in den Raum werfen)?

Ist doch schnurz. Einige Spieler leben eben gerne ihren kreativen Trieb aus, wollen ein weit entwickeltes Grundkonstrukt, bevor es ans Spiel geht. Sicher übertreiben es auch einige, allerdings in beide Richtungen.

In meinen früheren Runden habe ich die Ablehnung dagegen eigentlich immer ein wenig als eine Art Neid oder Abwehr aufgrund von fehlinterpretierten Erwartungen empfunden. Die Spielerin, die gerne seitenweise Hintergrund über ihren Charakter geschrieben hat, wurde immer mit einem Kopfschütteln abgestraft, während die "Entwicklung des Charakters im Spiel" als der einzig wahre und effektive Weg angespriesen wurde, weil Hintergrundgeschichten sind doch unnütz, die liest doch auch Niemand. Sie konnte halt extrem gut schreiben (verdient damit unter anderem auch ihr Geld) und ging darin auf - und noch viel wichtiger, sie hat nicht mal jemand Anderen dazu genötigt, es zu lesen. Es war nur für sie. Why the fuck not?

Gut, ich habe wohl den unverzeihlichen Fehler begangen und vor der Runde mal ab und an erwähnt, dass ich ihre Geschichten cool fand - und man hat ihr im Spiel dann auch angemerkt, dass sie zumindest zu Beginn (eigentlich meist das ganze Spiel über.. ) einen ziemlich genauen Plan von ihrem Charakter hatte, was sie insgesamt etwas.. souveräner wirken ließ. Da musste sich offenbar trotz der Tatsache, das von keinem Spieler erwartet wurde, irgendwas zu schreiben, eine kleine Trotzeinstellung a la "ach, ich schreib doch keine drei Seiten Hintergrund, das is was für darque Möchtegernautoren. Ich mach das flexibel, weil ich faul cool bin." einstellen.

Was eigentlich schade war (und ist, falls das noch irgendwo passiert), da ich beide Herangehensweisen als völlig ebenbürtig erachte (ganz im Sinne der Eingangsfrage).

Wollte ich nur mal loswerden, was nicht heißt, dass ich eine solche Denkweise hier Jemandem unterstelle. Es hat mich nur an meine Erfahrungen erinnert.
 
Charaktervergangenheit und Spielgegenwart sollten sich halt einfach ergänzen können und nicht im Weg stehen.

Dem fertigen SC zuzusehen, wie er sich am Ende seiner epischen Vorgeschichte dazu herablässt mit den anderen SCs noch ne kurze Ehrenrunde zu drehen ist natürlich eher langweilig - wenns in der Spielumsetzung dann eben so wirkt.

Umgekehrt kann ein guter offener Charakterhintergrund dem SC aber auch schon von Beginn an eine Tiefe verleihen, auf die man sonst erst monatelang hinspielen müsste.
 
Ja, ich hab auch schon Negativbeispiele erlebt, in der Vorgeschichte zum Korsett und keine Vorgeschichte zur völlige Ahnungslosig- und Beliebigkeit mutierte. Ich glaub nur nicht an die Überlegenheit einer Methode.

Ich selbst mach das von Charakter zu Charakter, von Spiel zu Spiel unterschiedlich. Allerdings waren die meisten Spieler, die ich so kennengelernt habe, eher der Improvisation und Im-Spiel-Entwicklung zugetan. Ist vielleicht intuitivere Herangehensweise.
 
So sehr ich auch für die Charakterentwicklung im Spiel bin, versteh' ich persönlich widerum nicht, warum so viele Spieler (die ich kennengelernt habe) dem Willen anderer Spieler, ihren Charakteren einen gut ausgearbeiteten Hintergrund zu geben, so skeptisch oder unverständlich gegenüber stehen.
Ich habe mich da ein wenig unglücklich ausgedrückt: Ich habe nichts dagegen, wenn Spieler ihre Charaktere ausführlich ausarbeiten, stundenlang recherchieren und das Ergebnis womöglich auch noch zu Papier bringen. Das mache ich sogar teilweise selber.

Was mich stört, ist aber, daß die Rollenspieler, die "wert auf einen ausführlichen Hintergrund" legen nicht selten (Jaja, wer ist der Erste, der jetzt statistische Erhebungen verlangen wird?) ein elitäres Gehabe in ihren Aussagen mitschwingen lassen, daß ein guter Rollenspieler stets einen ausführlich ausgearbeiteten Hintergrund benötigt. Ansonsten sei der Charakter nur eine Ansammlung von Werten und der Spieler ein "powergamer" oder ähnliches.

Und das ist einfach Quatsch.

Ich werde sicherlich den Teufel tun und Leute, die sich gerne freiwillig (!) die Zeit nehmen viel Zeit in den Hintergrund zu investieren, irgendwie negativ bewerten zu wollen. Ich werde aber genauso wenig vom Spieler verlangen, daß er in dieser Weise seinen Charakter erschaffen muss (und auch diese Forderung liest man immer wieder unterschwellig mit).

Warum sollten sie das nicht tun, warum sollte man sich überhaupt die Frage stellen (und sie eigentlich immer mal wieder in solchen Diskussionen in den Raum werfen)?
Da haben wir auch sehr unterschiedliche Betrachtungsweisen solcher Diskussionen. Ich habe nämlich eher den Eindruck gewinnen können, daß die Befürworter eines entsprechenden Hintergrundes vielfach dieses Thema in die Diskussion einbringen. Und meine Kernaussage war eigentlich eine andere.
 
Wollte ich nur mal loswerden, was nicht heißt, dass ich eine solche Denkweise hier Jemandem unterstelle. Es hat mich nur an meine Erfahrungen erinnert.

Das bezog sich auf dich, Niedertracht :)

Ich weiß, dass deine Aussage ein wenig daran vorbeiging, deswegen ja dieser Satz. Wir haben ganz offensichtlich sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Da braucht man keine statistischen Erhebnungen vorzulegen, weil es nichts zu beweisen gibt. Man hat da ja auch immer eine gewisse, selektive Wahrnehmung.

Und es ist wohl auch einer der Hauptgründe für die Ablehnung meiner Spieler damals gewesen, dass sie glaubten mit einer Meinung konfrontiert zu werden, die das ausführliche Ausarbeiten des Charakterhintergrunds (mit seitenweise Geschriebenem) als die "bessere Variante" lobpreist. Dem war nicht so und ich denke es gibt auch immer noch sehr viele Spieler, die das absolut nicht so sehen (in meiner Wahrnehmung sogar die Mehrheit! ;)).

Ich glaube einige Diskussionen um Spielertypen, den Einsatz fürs Spiel, die Art und Weise des Spiels arten aus, weil sich irgendwer einem dominanten Anspruch gegenübersieht, der seine Art es zu tun auf irgendeine Weise für minderwertig erachtet. Dabei ist das, denke ich, seltener der Fall.

Wir können uns wohl darauf einigen, dass beide Extreme unsinnig sind, sowohl in der Ausübung, als auch in der Verurteilung des Gegenteils.
 
Wir können uns wohl darauf einigen, dass beide Extreme unsinnig sind, sowohl in der Ausübung, als auch in der Verurteilung des Gegenteils.

Ich würde sogar soweit gehen und behaupten, das ist in ganz vielen Fällen zutreffend, nicht bloß bei der Hintergrundgeschichte von fiktiven Personen.

Und obwohl uns das allen bewusst ist, hab' ich's jetzt auch überflüssigerweise behauptet.
 
Ja aber gerade dieser Test zeigt mir auch das Problem wieder:


In manchen Spielrunden muss ich voll zustimmen und in manchen muss ich voll ablehnen. Beides macht mir Spaß.
Wo liegt das Problem? Gerade weil du in diesem Bezug eine neutrale Position hast sind da ja 5 "Tendenzpunkte" aufgezählt. Du bist eindeutig Neutral, also gehörst du in die Mitte zwischen den beiden Positionen.

das schreit ja quasi nach nem test ...

You Scored as Character Player
The Character Player enjoys creating in-depth characters with distinct and rich personalities. He identifies closely with his characters, feeling detached from the game if he doesn’t. He takes creative pride in exploring different characters, often making each new one radically different than others he’s played. The Character Player bases his decisions on his character's psychology first and foremost. He may view rules as a necessary evil at best, preferring sessions in which the dice never come out of their bags. For the Character Player, the greatest reward comes from experiencing the game from the emotional perspective of an interesting character.

Character Player
90%
Storyteller
75%
Casual Gamer
60%
Specialist
60%
Tactician
40%
Weekend Warrior
25%
Power Gamer
25%
Hmm... der Test ist mir in dieser Form neu. Aber im großen und ganzen spigelt er bei mir mal wieder die üblichen Ergebnisse wieder, die diese Tests ausspucken. ^^
(Auch wenn ich bei Charakterplayer neuerdings immer wieder die Bedeutung von "Charakterdarsteller" im Theater dann klingeln habe, die ja so meilenweit von dem entfernt ist, worauf sich Laws bezieht.)
 
Das ist falsch. Der Theorie zufolge ist es sogar fast unmöglich nur eines der drei zu verfolgen.
Nun aus Wikipedia:
Many common role-playing techniques can enhance the enjoyment of a particular GNS mode at the expense of others, but the fundamental incompatibilities between each are actually very high-level.

In his article "System Does Matter",[3] Edwards said that all participants in RPGs hold one of three mutually exclusive perspectives or aims. He wrote that enjoyable RPGs focus on only one of these perspectives and that it is a common mistake in RPG design to try to satisfy all three types. It is for this reason that the article could be seen as a warning against generic role-playing game systems made by larger developers.[4]

Das heisst man hat entweder eine Kreative Agenda und verfolgt diese oder ist brain damaged.
Das ganze wird iirc im Big Model etwas, aber imho nicht bedeutend, aufgeweicht.
 
Der Artikel ist fehlerhaft (die "Quelle" bezieht sich auf eine Antwort auf Ron Edwards Originalartikel, in der ziemlich viel Interpretation und Meinung enthalten ist).

Das Original ist dabei ziemlich deutlich:

Sytem does matter schrieb:
Here I suggest that RPG system design cannot meet all three outlooks at once. For example, how long does it take to resolve a game action in real time? The simulationist accepts delay as long as it enhances accuracy; the narrativist hates delay; the gamist only accepts delay or complex methods if they can be exploited. Or, what constitutes success? The narrativist demands a resolution be dramatic, but the gamist wants to know who came out better off than the next guy. Or, how should player-character effectiveness be "balanced"? The narrativist doesn't care, the simulationist wants it to reflect the game-world's social system, and the gamist simply demands a fair playing field.

One of the biggest problems I observe in RPG systems is that they often try to satisfy all three outlooks at once. The result, sadly, is a guarantee that almost any player will be irritated by some aspect of the system during play.


Es geht hier darum, welche Mechaniken gut mit bestimmten Spielzielen harmonieren, nicht darum ob Gamisten und Simulationisten in derselben Gruppe glücklich werden.

Und er wird noch deutlicher:
GNS ans other matters of gaming theory schrieb:
Much torment has arisen from people perceiving GNS as a labelling device. Used properly, the terms apply only to decisions, not to whole persons nor to whole games. To be absolutely clear, to say that a person is (for example) Gamist, is only shorthand for saying, "This person tends to make role-playing decisions in line with Gamist goals." Similarly, to say that an RPG is (for example) Gamist, is only shorthand for saying, "This RPG's content facilitates Gamist concerns and decision-making." For better or for worse, both of these forms of shorthand are common.

For a given instance of play, the three modes are exclusive in application. When someone tells me that their role-playing is "all three," what I see from them is this: features of (say) two of the goals appear in concert with, or in service to, the main one, but two or more fully-prioritized goals are not present at the same time. So in the course of Narrativist or Simulationist play, moments or aspects of competition that contribute to the main goal are not Gamism. In the course of Gamist or Simulationist play, moments of thematic commentary that contribute to the main goal are not Narrativism. In the course of Narrativist or Gamist play, moments of attention to plausibility that contribute to the main goal are not Simulationism. The primary and not to be compromised goal is what it is for a given instance of play. The actual time or activity of an "instance" is necessarily left ambiguous.
Hervorhebungen durch mich.
 
Eigentlich handelt es sich weniger um Mechaniken als um Agenden auf Basis derer Entscheidungen getroffen werden.
Respektive um es in deinem Zitat hervorzuheben:
"For a given instance of play, the three modes are exclusive in application."
Was er dann weiter ausfuehrt:
"So in the course of Narrativist or Simulationist play, moments or aspects of competition that contribute to the main goal are not Gamism.
In the course of Gamist or Simulationist play, moments of thematic commentary that contribute to the main goal are not Narrativism
In the course of Narrativist or Gamist play, moments of attention to plausibility that contribute to the main goal are not Simulationism."

Insofern ist es im Wikipedia Artikel imho nicht falsch wiedergegeben.
[Nun und man wird in Theorie Diskussionen regelmaessig abgewatscht wenn man anderes behauptet]
 
Du hast dir aber schon durchgelesen, was "instance of play" (ich hatte es extra HERVORGEHOBEN) konkret bedeutet oder?

Der Artikel ist trotzdem falsch, weil er behauptet
that all participants in RPGs hold one of three mutually exclusive perspectives or aims.
obwohl Ron so ziemlich genau das Gegenteil sagt (die Labels beziehen sich auf Einzelentscheidungen - die Spielteilnehmer können durchaus davon abweichen).
 
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