AW: DSA=Lowfantasy??
Mir persönlich gefällt ein Rollenspielsetting wie Ace van Acer es beschrieb auch wesentlich besser. Gerade in solchen Settings fällt die Identifikation mit den eigenen Charakteren leichter, denke ich, und geraze in solchen Settings zählt Heldentum und Opferbereitschaft, denn wer seine stolze Brust im Vollharnisch der orkischen Übermacht trotz der Gewissheit des eigenen Todes zur Rettung einiger Wehrlose entgegenwirft ist für mich heldenhafter als der Hecht, der aus fünfter Reihe 2-3 Feuerbälle wirft und dann die Leine zieht, um es überspitzt auszudrücken.
DSA ist für mich lowfantasy, weil die phantastischen Anteile dem normalen (vor allem menschlichen) Bewohner Aventuriens vom Hörensagen her bekannt sind, aber es spielt sich doch eher "weit weg" ab und mit eigenen Augen hat man vielleicht mal einen durchreisenden Magier gesehen, aber wohl kaum einen Dämonen oder Untoten (die Schwarzen Lande mögen da die große aventurische Ausnahme darstellen).
Fantasy ist bei DSA noch immer ein eher ein mit Helden konfrontierter Aspekt und weniger im Alltag des Alrik-Normalbürgers integriert und das ist für mich das Interessante, denn wenn Fantasy zur Normalität wird, fehlt ihr meines Erachtens die Besonderheit, doch sofern eine recht "unphantastische" Welt als Ausgangsbasis mit einigen Fantasyaspekten hier und dort bereichert wird, erhält jeder dieser Aspekte eine größere Bedeutung als wenn es heißt "was? Schon wieder eine Dämonenhorde und ein banner Lavagolems vom Titanenhäuptling persönlich angeführt? Kriegen die denn nie genug?"
Ich halte Fantasy für spannender, wenn es ein besonderer Aspekt der Welt bleibt und weniger Alltag ist. Wären die Schwarzen Lande beispielsweise vom Anfang der DSA-Geschichte an dämonenverseuchtes Gebiet gewesen, würde eine nachträgliche dämonische Verseuchung eines bisher unverseuchten Terrains weit weniger spektakulär gewirkt haben.
Streckenweise könnte es aber ein wenig mehr Fantasy haben und dafür ein wenig weniger... abstrakte Technik wie jene Leonardos. Zum Beispiel hätte man einige seiner Erfindungen locker durch chimörologisch-dämonische Kreaturen mit eigenem Willen ersetzen können, anstatt Kolosse aus Stein, Stahl und dämonischer Materie. Ausserdem gibt es seeehr wenig phantastische, abgerichtete Wesen. Pferde gehören zum Alltag und Strauße, Elefanten oder Wollnashörner mag es vereinzelt geben und die größte Auszeichnung ist es wohl noch, einmal auf einem leibhaftigen Greifen geritten zu sein, doch hörte schon mal jemand von einem mythologischen Helden bei DSA, der einen Hippogriff ritt? Oder einer elitären Truppe eines Reiches, die auf ebensolchen abgerichteten Hippogriffen zu reiten verstand?
Die teilweise sehr interessante und phantastische Tierwelt Aventuriens wurde mE in vielen Bereichen nicht mit den intelligenten Kulturen in Verbindung gebracht, denn ein kleines bisschen mehr Domestikation würde aus Aventurien auch gleichzeitig eine etwas phantasiereichere Welt machen. Macht es eine Phantasiewelt nicht erst aus, dass beispielsweise ein Streitwagen von geflügelten Pferden statt von normalen gezogen wird, um mal ein Beispiel zu nennen?
Natürlich sollten solche abgerichteten Wesenheiten nicht in Hülle und Fülle vorkommen, aber bisher habe ich davon noch gar nichts gehört außer hinsichtlich der Schlinger und der aventurischen Flugechsen, die von Echsenmenschen einst dressiert worden sein sollen und teilweise noch immer abgerichtet werden.
Gleichzeitig macht die geringe Größe Aventuriens natürlich vieles nicht mehr möglich, denn Riesen zum Beispiel ließen sich nicht mehr nachträglich einfach einfügen. Dafür müsste man schon nach Riesland, aber dort verzichtet man gleichzeitig wieder auf die so liebgewonnenen Regionen, Städte und Kulturen und betritt somit eigentlich eine völlig neue Welt, die lediglich das System mit DSA gemein hat.