AW: Blut über Sex. Was soll das?
Das Tier ist immer da, und schon die Vorstellung irgendwas würde es anlocken ist falsch.
Das Tier ist wie ein Trieb oder noch besser "die Summe aller Triebe" (in V:tM, mag sein, dass das die nWOD anderssieht). Und mein Fluchttrieb ist genau wie auch mein Sexualtrieb nicht staendig voll ausgepraegt, aber natuerlich vorhanden. Erst wenn ich in eine entsprechende Situation gelange - im ersten Fall, etwas das mir Angst macht - tritt der Trieb aktiv in Erscheinung. Wenn ich es gewohnt bin mich dem Hinzugeben, wird es mir umso schwerer fallen ihm nun ploetzlich zu widerstehen.
Ich sehe das Tier nicht als eine eigenstaendige Person, die in meinem Kopf sitzt und dinge von mir verlangt, sondern als eine verstaerkte dunkle Seite, d.h. natuerlich ist "Macht korrumpiert" nicht neu, aber fuer einen Vampir ist dieses Thema noch viel bedeutender: Er hat die Moeglichkeit jeden der ihn beleidigt in den Boden zu stampfen, er hat die Moeglichkeit seinen Hunger und seine erotischen Gelueste jederzeit zu befriedigen indem er einfach einen Menschen packt und trinkt. Niemand kann ihn aufhalten. Er ist kein schwacher Mensch, der auf die Achtung der menschlichen Gesellschaft angewiesen ist. Er ist ein Daemon umgeben von Daemonen. Die Regeln der Menschen haben keine Gueltigkeit mehr fuer ihn. Niemand kann ihn aufhalten - nicht einmal Gott :frigord:
(dieses Hineinsteigern soll die Sicht eines unmenschlichen Vampirs darstellen - natuerlich kann man ihn aufhalten)
Das Tier als eigenstaendiges Wesen, das chaotische Zufallsrasereien erzeugt (vielleicht versteh ich dich auch falsch - korrigiere mich gegebenenfalls), macht mir persoenlich keine Angst, da es weit weniger nachvollziehbarer ist und daher den "persoenlichen Horror" weniger gut transportiert, als ein nachvollziehbares Abrutschen mit einhergehendem Kontrolverllust.
Wenn ich immer wieder Anfaelle bekomme in denen ich Sachen tue die ich ganz eindeutig nicht will, finde ich als Spieler das weit weniger persoenlich beaengstigend (sondern vor allem nervig), als wenn ich Dinge tue, die ich triebhaft unterbewusst wollte, aber aufgrund meines menschlichen Wesens niemals tun wuerde (z.B. den Tuersteher in kleine blutige Brocken zerreissen, bloss weil er mich nicht in den Club laesst).
Deine Art das Tier zu behandeln wuerde ich moeglicherweise als Geistesstoerung in das Spiel integrieren, aber ich verstehe das Tier als ultimativ, geradlinig zielgerichtet: Was nicht passt wird passend gemacht - ohne Ruecksicht auf Verluste. Wie ein Mensch der ausrastet - nur viel extremer.
Laut Tabelle im V:tM-GRW ist "Geliebter in Gefahr" ein Raserei-Ausloeser. Ich finde die Vorstellung, dass man in dieser Raserei neben dem Boesewicht auch noch die Geliebte und seine zwei besten Freunde zerfetzt ziemlich doof. Interessanter finde ich die Vorstellung, dass man statt in Ruhe mit Beherrschung den Polizisten, die mit der Waffe auf die Freundin zielen und sie auffordern sich zu ergeben, den Befehl zum Weglaufen gibt, diese grausam toetet.
Anschliessend noch ein "Niemand bedroht mein Baby" vom Charakter und die Menschlichkeit sinkt (wahlweise auch ein "Oh mein Gott, das wollte ich nicht" und sie bleibt) und fuer den Spieler schwingt eine ordentliche Portion "Bloede Bullen, warum bedroht ihr die auch - ich haette euch sonst nichts getan" mit, dass ihn naeher an die Gefuehlswelt seines Charakters bringt als es eine Chaosraserei jemals koennte.
Man koennte sagen "Die Menschlichkeit des Spielers sinkt fuer die Dauer der Spielsitzung gemeinsam mit der des Charakters." das funktioniert natuerlich nur, wenn die Spieler nicht grundsaetzlich Gewalt als "voll kewl" empfinden.
Edit:
Bei einem Tier das chaotische Zufallsrasereien erzeugt koennte ich auch nicht nachvollziehen, warum sich irgendwer diesem absichtlich hingeben wuerde. Bei einem egoistischen, triebbefriedigenden starken Tier ist das Hingeben weitaus verlockender.