Strittig war bisher, ob die Sklaverei der Kriegsgrund war. Das ist die Diskussion, die Saint, Hesha und du auf der letzten Seite aufgemacht haben. Und egal, wie du es drehst und wendest: Alle alternativen Erklärungen sind bestenfalls eine Übung in Differenzierung, die aber am Ende alle wieder auf die Sklaverei zurückführen. Schlimmstenfalls sind diese alternativen Erklärungen Strategien, um es so aussehen zu lassen, als sei die Sklaverei nur ein kleines Seitenproblem gewesen, das in seiner Bedeutung gar nicht so richtig der Rede wert war und eigentlich ging es den Schwarzen ja auch in der Sklaverei viel besser als hinterher.
Was jetzt deine zweite Frage angeht: Das ist auch nicht strittig. Wie gesagt: Wenn du dir die Literatur der Zeit anguckst, wirst du merken, dass die sehr zahl- und einflußreichen Abolitionisten ehrlich moralisch empört über die Sklaverei waren. Und sich das immer weiter verstärkte, je länger es andauerte. Der Fugitive Slave Act war dabei besonderer Stein des Anstoßes. Und denen zu unterstellen, sie hätten das nur vorgetäuscht, weil sie für die Nachwelt nicht so böse aussehen wollten, während sie den armen Süden mal so richtig knechten, ist doch schon ziemlich aluhutverdächtig.
Dass Lincoln selbst eher ein nüchterner Realpolitiker war, ist dabei nicht von Belang. Das ändert nichts daran, dass die gesamte rechtliche, ideologische und politische Vorgeschichte des Bürgerkriegs um die Frage der Sklaverei kreist. Und auch nichts daran, dass die Geschichte nach dem Bürgerkrieg -wie ich ja schon ausgeführt habe- gezeigt hat, dass im Süden unter der Konföderiertenflagge auch für wenigstens 100 Jahre ganz offen rassistische Politik betrieben wurde. Und viele schwarze würden sicherlich noch hinzufügen, dass sich das bis heute nicht geändert habe.
Was Saint und Hesha meinen kann und will ich nicht sagen, das müssen sie selber sagen.
Die Abolitionisten waren keineswegs politisch derartig mächtig, wie Du es darstellst. Das ist schlicht und ergreifend Blödsinn. Selbst wenn man wohlwollend davon ausgeht, dass deren Ideen sich im Norden weit verbreiteten, hatten sie politisch keinen größeren Einfluss. Hinzu kam, dass Personen wie zB. John Brown in ihrer Radikalität den Herrschenden in Nord und Süd suspekt waren. Politische Macht lag damals stärker noch als heute eng verknüpft mit wirtschaftlicher Macht. Und da gab es nuneinmal die starken Differenzen zwischen der Südstaaten"aristokratie" und den Industriemagnaten im Norden. Beide Gruppen gönnten der anderen nicht das Butter auf dem Brot. Da die Sklaverei die wirtschaftliche Machtbasis des Südens bedeutete, ist sie das wahrscheinlichste Ziel, um die wirtschaftliche und politische Vormachtstellung zu sichern. Die Sklaven selber waren uninteressant. Dazu kam, dass die Ansicht, dass Schwarze minderwertig wären, auch religiös begründet wurden. Diese Haltung kann man beispielhaft an T.J. Jackson festmachen. Und wenn die in Virginia die Bibel so auslegten, kann man wohl davon ausgehen, dass man es im Norden nicht grundsätzlich anders sah. In Wulfhelms Video wird das ja auch recht anschaulich dargestellt, wie minderwertig man Schwarze allgemein betrachtete. Der Süden sah nun seine wirtschaftliche Stellung bedroht. Und die Bedrohung war scheinbar derartig bedrückend, dass der Süden recht überstürzt handelte und die Sezession erklärte. Die Union hatte nun ein Ziel, die Rebellen an die Leine zu legen. Dazu benutzte man zwei Dinge zunächst erklärte Lincoln Anno 62/63, dass die Sklaven der CSA-Staaten nun frei waren. Wenn Du in die
Quelle schaust, wirst Du feststellen, dass Lincoln nicht davon spricht, dass die Sklaverei beendet ist. Er spricht nur davon, dass die Sklaven in den aufständischen Gebieten nicht länger unfrei seien. Zur gleichen Zeit befanden sich aber auch in der Union noch weitere Staaten, in denen Sklaverei betrieben wurde. Diese waren von der Proklamation ausgeschlossen. Das allein lässt berechtigt daran zweifeln, dass der Norden die Sklaverei der Sklaverei wegen beenden wollte. Als der vermutlich gewünschte Erfolg, die Destabilisierung des Südens, ausblieb, setzte man auf ein anderes Pferd. General Sherman führte gezielt Krieg im feindlichen Hinterland. Sowohl Sheridan, als auch Sherman tobten sich recht gemütlich im Süden aus, um die Kampfkraft der Konförderierten zu brechen. Dabei marschierte er nicht gegen die feindliche Armee, sondern hauptsächlich gegen die Zivilbevölkerung. Und das war damals ebenfalls nicht unumstritten. Wenn man nun diese Puzzleteile zusammenfügt, ergibt sich das unschöne Bild, dass die Befreiung der Sklaven nur ein Mittel zum Zweck war. Gerade wenn man dabei berücksichtigt, dass Schwarze bis in das 20. JH hinein auch über den Süden hinaus stark diskriminiert wurden. So durften Schwarze erst ab 1941 in das USMC eintreten.
Um nun den Bogen zurück zum Bürgerkrieg zu schlagen, stellt sich die weitere Frage, warum kämpften die Leute nun für den Süden. Zum einen hat man mit Sicherheit diejenigen, die ihre Sklaven und somit ihre wirtschaftliche Macht halten wollten. Zum anderen hatten man aber auch die zahlenmäßige Mehrheit, die keine Sklaven besaßen, selber ehemalige Sklaven waren oder eben auch der Sklaverei ablehnend oder auch nur kritisch gegenüberstanden. Nun stereotypisch davon auszugehen, dass diese Menschen nur deswegen in Feld zogen, um ein System zu halten, an dem sie nicht partizipierten, erscheint mir zweifelhaft oder doch zumindest zu hinterfragen.