@Archy:
P)
Ich habe jetzt keine Lust mir einen Wolf zum Thema Nihilismus und Dekonstruktion zu tippen, also zitiere ich einfach ein paar alte Beiträge von mir aus dem Cthulhu-Forum die auf die Thematik eingehen. Im Original können die Texte
HIER eingesehen werden.
Die Menschheit ist ein Zwinkern in der Zeitspanne der Unendlichkeit, ein Staubkorn im Raum der Unendlichkeit.
Denke an Insekten, die Höhe und Tiefe nicht kennen, nur in zwei Dimensionen wahrnehmen können, und was sie für uns Menschen bedeuten: Wir nehmen drei Dimensionen wahr und können die vierte nur indirekt bemerken.
Und nun bedenke, dass die Wesen des Mythos n Dimensionen, nein, mehr, voll wahrnehmen und manipulieren können, bedenke diesen Abstand zur Menschheit und projeziere unsere Sicht auf Ungeziefer auf die des Mythos auf die Menschen.
Menschliche Technologie, menschliche Wissenschaft ist grob, unzulänglich, oberflächlich im Vergleich zu dem was der Mythos schaffen könnte. Denke an Indianer die nie mehr als Pfeil und Bogen kennengelernt haben, und denke was sie beim Anblick von weißen Siedlern mit Donnerrohren denken, und du hast das Bild.
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Müssen, nein, dürfen die Mythosgötter überhaupt einen Grund, eine Motivation haben, die für Menschen nachvollziehbar ist? Das würde nämlich eine durch Menschen nachvollziehbare Motivation voraussetzen, was die Mythos-Entitäten ziemlich entmystifizieren und damit aller dekonstruktionalistischen Elemente berauben würde.
Sagen wir, die Alten sind einfach, weil sie sind, und handeln so, weil sie so handeln. Klingt seltsam? Ist IMHO aber der beste Ansatz um a.) das dekonstruktionalistische Element zu erhalten und b.) die Mythos-Gottheiten in das Spiel einzubetten so dass sie auch indirekt oder direkt im Plot auftauchen können.
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Nun, [die Menschen] irren sich bereits auf fundamentaler Ebene und stellen beim Gebastel an ihrem Kartenhaus nicht fest dass das Fundament schief liegt.
Ein kleines, unzulängliches Beispiel: Stell dir vor die gesamte Menschheit würde davon ausgehen 1+2 gäbe immer 3, und baut in der gesamten Menschheitsgeschichte darauf ein Kartenhaus aus Denkmustern, Logik, Mathematik, Modellen, Naturwissenschaften, Religionen(Dreifaltigkeit
), kurz allen Errungenschaften auf. Du gehst fest davon aus dass dieses eine Basisaxiom stimmen würde, und auf dieser Basis funktioniert nun deine ganze Welt. Du würdest es auch nie bemerken bei deinen Versuchen, würdest nie feststellen dass du permanent falsch liegst weil du die Basis, die grundlegenden Axiome nicht hinterfragen kannst.
Und dann -ZACK!- triffst du auf den Mythos. In einem verschwommenen, erleuchtenden Zustand, indem dein Verstand die unverständliche, unfassbare 5., 6., n. Dimension erblickt, wird dir auf einmal klar dass 1+2=1,37 ist. Immer. Unausweichlich. Dein ganzes Weltbild bricht auseinander. Du kannst diese Erkenntnis nur erfassen, nicht sie erklären oder greifbar machen.
Wenn du versuchen würdest irgendeinem Menschen von deiner Entdeckung zu erzählen, er würde dich für verrückt erklären weil du deine Erkenntnis nicht erklären kannst, und wenn du fortfährst mit deiner Meinung landest du in der Gummizelle.
Dir bleiben nur wenige Richtungen. Du könntest vor dieser Erkenntnis in die sichere Dunkelheit zurückfliehen, versuchen diese Erkenntnis wegzurationalisieren, versuchen sie in Drogen zu ertränken - aber es würde nichts helfen, sie hat sich fest in dein Hirn eingebrannt.
Du könntest deiner unwürdigen, nun in Scherben Existenz ein Ende setzen durch Selbstmord - die (vielleicht?) einzige Zuflucht.
Oder aber, du bist wagemutig. Du könntest vorstürmen in das erhellende Licht der Erkenntnis, hineintauchen, das was die unverständigen Menschen Verstand nennen ausbrennen um das Wahre Wissen, den Mythos, aufzunehmen, nur um dann mit deinem verkrüppelten, nur vier Dimensionen erfassenden Geist auch mit äußerster Anstrengung nur einen schwachen Abglanz dessen zu erzeugen was die n-dimensionalen Wesen des Mythos ohne einen Gedanken darauf verschwenden erzeugen können.
Und nun kommen wir zum letzten Weg, dort wo der klassische Mythos-Investigator und der Cyberpunk verschmelzen: Der Tanz auf des Messers Schneide. Du versuchst so viel über den Mythos in Erfahrung zu bringen wie möglich, ihn aufzuhalten, ohne deinen Verstand und deine Menschlichkeit zu verlieren. Es ist nur eine Frage der Zeit: Früher oder später fällst du hinunter von der Schneide, in einen grausamen Tod oder in das Ende deines Verstandes. Aber bis dein letzter Tanzschritt gekommen ist führst du deinen Choreographie auf des Messers Schneide durch, versuchst auf dem Drahtseil zu bleiben - doch vergebens. Forget the future.
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JA! Das ist alles! Siehe oben mein Beispiel mit 1+2=3. Und nun überlege dir was es heißt wenn das nur der erste Schritt der Dekonstruktion ist, wenn noch andere grundlegende Axiome zerstört werden.
Stelle dir vor was von deinem Weltbild übrig bleibt wenn oben in Wahrheit unten und unten in Wahrheit links ist, wenn du dir nicht einmal diese Erkenntnis wirklich vorstellen kannst, aber einfach weißt dass sie richtig ist.
Diese ganze Dekonstruktion führt zu einem radikalen Nihilismus. Deine Existenz, die Existenz deines Planeten, die Existenz deiner Rasse, alles ist wirklich sinnlos, zwecklos, durch und durch, völlig überflüssiger Firlefanz, der letzte Dreck, der dem ganzen Rest des Universums unterlegen ist, der einfach immer falsch lag und niemals richtig liegen können wird.
Stelle dir vor diese Erkenntnis überkommt ich nicht nur wenn du eine Sternenkarte anschaust: Stell dir vor wie sie in jeder Ganglie deines Hirnes festsitzt, jeden Gedanken und jeden Schritt von dir begleitet, dich keine Sekunde, nicht einmal in deinen Träumen alleine läßt, dir klar macht dass du eben so gut tot sein könntest und es nicht die geringste Rolle spielen würde, also alleine schon dein Lebenserhaltungsinstinkt keinem Zweck dient oder irgendwie sinnvoll ist. Wofür willst du dann noch leben, worauf noch hoffen?
Das ist es IMHO worauf der Mythos letztendlich hinausläuft.