[20.05.2008] Es scheint zu wirken

"Nein."

Das war es erst einmal. Ein kurzer Moment der Stille wies darauf hin, dass er wohl ein schwieriges Thema angesprochen hatte. Marta schien kurz nachzudenken und kam dann zu dem Schluss, dass zu diesem Thema alles gesagt war. Sie blickte herüber und das süße Lachen trat wieder auf ihre Züge. Aber erhoff dir nicht zu viel! Ihr Kopf neigte sich etwas zur Seite, sodass das silberne Schmuckstück unter ihrem Ohr herab hing und im Licht der Straßenlaternen glitzerte.

"Na, was denkst du? ... Es gab einfach nichts, was mich zurückgehalten hat, also bin ich der Arbeit gefolgt. Die meisten meiner Freunde sind auch weggezogen - Karriere oder Familie. Oder auch beides... "
 
Out of Character
Warum sagst du nix, wenn ich was übersehe


Ricco schwieg ein klein wenig.

"Das kenne ich, man verliert immer wieder Freunde, die man gerne behalten würde, so ging es mir auch, aber ich bin eigentlich froh um die, die weg gezogen sind", sagte er dann. "Ich habe in den Wirren hier 5 Freunde verloren, die es nicht überlebt haben."

Man merkte ihm deutlich an, dass ihm das auf jeden fall an die nieren ging.
 
Fünf Freunde! Scheiße! Das verhieß auch für Paul nichts gutes. Was auch immer die Stadt getroffen hatte, es hatte Narben hinterlassen. Als ob du selbst keinen Anteil hättest! Zehn Tage war es her, dass sie zuletzt getötet hatte und es würde wohl auch in Zukunft noch passieren. Verdammter Kampfeinsatz! Hätte Trapper sie damals nicht verpflichtet, der Mann würde vermutlich noch leben. Marta blickte betreten zu Boden. Trost zu spenden war gerade nicht einfach, immerhin musste sich Ricco noch auf die Straße konzentrieren.

"Das tut mir Leid..."

Das macht die Toten auch nicht wieder lebendig! Diese Aussage lag in ihrem Blick, als sie wieder aufsah, der Mund zu einem leicht zerknirschten aber dennoch aufmunterndem Lächeln verzogen, das zunehmend wärmer wurde.

"Du sagst soetwas passiert hier häufiger? Tut denn niemand etwas dagegen?"
 
Ricco hatte keine Ahnung, warum Marta zu Boden blickte. Er hatte die Industrie im Verdacht, gewissermassen studierte er nur deswegen, um irgendwann hinter die Kulissen zu sehen und dann die verantwortlichen an die Hammelbeine zu bekommen. Gas, Hallozinoge, Chemietests, irgendwelcher militärischer Kram. Es brauchte in Riccos Welt keine Dämonen, es gab genug weltliches, was böse genug war. Wenn dann diese Sachen alle geklärt waren, dann konnte man sich immer noch übernatürlichem zu wenden.

"Na jetzt das, vor 2 Jahren verfluchter Regen, wer weiss, was als nächstes kommt", sagte er und ein wenig Trotz lag in seinem Blick. "Man darf sich nicht unterkriegen lassen."
 
Vermutlich hatte Ricco damit sogar Recht - die Menschen brauchten keine übernatürliche Hilfe, wenn es darum ging weltliche Übel zu erzeugen. Mancher Blutsauger wollte das - aus den verschiedensten Gründen - nicht wahr haben, doch am Ende waren es die Sterblichen, die bestimmten, in welche Richtung sich die Welt entwickelte. Vampire und andere Wesenheiten saßen eher am Rand und manipulierten Details, während sie sich vermutlich für wichtiger hielten, als sie am Ende wirklich waren. Deshalb gibt es ja die Maskerade und deshalb ist sie so wichtig! Und solche Vorfälle rissen große Lücken in das empfindliche Konstrukt, das an sich schon immer schwächer wurde. Das muss aufhören! Es durfte nichts mehr als nächstes kommen.

"Das werden wir doch nicht, oder?"

Die junge Frau schien nicht wirklich in der Stimmung das unangenehme Thema weiter zu vertiefen. Verdammt, du bist nicht hier um schon wieder über solche Dinge zu reden! Doch das zeigte, wie sehr die Vorfälle die Menschen hier berührten. Manch einer würde sich zurück ziehen, ablenken oder in Fatalismus zerfließen, doch andere würden Nachforschungen anstellen und versuchen die Dinge zu ändern. Marta war der Trotz nicht entgangen und sie musste sich eingestehen, dass ihr das an ihm gefiel. Trotzdem versuchte sie es mit einer andern Thematik.

"Hat man als Wirtschaftsinformatiker viel zu tun?"
 
Ricco sah zu ihr und fuhr dann auf den Parkplatz.

"Nein, Marta, das werden wir nicht", sagte er dann. "Ich weiss auch nicht, was schon wieder im Busch ist, einige meiner Freunde haben auch gerade gestern die Kündigung ihrer Wohnungen bekommen, weil die Häuser verkauft werden sollen."
Er zuckte die Schultern.
"Und in der Uni hängen einige Aushänge, daß Studenten für Praktikas gesucht werden. Unterschrieben von einem amerikanischen Headhunter. Noch habe ich es mir nicht näher angeschaut, aber mein Kumpel sagte mir, es werden auch Wirtschaftsinformatiker gesucht und er hat sich schon angemeldet."
 
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