[6.5.08] frühabendliche Vorberitungen

Regine

Tremere
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Als Anna an diesem Abend aufwachte, fuhr ihre Hand schon wie selbstverständlich zum richtigen Ort um das Licht auf ihrem Nachttisch einzuschalten. Heute sollte es also was großes geben und sie sollte bewaffnet zu einer Versammlung im Elysium gehen. Die Regentin hatte sie gebeten, eigenständig dort hin zu fahren. Erfreulicher Weise hatte Anna ihr von dem Erfolg der Jagd erzählen können und so wurde sie auf Nachfrage angewiesen, ihr einziges Ritual durchzuführen, das eine gewisse defensive Kampfkraft in sich barg.

Wenn der Gegner Feuer gegen sie einsetzten würde, konnte sie ihm die eine oder andere kleine Überraschung entgegen werfen, wenn es gelang.

Anna machte sich also wie üblich fertig, zog aber wieder die robusteren Klamotten an. Die Springerstiefel hatte sie inzwischen auch schon gründlich geputzt, so dass keine Reste vom Senfgas mehr an ihnen haften dürften.

Dann ging es mal wieder ins Bad mit einer von diesen Kerzen. Anna schob das Gefühl des Unwohlseins so gut es ging beiseite und sperrte sich selbst wieder ein. Dieses mal ging es ihr besser von der Hand und sie schaffte es, sofort nach der Flamme zu greifen und sie zu löschen. Fast ein wenig triumphierend spuckte sie dabei zur gleichen Zeit auf die Fliesen. Sie hatte ein gutes Gefühl. OK, das Gefühl in ihren Fingerspitzen war ausgesprochen scheisse und es tat höllisch weh, aber sie hatte heute Nacht einiges Vertrauen in sich. Das eine oder andere Feuerchen würde sie schön löschen können, falls es zum Kampf kam und notwendig wurde. Zur Not würde sie morgen eben wieder in dieses Kino gehen, wenn sie mehr Blut brauchte.

Gedankenverloren lutschte sie an ihren Fingern, während sie heilten. Irgend wie schien das ihre toten Nerven zu beruhigen und hier konnte sie ja keiner sehen. Der vage Durst von vorhin war jetzt allerdings sprunghaft angestiegen und so beeilte Anna sich mit dem Trinken hinter her zu kommen. Blutplättchen ins Fläschchen mit einem gemurmelten 'dissolvo cruor' und schon war immer eine kleine Mahlzeit fertig um ihren Rachen hinab zu verschwinden, sechs mal hintereinander.

Als Anna damit fertig war, rief sie noch eben in der Akademie an. Die Höflichkeit gebot es.
 
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Ghul der Seneshall, Laura Raabe:

Drei mal tutete es, dann nahm am anderen Ende jemand ab.

"Akademie der feinen Künste, Finstertal. Mein Name ist Laura Raabe und ich wünsche Ihnen einen guten Abend. Was kann ich für Sie tun?"

Der Standardsatz, gesprochen in der üblich höflich zuvorkommenden Art. Routine für den Anrufer, wie auch den Angerufenen. Eine kleines Stückchen Sicherheit auf das man sich stets verlassen konnte. Etwas das einem erst dann fehlte, wenn es nicht mehr da war.
 
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"Guten Abend Frau Raabe, Reeben am Apperat.", meldete sich eine ruhige und gleichmütige Stimme. "Wenn es Ihnen gelegen ist, würde ich gern bei Ihnen vorbei kommen, bevor ich in das Café zum Treffen fahre. Ich möchte sie auch bitten, mich bei der Seneschall zu entschuldigen, dass ich ihrer Einladung gestern auf Grund eines Auftrages nicht wahr nehmen konnte. Wenn sie es ihr gelegen ist, nehme ich ihre Einladung natürlich gern nachträglich wahr, aber ich habe auch Verständnis, wenn sie auf Grund der Begebenheiten der letzten Tage einen zu engen Terminplan hat um mich zu empfangen."
 
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Ghul der Seneshall, Laura Raabe:

"Ihre Regentin hat Sie gestern bereits erwähnt, so dass ich das meiste Vorbereiten konnte. Ein kurzes Gespräch mit Mylady dürfte ebenfalls möglich sein. Allerdings kann ich Ihnen nicht versprechen, dass Sie kurz warten und mit mir vorlieb nehmen müssen."

Wer weiß? Vielleicht ist das das letzte Mal das wir uns sehen?
 
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"Dafür habe ich vollstes Verständnis Frau Raabe. Ich werde gleich bei Ihnen sein."

Ungefähr zehn Minuten später stand die vorangekündigte Kainitin dann auch schon an der Tür. Sie musste wohl sofort nach dem Anruf los gefahren zu sein. Nach der üblichen Einlaßprozedur betrat sie zügig das Büro der Ghul.

Jedenfalls scheint sie fähiger zu sein, als es in der ersten Nacht den Eindruck machte., kommentierte Anna in Gedanken das inzwischen wesentlich ordentlichere Büro, welches sie mit einem flüchtigen Blick erfasste. Ob man mit Absicht einen falschen ersten Eindruck vermitteln wollte?

"Guten Abend, Frau Raabe."
 
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Ghul der Seneshall, Laura Raabe:

"Guten Abend Frau Reeben. Das ging aber zügig."

Laura schenkte der Tremere ein aufrichtig wirkendes Lächeln. Ihr Schreibtisch schien in der Tat etwas ordentlicher, anscheinend kam sie mit der Bearbeitung von Romeros chaotisch angeordneten Unterlagen gut voran.

"Sie haben Glück, niemand hier! Gehen Sie bitte direkt hinten durch. Es ist die zweite Tür links. Ich melde Sie an!"
 
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Die Tremere wirkte recht anders als bei ihrem letzten Besuch. Der Hosenanzug und die Bluse waren einer schwarzen Jeans, einem schwarzen Rollkragenpullover, einer Lederjacke und Springerstiefeln gewichen. Über der Schulter hing ein kleiner schwarzer Cityrucksack. Anna nickte Laura leicht zu. "Ich danke Ihnen." Wie immer wirkte sie vollständig ruhig und gefasst. Sie ging dann auch direkt nach hinten durch. Wenn die Seneschall jetzt schon einen Moment ihrer Zeit erübrigte, dann war jetzt nicht die Zeit, sie mit der Ghulin zu verplappern. Und so ging immerhin schon einmal der erste Teil des Gespräches in gewünschte Bahnen.

An der Tür klopfte sie natürlich an und wartete auf den Einlaß bevor sie eintrat und vor der Seneschall knickste. In diesem Outfit mochte es etwas seltsam wirken, dennoch war es die angemessene Form.
 
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Die Zeiten in der man dem Besuch beim Anführer der Stadt noch eine gewisse Bedeutung beimaß, waren wohl endgültig vorbei. Trotzdem vermerkte Noir dieses kleine Detail, das in den letzten Nächten typisch war für die Tremere. Keiner dieses Clans hätte es gewagt in einem derartigen Aufzug vor Buchet aufzukreuzen. Bei ihr, der Seneshall aber war dies natürlich etwas anderes. Warum nicht bei jeder sich bietenden Gelegenheit beweisen wie wenig man von ihr als Kainit und Führungsperson hielt. Ausnutzen und ihre Bemühungen für den eigenen Vorteil ausnutzen, ja. Aber ein mindestmaß an Respekt? Keine Chance!
Nun, es würden noch andere Zeiten kommen.

Von all dem ließ sich Noir aber natürlich nicht das geringste anmerken. Freundlich wartete sie die Vorstellung ab und bot Anna dann an sich zu setzen.

"Wenn auch etwas verspätet, möchte ich Sie doch herzlich in Finstertal willkommen heißen, Frau Reeben. Ihre Regentin hat viel über Sie erzählt. Nur Gutes, selbstverständlich!"
 
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Wäre Anna bei Buchet nun in genau dieser Situation in angemessener Kleidung erschienen? Ja, sie hätte beim ersten mal einen Rock oder ein Kleid getragen statt wie bei der Seneschall in einem Anzug aufzutreten, aber jetzt und heute? Anna merkte nichts von den Gedanken der Seneschall aber sie war wohl erzogen. Sie erinnerte sich noch sehr gut daran, bei ihrem ersten Gespräch mit der Seneschall keinen Sitzplatz angeboten bekommen zu haben und wertete dies als gutes Zeichen und bedankte sich dafür mit einem noch maligen Neigen ihres Kopfes.. So setzte sie sich, sehr gerade und auch wenn ihre Kleidung salopp daher kam, war es ihre Haltung so gar nicht. Sittsam waren ihre Beine an den Knien geschlossen und die Unterschenkel leicht nach hinten rechts gestellt. Wie immer war an ihrem Gesicht mal so gar nichts abzulesen, auch kein höfliches Lächeln.

"Guten Abend, Lady Noir. Bitte vergeben sie meine unziemliche Kleidung, ehrenwerte Seneschall. Ich fürchte selbst mir zerrinnt in diesen Nächten die Zeit Wie Wasser, das ich mit den Händen zu halten versuche. Ich sah mich genötigt bereits die Kleidung anzulegen, mit der ich zu der einberufenen Versammlung gehen werde. Um so mehr schätze ich die Momente ihrer kostbaren Zeit, die sie sich für mich nehmen, obwohl ich unverzeihlicher Weise gestern ihrer Einladung nicht bei der Abgabe meiner Unterlagen folgen konnte. Ich danke ihnen für diese großzügige Geste."
 
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"Machen Sie sich keine Gedanken. Sonderbare Zeiten verlangen auch besondere Maßnahmen. Sie werden Ihre Gründe für dieses Outfit haben und habe nicht vor Sie deswegen zu kritisieren."

Zumindest solange es nicht zur Gewohnheit wird.

"Also, Frau Reeben. Was kann ich an einem schicksalshaften Abend wie diesem für Sie tun?"
 
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Anna nahm den kleinen Rucksack von ihrer Schulter, den sie mehr wie eine Handtasche getragen hatte und öffnete ihn.

"Der Grund, warum ich an diesem Abend noch vor der Versammlung in die Akademie komme, ist eine Bitte der Regentin. Vielleicht wurde ihnen erzählt, das ich mit auf dem Friedhof war, als die drei Werwölfe getötet wurden. Auf Grund der sich überschlagenden Ereignisse der letzten Nächte kam ich erst gestern am frühen Morgen dazu der Regentin von einigen der Untersuchungsergebnisse zu erzählen, die sich aus den Leichen ergaben. Vor allem konnte ich den Leichen trotz ihrer brachialen Wunden noch Blut entnehmen."

Nun nahm Anna eine Flasche aus ihrem Rucksack, die denen glich, die die Seneschall gemeinsam mit ihrem Mann zu ihrer Hochzeit von der Regentin erhalten hatte. Sie präsentierte sie mit beiden Händen, denn ihr war bewusst, wie selten dieses Blut für Kainiten war.

"Die Regentin bat mich, ihnen noch vor den Ereignissen dieses Abends diese Flasche zu überreichen. Das Blut ist wesentlich potenter als das von Menschen. Ich überreiche es ihnen mit ihren besten Empfehlungen. Es lässt sich auf Grund seiner hohen Konzentration leichter mit sich führen als normales Blut. Die Menge dürfte knapp zwei Litern entsprechen, wenn ich mich nicht irre.

Allerdings könnte es bei dem Genuß des Blutes auch Nebenwirkungen geben. Ich kann nicht aus eigener Erfahrung sprechen, da mir ein solcher Genuß noch nicht vergönnt war, aber ich hörte, dieses Blut könnte die in uns eigene Wildheit steigern."
 
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"Wie aufmerksam! Allerdings finde ich es persönlich wenig appetitlich das Blut eines halbverwilderten... Straßenköters zu trinken. Noch dazu, wenn ich bedenke, dass Sie es aller Wahrscheinlichkeit nach, halb geronnen einem toten Körper entzogen haben?"

Ein leicht angewideter Ausdruck schlich sich in Noirs Augen, als sie überlegte wie es wohl schmecken würde.

"Allerdings ließe sich unter Umständen durchaus eine Verwendung dafür finden. Ich danke Ihnen vielmals, dass ist sehr aufmerksam!"

Noir ergiff eine der Flaschen und befand das Behältnis als definitiv zu gewöhnlich. Musste ein derart kostbares Nass in solch profane Behältnisse abgefüllt werden? Es war einfach zu schade, dass den Tremere jeglicher Sinn für Kunst und Schönheit abging. Pragmatiker, als ob so etwas ein Lob wäre. Aber was sollte man machen? Nicht jedem war ein Sinn für Schönheit mitgegeben.

"Es ist nicht, dass ich Ihr kleines Geschenk nicht zu würdigen wüsste. Sehen wir davon ab, dass es mir unmöglich ist derartiges zu mir zu nehmen. Wäre eine Verteilung des Blutes unter den heutigen Kämpfern nicht sinnhafter?"
 
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"Das ist sehr fraglich. Abgesehen von der Seltenheit solchen Blutes gilt es auch noch die natürliche Reizbarkeit der Brujah zu bedenken. So sehr ich zum Beispiel Herrn Reser schätze, ich fürchte der Genuß dieses Blutes würde bei jemandem wie ihm zu leicht die wilde Seite stärken.

Machen sie aber bitte keine Sorgen wegen der Haltbarkeit des Blutes. Die Werwölfe waren zwar bereits tot, aber ich habe sie umgehend nach meiner Heimkehr untersucht und das Blut abgenommen. Sicher, es ist nicht ganz wie von einem lebenden Körper, aber geronnen war nicht das geringste. Da ich nicht über die Möglichkeiten der Regentin verfüge und sie in dieser Nacht erst spät ankam, konservierte ich das Blut zu nächst auf die übliche Weise, bis mir die Regentin diese Flasche übergab. In ihr dürfte das Blut sich so lange halten, wie sie es wünschen."
 
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"Das will ich alles gar nicht wissen! Ich finde den Gedanken abstoßend genug um mich von dieser Brühe fernzuhalten. Aber ich sagte ja, dass ich auch eine Verwendung dafür habe. Ich danke Ihnen."

Nahm nur der Clan der Brujah an der Schlacht teil? Noir hoffte nicht, denn dann war wohl alles bereits verloren. Aber sie hatte auch keine Lust sich mit der Tremere zu streiten. Dafür hatte die Seneshall nicht die Nerven und Anna nicht die gesellschaftliche Stellung.

"Ich weiß dieses Angebot wirklich zu schätzen. Ich werde es lobend gegenüber Ihrer Regentin und Warschau erwähnen. Kann ich sonst etwas tun?"
 
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Jemand anderes hätte jetzt wohl herum gedruckst. Nicht so Anna. Sie schwieg lediglich einige Sekunden, die ihr viel zu schnell vergingen. Bevor sie zu reden begann schloß sie merklich ihre Augen. Leicht fiel es ihr nicht, was jetzt kommen sollte und es war aus ihrer eigenen Sicht sehr, sehr anmaßend. Aber das hier war die Frau, die Judith als ihre Freundin an sah und Judith hatte schon zu viel gelitten. Sie musste es einfach wagen.

"Würden sie mir eine persönliche Bemerkung gestatten, Mylady?"
 
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"Ich bitte sogar darum! Nichts ist schlimmer als ein Gesprächspartner der einem nur nach dem Mund redet. Ich mache den Job hier noch nicht so lange wie Sie wissen und kann ein konstruktives Wort sicher gut gebrauchen."

Noir lächelte breit, ihr Charisma troff ihr aus jeder Pore.

"Ich kann Ihnen allerdings nicht versprechen, dass ich Ihrer Meinung bin! Wenn ich auch sagen kann, das ich Ihre Worte überdenken werde."
 
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War es doch besser gelaufen, als Anna bisher dachte? Das Lächeln der Seneschall wirkte jedenfalls ermutigend auf die Adeptin des Hauses Tremere und so fasste sie sich ein Herz.

"Das erwarte ich auch nicht von Euch, Mylady. Es ist eine private Sache, die mir sehr am Herzen liegt und wenn ich es nicht wenigstens versuchte..." Da schienen Anna die Worte zu fehlen. Wie konnte sie es wagen, der Seneschall ein so dreistes Anliegen vor zu tragen? Es gehörte sich nicht. Es war ihrem Stand nicht angemessen. Und doch, sie musste es tun. Und so tat Anna das nächst beste, was ihr in den Sinn kam, um ihren Worten die Respektlosigkeit zu nehmen, die das Eindringen in ihre Privatssphäre bedeutete.

In einer flüssigen, ruhigen Bewegung stand sie auf, nur um sofort in einen Knicks zu sinken. Deutlich sichtbar hielt sie ihren Kopf aus Respekt vor der Seneschall geneigt, bevor sie nur ihn wieder anhob, um die Seneschall beim Reden anzusehen. So hatte sie es gelernt. Sie durfte sich der Macht der Älteren nicht entziehen sondern nur auf sie vertrauen.

"Ich bitte um Vergebung, Mylady, denn ich weiss, diese Worte stehen mir und meinem Stand nicht zu." Kurz schloß sie ihre Augen um Kraft für ihre nächsten Worte zu sammeln.

"Wie sie wahrscheinlich schon gehört haben, hat Frau von Junkersdorf durch den Angriff des Dämonen Azazel nicht den endgültigen Tod gefunden wie wir befürchtet hatten. Nach dem Hinweis des Lords sie könne gewandelt sein und eine der unsrigen, machten wir uns auf die Suche nach ihr. Wir fanden sie in der Burg in einem furchtbaren Zustand, Mylady. Ihr gesamter Körper war vollständig verbrannt, Asche bröselte einfach so von ihr herunter. Wie sie dieses Martyrium überlebt hat, vermag ich mir nicht vorzustellen. Das mit gebrachte Blut rann ihre Kehle hinunter und konnte doch nur so wenig bewirken. Sie fiel der Regentin die Arme. Sie war vollständig verängstigt und wir wussten nicht, ob ihre Wunden je heilen würden. Sie war einfach nur rohes Fleisch. Selbst in unserem Zustand muss der Schmerz furchtbar gewesen sein.

Ich erzähle euch das, Mylady, weil ich möchte, dass ihr ihre Situation verstehen könnt. Denn in ihrer Verzweiflung fragte sie nach Euch nach, denn sie scheint sich euer als einer Freundin zu erinnern. Wenigstens klangen ihre Worte so. Ich konnte ihnen nur entnehmen, dass es wohl eine Zeit gab, in der die Verhältnisse anders waren als heute.

Mylady, die Regentin wird Judith noch heute Nacht bei Ihnen vorstellen, wenn die kommenden Ereignisse es erlauben und hat es mir aufgetragen, sollte es ihr hernach nicht mehr möglich sein. Man wird Judith nicht erlauben, sich anders als vollkommen korrekt nach der Etikette zu verhalten. Ich wollte, dass sie dies wissen, Mylady. Judith hat Angst und steckt voller Trauer, denn ihr Lord und Sire lässt sie allein hier in Finstertal, wie es zu sein scheint und sie muss sich in dieser neuen Situation zurecht finden. Ich bitte sie, Mylady, verübeln sie es Judith nicht, wenn sie sich Euch nicht auf eine gewohnte Weise nähert, die es vielleicht zwischen ihnen gab. Es ist ihr nur nicht gestattet, nicht das, was sie fühlt.

Ich bitte um Vergebung, Mylady, für mein ungebührliches Vordringen. Wenn ich ehrlich bin, war das Blut trotz seines Wertes lediglich ein Vorwand um mit Ihnen reden zu können, bevor Judith Ihnen vorgestellt wird."

Ihre Worte waren nicht eindringlich sondern viel zu neutral vorgetragen für die Botschaft und wie immer wirkte sie äußerlich selbst vollkommen unberührt von dem, was sie sagte, wenn man von der Haltung absah, die sie angenommen hatte und die Anrede in ihren Worten, die eher einem Prinzen angestanden hätte als einer Seneschall. Zu gern wollte sie den Kopf wieder neigen um ihren Respekt trotz ihrer Unverschämtheiten zu bekunden. Doch das durfte sie nicht. Sie durfte der Seneschall nicht die Gelegenheit nehmen, sie zu beeinflussen, wenn diese es wünschte und so sah sie die Seneschall weiter offen an.

Selbstverständlich erhob sie sich nicht eigenständig. Das Recht auf den Sitzplatz hatte sie mit ihrer Rede verwirkt ebenso wie das Recht aufzustehen ohne es von der Seneschall erneut verliehen zu bekommen. Sie konnte nur hoffen, das die Seneschall ihre Worte verstand, den versteckten Hinweis, den sie nicht aussprechen durfte. Judith würde man keine Ausnahme gestatten. Ihr, der Seneschall, hingegen stand die Bitte um eine solche Ausnahme zu.
 
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Judith!

Noir fasste sich mit der Hand vor den Mund und schaffte es nur mit Mühe ein leichtes Zittern zu verbergen. Die Ghul der Tremere war nicht einfach nur eine Freundin, sie war über Jahrzehnte hinweg manchmal ihr einziger Halt gewesen. Das Leben eines Ghuls war die Hölle, man konnte es nicht anders sagen. Zu jeder einzelnen Stunde des Tages beschäftigte man sich ausschließlich mit den Sorgen und Bedürfnissen des über alles geliebten Vampirs. So sehr das man Stück für Stück daran zerbrach ohne es wirklich zu bemerken. Diese Art der Selbstaufopferung fraß einem in winzigen Schritten die Kraft aus den Gliedern bis irgendwann nur noch ein beinahe willenloses Gestell übrig blieb. Das sie als Lena, als Magda und nun auch als Seneshall der Stadt sich ihre Kraft und ihren Willen bewahrt hatte, war einzig und allein Judith zu verdanken. Prinz Buchet und Johardo hatten den beiden immer mal wieder ein paar Tage gegönnt in denen sie sich nach Herzenslust austoben konnten. Sie waren ausgiebig shoppen gewesen, waren zusammen zum Tanzen, ins Kino oder ans Meer gefahren und hatte so über eine gewisse Zeit einfach nur Frauen sein dürfen. Diese Zeiten hatte Noir tief in ihrem Herzen eingeschlossen und hütete sie wie einen kostbaren Schatz.

Zorn wallte in ihr hoch und brannte so heiß, dass er ihr die Kehle zu verbrennen drohte. Und nun durfte sie ihre Freundin, dem Wesen das sie neben Buchet am meisten liebte, zur Begrüßung nicht einmal in den Arm nehmen? Nach all dem durchstandenen leid? Judiths Körper war vollkommen verbrannt worden, unter welchen Qualen hatte sie sterben müssen. Wieso sollte sie ihre Freundin nicht in den Arm schließen? Allein der Gedanke daran, wie sehr sie hatte leiden müssen zerriss Noir beinahe das Herz. Die Flammen der Wut hatten die Augen der Seneshall erreicht und tobten dort mit ungezähmter Kraft. Die folgenden Worte presste die Toreador fast zwischen den Zähnen hervor, der Raum um sie herum schien plötzlich ein wenig dunkler zu werden. Es war fast als wich das Licht selbst, ängstlich vor ihr zurück.

"Judith wird sich alleine bei mir vorstellen, ohne jede Begleitung! Sie war und sie ist eine Frau die mir außerordentlich am Herzen liegt. Ich werde daher Ihren lächerlichen Hexerscheiß in keinster Weise tolerieren. Richten Sie dies Ihrer Regentin bitte genauso aus. Ich bitte nicht darum, ich verlange es! Verstehen Sie mich richtig, sollte mir Frau McKinney verwehren, meiner lieben Freundin meine Trauer und Anteilnahme zu beweisen und zwar auf eine Art die ich für die Richtige halte, dann schwöre ich bei Kain und meinem verschollenen Gatten, ich werde sie dafür bezahlen lassen. Noch habe ich hier in der Stadt die Zügel in der Hand und solange das so ist wird auch eine McKinney meinen Anordnungen folge leisten."

Der Zorn war nicht verraucht.
Anna befand sich auf verdammt dünnem Eis.
 
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Wieder schloß die junge Tremere ihre Augen um sich zu sammeln. Gleichzeitig neigte sie wieder ihren Kopf um ihren Respekt zu bekunden, bevor sie ihn wieder hob, um der Seneschall zu antworten. Seltsam klar klangen ihre Worte in diesem kleinen Raum.

"Ich danke Euch, Mylady. Sollte der Regentin etwas geschehen und ich für die Vorstellung Judiths zuständig sein, dürften meine Vorgesetzten keinen Fehl darin finden, wenn ich euren ausdrücklichen Wunsch befolge. Wenn ihr mir die Gnade gestattet, würde ich gern von der Pflicht befreit werden, der Regentin Bericht zu erstatten. Ich habe Frau McKinney in den vergangenen Tagen kaum besser kennen gelernt als euch selbst. Doch ich glaube, auch sie würde einem schlichten Wink eurerseits folgend, die gängigen Regeln ausser Kraft setzen.

Ich bedauere es, Euren Zorn erregt zu haben Ich habe mich bereits mit den Worten, die ich wählte um mein Anliegen vorzutragen, auf einen sehr schmalen Grad bewegt, Mylady, der an Ungehorsam gegenüber meinem Clan grenzt. Ich schreibe es meiner Unerfahrenheit und Unsicherheit auf dem gesellschaftlichen Parkett zu, nur Worte gefunden zu haben, die euren Zorn provozierten. Ich gebe unumwunden zu, meinen Weg erst noch finden zu müssen und erkenne meine Unzulänglichkeit. Ich freue mich für Judith, dass sie ihre Freundin vor finden wird, denn ich selbst, fürchte ich, werde mich dafür nicht eignen.

Ich kann sie nur darum bitten, Gnade vor Recht ergehen zu lassen, denn die Dreistigkeit meines Verhaltens ist unentschuldbar. Ich kann nur darauf hoffen, dass sie der Motivation hinter meinen Worten mit Nachsicht begegnen.

Ich unterwerfe mich ihrem Urteil."

Und dieses mal senkte sie nach ihrer Rede den Kopf und hob ihn auch nicht wieder an. Sie wollte die Seneschall nicht noch einmal in Verlegenheit bringen, ihre Gefühle vor einer fast Fremden zu offenbaren.
 
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"Leider werde ich Sie von dieser Aufgabe nicht entbinden können Frau Reeben. Ich habe nicht die Zeit und noch weniger die Muße, mich mit Ihrer Regentin zu zanken. Richten Sie Frau McKinney also meine Forderung aus. Wie Sie sie verpacken, soll mir egal sein, solange das Resultat stimmt."

Die Wut glomm noch immer in ihr nach, dass war deutlich zu spüren.

"Ich denke wir sollten in unser beider Interesse das Gespräch hiermit beenden. Es ist alles gesagt und zumindest ich danke Ihnen aufrichtig für Ihre Ehrlichkeit. Ohne Ihre warnenden Worte hätte ich vielleicht ein eher trauriges Wiedersehen mit Judith hinnehmen müssen. So aber habe ich mir die Chance verwahren können, ihr mein Beileid, mein Mitgefühl und meine Liebe auszudrücken. Ohne das ihr dabei irgendeine machtversessene Hexe im Nacken sitzt! Auf Wiedersehen meine Liebe, ich schulde Ihnen was!"
 
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