[19.05.2008] Es ist vorbei?!

Kalanni

Drachentochter
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15. Juni 2005
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Noch vor 24 Stunden hätte Helena nicht daran gedacht, daß sie es bis hierher schaffen könnte. Was Lena von ihr verlangt hatte, war wirklich so ziemlich das Ungeheuerlichste gewesen, was sich die Pseudotorrie vorstellen konnte.

Auch jetzt dachte die Hüterin vorallem an das, was sie dem Prinzen erzählen wollte. Prinzessin war schon eine Beleidigung, aber die Prinz war fast noch schlimmer, das klang irgendwie wie Pferderennen in Ascot und bei dem Gedanken schüttelte sie sich innerlich.

Helena hatte sich angekündigt, sehr früh und vermutlich hatte sie Lena aus dem Bett geworfen, aber sie wollte und musste auch heute die erste sein, bevor sie zum Tagesgeschäft übergehen konnte.

Würde sie heute wieder die Tür offenstehen lassen?
 
Die Zeit der offenen Tür für alle war vorbei.
Sowohl Prinz als auch Akademie waren zum Tagesgeschäft übergegangen und so musste Helena den schweren Türklopfer bedienen um eingelassen zu werden. Was auch ohne Umschweife geschah. Lena betätigte den Türöffner und erwartete neugierig das Helena näher trat...
 
Helena trat ein, ein kleiner Knicks was wohl eine Angewohnheit war, die sich eingeschlieffen hatte.

"Guten Abend, Lena, hast du denn die erste Nacht gut überstanden?" fragte sie. Immerhin war sie mit Sicherheit auch heute die Erste hier.
 
"Guten Abend Helena! Nimm doch bitte Platz!"

Lena wies auf einen der Polsterstühle ihrem Schreibtisch gegenüber.

"Ja..., wie ist es mir ergangen? Mehr schlecht als recht würd ich sagen? Ich hatte mit einem größeren Ansturm gerechnet und auch damit, dass sich das ein oder andere Problem einschleichen würde. Aber es sich vorzustellen und dann tatsächlich zu erleben, sind letztlich doch zwei vollkommen unterschiedliche Paar Schuhe. Letztlich ist die Nacht überstanden und wir können, vielleicht ein klein wenig hoffnungsvoller, in die Zukunft blicken..."

Ein charmantes Lächeln beendete den Satz.

"Aber du bist nicht hier um dich nach meinem Befinden zu erkundigen und ich bin sehr interessiert an dem was dir gestern Nacht wiederfahren ist. Ich weiß was ich von dir verlangt habe und möchte mich erneut aufrichtig deswegen bei dir entschuldigen! Aber du warst die einzige, die ich habe schicken können, die tatsächlich an Olivers Überleben interessiert war. Jeder andere hier in der Stadt hätte wohl Rache oder Diablerie vorgezogen... Ich hoffe du verstehst meine Beweggründe?"
 
Helena setzte sich, wirkte vielleicht verloren, ein wenig verunsichert.

"Ich verstehe die Beweggründe und ich kann dir sagen, ich hätte gerne gewußt, daß die Archonten ihn nicht unbeschadet gelassen haben, dann wäre es mir vielleicht gelungen ihn am Leben zu erhalten", sagte sie leise und mit einem leichten roten Schleier in den Augen, nicht genug für Tränen, aber auch nicht abeklärt genug, um unbewegt zu bleiben und dann doch ein Träne.
"Aber es dürfte besser als daß er die Zukunft in den Fängen von Johardo verbringt." Sie senkte den Kopf und sah dann Lena wieder an. "Er war wirklich der Meinung Johardo würde ihn retten ..." Einige Augenblicke Schweigen, Zeit genug wenn Lena schauen wollte, ob sie nicht doch diableriert hatte.
"Ich hatte keine Chance gehabt, wenn nicht die Umstände gewesen wären und er nicht bis zur letzen Sekunde geglaubt hätte, ich wäre einfach nur gekommen, um mich zu verabschieden, nur so konnte ich noch einmal hingehen als er schlief und dann doch unter dem Pflock zerfiel."

Sie wartete einen Augenblick, vermutlich würde Lena einen Schwall Gefühle aus Trauer und Verzweiflung empfangen, so echt, wie das was gestern auch Oliver abbekommen haben mochte.

"Aber es ist vorbei, wir sind alleine und morgen, vielleicht auch schon heute, wird Johardo in die Stadt kommen ..."
 
Der Schock traf die Prinz wie ein Vorschlaghammer.
Sie, die sie jeden Muskel in ihrem Gesicht kontrollieren konnte, wich erschrocken vor der Clansschwester zurück.

Hatte,... hatte sie gerade gesagt das Oliver tot war? Endgültig vernichtet? Wie konnte das sein? Er war stets so stark gewesen...

Zweimal setzte Lena zu sprechen an, zweimal versagte ihr die Stimme. Nur durch eine fast schon als unmenschlich zu bezeichnende Selbstkontrolle gelang es irgendwann endlich ein paar Worte zu formulieren. Tiefrote Tränen nackten Entsetzens rannen ihre Wangen herab. Unbemerkt...

"Wie kann das sein? Was erzählst du mir da? Wie kann Oliver zerfallen sein? Es war doch nurn ein Holzpflock. Schlafen sollte er, ruhen und irgendwann verges..."

Ein Schluchzen aus den Tiefen ihrer Seele ließ den Satz abbrechen.

"Was haben die Archonten ihm bloß angetan? Oder war es Mina? Johardo? Helena, bitte... ich flehe ich an... sag mir was du weißt!"

In diesem Augenblick wirkte die sonst so stolze Schauspielerin wie eine gebrochene Frau. Sie hatte es lange kaschiert, sogar vor sich selbst, doch noch immer liebte sie Oliver Buchet von ganzem Herzen. Und nun sollte er tot sein... vernichtet... Letztlich von der eigenen Enkelin....
 
"Ja, es war nur einPflock und ich sah auch keine Verletzungen", flüsterte Helena und war dann doch schnell bei Lena und legte den Arm um ihn. "Vielleicht war er nur oberflächlich geheilt, vielleicht haben ihn die Archonten gefoltert. Ich kann es dir nicht sagen, wer es war, ich konnte es auch erst heute abend beim Aufwachen glauben, daß es kein böser Traum war. Ich habe gesehen, wie die Reste seiner Seele entfleuchten. Ich kann mich nur damit trösten, daß es keine Jagd auf ihn geben wird und keiner an dem wehrlosen Oliver den Ameranth begehen kann, daß ihn Johardo nicht verschleppen kann."
Helenas Körper war warm wie immer und einige Tränen landeten auf Lena.
"Ich habe es nicht gewollt, bestimmt nicht, ich hatte den Pflock noch nicht mal ganz gesetzt."
 
"Ich muss ihn sehen!"

Die Worte purzelten heraus bevor sich Lena im Klaren darüber war was sie eigentlich gesagt hatte.
Oliver war mehrere hundert Jahre alt, von ihm würde so gut wie nichts übrig bleiben. Trotzdem, wenn es nur die vage Hoffnung gab noch einmal sein Gesicht zu sehen. Ihm durchs Haar zu streicheln. All das war unmöglich, Lena wusste das. Und doch! Was treibt die Menschen auf den Friedhof? Warum wurden Gräber gestaltet, mit Blumen versehen und gepflegt? Damit man einen Punkt hatte an dem man dem geliebten Wesen noch einmal nahe sein konnte. Abschied nehmen! Genau das wollte die Toreador. Ein letztes Mal in seiner Nähe sein und sich für alles entschuldigen. Bei allem was sie geplant hatte, war sie davon ausgegangen das Oliver da sein würde. Gepfählt und erstarrt, aber dennoch da. Existent und im absoluten Notfall greifbar...

Nun war er fort und würde niemals erfahren, dass sie ihn immer noch von Herzen liebte.
Nicht ihn hatte sie verraten, sondern nur seinen Wahnsinn. Sie musste ihn stoppen um die Stadt zu retten. Sie hatte so sehr gehofft, dass er es eines Tages verstehen und ihr verzeihen würde.

Nun war er fort!

"Bring mich zu ihm, Helena! Ich flehe dich an!"
 
"Lena, es ist nichts mehr da, nicht mal Asche, eine Hand voll Staub, die ich dir bringen wollte, aber nicht mal das war mir vergönnt."
Helena schüttelte traurig den Kopf.
"Aber ich werde dich zu seinem Grab bringen, irgendwann können wir ihm ein Denkmal setzen, aber nicht jetzt. Die Anderen würden uns nicht verstehen."

Wenn sie gekonnte hätte, hätte sie Lena die Wahrheit gesagt, aber es war wichtig, daß sie daran glaubte.
 
Die Antwort war schweigen.
Und der leere Blick einer erschütterten Frau.
Minuten lang saß die Monarchin so da. Unbewegt, tief in sich versunken.

Irgendwann murmelte sie einziges Wort.
Mit belegter Stimme und kaum hörbar...

"Geh!"

Es war nicht als Unhöflichkleit gedacht, auch wenn es mit Sicherheit so klang. Lena musste jetzt nur einfach alleine sein und konnte es nicht ertragen das Helena (oder auch jeder andere) sich in ihrer Nähe befand. Diesen Schicksalsschlag musste die Toreador alleine meistern und dies schnell. Sie war der neue Prinz von Finstertal und konnte sich Schwäche nicht mehr erlauben. Trotzdem würde sie sich einen kleinen Zusammenbruch erlauben sobald sie denn alleine war. Es kostete sie alle Beherrrschung die sie besaß nicht bereits jetzt die Fassung zu verlieren. Sprechen fiel daher schwer...
 
Helena nickte und verließ den Raum, wortlos, maches Mal sollte man einfach nichts sagen. Da war jeder Wort zuviel und nur wenn Lena überzeugt war, würde sie auch andere überzeugen - nur so war Oliver in Sicherheit.

Leise schloss sie die Bürotür und dann fiel doch etwas lauter die Außentür ins Schloß
 
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