Anti-Klimax ist Scheisse

AW: Anti-Klimax ist Scheisse

Robin and Marian - Robin Hood stirbt, vergiftet von Marian, die sich selbst auch noch eine Dosis verpaßt hat, im Bett.

Butch Cassidy and the Sundance Kid - Die beiden charmanten Banditen Butch und Sundance rennen in Bolivien in ein Bleigewitter, welches sie unmöglich überleben können. TPK-Ende.

Agamemnon, der Herrscher von Mykene und Feldherr des Trojanischen Krieges, kommt heim und wird von seiner untreuen Frau und deren Liebhaber im Bad ermordet. Unspektakuläres Ende als "Familiendrama".


Macht denn das unspektakuläre Ende, macht der TPK gegen eine Übermacht, macht der Tod durch Vergiften die HELDEN dieser Geschichten zu "geringeren" Helden?

NEIN!

Das LEBEN dieser Figuren ist es, was sie zu HELDEN gemacht hat. Ihr Tod schmälert nicht ihren Ruhm.

Ein Heldentod, der nicht besonders heroisch ist, entwertet doch nicht das gesamte HELDENLEBEN.

Als sie lebten, waren sie bemerkenswert, teils heftig umstritten, nicht wirklich Vorbilder, aber voller Energie und Charakter, und somit doch so überragende Persönlichkeiten, daß sie in unserer Erinnerung UNSTERBLICHKEIT erlangt haben - inklusive ihres Todes.
 
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Alle von dir aufgezählten Enden sind aber alles andere als "antiklimaktisch".
 
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Alle von dir aufgezählten Enden sind aber alles andere als "antiklimaktisch".
Die meisten "Fallbeispiele" hier im Thread aber AUCH NICHT!

Antiklimax hat man dann, wenn die Ereignisse in der Reihenfolge, in der sie im Spiel auftauchen immer bedeutungsloser, immer belangloser werden. - Im Gegensatz zum Höhepunkt, bei dem das Wichtigste erst zum Schluß passiert und bis dahin eine Zunahme an Bedeutsamkeit und Belang der Ereignisse festzustellen ist, hat man beim Antiklimax eben das Unwichtig am Schluß.

Daß Robin Hood im Film Robin and Marian durch Gift aus der Hand seiner Geliebten stirbt - ist das nun wichtiger als all das, was er während seines Kampfes wider Prinz John und für König Richard getan hat?

Daß Butch und Sundance gegen eine Übermacht an Soldaten niedergeballert werden - ist das nun wichtiger für ihre Geschichte als das, was sie vorher getan haben?

Daß Agamemnon im Bad umgebracht wurde - ist das wichtiger als der Trojanische Krieg?

Daß eine SC-Gruppe im langwährenden Kampf gegen die Oberbösen der Kampagne am Ende ohne große Anstrengung den Sieg ihrer Mühen davongetragen haben - ist das nun Bedeutsamer, von mehr Belang als der gesamte Rest der Kampagne?


Daß eine SC-Gruppe durch einen kritischen Fehler eines NSCs ausgelöscht wurde - ist das wichtiger für ihre Geschichte als ihre vorherigen Taten? - Interessanterweise: in diesem Falle JA! Dieses alte Midgard-Abenteuer haben wir in unterschiedlicher Besetzung und mal als Spielleiter und mal als Spieler rotierend alle paar Jahre durchgespielt, mit immer wieder anderer Geschichte (ja, so waren FRÜHER die Midgard-Abenteuer noch). Aber daß diese eine Gruppe durch den mitgeschickten NSC-Auftraggeber ausradiert wurde, das war DAS WICHTIGSTE überhaupt, was man über diese Gruppe auch noch nach über 15 Jahren erzählen kann. Das merkt man sich, weil es etwas BESONDERES war. - War das dann ein Klimax? - Gefühlt: Nein. - War es ein Antiklimax? - Eigentlich ja auch nicht, da hier das Wichtigste zum Schluß passierte - wie eben in jeder guten Geschichte.


Bei der SC-Gruppe, der ein müheloser Sieg im Hauptkonflikt der gesamten Kampagne gelungen ist, lag garantiert KEIN Antiklimax vor, sondern eher eine unterschiedliche (unausgesprochene) ERWARTUNGSHALTUNG.

Ein in diesem Falle unabsichtlicher Bruch gegen die Erwartung der Spieler/Zuschauer. - Zum Vergleich mal zwei absichtliche Brüche: Indiana Jones Teil 1 - der feiste Säbelschwinger verschafft sich Platz in der Menschenmenge, man erwartet das Duell Säbelschwinger gegen Peitschenknaller, man bekommt: Indy schießt den Gegner, der mit dem Messer zur Schießerei kommt, nieder und macht ungerührt bei seiner Verfolgungsjagd weiter; Firefly-Pilotepisode - der Federal Marshal nimmt eine Geisel und riskiert eine dicke Lippe, als Mal&Co. gerade von der Schießerei mit Patience zurückkommen und Reavers im Anmarsch sind, Erwartung ist, daß es hier zu einer Dialogszene kommt, daß sich unterschiedliche Charaktere einbringen können, statt dessen bekommt man: Mal zieht und schießt noch im Gehen dem Fed ins Gesicht und schmeißt den Niedergeschossenen dann einfach zur Ladeklappe raus.

Man MUSS ja nicht wirklich IMMER die Erwartungen erfüllen. Das wäre doch zu langweilig. - Stereotypes "Wir mußten bis zum letzten Lebenspunkt einstecken, bevor der Oberböse endlich umkippte" will man doch auch nicht.

Vielleicht hätten die Spieler und der Spielleiter VOR dem Ende der Kampagne mal ganz unverbindlich ihre Vorstellungen zum Kampagnenschluß besprechen sollen. - In meiner SW-Fantasy-Kampagne habe ich das gemacht. So kam heraus, was unterschiedliche Spieler erwarteten, und so hatte ich auch ausreichend Grund massiv von der eigentlich vorgesehenen Abwicklungsmethode abzuweichen. Das Ende war dabei jederzeit OFFEN. Ich tat mein Bestes um mit den SCs und deren Verbündeten aufzuräumen, aber - für mich SEHR überraschend - der Plan der Spieler ging tatsächlich sogar fast komplett auf. - Daß es nicht leicht war, lag daran, daß sie so oder so nicht gerade in der überlegenen Position angefangen hatten. Aber es war erstaunlich zu sehen, was herauskommt, wenn die Vorbereitung etwas taugte, wenn die Planung findig und trickreich war, und wenn die Umsetzung dann konsequent und ohne sich von Rückschlägen ablenken zu lassen, durchgezogen wird. - Dann klappt das (fast) wie ein Uhrwerk.

Und dann hat man sich den Sieg eben AUCH verdient.

Nicht nur diejenigen, die einfach mehr Nehmerqualitäten aber einen langweiligen oder garkeinen Plan haben, sind die tollen Helden mit Kampagnenhöhepunkt, nur weil man da dann stundenlange Kampfszenen durchgezogen hat. Es geht auch anders. (Sogar bei Kauf-Kampagnen. Siehe z.B. "The Traveller Adventure", wo das Ende je nach Vorgeschichte, Planung und Vorgehensweise sehr wenig "Special Effects" braucht, wohl aber sehr bedeutsam für alle Beteiligten ist.)
 
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Wenn ein BEWUSST antiklimatisches Ende vorbereitet und aufgebaut wird, dann kann das durchaus bedeutend und erinnerungswürdig sein (siehe die von Zornhau genannten Beispiele).
Dazu braucht es halt nur eine ganze Menge an Grips, Improvisationstalent und dramatisches Fingerspitzengefühl auf Seiten des SLs (und teilweise auch der Spieler).

Das Problem ist nun, dass die Leute gerne Drama mit allen möglichen anderen Sachen verwechseln und gerade bei der "old-school"-Rumreiterei in der letzten Zeit fällt mir immer wieder auf, dass in den Berichten immer wieder ganz banale, unspannende Ausgänge als "awesome" hochgejubelt werden. Bei näherer Betrachtung empfinde ich persönlich es aber eher unspannend, wenn meine Charaktere zu einem Zeitpunkt sterben, in dem ihr Tod faktisch bedeutungslos und beliebig ist, bzw. wenn sie über betriebswirtschaftliche Formeln den Haushalt des Dungeons ruinieren, so dass der BBEG seine Schergen nicht mehr bezahlen kann und somit schutzlos dasteht, so dass man ihn ohne größere Gegenwehr niedermachen kann. Solche Spielereignisse sind für mich bedeutungslos, beliebig und austauschbar und KEINE davon waren es bisher wert sich groß an sie zu erinnern.

Dagegen werde ich NIE vergessen, wie wir (bei Feng Shui) eine Basis der Architects of the Flesh in NY angegriffen haben und uns einer "Flying Fortress" (etwa das Format eines der Raumschiffe aus Independence Day und - selbst für Feng Shui-Charaktere - praktisch UNZERSTÖRBAR) gegenüber sahen! Die lange genug hinzuhalten, damit ein paar NSCs den orbitalen Nuklearschlag gegen diese durchführen konnten, war EXTREM spannend und fordernd. Hätten wir jetzt "gescouted", die Fortress schon früher bemerkt und unseren Plan auf Vermeidung einer direkten Konfrontation ausgelegt, so wäre uns diese extrem coole Szene entgangen.

Das Problem liegt, denke ich, dass viele SLs heutzutage sich nicht mehr trauen Prioritäten zu setzen. Sie halsen sich (angestachelt durch die "awesome"-Screamers im I-Netz) die Arbeit auf, gleich MEHRERE, vollkommen unterschiedliche, Ansätze an das Spiel erfüllen zu wollen und erreichen dafür KEINEN dieser Ansätze (taktischer Anspruch, dramatische Spannung...etc.) in für MICH wirklich zufriedenstellender Weise.
Aber sie können den Kuchen nicht essen und ihn trotzdem behalten (sie können es versuchen, aber dann haben sie nur Scheiße in der Hand :D).

Diese "Vermischung" von Spielzielen ist irgendwie komisch. Früher hatte doch niemand ein Problem damit, dass die Spiele "one-trick-ponies" waren, welche genau auf einen Spielstil zugeschnitten waren. Warum plötzlich das Bedürfnis irgendwie beweisen zu müssen, dass die präferierte Spielweise viel "ergebnisoffener" sei, dass Zufall viel dramatischer als hausgemachtes Drama ist oder dass die behandelten Themen viel thematischer, als in thematischen Spielen seien? Penisneid auf die Forge oder WW?

P.S.: selbst beim A-Team gibt es immer in letzter Sekunde überraschende Wendungen, die Bösen erfahren etwas über die Gruppe und diese muss schnell improvisieren oder die MP taucht auf, um das Klimax zu retten und die Spannung zu erhalten. Und ist euch schonmal aufgefallen, wie wie oft die Bösen einen (aber immer nur EINEN) "Muskelmann" in ihren Reihen haben, damit B.A. einen ungefähr gleichwertigen Gegner hat und das Team nicht "zu schnell" gewinnt (übrigens genau das Gleiche bei Raumschiff Enterprise und Spock)? :ROFLMAO:
 
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Wenn ein BEWUSST antiklimatisches Ende vorbereitet und aufgebaut wird, dann kann das durchaus bedeutend und erinnerungswürdig sein (siehe die von Zornhau genannten Beispiele).
Und auch wenn - wie im Midgard-Beispiel - NICHTS vorbereitet, NICHT bewußt ein antiklimatisches Ende angestrebt wurde, sondern diese wirklich durch reinen Zufallseinfluß entstand, kann das durchaus bedeutend und erinnerungswürdig sein.

Für eine erinnerungswürdige Spielbegebenheit ist nicht nur der dramatische Ansatz nach "Drehbuch" verantwortlich. Prinzipiell kann eine Spielbegebenheit wie ein Kampagnenende aus den unterschiedlichsten Gründen erinnerungswürdig sein. Und ob das Ende nun bewußt angestrebt und ggf. im Voraus so geplant wurde, oder ob es aus der Laune des Moments oder aus Würfelergebnissen zustande kam, ist für die Intensität des Miterlebens, des Mitfühlens und des Erinnerns unbedeutend.

Das Problem ist nun, dass die Leute gerne Drama mit allen möglichen anderen Sachen verwechseln
Glaube ich nicht. - Drama bzw. ein dramatisch aufgesetztes Spiel ist ja nur eine von vielen Möglichkeiten ein Szenario, eine Kampagne zu spielen. - Manche Rollenspiele sind genau auf solche Ausrichtungen hin geschrieben worden (Cinematic Unisystem, die DTA-Reihe für Savage Worlds, usw.). Andere nicht, was nicht heißt, daß man mit ihnen nicht auch dramatisches Rollenspiel betreiben kann, solange sie dem nicht mit anderen Eigenschaften im Wege stehen (so ist SW z.B. sehr zufallsorientiert und kann somit durch einen krass explodierten Würfelwurf der Dramatik der Situation unangemessene Ergebnisse hervorbringen - daher ist für ein sehr auf das Drama ausgerichtetes Spiel eine Setting- oder Genre-Regel notwendig, die den Zufallseinfluß (gerade von unwichtigen Quellen, wie namenlosen Schergen) zurückdrängt; dies ist eine z.B. bei Pulp-Abenteuern der DTA-Reihe notwendige Regelanpassung, weil eben der SW-Regelkern nicht primär auf das Spiel nach dramatischen Gesichtspunkten ausgerichtet ist, diese Abenteuer jedoch schon).

Dagegen werde ich NIE vergessen, wie wir (bei Feng Shui) ...
Hätten wir jetzt "gescouted", die Fortress schon früher bemerkt und unseren Plan auf Vermeidung einer direkten Konfrontation ausgelegt, so wäre uns diese extrem coole Szene entgangen.
Bei Feng Shui und verwandten Rollenspielen wäre ein "scouten" auch sehr wahrscheinlich ein Bruch des Genres gewesen.

Wenn ich Two-Fisted Pulp-Heroes spiele, dann dürfen, nein, dann SOLLEN sie auch mal ohne zu überlegen mitten in die absehbare Höhle der Bösewichter stolpern. Sie werden eh nicht ohne Gelegenheit zu den coolsten Szenen zu bekommen abtreten, und sie werden nicht vor Ende des Szenarios oder der Kampagne abtreten, und sie werden das Ende gebeutelt und zerschlagen erreichen - ganz wie in den Tips zum Schreiben von Pulp-Romanen empfohlen.

Ich finde es hier nicht so recht sinnvoll Genres mit ganz unterschiedlichen Konventionen, mit ganz unterschiedlichen Ausrichtungen hinsichtlich der Betrachtung über Kampagnenhöhepunkte in einen Topf zu werfen.

Die cinematischen Genres wie in den die Gun-Fu-Filmvorlagen nachbildenden Spielen Feng Shui oder Wushu, die TV-Serien nachbildenden Angel RPG und BtVS, und anderen Rollenspielen vertreten, LEBEN vom Drehbuch.

Genres, wie z.B. militärisches Rollenspiel (Weird Wars, Necropolis, usw.) hingegen wird nicht nach "Drehbuch" gespielt, sondern das LEBT von der Taktik. Und eine gute wie eine schlechte Taktik kann zu ausgesprochen "un-cinematischen" Ergebnissen führen. Bei guter Taktik vermeidet man - in SPANNENDER SPIELSITZUNG! - den Feindkontakt und kann unentdeckt infiltrieren, gezielt, ja geradezu "chirurgisch" zuschlagen und sich wieder zurückziehen. Dieses Genre hat eben ganz andere typische Versatzstücke als die "hochoktanige" Action-Kino-Variante sie hätte.

Ein detektivisches Rollenspiel wird auch nicht nach Drehbuch und rein dramatischen Erwägungen gespielt (ansonsten wäre es weniger auf die Detektivarbeit, weniger auf Ermittlung und mehr auf die Detektiv-FILM-Vorlage ausgerichtet - mit allen Detektiv-Film-Versatzstücken, die so ganz anders sind als es eine eher nüchterne, dadurch auch mehr Glaubwürdigkeit vermittelnde nicht-cinematische Detektiv-Kampagne bietet). Hier sind die Indizien, die Hinweise, die Ermittlungsarbeit und die Kombinationsgabe entscheidend. Der Höhepunkt kann mal eine Verfolgungsjagd sein, ist aber viel wahrscheinlicher eine konsequente Folge des Zusammensetzens der Beweise und ein unspektakulärer "Zugriff" (auf einen eventuell eh sehr kleinen Verdächtigenkreis).

Ein Rollenspiel, welches allein aus den Beziehungen und Beziehungsproblemen der Charaktere untereinander lebt, entzieht sich auch klassischen dramatischen Strukturen. Hier entsteht das "Drama" erst durch die aktuell laufende Interaktion der miteinander in Konflikt stehend generierten Spielercharaktere. So etwas wird gerne bei Sorcerer oder DitV gesehen. Ein DitV-Finale kann bei Würfelglück und geschickter Biete-Taktik sehr unspektakulär, ja geradezu wie "Unsere Kleine Farm" in allseitiger Harmonie ausfallen - oder es geht ab wie im wüstesten Deadlands-Italo-Western-Stil mit filmreifen Einlagen, die aus dem verzweifelten Herausquetschen noch der allerletzten Würfel herrühren. Hier hat aber eine Vorab-Planung der Dramaturgie keinen Platz. - Das ist kein "Storytelling" in dem Sinne, daß die Spieler nur "Publikum" mit Interaktionsmöglichkeit sind, sondern hier wird die "Story" im Moment des Spielens erst "geschrieben" - und zwar von allen Mitspielenden.

Diese "Vermischung" von Spielzielen ist irgendwie komisch. Früher hatte doch niemand ein Problem damit, dass die Spiele "one-trick-ponies" waren, welche genau auf einen Spielstil zugeschnitten waren.
Dieses "Früher" ist eher ein "mittelaltes" Früher. - Genauer: Mit dem Aufkommen der echten One-Trick-Ponies aus der Forge-Ecke gab es erstmals die Rollenspiele, die WIRKLICH nur genau EINE Sache konnten.

Davor war es üblich, daß ein Rollenspiel eine grundsätzliche "Robustheit" mitbrachte. Robustheit ist hier zu verstehen als die Eigenschaft, daß es auch abseits der offensichtlichen und eventuell als Zielrichtung sogar im Text des Rollenspiels genannten Richtung spielbar ist, OHNE auseinander zu brechen, ohne das Spiel zu behindern oder es unmöglich zu machen. - Klassisches Beispiel: D&D in allen alten Ausprägungen.

Altes D&D sieht nur für manche Leute heutzutage aus, als würde es nur auf genau EIN "Spielziel" ausgerichtet sein. - Aber hat man das damals denn tatsächlich so gespielt?

Natürlich nicht!

D&D wie auch Traveller oder RuneQuest konnten schon immer sehr unterschiedlich gespielt werden. - Und jede "normale" Spielgruppe hatte ja auch immer einen MIX an Zielen beim Spiel verfolgt und war nicht eine Spielziel-Monokultur, die erst mit den "forge"-igen Forderungen, daß man halt die Spieler, die nicht den eigenen Spielzielen folgen wollen, heimschicken soll, aufkam.

So viele Spieler, daß man bei der Gruppenzusammensetzung eine solche Auswahl hatte treffen können, gab es eh nicht (und gibt es bis auf Ausnahmegruppen auch heute nicht - selbst im Verein ist die Auswahl nicht endlos und man möchte einen Vereinskameraden auch nicht aus der Gruppe vergraulen, wenn der doch mit einem spielen will).

Die alten - und auch die meisten Nicht-One-Trick-Ponies unter den neuen - Rollenspiele hielten solche Gruppen gemischten Interesses in Kampagnen gemischter Spielziele einfach aus. Das ging alles unter einen regeltechnischen Hut. - Und im Laufe einer Kampagne wechselten die Schwerpunkte bei den verfolgten Zielen auch öfter mal, weil die damals typischen jahrelangen Kampagnen ja eh alle als Endloskampagnen ausgelegt waren und man hier so oder so KEIN ABSEHBARES ENDE hatte (oder auch nur wollte!). - Mal spielte man mehr taktisch herausfordernd, bis das langweilig wurde und man - inspiriert von Filmen, Comics, Büchern - auch mal andere Aspekte in den Vordergrund rücken wollte. Je nachdem, ob und wie der aktuelle Spielleiter (die ja in derselben Kampagne öfter mal gewechselt haben) bestimmte Aspekte rüberbringen konnte, ergaben sich allein dadurch schon auffällige Stil-Wechsel, ja beinahe schon Genre-Wechsel. - Und die Charaktere und die Spielwelt und das Rollenspiel blieb aber dasselbe.


Warum plötzlich das Bedürfnis irgendwie beweisen zu müssen, dass die präferierte Spielweise viel "ergebnisoffener" sei, dass Zufall viel dramatischer als hausgemachtes Drama ist oder dass die behandelten Themen viel thematischer, als in thematischen Spielen seien?
Ich kann dieses Beweis-Bedürfnis nicht erkennen.

Zufall ist halt Zufall. Zufall führt aber AUCH zu erinnerungswürdigen Spielen. Und noch so "hausgemachtes" Drama kann eine erinnerungswürdige Kampagnen-Final-Sitzung auch nicht garantieren.

Ich habe eher den Eindruck, daß sich "Dramatiker" und "Thematiker" von den "Ergebnisoffenen" irgendwie in ihrer jeweiligen Nische angegriffen fühlen könnten, weil die "Ergebnisoffenen" eine alte, nicht-separierende Spielweise bevorzugen, in welcher ALLES seinen Platz findet (je nach aktuellem Interesse der Spielenden). - Die "Trennkost", die erst über die Forge "schmackhaft" und als das "bessere" Rollenspiel propagiert wurde, ist etwas neueren Datums, welches sich nicht mit dem "Vollkost"-Ansatz der "old school"-igen Spielgepflogenheiten verträgt. - Daher mag bei den Forge-Anhängern der Eindruck entstehen, daß die bösen Alt-Spielweisen-Schurken nun alles, was sie mühsam - nach der jeweiligen Mode, die die paar Theoretiker gerade zu pflegen geruhten - streng geteilt hatten, durch den Zauber des "Einfach Abenteuer Erlebens" wieder gebunden haben. Jahrelange Spaltarbeit wird durch den Ansatz des "Schweizer-Taschenmesser-Rollenspiels" verdorben.

Zumindest habe ich bei dem Vorwurf der "Spielzielvermischung" diesen Eindruck. - Die Spielziele, Spielinteressen, Spielweisen waren SCHON IMMER eine Mischung. Und das ist auch der "natürliche Zustand", den eine Spielgruppe ohne verkopftes Hineinregeln und sich Verkrampfen hat.

P.S.: selbst beim A-Team gibt es immer in letzter Sekunde überraschende Wendungen
Das A-Team ist ein Fernsehserie, die nach Drehbuch abläuft. - NATÜRLICH kann man da eine "überraschende" Wendung reinschreiben. - Die passiert dann und NUR dann, wenn es das Drehbuch vorsieht. - Wenn ich aber KEIN Drehbuch habe, dann kann eine überraschende Wendung TATSÄCHLICH ÜBERRASCHEND kommen. Durch Spielerfindigkeit, die man nicht vorhersehen konnte. Durch Zufallseinflüsse. Durch Lust und Laune (oder auch Unlust!) einzelner Spieler. - Die Wendung ist immer überraschend, jedoch führen sie oft zu sehr unterschiedlichen Endzuständen. Die Planbarkeit des Finales ist nicht mehr gegeben.

Wenn man sich als Spielleiter auch mal überraschen lassen will, wie eine Kampagne ausgeht, dann ist das Spiel OHNE Drehbuch nicht die schlechteste Möglichkeit. Man muß nur darauf verzichten wirklich IMMER ALLES unter der eigenen Kontrolle halten zu wollen. Dann klappt das Rollenspiel in erinnerungswürdigen Runden auch ohne vorbestimmten "dramatischen" Ausgang.
 
AW: Anti-Klimax ist Scheisse

Es kommt (wie immer) ganz auf das Spiel und die Spieler an. Die Frage ist doch wo der Höhepunkt überhaupt liegen soll. Bei einer einmaligen Session erwarte ich ihn eher am Ende. Bei einer Kampagne kann er nahezu an jeder beliebigen Stelle liegen. Wenn es allerdings gar keinen Höhepunkt gibt dann ist ein Anti-Klimax umso frustierender, denn die Hoffnung (auf ein vernünftiges Ende) stirbt zuletzt.
 
AW: Anti-Klimax ist Scheisse

Wir hatten kürzlich ein solches Ende einer Kampagne.
Star Wars Saga Editon:

Die Bösen (TM) waren dabei ein geheime Flotte zu bauen, unsere Gruppe konnte sich unbemerkt zu der Basis schleichen, wo gerade ein grosses Treffen der Bösen ( TM ) war.

Der Versammlungsort war durch einen Schallschirm geschützt und wir mussten uns erst mit ein paar Leibwächtern draussen herumschlagen.
Der Schallschirm wurde unauffällige geknackt und wir konnten das Gespräch hören und aufzeichnen.

Es wurde die bösen Pläne enthüllt, aber ein direkte Eingreifen wäre unser Ende gewesen. ( Diverse Kampfdroiden, Leibwächter zusätzlich im Raum) . Der SL nahm an das wir uns nun zurückziehen würden.

Zu diesem Treffen ist aber ein Teilnehmer mit einem A-Wing Fighter gekommen, der nun draussen vor dem Versammlungsort stand.
Unser Pilot hat sich den Fighter geschnappt und mit unserer Zustimmung eine Rakete in den Versammlungsraum gejagt. :eeek:
Fazit: alle bösen Buben tot:headbang:

Wir fanden das sehr gut und keiner der Spieler hat sich beschwert es wäre zu langweilig gewesen.

Naja der SL ist nicht so begeistert, da er nicht damit gerechnet hat und nun seine Pläne umschreiben muss.

MFG
Brandoch Daha
 
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Wir hatten kürzlich ein solches Ende einer Kampagne.
...
Fazit: alle bösen Buben tot:headbang:

Wir fanden das sehr gut und keiner der Spieler hat sich beschwert es wäre zu langweilig gewesen.
Das ist weder ein "Antiklimax" noch irgendwie unbefriedigend gewesen. - Somit würde ich hier nicht "ein solches Ende" in Bezug auf den Eingangsbeitrag sehen.

Es war sogar ganz offensichtlich ein RICHTIG GEILES FINALE, bei dem alle Spieler ihren Spaß hatten.

Naja der SL ist nicht so begeistert, da er nicht damit gerechnet hat und nun seine Pläne umschreiben muss.
Der kommt darüber hinweg, daß er Euch ALLE Mittel zu finalen Beseitigung der Oberbösewichter SELBST in die Hand gelegt hat. - Denn: Kampagne ist, was tatsächlich GESPIELT wird, und nicht was "geplant" ist.
 
AW: Anti-Klimax ist Scheisse

Zornhau, boah, gibts den vorletzten in kurz?
Nur in der verstümmelten, für den US-Markt geschnittenen, um alle Sex-Szenen, alle Sex-und-Gewalt-Szenen, alle Gewalt-und-Sex-Szenen, sowie um alle Sex-Szenen "bereinigten" Fassung für das Lehrprogramm evangelikaler Schulen.

Andererseits könnte ich noch die um 20 Bildschirmseiten LÄNGERE "Director's Cut"-Fassung anbieten, sowie zwei zusätzliche Threads "Making of ..." und "Zornhaus Beiträge - Eine Rückschau über die letzten 90 Jahre". Das alles gibt es auch auf DVD und BlueRay-Disc in der passenden Box aus Panzerkreuzerstahl (mit original Schrappnell-Kratzern).
 
AW: Anti-Klimax ist Scheisse

nöö
ich nehme die US-Fassung.

Das empfinden eines (Anti)klimax hängt vom bespielten Genre ab, und vom Grundton den die Regeln über ihre Mechaniken vermitteln. "Komplett"systeme (also nicht die narrativen Eintrickponys) können dabei mehr als eine Herangehensweise unterstützen, in Abhängigkeit von den Spielern.

Was ein Klimax war
Entscheiden am Ende doch
Nur deine Spieler


-Unbekannter Zen-Spielleiter​

-Silver
 
AW: Anti-Klimax ist Scheisse

Hey danke,

Du cuttest und verlegst die US-Fassungen für Zornhau? Exklusiv oder nur diesen Zornhau?
 
AW: Anti-Klimax ist Scheisse

Für eine erinnerungswürdige Spielbegebenheit ist nicht nur der dramatische Ansatz nach "Drehbuch" verantwortlich. [...]Die cinematischen Genres wie in den die Gun-Fu-Filmvorlagen nachbildenden Spielen Feng Shui oder Wushu, die TV-Serien nachbildenden Angel RPG und BtVS, und anderen Rollenspielen vertreten, LEBEN vom Drehbuch. [...] Genres, wie z.B. militärisches Rollenspiel (Weird Wars, Necropolis, usw.) hingegen wird nicht nach "Drehbuch" gespielt
Zorni, du blickst nicht, worum es beim dramatischen Rollenspiel geht.

Es ist doch nicht so, dass man als SL nur die Auswahl zwischen „alles nach Drehbuch“ oder „alles auf Zufall“ hätte: nein, es ist eher so, dass GERADE gute dramatische Runden komplett ergebnisoffen sind und das Ende noch nicht feststeht (schließlich haben selbst ROMANautoren beim Schreiben oft kein bestimmtes Ende im Sinn und es kann gut sein, dass „ihre“ Figuren ein „Eigenleben“ entwickeln).

Worauf es mir ankommt, ist dass die dramatische Spannung eben NICHT aus der „Zufälligkeit“ des Spiels kommt, sondern daraus, dass die Spielelemente so genial charakterisiert, ausgestaltet und verwoben sind, dass das SELBST das Zufallsereignis ins „große Ganze“ passt und eine Wirkung entfaltet. Wird dies versäumt, so geht es – wie im Beispiel im ersten Post – den Spieler einfach AM ARSCH VORBEI. Das könnte natürlich GENAUSO geschehen, wenn es ein „geskriptetes“ Ereignis war, welches passieren „musste“.

Fazit: Spannung entsteht NICHT durch „Zufall“ oder „Drehbuch“, sondern dadurch, wie man als SL den Spielern selbiges verkauft.

Dieses "Früher" ist eher ein "mittelaltes" Früher. - Genauer: Mit dem Aufkommen der echten One-Trick-Ponies aus der Forge-Ecke gab es erstmals die Rollenspiele, die WIRKLICH nur genau EINE Sache konnten.
So wie Sorcerer, Spirit of the Century oder DitV, welche buchstäblich TAUSENDE Möglichkeiten bieten, was man im Setting aussehen, was man alles erleben kann und wie ein Abenteuer enden kann? Klar, alles läuft im Wesentlichen nach der gleichen „Schablone“ ab – will man diese verlassen, so muss man ohne die „Stütze“ der Regeln spielen und die entsprechenden Szenen ausspielen.
Das ist allerdings nichts neues: sowohl D&D, als auch Traveller und Runequest geben durch ihre Regeln solche „Schablonen“ vor, was man damit machen „sollte“ (und was nicht). Erst später kamen (mit Champions und Co.) Spiele auf, welche den Anspruch hatten, ALLES damit spielen zu können (Alles...ALLES...ALLES!!! *wahnsinniges Gelächter*). Natürlich konnte keines dieser Spieler diesen Anspruch wirklich einlösen, aber der Schaden war angerichtet.

Es ist kein "Storytelling" in dem Sinne, wenn die Spieler nur "Publikum" mit Interaktionsmöglichkeit sind, sondern NUR wenn die "Story" im Moment des Spielens erst "geschrieben" wird- und zwar von allen Mitspielenden (Quelle: Vampire: die Maskerade, 2. Edition).
Fixed your post. :D

Das A-Team ist ein Fernsehserie
Ach, AUF EINMAL ist es wieder eine Fernsehserie? Interessant! Ich hätte schwören können bei Post #14 war es noch eine „Anleitung zum Einzig Wahren Rollenspiel™“. :ROFLMAO:

Dein Post hat zumindest EINEN guten Punkt:
Prinzipiell kann eine Spielbegebenheit wie ein Kampagnenende aus den unterschiedlichsten Gründen erinnerungswürdig sein. Und ob das Ende nun bewußt angestrebt und ggf. im Voraus so geplant wurde, oder ob es aus der Laune des Moments oder aus Würfelergebnissen zustande kam, ist für die Intensität des Miterlebens, des Mitfühlens und des Erinnerns unbedeutend.
Das ist ein guter Schlusspunkt unter das Thema.
 
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