Finanzwesen?

Ascaso

Partysan
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vielleicht kennt ihr die fragestellung ja auch. ihr bespielt ein low-tec setting und dessen bewohner_innen würden gerne ohne hartgeld reisen/handeln/betrügen.

wie machen sie das?

wie haben die alten wechsel und kreditbriefe funktioniert? wie sicher waren die? wieviel waren die ersten (schuld-)scheine im gegensatz zu hartgeld wert? was war vor den medici und fuggern? usw. usf..
 
AW: Finanzwesen?

In meinen Settings läuft sowas meist mit einfachen Bürgschaften so sieht das Gesetzbuch meines langjährig gespielten Fantasy Selbstbausetting vor das Bürgschaften (Entweder als Kredit oder um Geld sicher auf seite zu legen) schriftlich niedergelegt werden müssen und ein Neutraler "ehrbarer" Zeuge mit unterschreibt. Da die meisten nicht schreiben konnten war diese Person zumeist direkt der Stadtschreiber, Bürgermeister oder irgend ein Adliger ...
Theoretisch aber auch jeder mit 2 Punkten Status und ohne gröbere Soziale nachteile (Nach GURPS 3ed)
Betrug ist da recht einfach in dem man diese Personen einfach schmiert/erpresst oder einen Bürgen findet und dann zusieht das er weiter kommt bevor er einen Kopfgeldjäger am Hintern hat.
Das Gesetzt sah auch vor das wenn jemand Betrug nachgewiesen wurde der Kopfgeldjäger nur den Kopf zurück schleppen muste was eine gewisse sicherheit bot.

Der einzige Weg an WIRKLICH Sichere Wertpapiere zu kommen war einen Bürgen mit einer schönen dicken Burg samt Schatzkammer und aller besten Ruf zu finden ...
 
AW: Finanzwesen?

vielleicht kennt ihr die fragestellung ja auch. ihr bespielt ein low-tec setting und dessen bewohner_innen würden gerne ohne hartgeld reisen/handeln/betrügen.

wie machen sie das?

wie haben die alten wechsel und kreditbriefe funktioniert? wie sicher waren die? wieviel waren die ersten (schuld-)scheine im gegensatz zu hartgeld wert? was war vor den medici und fuggern? usw. usf..

Mit Wechseln und Urkunden bis Du aber schon recht nahe an der Neuzeit. Und die Sicherheit hing einfach von der Ehrlichkeit der Handelspartner ab, war, bei etablierten Handelhäusern aber durchaus gegeben, schließlich wollte keiner seinen guten Ruf riskieren, auch und vor allem nicht innerhalb seiner eigenen Familie. Man kann also sagen, das je bekannter und besser Beleumundet der Aussteller des Wechsels war, desto sicherer war das Ganze (und der konnte natürlich eine höhere Gebühr dafür verlangen...)

Aber da bist Du normalerweise schon im Spätmittelalter (Templer z.B.) oder in der Renaissance. (Fugger, Medici)

Richtiges Low Tec kennt kein Hartgeld. Nur Tauschwirtschaft.

Aber auch in der Tauschwirtschaft kann man durchaus betrogen werden wenn man ueber die Inneren Werte des Tauschguts nicht im klaren ist.
Markenpiraterie im Mittelalter: Wikinger fielen auf billige Schwert-Kopien herein - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Wissenschaft

Also belädst Du Dein Schiff/Kamel/Pferd/Hund/dich selbst mit Waren die in Deiner Gegend häufig sind und reist dahin wo sie selten sind. Vor Ort tauscht Du Pelze/Honig/Bernstein gegen Schwerter/Gewürze/Edelmetall und trittst die weite Reise zurück an.
Unterwegs erwehrst Du Dich der Witterung/Wilden Tiere/Wilden Banditen und schließt Freundschafen oder beginnst Feindschaften.

Im Prinzip kann alles getauscht werden. Hartgeld macht es halt einfacher.

Das ganze hängt aber sehr von der Welt ab auf der man spielt. Deswegen YMMV!
 
AW: Finanzwesen?

Naja tatsächlich würde ich ein Wechselsystem nicht zwingend an ein ansonsten frühneuzeitliches Setting koppeln, das ist eher historischer Zufall in Europa. Ähnliche bzw. Vorläufersysteme gab es im islamischen Raum und auch im byzantinischen Imperium bereits einige Zeit vorher. Entlang der Seidenstraße gab es ebenfalls wirklich gut funktionierende Kreditnetze.
Die einzigen wirklichen Vorraussetzungen die das Setting eben erfüllen müsste, wäre a) eine gewisse Lese- und Schreibfähigkeit innerhalb der Händlerschaft und ein vergleichsweise stabiles und relativ stetiges Handelsnetz. Man muss sich natürlich darüber im Klaren sein, dass dabei viel auf Vertrauen basiert und so manches Papier eben nur bis zum nächsten größeren Handelsposten "gut" ist (eben dort wo man den Aussteller noch kennt). Auf dem Land, abseits von Städten und Handelszentren sind diese Papiere natürlich bestenfalls für die hygienische Verrichtung der Notdurft zu gebrauchen. (Das war aber auch im Europa der frühen Neuzeit nicht besser.), Vollkommen bargeldlos zu reisen ist daher nie eine gute Idee, aber zumindest größere Beträge lassen sich so natürlich zu Papier machen.
 
AW: Finanzwesen?

@Kowalski:
In dem von Dir verlinkten Artikel wird aber explizit Münzgeld erwähnt:

Archäologen munkeln, es lägen mehr Silbermünzen der persischen Samanidendynastie (815 - 1005 nach Christus) in schwedischer Erde als in ihrer Heimat nahe der afghanischen Silberminen.

Der direkte Tauschhandel war auch im 9. Jahrhundert schon längst nicht mehr üblich.
 
AW: Finanzwesen?

@Kowalski:
In dem von Dir verlinkten Artikel wird aber explizit Münzgeld erwähnt:



Der direkte Tauschhandel war auch im 9. Jahrhundert schon längst nicht mehr üblich.

Der Link sollte eigentlich nur zeigen das auch ein haptisches Tauschobjekt durchaus fuer einen Betrug benutzt werden kann. Link hab ich jetzt belabelt.
 
AW: Finanzwesen?

naja da muss man gar nicht mal so weit vom Thema abschweifen: Münzen wurden zu allen Zeiten gefälscht und sei es auch nur der Geldschneider, der Silber- und Goldbröckchen vom Münzrand abschneidet.

Die einzigen wirklichen Vorraussetzungen die das Setting eben erfüllen müsste, wäre a) eine gewisse Lese- und Schreibfähigkeit innerhalb der Händlerschaft und ein vergleichsweise stabiles und relativ stetiges Handelsnetz. Man muss sich natürlich darüber im Klaren sein, dass dabei viel auf Vertrauen basiert und so manches Papier eben nur bis zum nächsten größeren Handelsposten "gut" ist (eben dort wo man den Aussteller noch kennt). Auf dem Land, abseits von Städten und Handelszentren sind diese Papiere natürlich bestenfalls für die hygienische Verrichtung der Notdurft zu gebrauchen. (Das war aber auch im Europa der frühen Neuzeit nicht besser.), Vollkommen bargeldlos zu reisen ist daher nie eine gute Idee, aber zumindest größere Beträge lassen sich so natürlich zu Papier machen.

Nicht umsonst wurde der bargeldlose Zahlungsverkehr ja zunächst von renomierten Kontoren aus geleitet. Bezahlen mit dem guten Namen sozusagen. Denke mal, dass dies sich auch prima in einer Spielwelt abbilden lässt. Sei es nun privat oder staatlich gefördert.
So ein System verlässt sich aber nicht einzig auf das Wechsel oder sonst ein Schriftstück, sondern vor allem auch auf den Abgleich von Büchern. Die Charaktere werden nicht die einzigen sein, die Reisen und früher oder später wird man beim Vergleich von Zahlen feststellen, wenn z.B. gefälschte Papiere in Umlauf gebracht wurden. Im Zweifel sogar schneller, als man denkt (Brieftauben z.B., Botenreiter).

Gerade in einer Welt, in der solche Zahlungsarten nur einem kleinen Personenkreis zugänglich sind, wird es umso mehr auffallen, wenn man hier betrügt. Einzene Kontorsleiter werden ihre Kunden vermutlich gut kennen oder spätestens diese wiederum ihre Kunden.

Da ist die Frage, ob Münzfälscherei und Geldschneiderei nicht deutlich lukrativer waren für Betrüger?
 
AW: Finanzwesen?

danke erstmal für die beiträge, das hat mir schonmal weiter geholfen. ich denke ich werde den papiergeld verkehr entsprechend einschränken.

aber wisst ihr ob da nur unterschriften im spiel waren oder auch entsprechendes papier, drucke oder siegel?
 
AW: Finanzwesen?

Das wirkliche Kriterium sind die Unterschriften, das ein oder andere größere Handelshaus mag da auch mal ein Siegel zusätzlich verwendet haben, aber im Kern zählt die Unterschrift.

Papier und Drucke nicht, so weit war man da weder mit der Fälschungssicherheit noch mit den technischen Vorraussetzungen (Papierqualität z.b. war eben noch nicht auf industriellem Niveau, weswegen es schwierig gewesen wäre eine bestimmte Qualität als Erkennungsmerkmal zu nutzen.)
 
AW: Finanzwesen?

@Ascaso:
Frühe Wechselbriefe wurden durch das Siegel authentifiziert, da Unterschriften als Legitimationsnachweis noch nicht so gebräuchlich waren. Eine weitere Art der Fälschungssicherung war auch schon ziemlich (ab spätes 13. Jahrhundert) früh das Wasserzeichen, das ursprünglich eigentlich der Kennzeichnung von Papiersorten diente.
Unterschriften als Legitimationsnachweis kamen erst im 15. Jahrhundert auf, vor allem dann bei sogenannten Indossamenten, die per Unterschrift auch direkt an andere übertragbar wurden.

Siegel und Wasserzeichen sollten zumindest für Low-Tech-Welten eine ziemliche Herausforderung für Fälscher darstellen. Wobei man hier natürlich nette Abenteuer machen könnte, in denen man sich z.B. eine Kopie vom Siegel besorgt.
 
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