AW: Beherrschung gegen Blutsband
Gut, wenn es nur um sprachliche Fragen geht, hast Du Recht. Ich mag meine Sprache und bin keineswegs der Ansicht, dass sie "uncool" klingt oder "verkopft, klein und irgendwie muffig". Um es mit Ralph Giordano zu sagen: "Deutsch - eine wunderbare Sprache, von der ich - ohne deshalb andere Sprachen herabsetzen zu wollen - behaupte, daß sie bis in die allerfeinsten Kapillaren der menschlichen Seele vorzudringen vermag".
Wenn Du ein "Stillgestanden" nur auf einem Kasernenhof cool findest (wo ich es im Übrigen völlig lahm finden würde) - sorry - dann hast Du einfach nicht genug Phantasie. (Oder ist das jetzt wieder Relativismus oder etwas vergleichbar verwerfliches, wenn ich mir eine Situation ausdenke, in der das lässig wäre?)
...Sie hatte gewusst, dass es gefährlich werden würde, das Territorium der Camarilla zu betreten, aber es war leider nötig gewesen, um diese leidige Geschichte endlich zu einem Abschluss zu bringen. Sie hätte eigentlich auch wissen müssen, dass sie sie längst gefunden hatten, beobachteten. Aber das war ihr erst klar geworden, als sie diesen Speichellecker von einem Hilfssheriff oder Vogt oder wie auch immer sie ihre Spürhunde hier nennen mochten, schon fast zurück zu ihrer Zuflucht - zu ihrem Rudel! - geführt hatte. Der Kerl stach hier, zwischen all den Arbeitslosen und Punks, zwischen denen sie so überhaupt nicht auffiel, mit seinen italienischen Schuhen und der ach so rebellischen Lederjacke auf geradezu lächerliche Weise hervor.
Sie wusste, dass es hier im Viertel einige Leute gab, die es gar nicht mochten, solche Bonzen auf ihren Straßen zu sehen. Lächelnd ließ sie sich auf einen ganz bestimmten Häuserblock zutreiben, achtete gut darauf, ihren Verfolger nicht zu verlieren. Sie konnte sein dümmliches, siegessicheres Grinsen förmlich schmecken, als sie um eine Hauswand bog, um dort auf ihn zu warten. In dem Innenhof, in den sie getreten war, regten sich die ersten Gestalten; abgerissene, perspektivlose Jungs, die nichts hatten, als ihren Zorn auf die Welt und ihr Springmesser.
Ihr Verfolger hatte sich beeilen müssen, um an ihr dran zu bleiben und stolperte nun in den Hof, erschrak fast, als er ihr mit einem Mal direkt gegenüberstand. Sie lächelte ihn zuckersüß an, stellte sich ein wenig auf die Zehenspitzen, um ihm besser in die Augen sehen zu können und hauchte ihm fast spitzbübisch ein "Stillgestanden, Soldat", entgegen, bevor sie sich umdrehte und einfach ging.
Aus den Augenwinkeln sah sie das Gesindel, dem dieser Block gehörte, sich in Bewegung setzen. In Anbetracht der ach-so-heiligen Maskerade würde dies ihren Verfolger eine Weile beschäftigen...