Abenteuerstart: Spielercharaktere sind Gefangene oder Sklaven

Zornhau

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Abenteuerstart: Spielercharaktere sind Gefangene oder Sklaven

Dies ist ein in vielen (Fantasy-)Rollenspiel-Abenteuern offenbar recht häufig vorkommender Start in ein Abenteuer. Mir ist dies insbesondere bei Sword&Sorcery-Abenteuern für Conan d20, Conan 2d20 oder Barbarians of Lemuria aufgefallen.

Manch einer sieht den Start ins Abenteuer als Sklaven tatsächlich als "typisch" für Sword&Sorcery an. Das zeigt nur, daß solche Leute KEINE AHNUNG von Sword&Sorcery haben. - Die literarischen Vorlagen der Sword&Sorcery haben genau solche Situationen extrem SELTEN für die Hauptfiguren zu bieten.

Das liegt daran, daß solche HELDEN eben SEHR kompetent sind. Da braucht es schon etwas Besonderes (wie den fiesen Magier in The Scarlet Citadel, der den König von Aquilonien, Conan, in seine Gewalt brachte, nachdem dieser auf einem Berg von Leichen erschlagener Feinde stand).

In den meisten Rollenspiel-Systemen ist es regeltechnisch gar nicht so leicht einen Spielercharakter lebend gefangen zu nehmen, wenn der Spieler nicht von sich aus entscheidet, daß sein SC aufgibt. - Und das tun Spieler extrem selten einmal.

Meist wird doch bis zum (manchmal bitteren) Ende gekämpft oder das Heil in der Flucht gesucht (schon ziemlich selten, was aber mitunter an Fehlsozialisiation mit Systemen mit "garantierter Schaffbarkeit von Encountern" liegt).

Wie soll also eine SC-Gruppe von vier oder fünf KOMPETENTEN Heldenfiguren in die Situation geraten, daß sie im Lendenschurz als Galeerensklaven von den hinter ihnen sitzenden die Pisse ins Genick bekommen?

Derartige Abenteuereinstiege halte ich für eine sehr schwache, minderkreative Abenteuer-Entwickler-Leistung. Da drückt sich der Entwickler des Abenteuers um eine sinnvolle Motivation, einen für die SCs nachvollziehbaren Einstieg - UND er BEKLAUT die Spielercharaktere auch noch ihrer oftmals hart erkämpften und für die Charaktere wichtigen Ausrüstung!

Gerade in so materialistisch ausgerichteten Systemen wie D&D (wo es mehr darauf ankommt, was der Charakter (an magischen Gegenständen) HAT, statt was er selbst wirklich KANN), ist solch ein Abenteuereinstieg eine absolute Katastrophe. - In älteren D&D-Versionen kann man dann gleich SC-Selbstmord betreiben, wenn man einen Magier ohne Spruchbuch und ohne Komponenten spielen soll. Der ist dann komplett Fallobst ohne jeglichen Kompetenzausgleich.

Bei Sword&Sorcery-Rollenspielen sind ja die meisten Charaktere sehr kompetent, so daß sie mit ihrem Lendenschurz oder ihren Sklavenketten aus den Sklavenhaltern über kurz oder lang einen Berg blutiger Leichen machen werden. Aber in anderen Rollenspiel-Genres, wo die SCs weniger kompetent sind, sind diese einfach nur gearscht durch solch einen Einstieg.

Wie findet Ihr als Spieler solch einen Abenteuereinstieg?
Macht es einen Unterschied, ob es für einen One-Shot, eine Con-Runde oder so verwendet wird, oder ob das mitten in einer Kampagne passiert?

Wann und warum verwendet Ihr als Spielleiter solch einen Abenteuereinstieg?
Was ist der Vorteil für Euch als SL? Gab es da je Probleme mit der Spielerakzeptanz solcher Einstiege?
 
Sowas fand ich schon 1984 scheiße. So Abenteuerstarts wie "Ihr erwacht nackt am Strand " oder "Als ihr wieder zu euch kommt seid ihr an eine Ruderbank gekettet" waren damals mal angesagt.
Vielleicht lags an Vorlagen wie Ben Hur oder dass man eingesehen hat, dass die Spielregeln zu schlecht waren, um kompetente Helden darzustellen und man daher nen Rücksetzer brauchte. (Oder beides.)

Jedenfalls ist das Bevormundung und das hat in einem Rollenspiel eigentlich nichts zu suchen. Schließlich fordert man ja im Rollenspiel die Aktionen der Spieler/Spielercharaktere auf Basis eines Regelwerks ein. In einem derartigen Abenteuereinstieg hätte man dieses Konzept komplett über den Haufen geworfen.

Mein Tipp wäre da eher: Mache ein Abenteuer daraus, wo die Helden gefangen genommen werden sollen. Mit immer wieder neuen und kreativen Versuchen sie festzusetzen. Vielleicht klappts ja. Ganz ohne Bevormundung.
 
Als Spielleiter habe ich die Gefangenschaft als Einstieg schon mehrmals verwendet. Bei Barbarians of Lemuria war das ganze eigentlich nur der Anfangesencounter (die SCs habe ich als betrunken definiert). Teilweise war die Gefangennahme auch ein Aufhänger, die Spieler nachträglich einzuführen. Bei einem Abenteuer in 7te See (1. Edition), in dem ein Gefangener aus dem Gefängnis befreit werden muß, habe ich z. B. einen neu eingestiegenen SC auch als Gefangene definiert (mit besserer Unterbringung, da adelig). Teilweise habe ich die Gefangenensituation auch schon verwendet, um Nichtrollenspielern eine Beispielsituation für ein Abenteuer zu zeigen oder vorzuspielen.

Jedenfalls sollte man den Spielern in einer solchen Abenteuerstartsituation ermöglichen, die Ausrüstung schnell zurückzukriegen oder ihnen teilweise zu belassen (sofern plausibel, z. B. bei Festungshaft u. Ä.). Bei Systemen die nicht ressourcenlastig sind (z. B. BoL) kann man auch einfach aufs Ausrüstung aufschreiben verzichten und gleich sagen, daß die Charaktere zu Beginn Gefangene/Sklaven sind.

Als Spieler habe ich häufiger die Situation nach der Gefangenschaft als Einstieg erlebt. Einmal bei einem würfellosen Abenteuer, bei dem man Ausbrecher spielt, deren Fluchtauto nicht mehr funktioniert und die in einer abgelegenen Gegend vor einem seltsamen Haus gelandet sind als Einstiegsszene (einige haben auch Bewohner und Geiseln gespielt).

Bei D&D 3.0 hat mal der Spielleiter das niedrige Startkapital (50 Gold) damit begründet, daß wir von Zwergen gefangengenommen worden seien, welche uns gefoltert und die Male der Schande eintätowiert haben. Das Abenteuer war auf einem Con und ich habe den Tod des Charakters herausgefordert, um woanders mitzuspielen.

Bei einem Abenteuer (Fantasysetting mit Fuzionregeln) wurden wir zu Beginn während einer Überfahrt mit dem Schiff gefangengenommen. Davor hat ein (für die Spieler fast chancenloser) Kampf nur deshalb stattgefunden, weil mein Charakter den Vorteil "Light Sleeper" genommen hat und deshalb aufgewacht ist. An sich fand ich den Einstieg in Ordnung, ich fand es nur doof, daß ich mir vorher ein paar Gedanken über die Zusammenstellung der richtigen Anfangsausrüstung gemacht habe, was dann größtenteils hinfällig war (nach dem Ausbruch haben wir nur einen Teil wieder zurückbekommen).

Generell finde ich die Gefangenensituation auf einem Con passender, da ich dort auch Gruppenkonstellationen zulasse, die in einer Kampagne nur sehr eingeschränkt funktionieren und so eine Gefangennahme einen Grund für die Zusammenarbeit gibt (auch wenn es wirklich nicht kreativ ist).
 
Grundsätzlich habe ich nichts gegen einen Einstieg, mit SCs als Gefangene. Als Startabenteuer ist das schon okay, wenn auch, für mich mittlerweile etwas, ausgelutscht. In ner laufenden Kampagne finde ich es halt nur sinnvoll, wenn sich die Gefangennahme aus dem Spiel ergeben hat. Und Fertigabenteuer sollten meist schon ne Alternative als Einstieg liefern (aber da hapert es, meinen Eindruck nach, eh im Allgmeinen).
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn keiner mehr das Gefangenenabenteuer als Einstieg wählt, weil es ja mies ist, ist er ja auch wieder der heiße "Nischenshit"! ;)

Wenn das also "scheiße" ist, was ist dann ein guter Einstieg?
 
Wenn das also "scheiße" ist, was ist dann ein guter Einstieg?
Die Gruppenerschaffung nach bestimmten Maßgaben:

"Wir spielen Rollenspiel soundso"
"Das ist das Setting, das sind die Regeln."
"Wir starten an Ort/in Gebiet soundso" + ggf "und ihr kennt euch daunddaher"
"Das erste Abenteuer hat eine Kampf-/Social-/whatever-Ausrichtung."
"Überlegt euch wie das zu euren Charakteren passt."

Welcher Art Abenteuer darauf folgt, ist irrelevant. Nur sollte es eines sein, dass eben Rollenspiel ermöglicht und nicht die grundlegenden Eigenschaften eines Rollenspiels durchkreuzt. ;)
Soll heißen: Selbstbestimmtes Handeln der Spieler innerhalb der ihnen zur Verfügung gestellten Kiste (ich will nicht sandbox sagen).
Und genau das erfüllt der oben genannte Einstieg.
 
Es muß nicht eine Sandbox sein. Ich spiele OFT vorgefertigte, nicht-sandbox-artige Abenteuer.

Der ungute Aspekt bei dem Start als Sklave oder Gefangener ist, daß er die Charaktere als INKOMPETENT, als NIETEN, die sich haben gefangen nehmen und versklaven lassen, darstellt.

Andere Abenteuer-Einstiege stellen die SCs nun einmal nicht gleich als Trottel oder Versager dar.
 
Das ist Unsinn. Es gibt immer einen größeren Fisch: im Zweifel werden halt die ultra-kompetenten Kopfgeldjäger angeheuert, um die kompetenten Helden einzufangen. Wenn Han Solo, oder Conan, oder Aang gefangen gesetzt werden, dann mindert das nicht deren Awesomeness.

Und wenn die Awesomenness der Charaktere an deren Ausrüstung hängt, dann kann das auch coole Abenteuer ergeben, wo die Charaktere ihren Hirnschmalz einsetzen müssen, um ihre Ausrüstung zurück zu bekommen (weil sie ohne diese nicht einfach frontal reinmarschieren können, wie sie es normalerweise machen würden).

Was man jedoch nicht machen sollte, ist die Gefangennahme zu erzwingen. Das kommt nie gut. Ein entsprechendes Abenteuer wo die SC als Gefangene anfangen hebt man sich auf, für den Moment, wo es sich organisch durch das Spiel ergibt - wo die Sc sich derartige Feinde gemacht haben oder den Autoritäten dermaßen auf die Füße getreten sind, dass diese ernsthafte Schritte ergreifen, um die SC aus dem Verkehr zu ziehen. Und bei typischen Murderhobo-SC ist das eher die Frage des "wann", als des "ob". ;)
 
Konkreter Fall: Eine mehrteilige Kurz-Kampagne (vorgefertigt, natürlich).

Im ersten Teil zeigen die dort schon recht kompetenten SCs, wie sie es mit einem ganzen Kult an zahlreichen und auch kampfstarken Übelkultisten aufnehmen und diese zerlegen.

Der zweite Teil beginnt - laut "Drehbuch" des Kampagnen-Entwicklers - so, daß die SCs sich als Karawanenwächter verdingt haben und auf einer Überlandreise durch "wildes Stammesgebiet" von einer Horde technologisch minderbemittelter Wilder überfallen, BESIEGT(!) und VERSKLAVT (!!) wurden. Wurden, denn das zweite Szenario dieser Kampagne startet mit den SCs in Ketten, ohne jegliche Ausrüstung (die sie auch nicht mehr wiederbekommen werden - sie können sich bei einem geglückten Fluchtversuch, für den es Gelegenheit geben wird, bestenfalls ein wenig der Ausrüstung ihrer Sklaventreiber ergattern).

Mein Problem damit als SL: Diese Stammeskrieger, die die SCs besiegt und versklavt haben sollen, sind von den Spielwerten des Szenarios her absolutes FALLOBST. Ein durchschnittlicher SC würde es mit einem Haufen von denen aufnehmen können und ohne Kratzer herauskommen. Ein auf Kampf optimierter SC - solche soll es ja geben - wischt mit einem ganzen TRUPP dieser Stammeskrieger den Boden auf.

Daher können sich die SCs ja auch ohne Waffen und ohne Ausrüstung, sobald das Abenteuer startet, so leicht erfolgreich befreien.

Nur würden sie NIEMALS von dieser Art NSC-"Pappkameraden"-Truppe auch nur gefangen genommen werden können. NIE.

Ich sehe ja, daß der Abenteuer-Autor sich dachte im zweiten Teil ein wenig Survival-Abenteuer mit wenig Ausrüstung in feindlichem Lande oder so einflechten zu wollen. Aber die Umsetzung den hier SEHR KOMPETENTEN SCs nach einem heftig herausfordenden ersten Abenteuer nun einfach alles wegzunehmen und sie in Ketten "reinzuerzählen" finde ich vollkommen UNGLAUBWÜRDIG.

Da bricht mir als SL schon die Immersion zusammen und kommt nicht wieder zu sich.
 
Der ungute Aspekt bei dem Start als Sklave oder Gefangener ist, daß er die Charaktere als INKOMPETENT, als NIETEN, die sich haben gefangen nehmen und versklaven lassen, darstellt.

Ich glaube, jetzt muss ich mal ein Szenarium schreiben, wo die SCs als Gefangene erwachen und nach einer Weile kommt dann der Plottwist, dass sie freiwillig auf Undercovermission in Haft sind. Und zum Schutz ihrer Tarnung hat man ihnen ein Mittel verpasst, das die Erinnerungen an die letzten Monate vor der Mission erst nach ein paar Tagen oder gar Wochen wieder zurückkommen lässt, wenn sie nicht mehr misstrauisch als "die Neuen" beäugt werden. :eek:
 
Das würde dem SL ja den Spaß der entrüsteten Reaktionen nehmen.

Hinweis: Ich hab ja derzeit nichtmal ne Spielrunde, aber man kann sich ja trotzdem Szenarien ausdenken. ;)
 
Also solch ein "Mindfuck"-Szenario wäre so ziemlich das LETZTE, das ich bei diesem SL jemals mitgespielt hätte. Und meinen Spielern geht das genauso.

Man KANN solche "Amnesie"-Geschichten bringen, aber nicht, um sich als SL einen darauf herunterzuholen, wie toll "entrüstet" doch die Spieler reagieren, sondern im Einverständnis der Spieler, welches diese VORAB gegeben haben.

Ich kann gar nicht glauben, daß hier solche Methoden aus dem GIFTSCHRANK herausgekramt werden.
 
Man kann generell sowas ausprobieren. Wer hat das nicht schon erlebt. Aber das Beispiel von @Zornhau oben erinnert mich an ältere Abenteuerbände, die zwar ganz nette Ansätze bieten, den SL jedoch in Erklärungsnot bringen, weil die Geschichte konstruiert und mit den geltenden Regeln so nie abgelaufen wäre.

Die Bilder dieser alten Abenteuer sind auch wirklich aus der Sicht eines hölzernen SLs geschrieben. Wirken vielleicht ein wenig auf das Ego der Leitung ein, bieten für die Spieler jedoch meist Null Stimmung an. Und das ist halt der große Fehler: Wenn ich meine Spieler schon so "haue", dann bitte doch mit einer ordentlichen Szene, mit der sie etwas anfangen können und mögliche Ansätze entwickeln.

Gefangenschaft ist zudem ein totes Thema. Will man nicht genau diesen Kampf erleben, der sowas verhindert? Ist das nicht gerade der Nervenkitzel?
 
Ich bin auf diese Fragestellung über einen MeWe-Thread eines US-Rollenspielers gestoßen (schade, daß man das nicht wie damals in Google+ verlinken kann).

Was mich an den dortigen Beiträgen etwas schockiert, ist die hohe AKZEPTANZ in der Mehrheit der dortigen Antworten für diese doch recht brachiale, grobschlächtige Methode eine Gruppe SCs ohne Ausrüstung ins "Abenteuer" reinzupressen.

Das paßt zu meinem Eindruck vom anderen Stil bei US-amerikanischen Rollenspielern, wo ein noch so despotischer SL einfach mit Schulterzucken akzeptiert wird, während solche Spielleitung "nach Gutsherrenart" hierzulande eher in den Giftschrank übelster SL-Praktiken gehört.
 
Wie findet Ihr als Spieler solch einen Abenteuereinstieg?
Macht es einen Unterschied, ob es für einen One-Shot, eine Con-Runde oder so verwendet wird, oder ob das mitten in einer Kampagne passiert?

Für mich persönlich macht es einen recht großen Unterschied, ob der Ansatz "die Charaktere sind Gefangene bzw. Sklaven" in einer Kampagne oder in einer One-Shot Runde etwa auf einer Con eingesetzt wird.

One-Shot / Con-Abenteuer
Für ein One-Shot Abenteuer halte ich einen Einstieg der Charaktere als Gefangene / Sklaven, durchaus für eine interessante Option.
Insbesondere, wenn die besondere Ausgangslage der Charaktere im "Teaser" bekanntgegeben wird und somit allen "Opfern", die sich für ein Mitspielen in der Runde entscheiden, vorab bekannt ist.

Die Idee von @Doc-Byte, die mich an Filme wie "Cypher" und "Total Recall" erinnert, zeigt, wie durchaus abwechslungsreich selbst der ein wenig ausgelutschte scheinende Ansatz sein kann, zumal ich die Gefahr einer Enttäuschung ein echter Top-Spion zu sein und kein gewöhnlicher Häftling als recht gering einschätze.

Con Abenteuer
Selbst auf einem Con-Abenteuer ist mir eine Zusammenführung der Charaktere a la "Cube", oder als wild zusammengewürfelte Truppe unfreiwilliger Gladiatoren lieber, als der "Ihr kennt Euch alle schon und seid gerade dabei ..." Ansatz.

NEIN – verflixt! Mein Charakter kennt keinen der anderen Charaktere!
Weiß weder ob ihre Lieblingsfarbe blau oder grün ist, noch kennt er ihre Weltvorstellung, ihre Ziele, Vorlieben, Abneigungen, etc. - gar nichts.
Nicht selten erstickt der "Ihr kennt Euch alle schon..." Ansatz jegliches Charakter-Rollenspiel bereits bevor der erste Spieler auch nur die Chance hat, den Mund zu öffnen, im Keim. Denn die hierfür nötige Vertrautheit der Spieler mit den Charakteren der anderen Spieler ist schlicht und ergreifend nicht vorhanden.

Hier hat der Ansatz "Ihr seid Gefangene / Sklaven" den deutlichen Vorteil, dass er als – zugegeben nicht unbedingt geschickteste – Variante von "wildfremde Charaktere werden vom Schicksal vor eine gemeinsam zu meisternde Herausforderung gestellt" den Spielern tatsächlich ein Schritt für Schritt kennen lernen der anderen Charaktere ermöglicht.

Kampagne
In einer Kampagne herrscht kein Zeitdruck, unter dem ein Abenteuer zu Ende gespielt werden muss. Und die Notwendigkeit die Charaktere vor Ende der Spielzeit zu ihrer ersten gemeinsamen Aktion zu führen besteht nicht.

Von einer Kampagne, die mit Charakteren in Gefangenschaft / Sklaverei beginnt, würde ich erwarten, dass auch die weitere Handlung der Kampagne einen deutlichen Bezug zur Ausgangslage hat. Ja, vielleicht sogar die gesamte Kampagne den Hintergrund der Gefangennahme zum Thema hat.

Als konkretes Beispiel fällt mir hier eine Kampagne um den Shutdown der Renraku Arkologie im SR-Universum ein, die wir in unserer Runde mit großer Begeisterung gespielt haben.
Die Situation war hier jedoch auch die, dass jeder Spieler vorab wusste, dass sein Charakter mit genau der Ausrüstung, die er zu diesem Zeitpunkt bei sich hat, bei seinem Einkaufsbummel, bzw. seiner Arbeit in der Arkologie eingeschlossen werden wird.

Abenteuer
Abenteuer innerhalb einer Kampagne, die direkt in Gefangenschaft/Sklaverei beginnen, bergen die Gefahr Spieler zu enttäuschen.

Interaktivität
Es degradiert die Charaktere von Akteuren zu Zuschauern, wenn ihre Gefangennahme / Versklavung gesetzter Fakt ist. Um ihre Einflussmöglichkeiten auf das Geschehen gebrachte Spieler können sich um eine fairen Chance betrogen fühlen. Und das nicht selten zu Recht.

Denn was spricht dagegen auch Szenen, wie die auszuspielen, in denen die Charaktere das Getränk mit Schlafgift zu sich nehmen?
Dieser eine, der IMMER dabei ist, der an diesem Abend nichts vom Wein nimmt, vorab seinen Entgiftungszauber wirkt, weil er ja keinen Alkohol trinkt, etc.
Besser(?) man mogelt sich um das Problem herum, und stellt die Spieler vor vollendete Tatsachachen, wenn man sie, schaukelnde Planken unter den Füßen, die Hafenkaschemme, in der sie abgestiegen waren, nur noch als kleinen Punkt am Horizont erkennen lässt.

Hier ist es meines Erachtens wichtig seine Spieler und ihre Vorlieben zu kennen, um Kosten (geraubte interaktivität) und Nutzen (Spaß am Abentuer, das darauf folg) gegeneinander abzuwägen und sich bewusst zu sein, dass dieser Ansatz allen Abwägung im Vorfeld zum Trotz letztlich immer ein Glücksspiel ist.

Demütigung
Nicht zu vernachlässigen ist weiter die mit Gefangenschaft / Sklaverei einhergehende Demütigung der Charaktere, die ihrem berechtigten Selbstverständnis als "Helden" der Geschichte massiv zuwider läuft.

Konkret erinnern kann ich mich unter diesem Aspekt an eine Situation, in der unsere frisch mit einem Regententitel belohnten Charaktere bei Ihrer Ankunft vor Ort von den Bauern gefangen genommen wurden, die zugleich ihre Untertanen hätten sein sollen.

Ja, richtig – nicht von einem siebenköpfigen Drachen, einem zig-tausendjährigen Nekromanten oder Archlich, sondern von einfachen Bauern.

Ausrüstung
Selbst "Entführungen" im weiteren Sinne können recht übel zu Buche schlagen, wenn in unzähligen Sitzungen zuvor erspielte Ausrüstung verloren geht.

Konkret erinnere ich mich an ein Abenteuer, in dem das Schiff, mit dem Charaktere unterwegs waren, sank, während sie gerade dabei waren die Wasservorräte auf einer unbewohnten Insel aufzufüllen. Ausgerechnet der Spieler, der bisher besonders auf seine Ausrüstung geachtet hatte, hatte diese für den vermeintlich kurzen Zwischenstopp an Bord gelassen.

In diesem Fall ein echtes Versehen unseres reichlich bestürzten Spielleiters, der diese Gefahr komplett übersehen hatte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Tut mir leid, aber der Gedanke dass Gefangennahme und Versklavung einer Person bedeutet dass sie nicht awesome und superstark sein kann, ist ja wohl kreuzdämlich. Gerade Conan beweist das Gegenteil. Und besonders für einen neu erschaffenen Helden ist es auch nicht schlimm, wenn er so beginnt - der Zustand wird ja üblicherweise kurz nach Spielbeginn schon geändert, und auch dass man seine Ausrüstung erhält kann leicht herbeierklärt werden.

Zwei Szenarien die ich aus eigener Anschauung kenne, wo das völlig ok war:

In Hyperborea waren bei Spielbeginn alle SCs Sklaven die dann bei einem Aufstand zufällig über die Götterwaffen gestolpert sind (deren Besitz, wenn man das so nennen kann, in dem Szenario einen erst zum SC macht). Dann ging die wilde Fahrt los.

In einem würfellosen Spiel hatte ich eine Stammeskriegerin, der Stamm wurde von Sklavenjägern überfallen. Sie hat die Schergen reihenweise niedergemacht, bis der 'rattengesichtige hinterlistige' ™ sich ihre Tochter geschnappt und ihr ein Messer an die Kehle gehalten hat. Daraufhin hat die Kriegerin ihre Waffen weggeworfen und sich gefangennehmen lassen.
 
Tut mir leid, aber der Gedanke dass Gefangennahme und Versklavung einer Person bedeutet dass sie nicht awesome und superstark sein kann, ist ja wohl kreuzdämlich. Gerade Conan beweist das Gegenteil. Und besonders für einen neu erschaffenen Helden ist es auch nicht schlimm, wenn er so beginnt - der Zustand wird ja üblicherweise kurz nach Spielbeginn schon geändert, und auch dass man seine Ausrüstung erhält kann leicht herbeierklärt werden.
Es geht nicht nur um Awesomeness. Es geht darum, dass man die Spieler entmündigt. Rollenspiel ist ein Spiel, in dem die Spieler für ihre Charaktere entscheiden, was sie tun können.

Wir spielen ja Rollenspiele, weil wir mehr Freiheit als in einem Brettspiel haben wollen. Wenn ich diese Aktionsfreiheit nicht auf Basis der Regeln einschränke, sondern einfach eine entsprechende Situation herbeirede, dann wird das Rollenspiel entwertet. Wollen wir nicht.
Natürlich gibt es Gruppen und Situationen, wo man stillschweigend sowas hinnimmt, weil man eben dort hin möchte, wo die Sache hinführt. Weil man dem SL vertraut, dass er genau weiß, was seine Spieler wollen und sie auch (früher oder später) dort hinbringen wird.
Aber wir sind hier in einer theoretischen Diskussion. Hier ist das flammende Schwert der Entrüstung zu ziehen und der Auswuchs an Spielleiterwillkür und Spielerentmündigung entschlossen auszumerzen.

Zwei Szenarien die ich aus eigener Anschauung kenne, wo das völlig ok war:

In Hyperborea waren bei Spielbeginn alle SCs Sklaven die dann bei einem Aufstand zufällig über die Götterwaffen gestolpert sind (deren Besitz, wenn man das so nennen kann, in dem Szenario einen erst zum SC macht). Dann ging die wilde Fahrt los.
Ist nochmal ein Spezialfall, weil das ganze ja eigentlich prä-Abenteuer geschieht.
Außerdem ein klassischer Fall von meinem oben geschilderten "wir vertrauen dir SL und nehmen deine Einschränkungen zähneknirschend an, weil wir wissen, dass du uns am Ende nicht enttäuschen wirst".

In einem würfellosen Spiel hatte ich eine Stammeskriegerin, der Stamm wurde von Sklavenjägern überfallen. Sie hat die Schergen reihenweise niedergemacht, bis der 'rattengesichtige hinterlistige' ™ sich ihre Tochter geschnappt und ihr ein Messer an die Kehle gehalten hat. Daraufhin hat die Kriegerin ihre Waffen weggeworfen und sich gefangennehmen lassen.
Wahrscheinlich ein ähnlich gelagerter Fall, denn hier hast du vermutlich "das Messer an die Kehle halten" herbeigeführt, die Spieler also ziemlich chancenlos gelassen.

Auch dafür gibt es in manchen Spielrunden Gründe, aber eines möchte ich nochmal ganz klar aus der Theorie heraus für dich ableiten:

  • Brettspiele haben pauschal gesagt ein festes Spielziel und einen Gewinner.
  • Rollenspiele haben kein festes Spielziel und keinen "Gewinner".
Daraus resultiert: Beim Rollenspiel ist der Weg das Ziel!
Nimmst du dir aber als SL heraus dein dir vorschwebendes und nur dir bekanntes Ziel in einschränkender Weise über die Spielfreiheit des Rollenspiels zu stellen, dann spielst du eigentlich kein Rollenspiel. Du entwertest Rollenspiel.
 
Ein auf Kampf optimierter SC - solche soll es ja geben - wischt mit einem ganzen TRUPP dieser Stammeskrieger den Boden auf.

Ich sehe ja, daß der Abenteuer-Autor sich dachte im zweiten Teil ein wenig Survival-Abenteuer mit wenig Ausrüstung in feindlichem Lande oder so einflechten zu wollen. Aber die Umsetzung den hier SEHR KOMPETENTEN SCs nach einem heftig herausfordenden ersten Abenteuer nun einfach alles wegzunehmen und sie in Ketten "reinzuerzählen" finde ich vollkommen UNGLAUBWÜRDIG.

Unglaubwürdig ist auch, dass jemand allein dutzende Angreifer erschlägt die auf einmal auf Ihn einstürmen ... . Nur mal so ...
 
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