Erstlingswerk / Debüt

Skar

Dr. Spiele
#StandWithUkraine
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16. Januar 2003
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Wir sprechen hier über semiprofessionell bis professionell herausgegebene Rollenspiele.

Wie seht ihr das: Sind Erstlingswerke / Debüts oft besonders gut oder besonders schlecht?

Verrisse werden hier häufig richtiggegehend abgefeiert. Vorwiegend geht es dabei um Erstlingswerke.
Aber eigentlich hat man für seine Erstlingswerke ja die meiste Zeit. Da wird jahrelang gebrütet und immer wieder revidiert und verbessert. Oder liegt es vielleicht am mangelnden Budget bei Erstlingswerken, dass es dann doch in die Hose geht? So wird vielleicht zwangsweise am Lektorat und bei den Illustrationen gespart.

Wie ist eure Meinung?
 
AW: Erstlingswerk / Debüt

Oft sind sie besonders schlecht.

Oft genug BLEIBT es ja auch leider beim Erstling!

Für einen Spiele-Entwickler, der sich bemüht in diesem Feld besser und besser zu werden, KANN mit dem ersten (und einzigen) selbsterdachten Rollenspiel noch nicht schluß, sein, sondern das ist erst der Anfang!

Man schaue sich mal die Spiele-Entwickler an, welche wirklich kreuz und quer eigene Systeme entwickelt haben, Dinge ausprobiert haben, Themen ausprobiert haben, für anderer Leute Rollenspielsysteme geschrieben haben, usw. - DAS sind Leute, die in ihren Fähigkeiten wirklich GEWACHSEN sind. Und da ist zwar immer noch manchmal ein Mißgriff drin (wo nicht?), aber sie machen keine Anfängerfehler mehr und (die meisten) leiden nicht mehr unter Selbstüberschätzung (Wick ausgenommen).

Der Fehler bei Erstlingswerken ist, ZU VIEL HERZBLUT daran zu hängen.

Das ist wie beim Malen oder Töpfern: Das ERSTE Bild, das man jemals gemalt hat, dafür hatte man zwar prinzipiell alle Zeit der Welt, aber ist es dann auch das BESTE geworden?

Nein.

Man braucht einfach ÜBUNG. - Übung macht den Meister. So einfach ist das.

Schreib Deinen Erstling, um diese Einstiegsschwelle zu überwinden und einen inneren Drang "aus dem System" zu bekommen. Und dann fang RICHTIG an mehr und mehr NEUE Rollenspiele zu entwickeln!

Die "One-(leider kein )Hit-Wonder" sind leider Legion. - Was daran liegt, daß sie VOR und WÄHREND der Entwicklung des Erstlings KEINE oder zuwenig Kenntnis von anderen Rollenspielen, Rollenspielentwicklungen, mechanischen und inhaltlichen Überlegungen oder auch nur einen halbwegs tauglichen Überblick über das Hobby, ihre Zielgruppe und dergleichen haben. - Typische TOTGEBURTEN, die alle Entwicklungs-Greueltaten der Niederungen des Rollenspielhobbys aus eigener Unkenntnis nochmals durchexerzieren und mit der Erwartung für die harte Arbeit, die zweifelsohne in dem Werk steckt, auch noch gelobt zu werden.

Da hat das Budget keinen Einfluß auf die mangelhafte Qualität. Ebensowenig die Nichtexistenz eines Lektorats oder krakelige Zeichnungen aus eigener Feder.

Wichtiger ist, daß man sich als Erstling bewußt macht, daß man etwas, was andere Leute mit Leidenschaft UND Profession bereits seit Jahrzehnten teils sogar zum Broterwerb praktizieren, nun ZUM ERSTEN MAL macht.

Ich weiß nicht, bei wem der erste Sex wirklich das Genialste Körperlerlebnis ihres Lebens war, meist dürfte sich mit ein wenig Übung und Probieren durchaus befriedigenderes Erleben eingestellt haben.

Warum sollte man denn überhaupt ERWARTEN, daß das erste, das ERSTE selbsterstellte Rollenspiel wirklich etwas auch FÜR ANDERE so Tolles, so Besonderes ist? - Für den Entwickler schon. Für den ist es das Erste. Aber für das Hobby insgesamt? Da ist es einfach ein minderinteressantes, minderoriginelles Spiel, wie es tausende vor ihm und nach ihm gegeben hat und geben wird.

Nicht das ERSTE selbstentwickelte Rollenspiel ist interessant, sondern das DRITTE, das ZEHNTE, das ZWANZIGSTE. - Wenn es nur schon mal das DRITTE wäre, dann hätten wir vermutlich eine deutlich spürbare Flut INTERESSANTER Rollenspiele, statt der öden Erstlings-Anfängerfehlersammlungen.

Ich möchte damit keinen vom ERSTEN selbstentwickelten Rollenspiel abhalten. Aber wenn jemand meint, sein Erstes Mal muß gleich auch von der gesamten Rollenspielhobbywelt als so Besonders aufgefaßt werden, dann sollte er sich noch einmal überlegen, ob er die VERDIENTE Kritik an seinem Herzenskind ERTRAGEN können wir, wenn er es der Öffentlichkeit preis gibt.

Ein ERSTES Mal ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als das. - Wer nach dem ersten Mal aufgrund seiner überhöhten Erwartungen aufhört, der ist selbst schuld!

WEITERMACHEN, das nächste Projekt sofort nach dem Ende des ersten starten! Kooperationen eingehen - jeder kann von seinen Partner lernen! - LESEN! Viel von anderen Entwickler anschauen, deren Tricks, Kniffe, Herangehensweise und dergleichen abgucken, die eigenen dagegen kritisch prüfen und LERNEN.

Dann, und ERST DANN, hat sich der eigene Erstling wirklich gelohnt.
 
AW: Erstlingswerk / Debüt

Ich glaube, daß der typische (und leider oftmals auch berechtigte) Verriss von publizierten Erstlingswerken vor allem daraus resultiert, daß sich die Schreiber vor Veröffentlichung des Werkes zu wenig feedback von außerhalb ihres klassischen Dunstkreises eingeholt haben. Außerdem hängt man vermutlich zu sehr mit dem Herzblut an bestimmten Teilen seines Regelwerkes und/oder seines Settings, als daß man allzu empfänglich für konstruktive Kritik wäre. Betriebsblindheit ist eine der Fallen, in die man tappen kann. Es gibt so vieles, was man falsch machen kann - und wenn man niemanden hat, auf dessen konstruktive Kritik man eingehen kann, ohne gekränkt zu sein, bleiben die Fehler halt im Endprodukt enthalten.

Ein großes Problem ist natürlich gerade bei einem Erstling, Leute zu finden die sich unentgeltlich mit z.B. dem Proofreading befassen. Und dann ist man wieder auf die ein oder zwei Leute aus dem persönlichen Bekanntenkreis angewiesen, die sich breitschlagen lassen und dann die Arbeit nur mit einem Auge und eher halbherzig erledigen.
 
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