AW: Dark vs. Horror
Genre ist keine intrinsische Eigenschaften eines Textes, sondern eine rein von außen herangetragene Kategorie.
Das Genre erfunden haben übrigens die amerikanischen Filmverleiher in den 20ern, damit sich die Filme besser vermarkten lassen - dabei war ihnen der Inhalt des Films eigentlich eher schnuppe, es ging und geht allein um die Vermarktbarkeit.
In dieser Hinsicht unterscheidet sich der "Dark- (oder der Punk-)Zusatz" auch in keinerweise vom "Horror" - beides sind von außen draufgepappte Label, die im Idealfall etwas mit dem Inhalt zu tun haben.
Wenn man die Genres nun nicht von der reinen Vermarktungsseite her betrachtet, sondern sie tatsächlich als leitenden Faktor für den Rezipienten begreift (sprich inhaltliche Gesichtspunkte versucht zugrunde zu legen), dann stößt man recht zügig auf Grenzen - als von Außen herangetragene Labels können Genre-Bezeichnungen nur schwerlich einen Universalanspruch erheben.
Ergo haben erstmal alle, die versuchen hier "Horror" und "Dark-" voneinander abzugrenzen recht, denn sie versuchen ihren "Prototypen" des entsprechenden Genres darzustellen. Während hingegen alle Leute, die sagen "Gibt's gar nicht" oder "ist kein Genre" sich mit "Thema verfehlt, setzen, sechs" zufrieden geben müssen, denn diese Bezeichnungen werden benutzt, ob ihnen das nun gefällt oder nicht.
Noch komplizierter wird das Thema Genre aber in der viel beschriehenen Postmoderne - gibt es doch kaum noch "klare Vertreter" von Genres (sprich widersetzen sich viele Dinge den aufgestellten preskriptiven Regeln der Kategorisierung) - und wenn es sie gibt, dann sind diese Kategorie meist sehr weit gefaßt, so daß man fast schon zwangsläufig auf Mischkategorien wie "Horror-Komödie", "Action-Spektakel", etc. zurückgreifen muß.
Um kurz auch zu meinen Prototypen des Genres zu kommen (ich will mich schließlich nicht mit einer 6 setzen ^^):
Bei Horror greifen meiner Meinung nach recht gut die zwei Weltentheorien von Jurij Lotman, nach der argumentiert man, daß beim Horror etwas Irreales in die scheinbar reale Welt der Fiktion eindringt.
Bei Dark- hingegen wird eine negative Tendenz der Welt angedeutet.
Um das etwas klarer zu machen: Während bei der typischen Fantasywelt, die Ausgangslage der Welt "im Gleichgewicht ist", wird dieses Gleichgewicht durch einen Faktor in der Welt gestört, der/die Held(innen) müssen nun den Ausgangszustand und damit das Gleichgewicht wiederherstellen.
Eine Welt mit dem "Dark-"Zusatz hingegen hat diesen gleichgewichtigen Urzustand nicht, sie befindet sich auf einer Abwärtsspirale (sei es in moralischer, ökologischer, ökonomischer und/oder politischer Hinsicht). Der/die Protagonist(innen) wehrt sich gegen diesen Zustand, sein Kampf wird aber weder zwingend erfolgreich sein, noch zwingend irgendetwas verändern.
Bis dann, Bücherwurm