AW: Frank Millers 300
Illusion. Und Fiktion. Und warum, zum Teufel, muß es eine historische Vorlage sein. Und selbstverständlich so eine, die ausgezeichnet tradiert und wirkmächtig ist. Wanderer, kommst Du nach Spa... hat doch irgendwer gelesen, oder? Aber gut.
ich bin unsicher, ob ich dich in Gänze verstanden habe, bitte gerne korrigieren, sofern ich an dir vorbei rede.
Aus meiner Sicht als "im Metier Tätige":
warum darf es keine historische Vorlage sein? Künstlerische Freiheit (Punkt) und wenn ich herginge und - weil ich in Troy fasziniert von der Anspielung auf 300 gegen 1 Mio Perser (ich kannte den Bezug vor Eric Banas oder wars O'Toole? Zitat in Troy tatsächlich nicht und bin somit ziemlich repräsentativ für den tumben Kinozuschauer, der einfach nur unterhalten werden will) - und die Geschichte komplett frei interpretieren würde und auf den Mars und Aliens übertrüge - so what?
Wenn historsich so viele Fehler drinne sind, dann hat die bereits schon die Vorlage - darf man die Vorlage deshalb nicht verfilmen? Oder muss man sie so verfremden (und wäre das Herrn Miller Recht gewesen?) dass sie dann doch dem Historischen Anspruch einiger genügt?
Zum Punkt der Historientreue. Ich finde es immer wieder charmant, wie man sich über die scheinbare Naivetät und Unbefangenheit früherer Generationen mockiert. Wenn das Stück "300" für dementos aus Alabama, die nicht 'mal ihren eigenen Namen schreiben können, 1861 mit der laterna magica aufgeführt worden wäre, gäb's ein mildes Lächeln. Auch dafür, daß das Publikum nach der Vorstellung noch Schlangenöl kauft und anschließend mit völlig verzerrten Bildern von Leonidas im Kopf in den Krieg zieht. Ja, ja. Andere Zeiten. Wie blöde die Leute damals waren.
Worauf willst du hinaus? Ich gebe zu, dir in diesem Punkt gerade nicht folgen zu können - wahrscheinlich hat das aneinander vorbei schreiben schon lange eingesetzt
Wenn ich ein historisches Thema verfilmt sehen will - ausdrücklich! Verfilmt! Das Theater arbeitet so schon lange nicht mehr - will ich gut unterhalten sein. Ich bin genauso anfällig für die Magie des silver screen, wie jeder ander auch. Graecum hin oder her. Wenn die Römer im Film dann Armbanduhren tragen und über Autorennen sprechen, ist die Illusion leider futsch.
Zweifelsohne! bei mir ist die Magie schon futsch, wenn ich "sehe" wo die 12 KW steht und welcher Frostrahmen vorm Fenster steht.
Aber keines dieser Kriterien erfüllt 300 m.E.n. Keiner hatte nen gamboy mit und es wurde auch nicht über Ferrari gequatscht
man kann es auch übertreiben - finde ich und mir kommt es eben vor, als würde in den Krümeln gesucht - subjektiver Eindruck.
Viel schlimmer fände ich persönlich den Punkt mit dem digitalen Bildgewichse, weil das hochstilisierte Bild, was aus Kostengründen anders nicht machbar war - und nein, 60 Mio sind nicht viel Geld, wenn ich nicht gerade einen Autorenfilm mit zwei leuten in einer ein Zimmerwohnung drehen möchte - viel eher zur zerstörung der Illusion gereicht hätte.
Und der Filmspaß auch. Das hat nichts damit zu tuen, daß ich mir doch 'ne BBC-Doku ansehen soll, wenn ich historische Korrektheit sehen will. Ich darf kontern: Wenn ich nackte Weiber oder Kerle sehen will, kann ich mir auch 'nen Schmuddelfilm ansehen.
Du darfst kontern, sicher
Ich hab auch 300 NICHT angesehen, weil ich nackte kerle sehen wollte - dennoch denke ich, dass keiner der Herren bemängeln würde, dass Rodriguez in "SIN CITY" nackte Weiber nach seinem Gusto exponiert hat... ich darf somit auf den Autoren der Vorlage verweisen...
Eine Comicverfilmung? Herrgott ja. Eine vage Geschichtsvorstellung im Kopf, ich zeichne eine tolle Story über die Verteidigung des Abendlandes gegen teufelsanbetende orientalische Despoten - die leider an den Haaren herbeigezogen ist. Daß die Geschichte von Leonidas nicht in China dargestellt wird oder 1827 spielt, macht sie definitv nicht zu 90% korrekt.
naja - dann schaut man es halt nicht an, wenn man schon vornherein weiß, dass es dem eigenen Anspruch auf Genauigkeit nicht genügen wird, oder?
Wenn ich das Ganze mit einem Budget von 50 Mio. Dollars verfilme, habe ich einen ganz anderen Wirkungskreis als ein Comic und muß mich gegebenfalls einer anderen Kritik aussetzen. Unter anderem der der Hetze. Oder einfach nur kompletten Schwachsinn gedreht zu haben. Selbst, wenn der gedrehte Schwachsinn den Unterhaltungswert eines gut gemachten Ego-Shooters hat.
das ist IMO ein immer wieder gerne angeführter Grund, der m.E. irgendwie nicht ganz aufgeht. Was hat Budget und Wirkkreis tätsächlich mit unberechtigter Kritik zu tun? Wäre der Film "besser", wenn nur 20 Leute ihn auf einem festival gesehen hätten? Oder wenn er nur 4 Mio. gekostet hätte? Da verstehe ich mit Verlaub die Herleitung nicht.
Daß die Irani sich 'drüber ärgern... ja, hat in etwa das Niveau der kasachischen Empörung über Borat. Wer sich darüber verunglimpft fühlt... sicher, niemand läßt sich gerne als Abkömmling von teufelsanbetenden Kellerasseln darstellen... aber das ist im Moment das Niveau der Hysterie, wegen so einem Streifen - der absolut nicht ernst zu nehmen ist - Protestkundgebungen zu veranstalten.
da wäre für mich viel interessanter, ob da nicht gerade der Bock zum Gärtner gemacht wird und 300 evtl. völlig unberechtig in bereits vorhandenen Schußbahnen gelenkt und für etwas instrumentalisiert wird, was vom Film ausgehend nicht zu vermuten war? Ähnliche Vorkommnisse bei fast allen kontroves zu diskutierenden Filmen in der Vergangenheit beobachtbar.
Interessant fand ich in dem von Maximilano eingestellten Spiegel-Artikel den Punkt, daß sich die Republikaner mit den Persern identifiziert fühlen. Wem der Schuh paßt...
Eben... wem der Schuh passt.... Bock/Gärtner/Instrumentalisierung... etc.