Rollenspieltheorie Die Klimazonen sind nicht realistisch! Alles Mist!?

Wie wichtig sind euch glaubwürdige Klimazonen in Rollenspielen?

  • Sehr wichtig

    Stimmen: 4 10,0%
  • Wichtig

    Stimmen: 15 37,5%
  • Unwichtig

    Stimmen: 10 25,0%
  • Absolut unwichtig ( Dafuq? )

    Stimmen: 11 27,5%

  • Umfrageteilnehmer
    40
@Ioelet: Richtig - nur wurden diese Elemente im Laufe der Zeit nach und nach abgeschafft und viele jetzige DSA-Spieler kommen mit dem damaligen Humor (der zugegeben an vielen Stellen arg bemüht war) einfach nicht zurecht. Und irgendwie soll das ja ganz weg, damit man ganz ernst spielen kann. Oder so.
Ich denke, das ist ein wichtiger Punkt, den man nicht übergehen sollte. Aventurien HAT sich ja stark verändert. Zu behaupten, die Redaktion ( :notworthy: ) habe uns allen für alle Zeiten ihre Dogmatas auferlegt, die der absoluten, unfehlbaren Wahrheit entsprechen ("Wenn das ein Fehler ist, dann ist das Absicht. Ameeeeenum"), ignoriert ja völlig die Tatsache, das Aventurien für viele, damalige Spieler ja bereits schonmal "kaputtgeretconnt" wurde. Ich sag' nur mal: Yüce Aventurien.

Wir gehörten ja damals auch dazu. Wir hatten DSA 3 auch gespielt, weil wir dachten, da bekäme man eine ultrarealistische (aber phantastische :alien: ) Mittelalterwelt vorgesetzt. Natürlich war die Welt z.T. vollkommen albern und die Schreie nach mehr Realismus ziemlich laut. Obwohl es das Internet noch nicht mal ein paar Jahre gab, hat man schon auf Cons mitbekommen, dass es auch andernorts so war. Und genau diese Leute haben dann irgendwann das Ruder übernommen und DSA mit ihrem Halbwissen umgewandelt zu DSA4.
Dadurch haben sie natürlich auch viele DSA3 Spieler vergräzt. Spürt man ja heute noch. Und wenn ich damals gewusst hätte, was draus wird und welche erzkonservativen Innovationsfeinde den DSA Zug bis heute auf Kurs Betonwand halten, wäre ich auch lieber bei den Flügelhelmwikingern geblieben. Die Leute, die jetzt die Fahne hochhalten und behaupten, Aventurien müsse sich niemals ändern und wird immer so bleiben, wie es ist, sind ja nur die Kinder der Revolution und haben offensichtlich vergessen, dass sie ihr Pseudo-Fäntelalter nur haben, weil der Veränderungswillen damals viel stärker war.
 
Nach meinem Eindruck meint die Redax das.
Das heißt müßte sie das Wort Realismus austauchen würde sie eher von "phantastischer Bodenständig" sprechen als von "phantastischer Plausibilität".
Da ich außerhalb dieses Threads noch nie "Bodenständigkeit" als Synonym für "Realismus" gesehen habe, ist das nicht zu erwarten...
Hesha hat sich mit diesem Terminus sehr an einer einzelnen Passage in der Charakterisierung des literarischen Realismus (die deutlich als grobe Vereinfachung gekennzeichnet war) in dem von mir verlinkten Video aufgehängt. Aber ein geringes "Powerlevel" ist lediglich eine häufige Begleiterscheinung einer realistischen Erzählweise und kein definierendes Charakteristikum. In "Krieg und Frieden" geht es um welterschütternde politische und militärische Ereignisse, die im Wesentlichen aus der Sicht höchster Adelskreise geschildert werden. Aber trotzdem ist das ein, wenn nicht das, Paradebeispiel des literarischen Realismus. So gesehen...

Hesha schrieb:
Wobei ich auch Magier und zB Rondrageweihte schon ziemlich episch finde. Ebenso Spielerelfen.
... ist das hier in dieser Definition von Realismus völlig egal. (Auch wenn man es auf das Video bezieht. Von den genannten ist Geralt im Grunde genommen alles zusammen.) Im Realismus sind eher diese Dinge wichtig, wobei ich jetzt auch mal das Wort "plausibel" verwende:
- Plausible Charaktere. Das ist im Grunde genommen das A und O. Der Realismus verwendet vielschichtige, komplexe Charaktere mit Fehlern ja nicht zum Selbstzweck, sondern in der Annahme, dass echte Menschen (ob die kurz sind oder spitze Ohren haben, spielt keine Rolle) nun mal so sind.
- Plausibles Verhalten. Ganz besonders sieht man das an den Redeformen. Direkte Rede wird ziemlich häufig verwendet und versucht (ob erfolgreich, steht auf einem anderen Blatt) reales Sprechen nachzuahmen. Es gibt keine poetische Verfremdung oder ähnliches.
- Plausible Details. Sehr wichtig in der Literatur: Die Schilderung von Alltagsdetails in einer nüchternen, genauen Weise.
- Plausible Ereignisse. Gar nicht mal das Wichtigste, aber auch üblicherweise enthalten.

Und jetzt der Clou: Diesen Realismus findet man bei DSA recht gut wieder. Das gute alte "hartwurstige" DSA, in dem man Holzlöffel und Federhut einzeln kauft, laienschauspielerisch sein "Travia zum Gruße, mein guter Mann!" verlauten lässt und in dem das Kreaturenbuch detaillierte Werte für verschiedene Arten von Haushunden, Rindern und Ziegen enthält - das alles verströmt Realismus. Auch die früher obligatorischen schlechten Eigenschaften, Talente wie "Kochen" und "Holzbearbeitung" und die umfangreichen Hintergrundoptionen bei Charakteren spielen da hinein.
Weniger eine Rolle spielt es, ob die Helden rattenfangende Bauern oder Heere anführende Veteranenkrieger sind. Klar, es gibt auch hier eine Grenze: Bei Fähigkeiten auf Superheldenniveau ist eine lebensnahe, psychologische Plausbilität der Charaktere kaum noch zu erreichen. Aber in allen bisherigen DSA-Regelvarianten ist selbst der mächtigste Spielercharakter noch Mensch genug, um dieses Problem gar nicht erst aufkommen zu lassen. Das ist übrigens ein ganz genereller Punkt: Das typische Rollenspiel eignet sich für eine realistische Erzählweise an sich besser als für eine heroische, weil sich facettenreiche Charaktere mit Fehlern, die durch Pech, falsche Entscheidungen oder mangelnde Fähigkeiten auch mal scheitern können, von ganz alleine ergeben. (Weswegen ich mir auch immer wieder an den Kopf fasse, wenn Leute diese simple Eleganz künstlich aus den Angeln heben wollen.)

Das ist ein phantastischer Realismus, wie er sich bei DSA findet und wie er (für mich) funktioniert.

Hingegen ist das hier:
"Phantastischer Realismus heißt, dass es auch für das Phantastische und Wunderbare Erklärungen und Gesetzmäßigkeiten innerhalb der Welt gibt und dass die phantastischen und die realistischen Elemente der Welt miteinander verzahnt sind." (via Wiki Aventurica)
... einfach Etikettenschwindel. Das kann man schon ganz leicht an einer Sache festmachen: Am Regelsystem. Die Art, in der zwei der wichtigsten "phantastischen und wunderbaren" Elemente in Aventurien funktionieren, nämlich Magie und göttliches Wirken, hat sich schon etliche Male drastisch geändert, ohne dass das auch nur annähernd einen entsprechend drastischen Widerhall in der Spielwelt gefunden hätte. Und bevor jetzt jemand "Retcon" sagt: Wenn das geretconned worden wäre, hätte man auch entsprechende Änderungen in der Welt retconnen müssen. Hat man aber nicht.
 
Super Post, danke! Ich empfinde es als sehr wertvoll für die Diskussion, dass du das Thema des literarischen Realismus eingebracht hast und es ist sehr interessant DSA mal unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten.

Was Deine Liste an Merkmalen des Realismus angeht, so würde ich die in meinem Wortgebrauch allerdings alle auch als bodenständig einordnen. Bodenständig heißt ja nicht arm. Bodenständig heißt für mich im Bereich von Adligen (um bei Krieg und Frieden zu bleiben), dass die Handlungsmöglichkeit in einem lebensechten Bereich bleiben, quasi "auf dem Boden der (vorstellbaren/fiktiven) Tatsachen" - bodenständig.

Es wäre sehr geistreich, wenn die Redax den "phantastischen Realismus" so (also im literarischen Sinne) gemeint hätte, leider belegen die Zitate auf der Wiki-Seite, dass sie dies eben nicht im Sinn hatten, sondern wirklich nur von "innerweltlicher Plausibilität" sprachen, was, wie Du anschaulich darlegst, Etikettenschwindel ist.
 
Da ich außerhalb dieses Threads noch nie "Bodenständigkeit" als Synonym für "Realismus" gesehen habe, ist das nicht zu erwarten...
Naja, ich habe mir das Video angesehen. Etwas über den Begriff der literarischen Bodenständigkeit gegoogelt. Sowie die Aussagen von Hesha durchgelesen. Das zusammen genommen habe ich die These aufgestellt das man DSA als phanastischen Realismus im Sinne einer phantastischen (lit.) Bodenständigkeit beschreiben könnte.

Aber ein geringes "Powerlevel" ist lediglich eine häufige Begleiterscheinung einer realistischen Erzählweise und kein definierendes Charakteristikum.
Ja. Daher erwähnte ich auch das nach meinem Kenntnisstand, neben dem geringen Powerlevel, bei DSA nach meinem Kenntnisstand der Fokus von der klassischen Heldengeschichte abweicht.

Ansonsten soweit Zustimmung.
 
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