AW: Brüderkrieg - hä?
Die Idee find ich recht gut. Bisher kenne ich kein reinrassiges RPG oder komplettes Quellenbuch oder auch nur ein langes Kapitel zum Thema Bürgerkrieg in irgendeinem Rollenspiel.
Deadlands. - Natürlich Deadlands!
Dort dauert der Bürgerkrieg im Weird West ja immerhin WESENTLICH LÄNGER als in unserer Historie!
Wie der Krieg im Osten geführt wird, steht in "Back East: The North" und "Back East: The South" ausführlich drin.
Die Auswirkungen des Krieges bzw. wie er in den Disputed Territories geführt wird, steht in den jeweiligen Quellenbänden ziemlich breit drin, eben WEIL der Krieg ja noch andauert und sich die allermeisten Abenteuer vor dem Kriegshintergrund abspielen. (Besonders interessant: Bloody Ol' Muddy - spielt in und um das zweigeteilte und vom Krieg entsetztlich verwüstete und geradezu entstellte St. Louis.)
Was vor allem auch prominente Aspekte der Deadlands-Bürgerkriegsumsetzung anbetrifft, so sollte man SPIONAGE und SABOTAGE als wichtige Themen, die auch für SCs interessant sein können (von der einen wie der anderen Seite) nicht vergessen.
Andere Western-Rollenspiele mit Bürgerkriegsthematik (oder so etwas ähnlichem):
Aces&Eights hat - ähnlich wie Deadlands, aber mit anderer Begründung - eine Alternativ-Historie für seinen Hintergrund, in welcher auch viele der historischen Kriege auf nordamerikanischem Boden mitenthalten sind.
Best Little Hellhouse in Texas (für das Suzerain-System) hat eine Nachkriegszustand wie nach dem Nordamerikanischen Bürgerkrieg, jedoch war der Gegenstand des Krieges eher etwas wie der Unabhängigkeitskrieg. Da wurde zum "Aufsetzen" der Position der Verlierer, die aber auf der "richtigen" Seite gekämpft haben, eben etwas "Kriegsartiges" gebraucht (wie ja auch in Firefly der Unification War).
Die meisten Western-Rollenspiele setzen bei den Indianerkriegen NACH dem Bürgerkrieg an und verwenden die Versatzstücke der entsprechenden Western, wo ja auch die Ex-Rebellen immer einen besonderen Stellenwert als die Verlierer, die für ihre respektable Überzeugung gekämpft haben, genießen.
Das Problem von Rollenspiel mitten in einem historisch-akkuraten Kriegszeitraum ist ja, daß zum einen der Zeitraum abgesteckt ist - und daß die SPIELER das im Gegensatz zu den Charakteren ja auch WISSEN. "Laß uns noch einen Monat hier ausharren, dann ist der Friedensschluß perfekt und wir geraten nicht in die Gemetzel an Flüchtlingen!"
Zum anderen bekommt man die IMMER UNANGENEHME "R-Frage" an allen Ecken und Enden um die Ohren geknallt. Wie sehr können denn SCs Einfluß auf den Verlauf der in Geschichtsbüchern nachlesbaren Historie nehmen? - KEINEN? Wie langweilig!
Somit müssen die SCs stets kleingehalten werden und dürfen nur unwichtiges Zeug machen, ohne jeglichen merklichen Effekt auf diese historisch-akkurate Spielwelt.
Keine Stonewall Jacksons unter den SCs! Nur John Does, die ein namenloses Grab finden - wenn sie das Glück haben in einem Stück zu sterben und überhaupt beerdigt zu werden.
Klar kann man vor dem Bürgerkrieg ein militärisches Rollenspiel ansetzen. Das verträgt jedoch KEINE "Abenteuerer"-Klassen, sondern da spielen die Charaktere arme Schweine an Soldaten, die in Formationen(!) aus nächster Nähe(!) aufeinander ballern, die von Canister-Shots in Fetzen geschossen werden, die verhungern und an Seuchen draufgehen, usw.
Wie spannend - EBEN NICHT!
Historisch akkurate Kriege im Rollenspiel zu spielen, ist bescheuert und außerordentlich uninteressant. - Daher spielen die allermeisten Western-Rollenspiele in einem CINEMATISCHEN WESTERN-Setting.
Wie im Kino! - Das heißt, daß der gute Held den niedergeschossenen Kumpel aus der Kadetten-Anstalt kurz betrauert, dann aber dessen Standarte der Einheit aufnimmt und mit Flagge und Säbel den Ansturm gegen die Geschützstellungen und die kampferfahrenen Truppen der Feinde anführt, bei dem ALLE umkommen, bis auf den guten Helden, der für seine Tapferkeit sogar von den Offizieren der Gegenseite mit Respekt behandelt wird.
Das ist aber eben NICHT historisch-akkurat, sondern eben Kino-Kriegs-Romantik.
Und so etwas zu spielen macht schon Spaß.