Rund um Filme/Serien Historische Korrektheit in FIlmen - Discuss!

Michael Collins hat mich persönlich jetzt nicht so angemacht - war mir zu brav. da fand ich den Che film besser (und akkurater). auf der revolutzer ebene fand ich aber Land and Freedom von ken loach sehr gut und recht genau.

ich finde es ist eine sache die ereignisse korrekt wieder zu geben und eine ganz andere die handelnden protagonisten sehr frei zu interpretieren. letzteres hällt zumindest nicht meinen ansprüchen auf einen einigermassen akkuraten historienfilm stand. bei einer romanverfilmng oder sonst wie fiktiver handlung reicht mir ein guter eindruck der damaligen zeit aus, aber wenn es um reale personen geht dann wünsche ich mir schon viel eher ein stimmiges bild mit einer möglichest detailgeträuen darstellung.

gute beispiele sind für mich z.b. noch Das Weisse Band, Hotel Rwanda, The Last King of Scotland, The Grey Zone oder Milk. bei antiken historienfilmen fällt mir da kein einziger ein den ich einigermassen objektiv oder akkurat finde (mal von HBOs Rome abgesehen).

und noch ein tip:
Warriors of the Rainbow: Seediq Bale


@Arngeir
Luther kannst du von mir aus gut finden so fern du den nicht auch historisch korrekt findest. mir war der schlicht zu drüber.

PS: Ghandi ist leider ein sehr verklärtes machwerk, wenn auch gut gemacht.
 
Also Ghandi ist schon verklärt und nicht objektiv, aber faktisch korrekt soweit ich weiß schon.
Da ist ein wenig Auslassung und Betonung im Spiel, aber das wars doch oder?
 
na klar stimmen die ereignisse, aber die person wird nicht vollständig dargestellt. gandhis rolle in bezug auf das kastenwesen, frauen, schwarze oder seine sehr religiöse weltsicht wird zugunsten eines gewünschten bildes aussen vor gelassen.
bei dem luther film wird das ganz offensichtlich. allerdings wurde dieser film auch weitestgehend von evangelikalen in den USA finanziert - was vieles erklärt aber wenig entschuldigt.

das das auch anders geht sieht man z.b. an dem Capote film.
 
Ja, ich weiß. Ich hab den Film zum ersten mal gesehen in einem Proseminar über die "Irische Frage", und deshalb hinterlässt mir der film - auch wenn ich ihn genial finde und immer empfehle - einen leichten beigeschmack. Ist da ein wenig wie Der Untergang (Noch ein Film der hier erwähnt gehört)

Ich denke Du siehst das aus einer anderen Perspektive als ich. Für mich als Deutschen sind die Attentate der IRA keine Alltagsrealität, für Dich wohl schon. Für mich ist Irland ein Land das sich über Jahrhunderte der Besetzung durch eine fremde Macht unterdrückt sah und der britische Imperialismus ist für mich eben genau das: Imperialistisch.
Für Dich ist es wohl das Gefühl das alle Einwohner der britischen Inseln ein Volk sind, auch wenn einige unbelehrbeare Separatisten das nie einsehen wollten und dann auch noch Unschuldige bei Terroranschlägen töteten.
Dadurch entsteht eine ganz unterschiedliche Wahrnehmung bei uns Beiden. Du siehst Dich aus Deiner Lebenserfahrung bedroht und aus dieser "Angst" entsteht ein verständliches Feindbild gegenüber dem Terroristen Collins.
Ich sehe es aus der Distanz des nur intellektuell betroffenen Beobachters, der mit einem gewissen Maß an national motivierter Häme es den Engländern einfach gönnt für ihre Besetzung und Unterwerfung Irlands es auf eine Weise heimgezahlt bekommen zu haben, bei der ihnen ihre ganze militärische Übermacht nichts mehr half. Gandhi hat ihnen später in Indien die Zusammenarbeit verweigert, Collins hat Kollaborateure und Beamte exekutieren lassen was die Briten zwang Zugeständnisse zu machen..
Mich interessiert dabei vor allem die schon in einem meiner vorherigen Beiträge angesprochene Aspekt, das ich mir in den 70er und 80er Jahren immer von meinen Lehrern im Spiegel der RAF - Attentate anhören musste das man mit Terrorismus nie seine Ziele durchsetzt. Collins gewinnt eben damit einen irischen Freistaat aus dem sich schließlich die unabhängige Irische Republik entwickelt - widerlegt irgendwie das Argument mit der Sinnlosigkeit solcher Akte - was aus meiner Sicht auch einen ganz anderen Blickwinkel auf den islamischen Terrorismus wirft, so verwerflich der auch sein mag.

Was "Der Untergang" angeht interessiert mich einfach das Thema nicht. Ein Monster und die letzten Gesinnungslumpen in seiner Gesellschaft sehen ihre faschistische Welt zu Grunde gehen wie sie es auch verdient hatte und begehen Selbstmord weil sie zu feige sind die Konsequenzen ihres Handelns zu tragen - da sind andere Aspekte dieses Regimes viel interessanter für mich.
Ich hab in der Vergangenheit schon mehrmals die Produktionen des Bayrischen Rundfunks unter dem Oberbegriff "Vom Reich zur Republik" empfohlen. Sind alle wie ein Kammerspiel gehalten und betrachten Europas Weg in den Ersten Weltkrieg "Europas letzter Sommer", die Zeit vom Ende des WK I bis zum Ende des Spartakus - Aufstands und der Ratifizierung des Versailler Vertrags und die darraus entstehende Dolchstosslegende "Gewaltfrieden I-II" und das Scheitern von Weimar vor dem Widerstand der konservativen Rechten "Konterrevolution", "Hitler vor Gericht" und "Machtergreifung". Die Film findet man in der Mediathek von BR Alpha kostenlos und immer wieder mal im Fernsehen auf Bayern III und Digital auf BR Alpha. Alle historisch absolut akkurat, manchmal ein wenig abgehoben und überzeichnet in den Charakteren, aber fesselnd in der Art wie sie das Verständnis dafür wecken wie die erste deutsche Demokratie im Dritten Reich enden konnte. Wie gesagt absolut sehenswert und in der Mediathek for free - also unbedingt mal ansehen wenn ihr Zeit und Muse habt.
 
Man muss halt wissen, wo die Präferenzen liegen. Ich kann mich auch von einer gut erzählten Geschichte im historischen Gewand begeistern lassen, wenn der Rahmen passt - selbst wenn sie nicht so historisch genau ist oder wenn der angepeilte Blickwinkel sichtbar subjektiv ist und keinen Anspruch auf Korrektheit erhebt. Aber auch ich hab meine roten Tücher (I, Claudius, wie gesagt..) - kommt wohl drauf an, wie stark der Eindruck ist, dass der Film der Vorlage nicht gerecht wird und wie stark die eigene Bindung dazu ist.

Bei mir haben sich auch die Nackenhaare gekräuselt, als in den Imperium-Filmen (leider mit dem großen und alten Peter O'Toole als Augustus) der erste Princeps und Kaiser Roms als sanftmütiger Gutmensch und weiser alter Opa dargestellt wurde. Abgesehen von den mehr als soapigen Dialogen war das einfach nur ein Graus, da kann ich dann auch nicht darüber hinwegsehen, dass sie die Figuren völlig verklären. Aber das hängt eben auch damit zusammen, dass es obendrein schlecht erzählt ist.
 
Man muss halt wissen, wo die Präferenzen liegen. Ich kann mich auch von einer gut erzählten Geschichte im historischen Gewand begeistern lassen, wenn der Rahmen passt - selbst wenn sie nicht so historisch genau ist oder wenn der angepeilte Blickwinkel sichtbar subjektiv ist und keinen Anspruch auf Korrektheit erhebt. Aber auch ich hab meine roten Tücher (I, Claudius, wie gesagt..) - kommt wohl drauf an, wie stark der Eindruck ist, dass der Film der Vorlage nicht gerecht wird und wie stark die eigene Bindung dazu ist.

Bei mir haben sich auch die Nackenhaare gekräuselt, als in den Imperium-Filmen (leider mit dem großen und alten Peter O'Toole als Augustus) der erste Princeps und Kaiser Roms als sanftmütiger Gutmensch und weiser alter Opa dargestellt wurde. Abgesehen von den mehr als soapigen Dialogen war das einfach nur ein Graus, da kann ich dann auch nicht darüber hinwegsehen, dass sie die Figuren völlig verklären. Aber das hängt eben auch damit zusammen, dass es obendrein schlecht erzählt ist.

augustus war seien wir mal ehrlich ein gutmensch im zu gleich zu anderen kaisern und immerhin hat er unabhängig von der person die pax romana ERSCHAFFEN und ein reich aus dem bürgerkrieg in die stablität geführt
 
augustus war seien wir mal ehrlich ein gutmensch im zu gleich zu anderen kaisern und immerhin hat er unabhängig von der person die pax romana ERSCHAFFEN und ein reich aus dem bürgerkrieg in die stablität geführt

Das ist überwiegend Propaganda. Er hat die Zeichen der Zeit genutzt und die Fehler seines Adoptivvaters vermieden, wodurch er dem Tyrannentod entgangen ist. Er hat den Senat mit Truppen- und Waffengewalt gezwungen, ihn ohne curulische Laufbahn zum Konsul zu ernennen und diese "Ehre" einfach jedes Jahr erneuert, indem er die Senatoren bald durch eine Mischung aus Terror und Gefallen, Zuckerbrot und Peitsche dazu gebracht hat, ihm allein aus Selbsterhaltungstrieb gefällig zu sein oder den Mund zu halten. Er war schlau genug, nicht öffentlich den Tyrannen raushängen zu lassen, sondern hauptsächlich durch die Hintertür zu regieren. Nicht zu vergessen ist auch, dass er (wie viele andere vor und mit ihm) kräftig an den Proskriptionen mitgewirkt hat, als er noch im Triumvirat war, wodurch Tausende von recht unschuldigen Bürgeern und Familien einfach ausradiert (meint: brutal abgeschlachtet) wurden, um ihr Vermögen einzustreichen.

Er hat Sittengesetze verfasst, um einen angeblichen Verfall dieser in der Republik zu vermeiden, sie teilweise mit drakonischen Strafen durchgesetzt und sich persönlich nicht mal dran gehalten. Er hat einen Denunziationsstaat errichtet, der vom politischen Terror und der Verfolgung Oppositioneller vergleichbar mit der DDR und dem frühen Naziregime ist. Augustus war kein Gutmensch. Er war ein äußerst gerissener und skrupelloser Demagoge, der das Meiste von Caesar gelernt und so verbessert hat, das noch heute Menschen seine Propaganda unhinterfragt glauben. Nicht zu vergessen, dass er den endgültigen Tod der Republik zementiert und eine Ära des Kaisertums eingeleitet hat, die von blutigen Dynastie- und Bürgerkriegen dominiert war.. und das über Jahrhunderte.

Was er geschafft hat, war, so ziemlich jeden inneren Gegner zu vernichten und die Äußeren zu "befrieden", was weitgehend in einem relativen Frieden gemündet ist, der vor allem deswegen so besonders war, weil davor ein Jahrhundert lang nicht länger als ein oder zwei Jahre am Stück überhaupt so etwas wie Frieden innerhalb der Republik geherrscht hat. Was man ihm anrechnen muss ist wohl, dass er ein extrem intelligenter Mann war, ein unglaublich guter Taktiker und Stratege, der seine Position so geschickt manipuliert hat, dass er unantastbar wurde. Trotzdem war er ein "zivilisiertes Monster", ein eiskalter Politiker, nicht viel anders als Caesar und ich wäre ihm nicht gerne auf irgendeine Weise im Weg gestanden zu dieser Zeit.

Man kann ihm viel Gutes zusprechen. Er war ein herausragender Politiker, hat viel dafür getan, dass Rom eine neue Blütezeit erlebte und reich wurde - aber dafür ist er durch Blut gewatet. Nicht unbedingt die Charakteristika, die einen Gutmenschen auszeichnen. Und ganz sicher nicht das verklärte Idealbild, dass in den Imperium-Filmen (und anderen Medien) gerne zelebriert wird (meist auch nur als irgendeine Form von "Gegenentwurf" gegen die ach-so wahnsinnigen und grausamen, "verrückten" oder dämlichen Kaiser Caligula, Claudius und Nero..).
 
augustus war seien wir mal ehrlich ein gutmensch im zu gleich zu anderen kaisern und immerhin hat er unabhängig von der person die pax romana ERSCHAFFEN und ein reich aus dem bürgerkrieg in die stablität geführt
Das hat Hitler auch gemacht - das muss nix gutes sein.
 
augustus war seien wir mal ehrlich ein gutmensch im zu gleich zu anderen kaisern und immerhin hat er unabhängig von der person die pax romana ERSCHAFFEN und ein reich aus dem bürgerkrieg in die stablität geführt

Ahja, also mir fallen da als erstes die über 1000 Patrizier einschließlich Cicero ein, die er während seinem Triumvirat mit Marc Anton und Lepidus hat hinrichten lassen. Seine eigene Tochter hat er in die Verbannung geschickt und völlig isoliert und einsam dahinvegitieren lassen weil sie seinen moralischen Ansprüchen nicht mehr entsprach. Gleichsam hat er die politischen Morde seiner Frau Livia ignorier,t weil es so bequemer war- Augustus war nichts anderes als ein berechnender Machtmensch, der einer sich selbst überlebt habenden Republik in seinem Principat wieder so viel Stabilität gegeben hat um daraus ein funktionierendes Kaiserreich aufzubauen.
Wenn wir von Gutmenschen als Kaiser sprechen fällt mir eigentlich niemand ein, eigentlich sind das begriffe die sich gegenseitig ausschließen - evtl. Marc Aurel, aber Augustus gewiss nicht.
 
Wenn wir von Gutmenschen als Kaiser sprechen fällt mir eigentlich niemand ein, eigentlich sind das begriffe die sich gegenseitig ausschließen - evtl. Marc Aurel, aber Augustus gewiss nicht.

Marcus Aurelius hat Commodus großgezogen.. ich weiß nicht, was schlimmer ist :D

Er war zwar nur Stoiker ( :p ) aber immer hin Philosoph, ja. Das Problem bei "den guten Kaisern" wie ihm und Vespasianus etc. ist, wie auch bei den "bösen" einfach die propagandistische Geschichtsschreibung der zeitgenössischen Autoren.
 
Man kann Kinder nicht für ihre Väter verantwortlich machen und Väter nur sehr begrenzt für die Sünden ihrer Kinder, speziell wenn das Kind wie im Falle von Commodus offensichtlich wahnsinnig war.
 
Ich denke es ist allgemein nicht sehr einfach aus unserem Abstand von 2000 Jahren in "gute Kaiser" und "böse Kaiser" zu trennen.
Ich denke, wenn man stattdessen zumindest sich erst einmal bewusst macht, dass wohl alle Quellen irgendwo subjektive Elemente bis hin zu propagandistische Lügen enthalten, ist man auf einem guten Weg.
Und wenn man dann als Zwischenschritt der "gut-böse"-Wertung an dem Gedanken vorbeikommt, dass das auch immer eine höchst subjektive Sache ist, die stark von politischer Einstellung und der eigenen Perspektive abhängt, dann hat man mMn eine Erkenntnis gewonnen, die mal wieder sehr gut zeigt, dass Geschichte mehr ist als nur ein Orchideenfach für gelangweilte Menschen:
Man kann tatsächlich Erkenntnisse für heute daraus gewinnen.

So alte Historienfilme (Edit: also "Historienfilme über so alte Themen" sind gemeint) sind mMn immer subjektiv und damit teilweise fiktiv. Das ist ja auch nicht schlimm - man sollte es nur selbst irgendwo im Hinterkopf behalten.
 
Man kann Kinder nicht für ihre Väter verantwortlich machen und Väter nur sehr begrenzt für die Sünden ihrer Kinder, speziell wenn das Kind wie im Falle von Commodus offensichtlich wahnsinnig war.

Dem ersten Satz würde ich ohne Weiteres zustimmen, aber beim Zweiten habe ich so meine Zweifel. Dennoch ist es natürlich klar, dass die heutige Perspektive zu distanziert ist, um irgendwelche Ursachen auszumachen. War auch nicht allzu ernst gemeint ;)


Ich denke es ist allgemein nicht sehr einfach aus unserem Abstand von 2000 Jahren in "gute Kaiser" und "böse Kaiser" zu trennen.
Ich denke, wenn man stattdessen zumindest sich erst einmal bewusst macht, dass wohl alle Quellen irgendwo subjektive Elemente bis hin zu propagandistische Lügen enthalten, ist man auf einem guten Weg.
Und wenn man dann als Zwischenschritt der "gut-böse"-Wertung an dem Gedanken vorbeikommt, dass das auch immer eine höchst subjektive Sache ist, die stark von politischer Einstellung und der eigenen Perspektive abhängt, dann hat man mMn eine Erkenntnis gewonnen, die mal wieder sehr gut zeigt, dass Geschichte mehr ist als nur ein Orchideenfach für gelangweilte Menschen:
Man kann tatsächlich Erkenntnisse für heute daraus gewinnen.

So alte Historienfilme sind mMn immer subjektiv und damit teilweise fiktiv. Das ist ja auch nicht schlimm - man sollte es nur selbst irgendwo im Hinterkopf behalten.

Würde ich auch so sehen. Vor allem der von mir fett hervorgehobene Satz ist für mich besonders wichtig, weil absolute fucking truth. Menschen, die behaupten, alles Vergangene hätte doch für uns heute keine Bedeutung mehr und darf ruhig vergessen werden, werde ich nie verstehen - vor allem wenn man die gesellschaftlichen, sozialen und politischen Parallelen zu älteren Zeiten erkennt.

Natürlich kann man auch, wenn man verschiedene Quellen heranzieht und die vorhandenen hinterfragt, ein relatives Ziel erreichen und vermuten und erahnen, wie es wirklich gewesen sein könnte. Es gibt auch genug Forscher, die mein zuvor geschriebenes Augustus-Bild scharf ablehnen würden, die fallen aber meiner Meinung nach auf die gleiche Propaganda rein. Andersrum, kann moderne Forschung Gottseidank auch Bilder relativieren, wie bei Caligula und Nero mittlerweile geschehen. Nur leider sorgen gerade verklärende Filme, wie die Imperium-Reihe und zahllose, angeblich gut recherchierte Dokumentationen dafür, dass das einseitige und teilweise überholte Bild einfach in den Köpfen bleibt. Das geht soweit, dass depperte und pseudogebildete Politiker davon sprechen, wir befänden uns in einer "römischen Dekadenz" (die erstmal auf die späte Kaiserzeit anspielt..) und dann Vergleiche zu "verrückten Kaisern" heranzieht, die angeblich Esel zu Konsuln gemacht haben (was Caligula meint, der angeblich sein Pferd zum Konsul gemacht haben soll - in Wirklichkeit allerdings wahrscheinlich den unfähigen und durch Augustus zu schleimerischen Bucklern und verräterischen Schlangen herangezogenen Senatoren vorgehalten hat: "Mein Pferd(!) könnte einen besseren Konsul abgeben!").

Zur Apocolocyntosis von Seneca über Claudius sag ich mal besser nichts, ist eh schon genug off-topic hier..
 
und dann Vergleiche zu "verrückten Kaisern" heranzieht, die angeblich Esel zu Konsuln gemacht haben (was Caligula meint, der angeblich sein Pferd zum Konsul gemacht haben soll - in Wirklichkeit allerdings wahrscheinlich den unfähigen und durch Augustus zu schleimerischen Bucklern und verräterischen Schlangen herangezogenen Senatoren vorgehalten hat: "Mein Pferd(!) könnte einen besseren Konsul abgeben!").
Vielleicht hat ers ja auch wirklich durgezogen um sich über sie lustig zu machen.
Auch die jüngere Historie hatte Fälle zu bieten, wo Tiere Wahlen gewonnen haben.

Aber mit so einer Informationsresistenz muss sich wohl jede Wissenschaft herumschlagen.
Ich könnte auch jedes Mal zum Hulk werden, wenn die Bild begeistert "Quantensprünge" feiert - und ich (der ich selbst sogar mMn ne Physik-Niete bin und gerade das populärwissenschaftliche Zeug verstehe) mich jedesmal fragen muss, wozu man denn nen Artikel schreiben muss, wenn nach eigener Aussage nahezu nichts passiert ist.

Und da Geschichte hier ja auch durchaus nachvollziehbarerweise immer den Beigeschmack eines volkstümlichen Allgemeingutes hat, das man aus eigenen Erinnerungen und Phantasien zusammenbastelt, halten sich da Geschichten natürlich besonders gut.
 
Vielleicht hat ers ja auch wirklich durgezogen um sich über sie lustig zu machen.

Ist eine andere, gut mögliche Theorie, ja.

Und da Geschichte hier ja auch durchaus nachvollziehbarerweise immer den Beigeschmack eines volkstümlichen Allgemeingutes hat, das man aus eigenen Erinnerungen und Phantasien zusammenbastelt, halten sich da Geschichten natürlich besonders gut.

Richtig - und ich finde es nicht mal schlimm, wenn Medien wie der Film oder Serien sich Freiheiten erlauben, um ihre Geschichte zu erzählen - dass es aus einem bestimmten Blickwinkel gedreht wurde, um ein gewisses Statement zu vermitteln, ist mir auch bei Sachen wie I, Claudius bewusst, da stört mich tatsächlich der gesellschaftliche Impact (und es ist schmerzhaft zu sehen, dass eine Figure wie Caligula wie der letzte Transenkasper zum Volldeppen gemacht wird). Wenn Mel Gibson aber die Geschichte ein wenig verdreht, um seine Geschichte um den verzweifelten Todeskampf einer Zivilisation mit einem Hauch Rachepathos und einem anderen Hauch selbstbestimmender, ursprünglich-wilder, anthropologischer Wahrheiten in Apocalypto zu erzählen, verzeih' ich ihm das irgendwie mehr. Könnte anders aussehen, wenn ich mesoamerikanische Geschichte studieren oder selbst Mayablut in mir tragen würde, weiß ich nicht.
 
Also ich bin kein Althistoriker, aber Caligula war doch wohl für einige Narreteien gut und ich dachte immer die Sache mit dem Pferd (Incitatus) sei verbürgt. Wikipedia (ja, keine historische Quelle, aber die beste die ich auf die Schnelle zur Verfügung hatte) bezieht sich auch darauf und scheint es für verbürgt zu halten, dass Caligula Incitatus zum Konsul erheben wollte.

http://de.wikipedia.org/wiki/Incitatus
 
Also ich bin kein Althistoriker, aber Caligula war doch wohl für einige Narreteien gut und ich dachte immer die Sache mit dem Pferd (Incitatus) sei verbürgt. Wikipedia (ja, keine historische Quelle, aber die beste die ich auf die Schnelle zur Verfügung hatte) bezieht sich auch darauf und scheint es für verbürgt zu halten, dass Caligula Incitatus zum Konsul erheben wollte.

http://de.wikipedia.org/wiki/Incitatus

Dazu mal im Spoiler, weil länger und nicht mehr wirklich on-topic:

Caligula galt lange Zeit als einfach nur wahnsinnig, das ist allerdings nicht wirklich korrekt - zumindest nicht so unreflektiert. Die Sache mit Incitatus ist keines Falls verbürgt, stützt lediglich auf ein paar eher unzuverlässige und teilweise nicht mal zeitgenössische Quellen - Sueton und Cassius Dio, wie bei Wikipedia richtig steht. Beide lebten nach Caligula (Dio sogar ein Jahrhundert danach) und haben größtenteils Mundpropaganda aufgenommen, die durch zeitgenössische Schmähschriften angefacht worden waren. Die Quellen auf die diese Autoren sich bezogen, waren, wenn überhaupt etwas anderes als diese Mundpropaganda, Schriftstücke von Senatoren, die unter Caligula zu leiden hatten - indem er sie zum Beispiel verbannte. Aus der Verbannung heraus geschriebene Zeugnisse über die geistige Gesundheit des Kaisers sind wohl kaum verlässlich.

Es gibt da diese Theorie über einen Knickpunkt in seiner "geistigen Gesundheit" als seine Mutter starb und zahllose "Beweise" seines Wahnsinns, die Erhebung des Pferds zum Konsul gehört dazu. Unter anderem auch das Sammeln von Muscheln an der nordgallischen Küste.

Um aber diesen "Wahnsinn" zu verstehen, muss man den Hintergrund von Caligula begreifen. Der Junge wuchs auf Capri auf, unter der "Obhut" vielmehr Aufsicht von Kaiser Tiberius - der aller Wahrscheinlichkeit nach der Mörder von Caligulas Familie, zumindest von seinem Vater und einigen anderen Verwandten war. Caligula dürfte das gewusst oder zumindest geahnt haben (einige seiner späteren Taten lassen darauf schließen) - und Tiberius hätte in ihm sicher auch eine Gefahr gesehen und ihn beseitigt, wenn er geahnt hätte, dass Caligula etwas davon weiß. Er musste also gute Mine zum bösen Spiel machen, um zu überleben. Geile Kindheit.

Zum Kaiser erhoben wusste er längst um die Mittäterschaft dutzender Senatoren an dem Mord an seiner Familie. Diese waren noch immer im Amt. Er verbrannte die Liste dieser Namen vor den Augen des Senats um vorgeblich die Vergangenheit zu vergessen, behielt allerdings eine Kopie und ließ diejenigen, die er als Mitschuldige am Massacker seiner Familie und der Tragödie seines Lebens begriff, systematisch ausmerzen und teilweise unter falschen Vorwürfen (die ihm wieder rechtliche Privilegien gestatteten) bestialisch töten. Wenn er wirklich wahnsinnig war, dann höchstens soziopathisch aber bestimmt nicht so behämmert, wie es ihm unterstellt wurde.

Wahrscheinlich war Caligula ein zynischer und sarkastischer Fuchs - und seine Zeitgenossen haben diese Doppeldeutigkeit seiner Entscheidungen und Worte entweder aus Dummheit nicht verstanden oder bewusst fehlinterpretiert, um ihm einen Strick daraus zu drehen.

Die Sache mit den Muscheln ist auch eine nette Anekdote: es wird Caligula nachgesagt, er habe seinen Legionen bei der geplanten Übersetzung nach Britannien befohlen, Muscheln zu sammeln um sie als "brittanisches Gold" nach Rom zu bringen und im Triumphzug zu präsentieren. Natürlich soll er das gemacht haben, weil er völlig GAGA war. Andere Theorie: Unter Claudius (nach Caligula) hatten sich die römischen Legionäre wochenlang geweigert, auf diese wilde und gefährliche Insel überzusetzen, weil sie nicht einsahen, was Rom dort zu suchen hatte. Erst zahlreiche Beschenkungen durch Claudius brachten sie damals dazu. Als Caligula vorhatte, nach Britannien überzusetzen, geschah vermutlich das Gleiche - sie weigerten sich. Also ließ er sie Muscheln sammeln und diese im Triumphzug als Mahnmal ihrer grenzenlosen Feigheit präsentieren.

Ähnliches bei Incitatus und bei Wikipedia stehts ja schon: indem er sein Pferd zum Konsul vorschlägt oder ernennt (gesichert ist das ja nicht) führt er den Senatoren nicht nur ihre Unfähigkeit vor Augen, er stellt auch die durch Augustus eingeführten Privilegien bloß, die den Senat im Grunde seiner Existenzberechtigung enthoben hatten. Vermutlich hasste Caligula den gesamten Senat und die Senatoren als Stand aufgrund ihrer Doppelzüngigkeit, ihrer Schmeichelei und Kriecherei, die sie durch seine Vorgänger gelernt hatten - noch dazu natürlich die Sache mit seiner Familie. Und er ließ es sie immer wieder durch sarkastische und zynische Befehle, Weisungen und Gesetzesvorgaben spüren, die er teilweise so schnell wieder zurückzog, dass es ihm nur um ihre dummen Gesichter gegangen sein konnte. Er stellte die Senatoren in ihrer vor Angst vor dem Kaiser zitternden Hörigkeit bloß und zeigte Rom, was aus dieser Insitution geworden war. Im Grunde führte er einen langen und auszehrenden Krieg gegen den ganzen, verkommenen und korrupten Verein - und wir wissen ja, wie der Kriegsverlauf von den Siegern im Nachhinein dargestellt wurde. Die, die das von Augustus gegründete System zu verteidigen suchten, weil sie davon profitierten und die bloßgestellten Senatoren, hassten ihn dafür umso mehr - zumal Caligula durch die Bank weg einer der beliebtesten Kaiser im gemeinen Volk gewesen sein dürfte (unter anderem auch weil er es sich nicht nehmen ließ, Wagenrennen zu fahren und seine Liebe zu Pferden und einem Besonderen in der Öffentlichkeit zu präsentieren und natürlich weil ein nicht geringer Teil der Plebs seine Ansichten im Bezug auf den Senat teilten).

Vermutlich war auch sein extrem ausgereizter Kaiserkult eine Verhöhnung des Senats. "Wenn ihr einen Gott haben wollt, sollt ihr ihn bekommen." - und es ist gut möglich, dass seine soziopathischen Veranlagungen da tatsächlich mit ihm durchgegangen sind. Er hat das verlogene System von Augustus, das auf Scheinrechten und unglaublich vielen Lippenbekenntnissen, Lobreden und triefender Heuchelei basierte ganz offensichtlich verachtet. Und er hat es übertrieben, er hat es ausgereizt und einfach umgedreht. Er hat die Lobgesänge der kriecherischen Senatoren nicht einfach nur als Schmeichelei hingenommen und selbstzufrieden geschmunzelt, ich stell mir das so vor:

Senator: "Oh göttlicher Kaiser, Erster unter den Ersten, großer Erbe des Tiberius, des großen Augustus und des göttlichen Iulius Caesar - die Republik liegt dir zu Füßen. Dir steht alles zu, denn du bist zweifellos ein Gott unter den Menschen. Was, oh großer Kaiser, kann dieser bescheidene Senat für dich tun? :sneaky: *schleim, schleim - hoffentlich belohnt er mich für diese schöne Lobrede mit Gold. Hat ja auch Tiberius immer gemacht, wenn man ihm wohlgefällig war...*"

Caligula: " :D achja? Ich bin also der Erbe des göttlichen Iulius Caesar? Mit göttlichen Gaben ausgestattet? Größer als alle vor mir? Na dann wird es ja kein Problem sein, mir und meiner nicht minder göttlichen Schwester Statuen und Monumente zu errichten."

-> und alle Senatoren so "hä?! o_O" und dann "shit, der meint das Ernst! Der bringt uns um, wenn wir das nicht machen! Der muss verrückt sein! :eek: Augustus hat doch auch immer nur so getan als ob! :cry: "

Natürlich sind das auch nur Theorien - aber sie klingen für mich plausibler als das Gerede von einem völlig abgedrehten, Frauenkleider tragenden (ja, wurde ihm auch vorgeworfen.. natürlich) und weltfremd-sabbernden Irren. Ich empfehle dazu Aloys Winterling, der wird auch in den Wikipedia-Artikeln mitsamt seiner Gegentheorie erwähnt. Und er ist mittlerweile nicht mehr der Einzige, der das auf wissenschaftlichem Niveau so sieht und erforscht hat.
 
Gut, also nicht wahnsinnig sondern nur hoffnungslos unfähig und zu blöde als Herrscher indem er sich in einen Rachefeldzug begibt statt seine Arbeit als Kaiser zu machen, na danke.
Ich finde diese sogenannten Zweifel sehr fragwürdig, weil aus der Zeit des Caligula nicht eine erwähnenswerte Reform bekannt ist, er also als Kaiser rein garnichts bewegt hat außer sich nach diesen Gerüchten in fruchtlosen Pöbeleien und Beleidigungen gegenüber dem Senat ergangen hat, während sich aber fast jeder Historiker Roms danach das Maul über Caligula zerreisst und die alle diesen Gerüchten über Caligula aufgesessen sind und auch nach Jahrhunderten noch eine Vendetta gegen die Julier und ihren "guten Imperator" Caligula führten, lachhaft.
Seien wir doch mal ehrlich, die Julier zeichneten sich durch eine überzüchtete und inzestuöse Ahnenreihe aus, von den Kaisern aus ihrer Linie waren Tiberius, Claudius und Nero alle höchstwahrscheinlich geistig labil oder wahnsinnig, warum soll ausgerechnet Caligula, von dem rein garnichts Positives überliefert wurde, weder von Zeitgenossen noch von späteren Historikern, eine missverstandene Ausnahme gewesen sein?
 
Gut, also nicht wahnsinnig sondern nur hoffnungslos unfähig und zu blöde als Herrscher indem er sich in einen Rachefeldzug begibt statt seine Arbeit als Kaiser zu machen, na danke.
Ich finde diese sogenannten Zweifel sehr fragwürdig, weil aus der Zeit des Caligula nicht eine erwähnenswerte Reform bekannt ist, er also als Kaiser rein garnichts bewegt hat außer sich nach diesen Gerüchten in fruchtlosen Pöbeleien und Beleidigungen gegenüber dem Senat ergangen hat, während sich aber fast jeder Historiker Roms danach das Maul über Caligula zerreisst und die alle diesen Gerüchten über Caligula aufgesessen sind und auch nach Jahrhunderten noch eine Vendetta gegen die Julier und ihren "guten Imperator" Caligula führten, lachhaft.
Seien wir doch mal ehrlich, die Julier zeichneten sich durch eine überzüchtete und inzestuöse Ahnenreihe aus, von den Kaisern aus ihrer Linie waren Tiberius, Claudius und Nero alle höchstwahrscheinlich geistig labil oder wahnsinnig, warum soll ausgerechnet Caligula, von dem rein garnichts Positives überliefert wurde, weder von Zeitgenossen noch von späteren Historikern, eine missverstandene Ausnahme gewesen sein?

Ziemlich harsche Kritik, meiner Meinung nach völlig ungerechtfertigt.

Weil er das heuchlerische Spiel von Augustus und Tiberius nicht mitspielen wollte, war er unfähig? Und was genau war denn seine "Arbeit als Kaiser"?

Du bist unter dem Mörder deiner Eltern aufgewachsen und erhältst, als dieser stirbt, die einmalige Gelegenheit: die Praetorianer und Soldaten lieben dich, du bist in ihrer Mitte aufgewachsen, der Senat, in dem deine Feinde sitzen, ist dank Augustus und Tiberius regelrecht machtlos. Binnen zweier Stunden nach Tiberius Tod hat Caligula eine Kopie der Anklageschriften anfertigen lassen, die den Verschwörern an seiner Familie galten, die Originale öffentlich verbrannt um sie in Sicherheit zu wiegen und in den folgenden Jahren im Geheimen einen nach dem anderen systematisch ausgeschaltet und abgeschlachtet, für die Verbrechen, die sein Leben zerstört haben. Was daran unfähig sein soll, weiß ich nicht so recht. Ja, er hat den Rachefeldzug zu weit getrieben - aber ganz offensichtlich, weil er sowohl sein Amt, als auch das ganze System rund herum verachtete. Dieser Mensch hatte nie eine andere Zukunft, als im Blut seiner Feinde zu baden und mit einem Dolch im Rücken selbst zu sterben - das war aber weniger sein Verdienst, als der seiner Umwelt.

Du findest die Zweifel an einem althergebrachten und wenig hinterfragten Bild fragwürdiger als die Schmähschriften von Verbannten und Verprellten? Von korrupten Politikern? Was ist mit Caesar? Der wird heute noch als Volksheld gejubelt, findest du Zweifel daran auch nicht gerechtfertigt, weil Jahrtausende lange Rezeption nicht irren kann?

Das es keine anderen Zeitquellen gibt, ist auch Unsinn. Auch Winterling und die Verfechter ähnlicher Theorien stützen sich nicht auf Nasenpopel und Vermutungen. Caligula war unter den Plebs weitaus beliebter, als Augustus, Tiberius, Claudius (insbesondere der), Nero und die meisten anderen Kaiser. Warum? Weil er genau das getan hat, was nicht von Seiten des Senats von ihm erwartet wurde, er hat sich nicht zum Vorzeigehündchen abrichten lassen und er hat auch nicht nur im Geheimen die Fäden gezogen. Er hat so offen geherrscht, wie es ihm ohnehin zustand (und vor ihm Tiberius und Augustus) und wie es nur alle zu feige (oder zu klug) waren, wirklich auszusprechen.

Die Soldaten und Legionen liebten ihn, weil er unter ihnen aufgewachsen und den relativ neutralen Quellen (meist aus der Frühzeit seiner Regentschaft) zu urteilen auch ein extrem guter Soldat und Feldherr war. Dass die Legionen vor Britannien streikten, muss nichts Gegenteiliges bedeuten - es heißt wohl nur, dass Caligula daran gescheitert ist, woran auch Caesar scheiterte und nicht willens war, Unsummen dafür auszugeben, wie später Claudius, Kriegselefanten und anderen Schwachsinn nach Britannien zu bringen, um auch ja den Krieg zu gewinnen. Sie liebten ihn außerdem, weil er gerne - er machte seinen "Job" als Kaiser halt nicht gerne... - in ihren Farben (rot) bei den Wagenrennen mitfuhr. Das - und dazu die militärischen Erfolge (bis auf Britannien) müssen ihn im Volk wie ein Idealbild eines Römers haben erscheinen lassen und im Grunde hat er auch viele alte römische Tugenden vertreten. Er hat die Volksversammlung wieder eingesetzt, die Macht der Volkstribunen und Soldaten gestärkt und insgesamt viele, altrömische und republikanische, wenn auch populare Gesetze wieder in Kraft gebracht, was nur deswegen keine Auswirkung hatte, weil Claudius aus Angst vor den optimatischen Senatoren, die unter ihm wieder erstarkten, das alles sofort wieder rückgängig gemacht hat.

Ich weiß nicht wie du drauf kommst, dass Tiberius geistig labil war. Im Gegenteil wirkt er eigentlich in allen Quellen - negativ wie positiv - immer recht kühl und berechnend, bis vorsichtig. Dass er sich von Seianus hat übertölpen lassen hat er ja im Grunde wieder wett gemacht.

Claudius, wenn auch gerne "geistig labil" und "behämmert" dargestellt, hat eine Finanzpolitik durchgezogen, die Rom weit reicher zurückgelassen hat, als Augustus es sich hätte erträumen lässen. Er war im Volk ungeliebt, weil er nichts davon hielt, Unsummen in Form von Spielen und anderen Eitelkeiten rauszuwerfen (Caligula machte das vorher gerne, vermutlich weil er Sympathien bei den Plebs genoss und diese ausbauen wollte.. und damit den Senatoren nur noch mehr eins auswischen konnte). Wahrscheinlich war Claudius eine graue Maus - er fügte sich in seine Rolle und füllte sie aus. Wenn Jemand seinen "Job" als Kaiser richtig ausgeführt hat, dann wohl er. Falls der Job darin besteht, sich der Militärgewalt der Praetorianer zu beugen, das heuchlerische Spiel mit dem Senat mitzuspielen und schön die Schnauze zu halten, dafür aber das Reich prosperieren zu lassen.

Und auch Nero ist, wie du feststellen wirst, wenn du dich mit der aktuellen Forschung beschäftigen willst, längst weitgehend von dem ihm zugesprochenen Bild rehabilitiert worden. Allerdings hatte er jung in große Fußstapfen zu treten, die sein Mentor Seneca in Sachen Staatsgeschäfte hinterlassen hat, unter einer extrem dominanten und machthungrigen Mutter zu leiden, die ihn von den meisten sozialen Dingen abschirmte - da zeig du mir mal den Mann, der dabei am Ende noch gut wegkommt. Einen Knacks weg hatte der sicher irgendwann, allerdings können zum Beispiel die Schmähschriften über seine angebliche Unfähigkeit als Musiker und Künstler nicht stimmen (und alles, was da wieder an "Wahnsinn" hinzugedichtet wurde..). Nicht-römische und zeitgenössische Quellen berichten nämlich von ziemlich begeisterten Griechen, die Nero zu sich einluden, weil sie sein Talent bewunderten. Und ich rede nicht von einer Handvoll - in den Provinzen war der Kerl beliebt. Nur unter den Christen nicht, verständlicherweise. Und oh.. die haben ja durch das Mittelalter hinweg die Geschichtsschreibung übernommen, ob das irgendeine Auswirkung auf seinen Nachruf hatte?

Wie du siehst, war Caligula keine missverstandene Ausnahme - aber er ist vielleicht die Tragischste von allen. Bevor du die Meinungen von Althistorikern als "lachhaft" bezeichnest, solltest du dich vielleicht mit dem Gedanken anfreunden, dass die Geschichte von Siegern (erst der Senat und andere Politiker, später Kaiser die gut dastehen wollten und Sündenböcke als "Gegenbeispiele alter, verdorbener Zeiten" brauchten und schließlich Christen) geschrieben wird - und auch immer aus einem Blickwinkel heraus. Die meisten Aspekte des diesen Männern zugesprochenen "Caesarenwahnsinns" und anderer, negativer Eigenschaften wurden in Jahrhunderten danach geprägt - teilweise aus Propaganda, um angeblich unfehlbare Kaiser wie Vespasian als leuchtendes Gegenbeispiel darzutellen, teilweise um die Verfehlungen und Gräuel des heidnischen Rom im Gegensatz zum spätrömischen Christentum aufzuzeigen. Dabei griff man natürlich vorwiegend auf Zeugenisse zurück, die hanebüchene Geschichten über die dämonischen und wahnsinnigen Ausschweifungen der schillernsten Figuren ihrer Zeit zu erzählen hatten. Diese Geschichten verkaufen sich für gewöhnlich auch besser und sind publikumswirksamer, vor allem wenn man einen Standpunkt zu verteidigen hat. Zum Beispiel, dass die gesamte julisch-claudische Dynastie ein Volk von inzestiösen, heidnischen Demagogen und Wahnsinnigen war.
 
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