Charakterbeschreibung ein bisschen anders

Ter der Grosse

Pseudozwerg
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7. Oktober 2003
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Was folgt, ist eine etwas unkonventionelle Charakterbeschreibung, die den Runner und seine beiden Connections in drei Kurzszenen mit jeweils etwas anderem Stil vorstellt. Die erste Szene scheint aus einem Actionfilm entsprungen, die zweite erinnert wohl am ehesten an einen Eastern und die dritte.... ja, das ist ein Stil für sich. Ein wenig der Douglas-Adams-Komik nachempfunden, aber natürlich nichts als ein lächerlicher Versuch, den Meister nachzuahmen. ;) ich hoffe, das Lesen macht euch so viel Spaß wie mir das Schreiben.

Szene 1: SILENT SHADOW
Der Schweiß lief ihm in Bächen durch das Gesicht und über seinen entblößten blaßgelben Oberkörper, folgte den Formen seinen gewaltigen Muskeln, die sich bei jeder Bewegung wie in harmonischem Tanz ineinanderschoben und wieder auseinanderzogen, lief auch grausam brennend in die frische Schußwunde an seiner Schulter und vermischte sich mit dem halb geronnen Blut. Er stöhnte leise zwischen zusammengebissenen Zähnen auf. Er war entschlossen, jetzt nicht aufzugeben. Mit unglaublicher Anstrengung schob er sich Meter für Meter mit eidechsengleichen Bewegungen den engen Schacht hinauf, der seinen Händen und Füßen nicht mehr Halt bot als eine flache Gletscherwand, aber an dem seine Gliedmaßen auf wundersame Weise trotzdem haften blieben. Das Geckotattoo, das seinen gesamten Oberkörper bedeckte, führte bei jeder Beweung seines verschwitzten breiten Rückens und bei jedem Zucken seiner beeindruckenden Bauchmuskeln einen kuriosen Tanz auf. Das Tattoo war hauptsächlich in gelb, grün und silber gehalten, wobei die silberfarbenen Komponenten tatsächlich aus Silber zu bestehen schienen, das unter unglaublichen Qualen in seinen Körper hineingebrannt worden sein musste. In Wahrheit hatte er diese Qual freiwillig auf sich genommen, denn es war nur die Macht des Tattoos, die ihm erlaubte, dort zu sein, wo er sich befand.
Jede Faser seines Körpers war aufs Äußerste angespannt, jede Faser seines Geistes konzentrierte sich auf die Macht der Echse, die ihn an der flachen Wand hielt.
Sein Ziel war nun nicht mehr weit entfernt. Irgendwo über ihm befand sich Hatoi Hanzo, den heute nacht sein Schicksal ereilen würde. Bis jetzt war alles überraschend glatt verlaufen. Er war nur zwei Wachen begegnet, die er ausgeschaltet hatte, bevor sie Alarm geben konnten. Trotzdem war es nur eine Frage der Zeit, bis die Leichen gefunden würden. Silent Shadow stand also unter Zeitdruck. So arbeitete er am liebsten. Er grinste ein kleines, boshaftes Grinsen, als er mit Genugtuung daran dachte, wie er diesen räudigen Hund zu seinen Ahnen schicken würde, auch wenn es ihn vielleicht sein eigenes Leben kosten würde. Aber seine Rache war wichtiger. Niemand, wirklich NIEMAND verarschte Silent Shadow, den geräuschlosen Schatten, den Besten der Besten. Nicht einmal jemand wie Hatoi Hanzo. Ihm wurde klar, dass nach dieser Aktion der gesamte Shotozumi-Ring hinter ihm her sein würde, und er verspürte einen leichten Stich. Unter allen Dingen, die er kennengelernt hatte, seit er vor 19 Jahren in einem Weidenkorb vor dem koreanischen Waisenhaus Seattles gefunden wurde, ähnelte der Shotozumi-Ring dem, was man Familie nannte, am meisten. Egal. Jonny und Meister Wong würden ihn nicht verraten, und mit ihrer Hilfe würde er auch außerhalb des Ringes in den Schatten Fuß fassen können. Wenn er Meister Wong bisher immer als seinen Vater betrachtet hatte, dann war der Metroplex sein Zuhause UND seine Mutter. Und der Plex schrie förmlich nach Shadow's Fähigkeiten. Bei dieser Formulierung musste er Grinsen. Das hätte ich selbst nicht schöner sagen können dachte er. Shadow hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, bei wichtigen Dingen einen gedanklichen Dialog mit sich selbst zu führen. Auf die Art konnte er die Situation aus zwei verschiedenen Blickwinkeln betrachten und die Vor- und Nachteile seiner Optionen gegeneinander abwägen.
Aber in diesem Fall hatte er sich schon entschieden. Wenn er heil aus dieser Sache rauskäme, würde er als Shadowrunner weitermachen. Jonny hatte schon einen Kontakt für ihn an der Hand. Diese Arbeit war wahrscheinlich sowieso interessanter, als die Schmuggel- und Drogengeschäfte mit den örtlichen Gangs, die er für den Ring erledigt hatte. Noch ein Grund für die Richtigkeit seiner Entscheidung.
Er war inzwischen schon ein gutes Stück weiter geklettert. Weit konnte es nun wirklich nicht mehr sein. Ohne jede Vorwarnung ging ein heftiges Zittern durch seinen Körper. Der Gecko leuchtete schwach bläulich auf, dann spürte Shadow, wie er den Kontakt zur Wand verlor und fiel wie ein Stein. Verzweifelt kratzten seine Finger über das glatte Metall ohne auch nur den geringsten Halt finden zu können. Er prallte schmerzhaft am Boden des Schachtes auf. Die Luft wurde ihm gewaltsam aus den Lungen gedrückt und eine tiefe Schwärze drang in sein Blickfeld ein. Wie aus weiter Ferne hörte er ein bedrohliches Knirschen unter sich. Ein einziger klarer Gedanke ging wie ein Blitz durch sein benommenes Bewußtsein, dann gab der Boden unter ihm nach, der dem gewaltigen Gewicht des kleinen, aber muskelbepackten Orks absolut nicht gewachsen war. In einer Kaskade aus Metall, Beton und Putz stürzte er in den Raum unter ihm. Noch immer konnte er nur wenig sehen und kaum atmen, trotzdem war er mit einem schnellen Sprung wieder auf den Beinen. An der Stelle, an der er gelegen hatte, schlugen nur einen Augenschlag später mehrere Kugeln ein. Silent Shadow brauchte sich nicht einmal bewusst auf den Bewegungsablauf zu konzentrieren: blitzschnell zog seine Rechte eines der seltsam geformten Wurfmesser aus einem seiner beiden breiten Gürtel und schleuderte es in fast demselben Augenblick in die Richtung, aus der das Mündungsfeuer ertönt war. Das Röcheln, das kurz danach aus derselben Richtung ertönte, nahm er mit einem zufriedenen Grunzen entgegen, doch im selben Moment warf er sich auch schon zur Seite, da er einen zweiten Schemen in seinem eingeschränkten Blickfeld wahrgenommen hatte. Um seine eigene Achse rotierend flog Shadow seitlich über das niedrige Sofa neben ihm hinweg und stieß auf der anderen Seite schmerzhaft gegen den kleinen Tisch, der davorstand. Mehrere Kugeln schlugen hinter ihm in das Sofa und rissen Stofffetzen und Daunen heraus. Der Staub brannte in Shadows Augen. Drek! Wenn er wenigstens wieder etwas sehen könnte! Er fuhr sich mit dem Handrücken durch die Augen. Als der Feuerstoß seines Gegners abrupt verstummte und er ein leises Klicken hörte, richtete er sich auf und warf mit mehreren schnellen Bewegungen einige seiner Wurfmesser in Richtung des Schemens, den er wahrnehmen konnte. Drei mal folgte auf seinen Wurf nur ein dumpfes Geräusch und ein kleiner Aufschrei, erst beim vierten Messer vernahm er das erlösenbde Röcheln, auf das er gewartet hatte. Er ließ sich auf das Tischchen fallen und wartete ein paar Momente, während sein Blickfeld aufklarte und seine Atmung sich normalisierte. Er befand sich offensichtlich in einer Art Foyer, dass nun ziemlich verwüstet war. Ihm gegenüber stand ein hoher Wandspiegel, in dem sich der junge Ki-Adept kurz betrachtete. Seine schwarzen Haare waren relativ kurz und stoppelig und wurden von einem roten Tuch, das er sich über die Stirn gebunden hatte, daran gehindert, ihm über seine schwarzen Augen zu fallen. Sein muskulöser Oberkörper, der vor Schweiß glänzte, hob und senkte sich rasch. Er hatte zwei schwarze Ledergürtel mit je 7 Laschen, in denen insgesamt noch 9 völlig unterschiedlich geformte Messer steckten, um seine Mitte geschlungen. Die dunkelblaue Leinenhose, die er trug, spannte über seinen muskulösen Beinen.
Auf dem Boden vor ihm lagen die Körper zweier menschlicher Asiaten, die frühzeitig zu ihren Ahnen geschickt worden waren. Einer hatte ein Wurfmesser im Hals stecken, der andere zwei im rechten Arm, der auf groteske Art gekrümmt war, und zwei weitere in der Brust. Vor allem aber hatten die beiden eines: Credsticks, in denen der Code gespeichert war, der die beiden rotglänzenden Maschinen auf der anderen Seite der Glastür dazu bringen würde, Shadows orkischen Arsch zu retten. Zumindest für heute nacht…
 
Szene 2: MEISTER WONG
Shadow raste durch die Nacht zum nächsten Eingang. Er bretterte die alten Stufen ohne Rücksicht auf seine Maschine zu nehmen hinunter. Vor dem stillgelegten U-Bahnschacht, den er nun betrat, ließ er sie einfach stehen. In spätestens einer halben Stunde befände sie sich mit Sicherheit im Besitz irgendeines verchippten Punks, aber darum konnte und wollte Shadow sich jetzt nicht kümmern. Er machte sich auf den Weg. Nach einer Zeit, die er wie üblich absolut nicht abzuschätzen vermochte, stand er vor dem Teil des Ork-Unergrunds, der aus natürlichen Höhlen und Tunneln bestand. Hier lebten größtenteils Erwachte, warum, das konnte Shadow nur raten. Tatsache war jedenfalls, dass in einer dieser Höhlen sein Meister und seit seinem zwölften Lebensjahr sein Ziehvater lebte. Auch wenn er sich selbst nie als solcher bezeichnet hatte.
"Meister Wong" Shadow schob den Purpurenen Vorhang, der den Eingang der Höhle verdeckte, behutsam beiseite und flüsterte den Namen seines Meisters ehrfürchtig. Hinter einem großen Tisch mit allerlei alchimistischen Apparaturen kam ein zottiger grauhaariger Satyr hervor. In seinem verfilzten Fell und seinem dunkelblauen sackartigen Gewand, hätte er eigentlich eine mitleiderregende Gestalt sein müssen. Doch von diesem alten Satyrn ging eine Aura der Erhabenheit und Weisheit aus, die von seinen ausdrucksstarken dunklen Augen und seinem langen Bart allenfalls verstärkt wurde. Silent Shadow verneigte sich respektvoll vor seinem Meister.
"Ich habe dich begleitet, Thiu." waren die einzigen Worte des Satyrn, als er in den hinteren Teil der Höhle voranging. Shadow war schon unzählige Male in dieser engen, muffigen Höhle gewesen, die Platz für erstaunlich viele Dinge bot. Der vordere Bereich war mit Tee, Räucherwerk, allerlei magischen Mineralien und alchimistischen Stoffen angefüllt. In einer Ecke befand sich ein spartanisches Strohlager, doch in den letzten 7 Jahren hatte Shadow seinen Meister noch nie schlafend aufgefunden, ganz gleich, zu welcher Zeit er ihn besuchte. Im hinteren Bereich, in den der alte Wujen seinen Sprössling nun führte, befand sich eine kleine Schmiede, wo Meister Wong all die Dinge anfertigte, die er für seine magische Tätigkeit benötigte, und wo Shadow das Schmieden seiner Messer erlernt hatte. Wie jedes Mal, wenn Shadow hier war, war das Feuer der Schmiede angefacht. Während Meister Wong die Esse weiter anfachte und anfing, das geschmolzene Metall in immer neue Formen zu gießen, wurden gleichzeitig auf einer höheren, astralen Ebene die Linien des Mana in neue Formen gegossen und drangen unbemerkt in Shadow's Körper ein. "Du solltest dich nicht vom Feuer der Rache verzehren lassen, Thiu. Das Metall wird durch Hitze weich, nicht spröde. Es nutzt sie, um eine neue Form zu finden und beständiger zu werden. Veränderung solte nicht von Hass begleitet werden, denn Hass ist ein kaltes Gefühl, das Metall spröde macht und brechen lässt. Das wird auch das Schicksal deiner Seele sein, wenn du diesen Weg weiter verfolgst." Thiu Chui, oder Silent Shadow, wie er sich lieber nennen ließ, hörte die Worte seines Meisters, aber dieses mal wollte ihm die Weisheit, die in ihnen lag, nicht einleuchten. Trotzdem senkte er demutsvoll den Kopf. "Ihr habt Recht, Meister:" Gleichzeitig fiel die Kugel, die noch immer in seiner Schulter gesteckt hatte, klirrend zu Boden und die Wunde schloß sich wie durch Zauberhand. Der Satyr ließ ein leises Lachen ertönen. Es war ein heiseres, meckerndes, aber irgendwie gütiges Lachen. "Meine Worte leuchten dir nicht ein. Der junge Geist lernt am einfachsten durch Erfahrung und Veränderung. Wenn du entschlossen bist, will ich dich nicht hindern. Nur eins noch: Du brauchst Hilfe, sonst wirst du bald deine Ahnen treffen." "Ja, Meister Wong." Shadow neigte dankbar seinen Kopf und verließ die Höhle.
 
Szene 3: JHONNY
Jhonny war nicht gerade schön. Im Gegenteil, auch mit viel gutem Willen konnte man ihn nur als abgrundtief hässlich bezeichnen, selbst für einen Ork. Und das wusste er auch. Und er genoss es. Es machte ihm Spaß, die Wirkung seines Aussehens und seiner mangelnden Hygiene auf andere zu beobachten. In Wirklichkeit war das eines der ganz wenigen Dinge, die sein Leben lebenswert machten. Manchmal ging er sogar einen ganzen Tag an die Oberfläche, nur um mit seinem Gestank und seinen ungepflegten Hauern irgendwelche Pinkel und Lohnsklaven zu erschrecken und am Abend kichernd in seinem schmuddeligen Bett einzuschlafen. Nein, Jhonny war wirklich niemand, den man gerne als Bekannten hatte. Noch nicht mal, wenn man ein Ork und einiges gewohnt war und einen starken Magen hatte. Genaugenommen war er gar kein Ork, sondern ein Oger. Außerdem war er klein, fett, hatte eine dreckig-grüne Hautfarbe und Mundfäule in mehr als fortgeschrittenem Stadium.
Warum er trotzdem einer der angesagtesten Kontakte war, wenn es um Connections oder um illegale Geschäfte ging, war ein Rätsel, das in sämtlichen Kneipen des Ork-Untergrundes heiß diskutiert wurde, aber nur, wenn alle Beteiligten betrunken genug waren. Denn Jhonny war auch kein Mann, an den man gerne dachte oder über den man gerne sprach, zumindest nicht, wenn man nüchtern war.
Shadow nahm noch einen tiefen Atemzug, bevor er die Baracke betrat, in der Jhonny seinen "Laden" hatte. Er kam nur ungern hierher. Er hatte Jhonny im Zuge seiner Arbeit für den Shotozumi-Ring kennengelernt und den Tag, an dem er ihn das erste Mal gesehen hatte, schon tausend Mal verflucht. Denn Jhonny war nicht nur hässlich und stank, sondern er war auch eine der unsympatischsten Personen, die Shadow kannte. Genaugenommen war er sogar DIE unsympatischste Person, die er kannte. Und das galt wahrscheinlich auch für alle anderen, die Jhonny kannten. Der Oger wusste auch das. Und er genoss auch das.
Shadow hatte erfolglos versucht, ihn telefonisch zu erreichen und war jetzt gezwungen, hierher zu kommen. Jhonny hatte zwar mehrere Handys und Piepser, aber manchmal, wenn ihm gerade danach war, jemanden zu ärgern, reagierte er nicht auf Anrufe oder Nachrichten, nur damit der Betroffene zu ihm kommen musste. Shadow musste zu ihm kommen. Und er ärgerte sich. Jhonny war glücklich.
"Hey, du alter Hundefresser! Hab dich ja ewig nich gesehn! Warum rufst du nich an, Schlitzauge? Ich bin grad beschäftigt." rief er mit einer Stimme, die sich anhörte, als hätte sie wirklich schlimme Zeiten in seinem Brustkorb durchgemacht. Er lag in einer Matratze, die er zwischen zwei Stützbalken des Tunnels gespannt hatte, und hatte die letzte halbe Stunde damit verbracht, Fliegen totzuschlagen und Shadow's Anrufe zu ignorieren. Ein schmieriges Grinsen entblößte einige gelbbraune Hauer, die zum Wohle der Menschheit besser verdeckt hätten bleiben sollen. Shadow unterdrückte den Drang, dieses Grinsen mit einem Backstein zu bearbeiten, oder Jhonny wenigstens die Kehle aufzuschlitzen. "Ich brauche die Nummer, die du mir besorgen wolltest." sagte er so ruhig wie möglich.
Die fragliche Nummer stand auf einem kleinen Zettel in der linken Gesäßtasche des fetten Ogers. Er beschloss, Shadow zur Abwechslung ein bisschen zu ärgern, und sein Grinsen wurde noch breiter. "Was fürn Zeug? Ach so, ja. Weißt du, heute morgen war ich zu faul, um mich drum zu kümmern. Und dann musste ich essen. Und danach hatte ich irgendwie keine Lust, weißt du?" Shadow war eigentlich eine ausgeglichene Person. Und geduldig. Wirklich. Aber irgendwie brachte Jhonny es jedes Mal fertig, diese Zornesader an Shadow's Schläfe zu ihrer doppelten Größe anschwellen und heftig pochen zu lassen.
Insgesamt konnte man mit gutem Gewissen sagen, dass Jhonny ein richtiges Arschloch war. Und das genoss er.
 
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