AW: Bekehrt mich zu DSA
Da kann ich einfach nicht widerstehen. "Bekehrt mich zu DSA!" - Klar, machen wir. Meiner Ansicht nach ist DSA in allen bereichen seinen direkten Konkurrenten überlegen, weswegen eine Bekehrung nicht allzu schwer fallen sollte. Ich gehe mal anhand von drei Punkten vor: Regeln allgemein, Magie, Kampagnenseting.
1. Regeln:
Die DSA-Regeln gehören definitiv in die Ecke der "detaillierten Schwergewichte". Wer also sowieso ausschließlich totgehungerte Schnellschusssysteme a là WuShu für spielenswert hält, braucht sich um DSA nicht zu kümmern, das Spiel gehört vom Regelwerk her nicht in das für ihn interessante Segment. Wie gesagt: Details rule! Der Fokus des Spiels liegt dabei auf dem sogenannten "phantastischen Realismus". Hinter diesem Ausdruck verbirgt sich für DSA im Regelteil folgendes:
Charaktere:
Die spielbaren Charaktere sind als gewöhnlicher Teil der Welt vorstellbar, auch wenn die SC vielleicht etwas besser sind als der durchschnittliche Aventurier (Gruppenentscheid); D'Artagnan, Aragorn, Sindbad, Conan (Film) oder Schmendrik sind als SC vorstellbar, Conan (Buch), Gandalf oder der Death Dealer eher nicht. Die Charaktererschaffung basiert auf einem Kaufsystem, bei dem man für sog. "Generierungspunkte" (GP) Eigenschaften und Rasse-, Kultur- und Professionspakete erwirbt. Die Anzahl der GP, die man einem SC zur Verfügung stellt, entscheiden darüber, ob er im Weltdurchschnitt liegen soll, oder nicht; das Spiel lässt einem also von vorneherein die Wahl, ob man eine Kampagne für "Normalos" spielen will, oder ob die Helden von vorneherein aus der Masse herausgehoben sein sollen.
Die wichtigste Größe bei der Charaktereschaffung neben den Eigenschaften sind die schon erwähnten Rassen, Kulturen und Professionen - hier sind mehrere Tausend sinnvoller Kombinationsmöglichkeiten gegeben. Die Kathegorie "Rasse" entscheidet dabei über einige wenige deutliche Unterschiede bei Menschen und führt natürlich die nichtmenschlichen "kulturschaffenden" Rassen auf. Für DSA sind das neben den SC-geeignetsten Elfen und Zwergen auch noch Orks, Goblins und Echsenmenschen.
"Kultur" modifiziert den Charakter entsprechend der Kultur, in der er aufgewachsen ist, "Profession" gibt schließlich seinen gelernten Beruf an. Es existieren um die 100 nicht-magische, nicht-geweihte Professionen. Die Regeln sind breit genug angelegt, als dass man jeden vorstellbaren Aventurier nach diesem System erschaffen kann, nicht nur typische Heldenfiguren; in Anlehnung an die Profession "Zuckerbäcker" spricht der eingeweihte von sog. "Zuckerbäckerrunden" wenn er eine untypische Heldenrunde meint.
Talente:
Das DSA-Talentsystem ("Talent" ist der DSA-Ausdruck für Skills) unterscheidet zwischen Basis- und Spezial-/Berufstalenten. Erstere beherrscht jeder rudimentär, entweder, weil man sie in der Welt (fast) immer lernt, oder weil man sie durch Trial & Error einsetzt, letztere nicht. Talenteinsatz basiert auf einer Mischung aus "Können" (dem Talentwert) und Voraussetzung (den zugrundeliegenden Eigenschaften), was ja noch relativ viele Systeme so machen. Eine Besonderheit von DSA ist hierbei, dass nicht eine sondern dei Eigenschaften als Grundlage eines Talentes dienen. Das System ist detailliert und kann Schwierigkeitsveränderungen kleinschrittig simulieren. Das größere Gewicht kommt dem Talentwert zu.
Kampf:
Das DSA-Kampfsystem ist auf Action ausgelegt, nicht auf Realismus. Dabei allerdings auf eine Art Action, die nicht zu abgehoben ist. Das Kampfsystem gehört nicht zu den schnellsten, ist dafür aber sehr deskriptiv und erlaubt den Spielern, den Kampf lebendig zu gestalten. Manöver dienen dabei als regelrechte Beschreibungshilfe. Der Kampf ist hinreichend gefährlich und man muss den Gegner nicht mehr, wie in früheren Editionen oder bei D&D, in Scheiben schneiden.
Die beiden bestunterstützten Kampfstile dürften "Brutalgeknüppel" wie in Conan (Film) oder Excalibur und Mantel und Degen sein.
2. Magie
Das DSA Magiesystem ist im Rollenspielsektor ohne Übertreibung einzigartig gut; zumindest wenn man meine Anforderungen zugrundelegt. Es ist nämlich das einzige mir bekannte Magiesystem, das so mit der Welt verzahnt ist, dass man damit intime Magie diskutieren kann, ohne in "Regelsprech" verfallen zu müssen. Die Magie wird durch das Setting erklärt und ist in den Hintergrund eingebunden. Dadurch kann man als SL magische Probleme erfinden und sie den Spielern intime präsentieren. Selbst wenn sie zur Analyse schreiten, muss man die Ebene nicht wechseln. Nicht einmal mein Leib und Magen Magiesystem Mage leistet das.
Weiterhin dominiert die Magie nicht das Spiel ist aber gleichzeitig flexibel genug, um einen Zauberer nicht zur magischen Artillerie verkommen zu lassen, wie das gerade bei D&D so oft der Fall ist.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Integration von Magiern in den Hintergrund. DSA begeht den klassischen Fantasy-Fehler nicht, Magier als "verzauselte Typen hinter den sieben Bergen" nicht an der Gesellschaft teilnehmen zu lassen. Bei DSA tun Magier mehr, als in ihren Türmen sitzen und Dämonen beschwören - man kann sich ein Bild davon machen wie ein Gildenmagier seinen Lebensunterhalt verdient, und das ist vielleicht nicht einmalig, aber in der Standardfantasy sehr selten.
3. Das Setting
Aventurien ist eine an die irdische Frühe Neuzeit angelehnte Welt mit ein paar Mittelaltereinsprengseln und einem guten Schuss Fantasy. Folge: Wer diesen Klassiker nicht will, ist hier falsch; aber Earthdawn hat ja auch was für sich. Die Welt entwickelt sich seit 20 Jahren beständig weiter und die spieler haben über den AB und diverse Abenteuer die Möglichkeit, daran Anteil zu nehmen. Dabei ist das interessante an Aventurien die Detailfülle, die die Welt zum Leben erweckt: Die Kulte der einzelnen Götter z.B. sind keine monolithischen Wahrheitsfabrike, wie in anderen Fantasy-RPGs, sondern haben innere Widersprüche, Schismen etc. Thronfolgestreitgkeiten lassen sich nicht einfach so entscheiden, da durch die dichte Geschichte Aventuriens in jedem der Anprüche ein Körnchen berechtigung stecken kann usw. Das setting richtig zu benutzen erfordert viel arbeit, ist dann aber lohnend.
4. Minuspunkte
Die Welt ist zu klein, eine Vergrößerung aller Längenangaben um den Faktor 2-3 würde ihr guttun.
"Karmalzauber": Ich kann Geweihtenlithurgien nicht leiden, dadurch wird die Religion zu irdisch.