[19.05.2008] Der Anruf oder wir klopfen höflich an

Offen gesagt hatte Michael den Verlust eines Familienmitgliedes nicht so wirklich mit bekommen. Er beschäftigte sich viel mehr damit, wie man den Maskeradebruch wirksam vertuschen konnte.

Er würde jetzt mit Sophie erst mal runter gehen. Auf der Treppe fing Michael vorsichtig in Italienisch an zu fragen.

„Ich denke es ist offensichtlich, dass Vicente und ich anders ticken. Mir kommt dies häufig so vor, dass er mich und ich ihm nicht verstehe. Persönlich finde ich diesen Zustand als sehr störend und würde dies gerne ändern. Hast Du, Sophie einen Tipp für mich. Wie tickt Vicente. Es kommt nur so vor, dass er häufig meine Antworten in den falschen Hals bekommt, also andres auffasst als ich es meine. Dies führt zu Nerverreien und Streit und muss nicht sein.“
 
Die Frau neben ihn, der Ghul Vicentes, wurde auf die Frage hin still. Sie zog den Arm nicht zurück, dennoch war deutlich das sie über die Frage und vorallem über die Worte nachdachte. Sicherlich war sich der Kainit an ihrer bewusst wenn er fragte, das die Worte wohl weiter getragen würden. Wahrscheinlich waren die Worte dementsprechend von aufrichtiger Intention.

"Es ist schwer einen Mann so zu beschreiben das es ihm gerecht wird.
Wenn ich dir sage das er ein guter Ehemann man ist. Ein klassisches Verständnis von der Wechselwirkung zwischen Mann und Frau hat, der Bedeutung der Geschlechter. Nun du könntest meinem Wort folgen und die positiven Charakteristika aufnehmen.
Das oder deine Augen füllen sich mit Mitleid weil du annimmst das er mich in die Küche bannt, den Umstand das ich ihm keine Kinder schenken mir vorhält, mich in die Kirche zwingt und meine Person, meine Taten aus seinem Selbstverständnis als Mann heraus mich abwertet, demütigt und vielleicht gar schlägt."
Sie ging die Treppe hinab und würde Michael zum Rezeptionisten begleiten.

"Das Mitleid wäre verfehlt. Ein unangebrachter Vorwurf.
Tatsächlich ist es so das Vicente meine Leistungen anerkennt, schätzt und mir Möglichkeiten weit jenseits der klassischen Hausfrau eröffnet hat, Tätigkeiten die nach traditionellen Verständnis mindestens grenzwertig sind gestattet. Er erkennt das aus unserer Beziehung keine Kinder entstehen werden, ebenso wie ihm meine Bedürfnisse bewusst sind. Ich empfinde es durchaus als bemerkenswert welche Freiheiten er mir in diesem Punkt zugesteht, es wäre selbst für moderne Menschen eher ungewöhnlich. Natürlich erwartet er im gewissen Rahmen das ich in die Kirche gehe; wenn sich die Gelegenheit ergibt an seiner Seite.
Weder wertet er mich ab, noch demütigt er mich.
Dennoch wirst du nicht erleben das er mir nicht den Stuhl rückt, erwartet das ich ihm die Tür öffne oder ein Verhalten gustieren würde bei dem ich mich in der Anwesenheit Dritter unangemessen verhalte.
Das weitere sollten wir auf deinem Zimmer besprechen."

Sie würde abwarten bis Michael die Reservierung bei dem leicht übermüdeten, studentischen Rezeptionisten vorgenommen hatte. Vicente war durchaus traditionell in seinen Werten, Vorstellungen. Allerdings war es mitnichten so das der Italiener nur die Vorteile daraus schröpfte, die negativen Klischees erfüllte. Nachdem sie im Zimmer waren weiter sprechen.

"Im gewissen Rahmen teile ich Vicentes Problem dich zu verstehen. Nehmen wir nur das Gespräch von vorhin."
Sie pausierte kurz, sie würde Platz genommen haben hätte er es ihr angeboten worden.
War dem nicht der Fall setzte sie sich, saß sie bereits so stand sie auf.

"Vicente hat dir seine Geister-Diener vorgestellt. Mit Namen, ich kann mir nicht vorstellen das er damit lange vor gehalten hat. Um genau zu sein mit ihren Vornamen, Rufnamen. Seitdem Vorfall sind zwei Nächte vergangen und er hat sich vorhin nach den Namen deines Dieners erkundigt. Du antwortest nach der zweiten Frage. Nicht mit seinem Rufnamen, sondern mit dem vollständigen Namen des deinen. Als würdest dies bereits nicht auffällig genug sein fügst du den Titel bei und bekräftigst das er ein Arzt sei."

Die Arme der Guhlin wurden veschränkt.
"Damit stellst du den deinen ihn deutlich über Nicolo, über Fiora und über mich. Wenn man es genau nimmt und den Titel betrachtet sogar über Vicente."

Der rechte Arm löste sich, die Hand rieb vom oberen Nasen-Ansatz aus über den Stirnrücken. Es war vertrakt. Der Daumen legte sich auf ihren Zeige und Ring finger.
"Vicente zeichnet sich durch seinen Respekt vor der Familie aus. Er sieht sich als Teil der Familie. Wir" Die Hand ging zu ihrer Brust, tappte darauf an. "Sind seine Famile, wir sind ein Teil von Ihm.
Sieh' das Problem mit seiner klassischen Vorstellung von Dienern ist das sich jede Handlung jedes Wort gegen sie oder für sie gegen ihn richtet. Weil es jedoch auch nicht gegen ihn geht, weil es noch eine andere Entität ist, kann er nicht einfach so es vergessen."

Sie wirkte leicht verzweifelt. Wie sollte man jemanden der keine Diener kannte, keine entsprechende Verantwortung, nur das Konzept klar machen.
"Es ist das und der Verlust eines Familienmitglied.
Wem die Stunde schlägt. Heißt es, eigentlich vollständig /Wem die Stunde schlägt, sie schlägt dir selbst/. Die Offenbarung um den Mord eines Familienmitglied hat stark an Vicente gezehrt. Nun auch noch der Vorfall. Dazu das Photo."

Sofia sackte leicht ein. "Weder er noch ich können dich einschätzen. Für ihn bist du Familie. Jemand der von Liebe und Gewaltlosigkeit spricht. Ungeachtet was er im Allgemeinen davon hält.
Dennoch hab ich Vicente selten,.. wirklich selten derart hart für ein gewaltloses Vorgehen Fürsprechen hören. War es selten so schwer für ihn jemanden davon zu überzeugen.
Er hatte starke Stücke auf deine sozialen Fähigkeiten gehalten, darauf nicht grob vorzugehen."

Sie hob leicht die Schultern. Die Zeitform war durchaus absichtlich gewählt. Sofia eichtete sich wieder etwas auf, nahm direkten Augenkontakt auf.
"Wie tickst du?"
 
Gut dies hört sich zudem in weiten Teilen ehrlich an. Dass sie sich mehr raus nehmen dürfte als ein normaler Ghul war Michael schon aufgefallen. Ob Sie Vicente davon berichten würde oder nicht wäre alles ihre Sache, aber Michael hatte damit kein Problem. Er wollte Sophie nicht auf besagtes Glatteis führen, sondern mit ihrer Hilfe ein Lösung für sein Problem finden. Vielleicht verstand er wenn es Sophie erklärte, warum und wieso Vicente so oder so reagierte.

Wie selbstverständlich bot Michael Sophie den Stuhl an und rückte ihn auch zurecht.

Er führte weiter auf Italienisch aus und erwiderte ihren Blickkontakt. Ein Vertrauensbeweis ihrerseits. „Danke für Deine ehrliche Meinung. Da ich zumindest die Meinung habe, dass Vicente und ich häufig fast aneinander vorbei reden. Du hast mir gerade bestätigt, dass Du mich auch nicht so ganz verstehst oder meine Reaktion nachvollziehen kannst. Ich hoffe darauf einfach, dass dann unsere Verständigung besser klappt. Ich möchte Dich keinesfalls in Verlegenheit bringen. Du gestattest, dass ich mich auf den Boden setze, dies empfinde ich persönlich sehr bequem.“

Michael setzte sich auf den Boden in einen Schneidersitz. Scheinbar war für ihm diese Haltung wirklich bequem, möglicherweise schlief, bzw. übertagte er sogar in dieser.

So jetzt mal zu ihrem Vortrag. Auf die Idee, dass sich jemand dadurch zurückgesetzt fühlen konnte, darauf wäre Michael nur schwer gekommen. Dies erstaunte ihn schon.

„Wieso stelle ich ihm mit der Nennung seines vollständigen Namens über Euch. Ein Doktortitel macht weder mich noch ihn zu einem besseren Menschen oder Wesen, noch sagt dieser wirklich was über seinen menschlichen Qualitäten oder andere Qualitäten aus. Maximal konnte man da zu dem Beruf etwas ableiten. Die wahrscheinlichste Aussage, welche man gerade in früherer Zeit dazu treffen konnte, war, dass die Person mit seinem Elternhaus Glück gehabt hatte, da sie in der Lage waren ihm dies zu ermöglichen. Nicht mehr und nicht weniger.

Man sollte sich abgewöhnen als Beurteilen zu wollen. Diesem Fehler unterliege ich leider auch allzu oft. Jeder trägt allein die Verantwortung für das was ihm geschieht. Das mag zwar schwer ein zusehen sein, doch wenn es gelingt, diese Verantwortung zu akzeptieren, so begibt man sich auf den Weg die Probleme zu lösen und zu verwandeln. Das heißt aber nicht, das Du z.B. für den Tod eines Dir nahe stehende den Menschen, um den Du trauerst, verantwortlich bist, sondern vielmehr, dass Du die Verantwortung für deine Trauer trägt. Hier ist Trauer wichtig und richtig, aber unverwandelte Trauer manifestiert sich zu Schmerz und Leid. Schließt Du z.B. Dein Herz damit Du diese Trauer nicht fühlen musst, weil Du meinst Du kannst sie nicht aushalten, dann schließt Du es auch für alle Andere wie Freude und schöne Dinge des Lebens. Wenn man eine Auseinandersetzung mit einer Person hatte, so gib nicht dem anderen die Schuld daran, auch wenn Du noch so sehr davon überzeugt sein magst, dass es sein Verschulden war. Das Problem, das entstanden ist, Dein Problem. Wenn man sich dies vor Augen führt, was die Krise zwischen Euch ausgelöst hat, so wirst man erkennen, wie ungefestigt es ist, dass der andere alleine Schuld daran tragen soll. Gewiss muss auch er sich mitverantwortlich fühlen, aber das ist wiederum nicht dein Problem. Zu Veranschaulichung ein Beispiel, einer Ohrfeige. Die Ohrfeige liegt in der Verantwortung des Schlagenden. Die Reaktion darauf, aber nur in der Verantwortung des Geschlagenen. Er könnte zurückschlagen, nur blocken oder später immer noch auf Rache sinnen, einfach verzeihen oder nichts tun. All diese Reaktionen hat die Person selber in der Hand und muss sie somit auch verantworten. Der Schläger trägt nur für den Schlag die Verantwortung, aber nicht für die Reaktion darauf. Nur allzu viele Personen nutzen einen Fehler des Gegenüber, um ihm die Verantwortung alleine zu zu schieben. Aber ein Fehler einer anderen Person berechtigt noch lange nicht auch Fehler zu begeben und dann die Verantwortung für diesen Fehler wegzuschieben.

Um Dein Beispiel mit dem Namen zu nehmen, könnte man dies auch z.B. so sehen, ich weiß nicht in wie weit Du mit Nekromantie auskennst, aber mit den Namen von Marius den ich Vicente vollständig genannt habe, liegt auch ein Vertrauensbeweis. Wenn Vicente will könnte er mit etwas Aufwand Marius auch rufen.

Mit diesem kleinem Beispiel über die Auslegung von einen Satz wollte nur zeigen, wie unterschiedlich man dies sehen kann. Mir kommt dies so vor, dass Vicente, auch Du und Ich da leider nicht auf der gleichen Wellenlänge liegen.“

Die Kirche wird wohl als Metapher für alle möglichen Situationen angedacht sein.

„Ich vermute Du meinst den Vorfall von gestern vor den Tunnel. Ich kann Dir dies gerne aus meiner Sicht erklären. Dazu habe ich nur eine Frage an Dich. Vicente und ich dies auf morgen verschoben. Ich weiß aber nicht wie Vicente reagiert, wenn ich Dir dazu etwas sage. Du kennst eindeutig besser als ich.“

Michael überlegte kurz, sein Blick wurde kurz leer, als wenn er sich im inneren sammeln würde und dann fuhr er fort. Wenn er diesen Familienmüll immer schon hörte, ja man war verwandt völlig in Ordnung, aber Michaels Vorstellung von Familie hörte bei Verwandtschaftsgrad 3 auf und nicht bei Grad 175.


„Wie ticke ich, gute Frage wie beschreibe ich dies am Besten. Also ich würde sagen, meine Erziehung als Kind war sehr traditionell. Die Erziehung zum Kainiten hingegen überhaupt nicht.“ Aus heutiger Sicht würde Michael sogar fast sagen, sie war revolutionär. Während der Erziehung fand er dies meist überhaupt nicht. Eine Frau, die jahrhundertelang gegen Vorurteile und sonstiges ankämpfen musste, ging entweder unter oder sie war zu einer sehr starke Persönlichkeit gereift. Diese vermitteln dann sicher nicht die Wertevorstellungen, welche sie selber immer bekämpft haben.


„Mir hat man bezüglich der Wiedergabe der Namen etwas ganz anderes beigebracht, gerade der Familie sollte man dies verschweigen, wenn man die Geister gerne behalten möchte.“ Seine Mentorin hatte ihm dies mal sehr plastisch bewusst vorgeführt, deswegen würde er Lischen Namen immer verschweigen. „Wie gesagt die Nennung des ganzen Namen ist aus meiner Sicht ein Vertrauensbeweis gegenüber Vicente. Leider hat er dies wohl ganz andres aufgefasst.“ That´s live.

Michael überlegte, verdammt was ist eine klassische Vorstellung von Dienern, er hatte keine Ahnung wie Vicente dies meinte. „ Wie ich schon aufführte betrachte ich meine Geister nicht als Diener sondern als Assistenten in einem Team.“ Und seine Frau als weit mehr als dies, eine wirkliche Partnerin. “Was ist eine klassische Vorstellung von Dienern? Eine Handlung gegen einen mir nahestehenden Person ist für mich nicht zwingend ein Angriff auf mich selber, außer diese Person greift bewusst dort an, um mir zu schaden. Daher habe ich Vicentes Reaktion auch nicht nachvollziehen können.

Ich stoße schon keinem Fremden ein Dolch in den Rücken, dann schon mal gar nicht einem Clansbruder.“ Selbst wenn ich diesen nicht mögen würde. Wobei gerade die Unterschiedlichkeit zwischen Vicente und Michael macht auch irgendwie einen Reiz aus. „Mir ist völlig klar, dass wir hier in Finstertal auf Gedeih und Verderb auf einander angewiesen sind.

Was war jetzt genau mit dem Mord an einem Familienmitglied? Von Vicente direkter Familie oder unserer gemeinsamen Großfamilie? Ich hoffe ich habe gerade nichts vergessen, dann frage bitte gleich nach.“


Eine kurze Pause, ich dachte an eine Verfremdung als Student, Marke reicher Sohn aus den 90 zigern stehen geblieben.“
 
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Sofia betrachtete den Fremden vor sich und ihr Gesichtsausdruck transportierte die Ungläubigkeit, zeigte eine kurze Irritation als er nekromantische Inhalte anschnitt und gegen Ende war doch deutlich ein Widerwille zu erkennen. Eine Mischung aus schock und entsetzen.

"Wie wäre es mit 'weltfremder Hippie'?"
Die Worte waren vorgeschnappt gekommen, sie presste reflexmäßig die Zähne aufeinander. Von der Betonung, Tonlage und dem Tonfall war abzulesen das sie ganz und gar keine hohe Meinung von den Blumenkindern hatte. Es eine deutliche Herabsetzung war. Zwar deutlich netter als das was ihr aktuell durch den Kopf ging und dennoch direkter als es Vicente formuliert hätte.

Sie versuchte kurz die Themen zu sortieren. Die ihrer Ansicht nach unerträglich verantwortungslose, unmenschliche Rede von der Verantwortung. Die Unkenntnis der Bedeutung von Namen und Titeln. Der Aspekt der Familie. Die Sache mit den Dienern. Sofia verspürte eine Spur von Mitleid gegenüber den Kreaturen welche Michael zu diensten sein mussten und nicht entsprechend behandelt wurden. Die Italienerin wusste auf welches Thema sie zuerst angesprungen wäre, dennoch ging es nicht um sie. Die Frage nun was Vicente am ehsten Treffen würde war leicht beantwortet.

"Ich weise dich daraufhin das Vicente dir mitgeteilt hat das ein Mitglied der Familie ermordet wurde, das es Vicente mitgenommen hat und das Vicente die Familie respektiert, über alles schätzt. Ich habe dir verdammt nochmal Beispiele gegeben wen er als Familie betrachtet. Was fällt dir dazu ein?
Zu Fragen ob es seine 'direkte Familie' war? Mich zu fragen was geschehen ist? Hörst du mir eigentlich überhaupt zu?"

Die energische Frau fixierte Michael. "Nehmen wir sein Studium aussen vor dann ist, lebt und existiert Vicente durch die Familie.
Im konservativen, klassischen Sinn. Familie ist sein Blut. Familie sind alle an die er sein Blut weitergegeben hat. Familie sind alle jene die sein Blut teilen. Unabhängig ob im Namen oder durch das Blut des Ältesten, sie sind Familie. Familie sind die ehrenwerten Männern mit denen er sich umgibt. Familie sind selbst jene Caitiff die seine neue Familie darstellen. Es wurde ihm von der wahren Familie geheißen, er wurde als einer der ihren empfangen. Es ist so.
Sieht man von den Studien ab ist er ein einfacher Mann. Traditionsbewusst, konservativ, tief in der Familie verwurzelt und bis aufs Blut loyal."

Die Gestik ging lebhaft mit. Betrachtete man es genauer konnte es sein das der Hinweis zur Kirche wörtlich zu nehmen war. Würde es doch zu dem konservativen, wertbewussten Bild passen das der Italiener von sich zeichnete und in Stücken zu dem was er vertrat.

Sofia zog das Smartphone ihres Herren hervor und begann zügig etwas zu suchen.
"Man könnte es sogar, in einer gewissen Art und Weise, als einen menschlichen Zug an ihm sehen."
Es dauerte einen Moment, dann hellte sich ihr Gesichts ausdruck auf.

"Ah da,.. ich habe doch den Spruch erwähnt. Wem die Stunde schlägt? Vielleicht fehlt dir der Kontext,.. es heißt im Original:
Niemand ist eine Insel, in sich ganz; jeder Mensch ist ein Stück des Kontinents, ein Teil des Festlandes. Wenn eine Scholle ins Meer gespült wird, wird Europa weniger, genauso als wenn’s eine Landzunge wäre, oder ein Landgut deines Freundes oder dein eigenes. Jedes Menschen Tod ist mein Verlust, denn ich bin Teil der Menschheit; und darum verlange nie zu wissen, wem die Stunde schlägt; sie schlägt dir selbst."

Sie ließ eine kurze Pause die Worte wirken und tippte kurz auf dem Smartphone etwas und steckte es wieder ein. Einen weiteren Atemzug. "Wir wissen beide das Vicente der Tod eines Mensch nicht trifft. Er stuft auch bei der Familie ab. Wenn es ein Mitglied des Clan geht, sich um den Clan dreht, stehen Italiener oder Russen außen vor. Wenn es um das Studium geht stehen sie zurück. Und natürlich unterscheidet er zwischen seinem Blut und dem Blut in Finstertal. Dennoch ersetzte Mensch durch Familienmitglied und es beschreibt seine Einstellung sehr gut."

Sofia stoppte kurz, der Blick glitt umher, in die Richtung in der Vicentes Zimmer lag. "Er ist ein beherrschter Mann. Gewöhnliche Emotionen sind ihm zu wider. Ein Kontrollverlust,... ist für ihn ähnlich inakzeptabel wie für andere ein Mord. Dennoch als er davon erfuhr" ein kurzes stocken, ein Stoßgebet das er ihr Herr nicht falsch verstehen würde "Nachdem er vom Mord erfuhr, er verlor sich an die Bestie."
Sie machte eine Pause, ob es der deutsche noch für relevant hielt? "Es ging wohl um unseren, euren Vorgänger, auch dessen Begleitung. Ich zweifele daran das er aus der direkten sterblichen Blutlinie meines Manns entstammte. Es fiel nichtmal sein Name."

Sie hob die Schultern. Seufzte, ein ganzer Berg von Themen war aufgeschüttet worden.
"Vicente Verhältnis zu seinen Dienern kann man mit dem zur Familie vergleichen. Der Unterschied ist wohl das es persönlicher ist, direkter. Die Rechte und die Pflichten sind deutlicher. Du magst vielleicht annehmen das du der Familie nichts schuldest, für die Erziehung, für das Blut das du erhalten hast, für die Lehren und die Freiheiten. Es ist vermutlich einige Jahre fern und Leute neigen zum vergessen."

Sie setzte kurz ab. Tatsächlich zeigte sich Michael überaus undankbar. Nach den Werten die man ihr beigebracht hatte.
Vicente wäre wohl sogar der Ansicht das Michael die Familie aus eigener Profitsucht hinterging. Sofia nahm dann den Faden wieder auf.

"Ich wurde von der Familie Vicentes zugewiesen. Er nahm mich auf, teilte sein Blut mit mir.
Es macht mich stärker, verleiht mir Macht über gewöhnliche Menschen, es heilt Wunden und verhindert das ich am Alter vergehe.
Er gab mir nicht nur Blut, sondern auch einen Platz an seiner Seite, Aufgaben, Wissen, die Möglichkeit mich würdig zu zeigen.

Dennoch, er ist nicht nur mein Ehemann. Er ist mein Herr. Ich vergehe nicht nur ohne Sein Blut. Das Blut das in seinen Adern fließt macht Menschen, macht mich, süchtig. Es raubt einen Teil meiner selbst. Ersetzt es durch Treue, Liebe, Ergebenheit. Ein Zerrbild dessen. Letztlich bedingungslose Folgsamkeit. Durchsetzt den Verstand. Vernichtet das Ich - wenn ich den Kampf verliere."

Sie pausierte kurz, dachte nach. "Natürlich ist es ein Geschenk der Familie, ein persönliches Geschenk von ihm, er ist ein guter, großzügiger, rücksichtsvoller Herr.
Dennoch sieht er eine Pflicht auf die Beziehung einzugehen. Nimmt es als Beziehung war. Ich bin durch sein Blut und ich bin mit seinem Blut. Ein untrennbarer Teil von ihm.
Du wirst nicht mich angreifen können ohne ihn anzugreifen. Du wirst nicht mich schlagen können ohne ihn zu schlagen. Du wirst mich nicht töten können ohne ihm ein Stück aus dem eigenen Leib zu schneiden, ihn weniger zu machen. Umgekehrt kann ich nicht sprechen, nicht handeln ohne das er die Verantwortung trägt, die Verantwortung dafür annimmt."

Sie überlegte. "Ich weiß das er en Geistern kein Blut gibt. Allerdings weiß ich ebenso das er sie beherrscht. Gerade Nicolo." Man konnte ein leichtes zittern bemerken. Als hätte sie den Spectre bereits gesehen. Würde damit mehr verbinden als einen einfachen Namen und Beschreibungen. "Sie wurden nicht von der Familie geschickt, er hat sie selbst gebunden. Er spricht mit ihnen, unterweist sie. Fordert von ihnen und bei den seltenen Gelegenheiten bringt er sie in die Familiengesellschaft, wie Trophäen."

Sie hob leicht die Schultern. "Ich weiß nicht genau was vorgefallen ist. Daher werde ich dazu nichts sagen. Außer das du mit dem Angriff auf Nicolo auch ihn angegriffen hast. Mit allen was nach der physischen Gewaltatgefallen ist.
Auch was Nekromantie betrifft kenne ich mich nicht wirklich aus. Es war nur mein Eindruck das weit mehr als ein Name benötigt wird um einen Geist zu zwingen."

Ein erneutes durchatmen. "Was den Rest betrifft. Nur meine persönliche Meinung. Aber du verkohlst deine Leute ganz schön. Angestellte, Assistenten,.. aber mich aus dem Wagen schicken wenn es darum geht das ich ein Blutsäufer bin?" Sie grinste frech. "Vicente mag nicht so perfekt sein wie mir's Blut zuflüstert. Aber er ist recht grad heraus. Ehrlich zu mir. Er würde auch nicht mit deinem Ghul reden um mehr über dich rauszukriegen." Sie griff sich kurz in den Nacken. "Und ehrlich gesagt tun mir deine irgendwo Leid. Es ist doch Bullshit das jeder für sein Leid verantwortlich ist. Dank dem Blut sind wir kaum noch für unser eigenes Verhalten richtig verantwortlich und was das Leid angeht,... verdammt ich hab einige der Studien meines Manns zugesehen, sie begleitet und das ganze,.. Die Bastarde sind vielleicht an vielen Schuld, wenn überhaupt an etwas. Aber bestimmt nicht an dem was dort passiert. Es ist auch feige sich der Verantwortung zu entziehen in dem man aus der Reaktion des Opfers eine Teilschuld ableitet"

Damit war der Punkt raus den sie wohl als erstes gebracht hätte. "Oh und das mit dem 'Aber Doktor ist doch eine Tätigkeitsbeschreibung. Michael.
Vicente und ich waren der Ansicht das du mitgeschickt wurdest weil du dich nicht mit Toten, Krypten, Forschung und noch mehr Toten und Sterbenden beschäftigst. Eh?
Du solltest sozial echt was drauf haben. Zumindest genug um zu kapieren das Doktor ein Titel ist. Sowohl der Dottore in meiner Sprache, als auch der Doktor in deiner.
Schonmal den Sketch gesehen,.. wie ging der noch gleich "Oh, Hallo Herr Professor Dr. Dr. Lüdenscheidt".
Es ist nicht nur eine Aufgaben Beschreibung. Es ist ein verdammter Status. Es wird hier selbst auf den Perso gepackt. Vermutlich kannste hier sogar wenn verklagen wenn er dich nur Herr Köning nennt. Es gibt den Ausdruck der 'Götter in Weiß'. Nun und Marius,... der ist noch nichtmal ein Doktor. Der ist hops, Tod,... zumindest toter als ich oder ihr. Wenn alle mit Vornamen vorgestellt werden aber einer mit Von und Zu und Titek,..
Jeder normale Mensch hätte deine Vorstellung vorhin als Prollerei verstanden.
Nimm einmal da dazu das sich Vicente wenn er schonmal unter Menschen geht sich in konservativen Kreise bewegt. Weder die Italiener noch die Russen mit denen er verkehrt zeichnen sich durch eine besondere Offenheit gegenüber Hippie-Ideen aus. Es gibt dort Ränge, Status, klare Hierarchien. Namen und Titel bedeuten etwas."
 
Einen Hippie hatte Michael noch niemand genannt, interessant, wenn man einen Popper schon als Hippie ansieht.


Ok, so kommen wir auch nicht weiter. Die Weltbilder differieren zu stark. Michael wurde langsam gewahr was sie mit Prüfung meinte und ein Grauen steig aus der Tiefe seiner Seele oder deren Reste hervor. Die Vorstellungen entsprachen schon seinen Albträumen.

Michael schaute Sophie interessant und mit Achtung an, sie hatte ihren Status bzw. ihren Kampf sehr gut beschreiben. Damit hat sie schon mehr Schritte gelernt als die meisten Ghule.

„Entschuldigung wegen dem Vorfall im Wagen, Sophie, ich wollte Dich weder kränken noch verletzten.“ Eigentlich wollte ich Dich und Vicente nur schützen. „Also erstmal ich verachte keine Ghule und zweitens sehen ich es als meine Pflicht an, die Ghule in meiner Obhut auf den Kuss vor zu bereiten. Dies bedeutet für mich, dass ich oder jemand anders weit mehr als ein paar Brocken, sondern richtige Grundlagen der kaintischen Gesellschaft nahe bringt. Ein würdiger Ghul sollte sofort mit Erhalt des Kusses selbstständig auf eignen Beinen stehen können. Nein, dies bedeutet für mich nicht den Abschluss, aber auch nicht den Beginn der Ausbildung. Ghul sind in den kainitischen Disziplinen strenger limitiert als Kainiten und ihre Fähigkeiten sind zudem vom Blut eines oder merherer Kainiten und dessen Nähe zum Clansgründer abhängig. Alles andere kann man Ghulen wahrscheinlich sogar besser als Kainiten beibringen. In Allgemeinen lernen Menschen sogar einfacher und schneller als Kainiten“

Dies waren keine vom Erzeuger auswendig gelernte Fraßen, sondern stammten aus der inneren Überzeugung von Michael und waren entsprechend auch entsprechend vorgetragen. Michael schaute etwas verzweifelt drein, wie kann ich Sophie meine Standpunkte verständlich machen.

„Ich möchte nichts über Vicente rausbekommen. Wahrscheinlich war eine selten dumme Idee von mir zu hoffen, dass ich durch Deine Ausführen, da Du ihm besser kennst, ihn selber besser verstehen lerne. Da war wohl der Wunsch Vater des Gedankens, leider ohne viel Erfolg. Um erfolgreich zu sein müssen wir alle zusammenarbeiten“. Michael bezog damit explizit Sophie mit ein.

Eines hatte das Gespräch zwischen Michael und Sophie allerdings gebracht, er respektierte jetzt Sophie, ansonsten war dies ein ziemlicher Fehlschlag. Ihre Erkenntnisse waren schon recht weit fortgeschritten. Garbriela würde sie sie ab jetzt testen, ob sie würdig ist den Kuss zu empfangen.

„Wenn ich Dich Sophie richtig verstanden habe, unterscheidet Vicente innerhalb der Familie auch nochmals. Soweit sehe ich dies genau so, nur dass ich nicht alles als Familie bezeichne, sondern, z.B. als Familie, Verwandte, Clan oder sagen wir Bruderschaft, hört sich schöner als Mafia an.“

Wie erkläre ich dies nur weiter fragte sich Michael fast flehentlich.

„Ich habe dies schon verstanden, mich aber wohl etwas missverständlich ausgedrückt. Ich wollte eigentlich wissen, wie er zu Tode gekommen ist, dies lässt auch gewisse Rückschlüsse zu. Mir sind durchaus die Regeln der Vendetta bekannt“, auch wenn ich sie für völlig überholt halte, „je näher der Tote einem stand, destoeher oder größer die Verpflichtung dazu. Als Vergleich würde Vicente von einem anderen Kainiten ermordet, wird man Dir kaum den Kuss vorenthalten können, damit Du Vendetta verübst. Sterbe ich hingegen, betrifft dies Dich weit peripherer. Daher die Frage nach der direkten Familie.“

Zu dem Kontrollverlust von Vicente schweig Michael lieber. Ihm war klar für Vicente war dies völlig inakzeptabel.

Bezüglich der Verpflichtung oder Schulden bei der Familie hatte Michael hingegen eine ziemlich andere Meinung als Sophie bzw. Vicente.

„Wegen der Erziehung schulde ich, derjenigen sicherlich Respekt, Anerkennung, Loyalität“ – zumindest ein Bisschen - „ und noch mehr, welche dies vorgenommen hat, aber nicht einem Fossil, welches man im Zweifel noch nicht gesehen hat, geschweigenden kennt. Wegen der Blutes muss man dies sicherlich etwas differenzierter betrachten“ Fossil war gut, seine Herrin und Mentorin ist sicherlich weit älter als Sophie, Vicente und er zusammen und hat fortschrittlichere Ansichten als Vicente und Sophie.

Welche Freiheiten Sophie meinte, bleib Michael allerdings ein Rätsel. Zur Anregung des freien Denken tendieren die meisten Erzeuger nun wirklich nicht. Michael sah einen Clan eher wie eine Gefängnisgang aus Amerika, dort war z.B. „Rasse“ verpflichtet einander zu helfen, alleine schon aus Selbsterhaltungstrieb, dass man auch Hilfe bekommt, wenn man mal sie benötigen sollte. Raubtiere wie Kainiten sind eigentlich Einzelgänger und das menschliche Erbe verdammt zu einem Rudeltier, ein immerwährender Kampf.

Es dauerte eine Weile und etwas Gehirnschmalz, damit Michael das Zitat Shakespeare zuordnen konnte. Englische Literatur war alles andere als seine Stärke.

Habe ich was vergessen? Michael grübelte als suche er was und gab somit Sophie Gelegenheit einzusetzten.
 
Der Hippie war einfach erklärt: Lange Ausführungen zum Thema Liebe, die Empfehlung von Erziehungsratgebern, die Erklärung zu der Verantwortung, der Umgang mit abhängigen Personen und letztlich ein Autoritätsproblem. Selbst die Idee sich auf den Boden zusetzen passte.
Dazu noch der fehlenden Bezug der Italiener zu deutschen Jugendkulturen der achtziger. In den Augen der Familie Rosselini fehlten Michael zum vollkommenen Hippie nur noch eine Blume im Haar, Batik-Kleidung und Birkenstock Sandalen.

"Es war keine dumme Idee und du weißt bereits mehr als davor. Hoffe ich doch." Sofia lächelte, es kam dennoch energisch und nahezu fordernd. Ganz so als wäre für den Ghul selbst dieses informelle Gespräch ein Wettbewerb.
"Missverständnisse lassen sich doch klären." Etwas widerwillig liess sie sich im Schneidersitz dann doch nieder. Es hätte sie durchaus nicht überrascht hätte ihr Michael nun einen Joint angeboten. Sollte sie vielleicht?

"Ich für meinen Teil glaube nicht das du mich kränken oder verletzen wolltest. Nicht einmal das du unsereins verachtet. Es lediglich ein anderer Umgang als den welchen Vicente pflegt. Einer den ich bevorzuge. Er ist was derlei betrifft sehr viel direkter und hat wohl auch eine andere Sicht der Dinge. Natürlich unterrichtet er mich, aber es ist weniger eine Ausbildung als eine Dienerschaft aus der ich mich vielleicht erheben kann. Wenn man meine Leistungen schätzt, sieh ich bin eine geborene Putanesca." Das Lächeln drückte wesentlich mehr Optimismus aus als man Angesichts der Feststellung erwarten konnte. Ganz so als sei sie zuversichtlich es dennoch schaffen. Ungeachtet des Rufs wenig mehr als das Talent zum Schläger im Blut zu haben und dem Umstand einem Scholaren zu dienen.
"Du kannst es versuchen positiv zu sehen. Andere würden den Bericht einfach so schreiben. Um dich zu schützen, um sich selbst zu schützen. Er ist dafür zu offen. In gewisserweise zu ... man könnte wohl sagen weltfern,.. entfremdet. Es hängt damit zusammen wie sehr er die Familie schätzt und,.." sie überlegte kurz.

"Ich befürchte du bist mir nicht ganz gefolgt. Vicente unterscheidet nachdem Blut und der Art. Er betrachtet den gesamten Clan als eine Familie, er betrachtet seine Dienerschaft als eine Familie, er betrachtet den Mob als eine Familie und er sieht den neuen Clan als eine Familie.
Nicht wortwörtlich als Familie, vom Wertegefüge."

Sie runzelte leicht die Stirn. "Die Regeln einer Vendetta?" Sie schien es nicht zuordnen zu können. "Ihn hat der Tod eines Familienmitglied getroffen. Es ist für ihn ein persönlicher Verlust. Er verachtet Emotionen zu sehr, sieht sich zu sehr Scholar als das er sich einer Vendetta hingeben würde. Nicht freiwillig.
Ich denke er bereut das er den Russen im Zorn in die Hölle geworfen hat. Die Seele des Mörders stand der Familie zu, Venedig." sie hob die Schultern "Zudem hat es die Befragung recht jäh beendet."

Es folgte eine Pause. "Wenn Vicente umkommt. Es würde wohl entschieden werden müssen. Das man mir deswegen den Kuss schenkt,.. ich halte es für unwahrscheinlich und wenig klug." Wahrscheinlicher fand man sieh das sie als loses Ende umgebracht würde.

Sie schüttelte leicht den Kopf. "Aber zurück zur Familie. Ich sagte bereits er ist ein traditioneller, konservativer Mann und ich teile die Erziehung. Sprich ihm gegenüber nicht von anderen Familienmitgliedern abwertend.
Gerade nicht gegenüber solchen die alt sind, die sich bewiesen haben und denen Ehre gebührt. Unabhängig davon ob man sie noch nie sah oder ob man sie sah und .. aufgrund der eigenen Jugend .. ihre Weisheit nicht nachvollziehen kann.
Den Alten steht Respekt zu den Gleichen die Augenhöhe und Jüngere.." Sie nickte leicht bekräftigend. Der Ghul wusste wenig um das Alter der Person welche ihrem Herrn den Kuss geschenk hatte. Natürlich war sie ihr begegnet, und wieder auch nicht. Die meiste Zeit war sie in ihrer Gegenwart wenig mehr als ein Werkzeug ihres Kindes gewesen.

"Denk dir den Teil mit dem Fossil, aber sags nicht, lass es nicht durchblicken. Das ist doch ein erster guter Tipp?"
Sie umfasste die Knie, lies dann jedoch wieder die Hände sprechen.
"Besser wäre es natürlich wenn du es wirklich verinnerlichst. Es ist das was uns von den anderen Familien unterscheidet. Das wir uns näher sind, geschlossen stehen wo sie sich im internen Gezänk verlieren. Das wir Klarheit haben wo sie ihre Ränge mit anarchischen, chaotischen Gerede von Gleichheit verwässern."

Es klang durchaus ein wenig einstudiert, dennoch überzeugt während sie Michael ansah. Das Zitat zuvor war nicht von Shakespeare. Ein anderer Dichter hatte herhalten müßen und man konnte durchaus annehmen das Vicente nur die Bedeutung kannte, weitergab weil 'Wem die Stunde schlägt' als Wendung einen sehr deutlichen Bezug zum Tod hatte. Sie hatte es auch auf italienisch vorgetragen,.. etwas das Sinn ergab wenn sich Michael daran erinnerte das sein Clansbruder kein Englisch sprach. Dies zumindest behauptete.
 
Gut bezüglich der Familie relativ einig, es gibt Familie und Familie. Nur würde Michael nicht jeden „Angriff“ auf ein Familienmitglied auch als Angriff auf ihn ansehen würde.

„Du brauchst Dich wirklich auch auf den Boden zu setzen, nur weil ich dies mache und es als bequem empfinde. Ehrlich gesagt glaube ich nicht, das Du dies sonst machst oder machen würdest. Setz Dich bitte einfach bequem hin.“

Was sollte Michael mit einen Joint, der wirkte doch sowieso nicht mehr.

„Also ich halte Deine Einsichten über Deine in Anführungszeichen Probleme wegen des Blutes schon für weiter als die meisten Ghule überhaupt empfinden oder denken können. Alleine dies zeichnet Dich schon aus. Als gut gemeinter Rat, überlegen Dir gut, ob Du Kainit überhaupt werden willst und denke nicht Schritt wäre klein.“ Michael schaute nachdenklich, als wenn er sich sein Gedanken der damaligen Entscheidung wieder ins Bewusstsein rufen würde. „Auch ich habe angenommen der Schritt vom Ghul zum Kainiten wäre klein, bei Leibe nicht.“

Michael wusste nicht, ob er mit heutigen Erkenntnisse nochmals die Schritt gehen würde und er hatte schon den Vorteil überhaupt gefragt worden zu sein. Was eher die Ausnahme darstellt. Wobei seine Herrin sicherlich recht hatte einen Menschen gegen seinen Willen zu erschaffen, ist einer der sicherten Wege sich einen Feind zu schaffen. Selbst, wenn die Person erst viel später feststellt, dass die „Wahl“ schlecht gewesen ist, muss man mit unfreundlichen Reaktionen der Person rechnen. Auch die Kainiten neigen wie die Menschen dazu, die Schuld immer bei den anderen zu suchen.

Michael rückte seinen Schneidersitz wieder zurecht. „Nun ich verachte nicht die Emotionen, welche zum Kontrollverlust führen, sie sind ein Teil von mir und damit muss ich solange ich auf dieser Welt weile mit klarkommen. Die alten Rituale der Völker, welche dazu dienten den Jungen in den Kreis der Männer aufzunehmen, zielten genau auch darauf ab, dass der Mensch auch eine dunkle Seite in sich trägt und nur wer den dunklen Herrscher und den dunklen Krieger kennt und verinnerlicht hat, kann wirklich ein Heiliger König und lichter Krieger werden.

Aber ich stimme mit Vicente vollkommen überein ein Kontrollverlust ist indiskutabel. Wir haben das gleiche Ziel nähern uns aber von völlig unterschiedlichen Seiten dem Ziel an.

Michael glaube keinesfalls, dass beim Vicente Tod, die Familie Sophies Tod fordert und durchsetzten würde. Die Familie betrachtete diesen Ghul immer noch als Teil der Familie. Wahrscheinlicher war es, dass sie einen neuem Herrn/in zugewiesen wurde. Der Tod eines Familienmitgliedes wird nicht leichtfertig verlangt.

„ Zurück zur Familie. „ Bei dem Tipp von Sophie wegen des Fossil musste Michael leicht schmunzeln. “Danke, für den gut gemeinten Rat. Dann haben wir wahrscheinlich ein ähnliches Wertgefüge nur, das ich die nicht Familie nenne. Mit dem Alter sollte eigentlich auch z.B. Weisheit einhergehen. Jemand der wie du sagt beweisen hat „- auch wenn wir wahrscheinlich was ganz unterschiedlichen darunter verstehen - „ hat auch meine Achtung und meinen Respekt. Aber auch in unserer Familie gibt es Individuen, welche nur wegen der Nähe der Beziehung zum Vater, Großvater oder Erzeuger, sagen wir in Ruhe gelassen werden, da man es sich nicht unbedingt, wenn nicht nötig mit den erst Genannten verscherzen möchte. Vor diesem Personenkreis habe ich weder Respekt beschweigeden Achtung. Und von dieser gibt es leider auch welche im Clan.“

Michael überlegte und legte den Kopf etwas schräg.

"Wahrscheinlich hast Du recht mit dem Bericht, ich denke ich werde mal mit ihm darüber reden.“
 
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Sofia folgte den Ausführungen, war geneigt auf dieses oder jenes einzugehen als sich gegen Ende ihr Blick verfinsterte.
Sie saß noch immer im Schneidersitz da, überlegte was gesagt werden musste, was sie durfte und was sie sollte.

Der Blick war dunkel, die Stimme ernst.
"Ich weiß nichts über dein Wertgefüge. Nachdem was du jedoch sagst hast du mit ihm nichts gemeinsam." Sie atmete tief durch durch, beruhigte sich.
"Du sprichst wider den Anziani, bezeichnest sie als Fossile.
Du sprichst wider der Familie. Davon das du keinen Respekt hast. Keine Achtung. Das du aufgrund von deiner Befindlichkeiten, Gerüchten,.. Neid auf ihren Rückhalt Mitgliedern absprichst würdig zu sein. Das die Entscheidung der Anziani sie aufzunehmen falsch war." Sie pausierte. Die Zähne wurde aufeinandergepresst. Ruhe!

"Welche Werte glaubst du teilst du mit ihm?
Für Vicente ist die Familie alles. Er ist loyal. Traditionell. Konservativ. Ohne Kompromisse. Er bemisst Wert darin einen Platz in einer Hierarchie einzunehmen. Sich in die Struktur zu fügen und sie zu unterstützen.
Nachdem was du sagst achtest du die Familie bis auf Ausnahmen nichts. Es ist dir zu wider eine Struktur, Ordnung anzuerkennen. Die Erziehung der deinen, dein Verhältnis zu ihnen ist,... bestenfalls wohl unorthodox zu nennen.
Auch was die Ziele angeht,..." sie schüttelt den Kopf. "Ich verstehe nicht genau wonach Vicente strebt. Neben der Verantwortung gegenüber der Familie, die Erfüllung seiner Aufgaben und Pflicht. Aber es ist nichts menschliches. Er sieht sich nicht mehr als Mensch. Ist keiner. Du glaubst ihr bewegt euch da auf etwas gemeinsames zu?"
 
„Sophie sei bitte mit gewissen Worten etwas vorsichtiger, man weiß nie wer alles mithört.“ Michael machte eine kurze Pause. Und setzte dann an, es schien ihm etwas Überwindung zu kosten davon zu berichten.

„Also ich bin von einer....“ Michael machte eine kurze Pause, „erzogen worden. Ich betrachte sie sicherlich nicht als Fossil, obwohl sie darüber wohl nur lachen würde und betrachte bei weitem nicht alle Anderen als solche, sondern nur einen kleinen Teil. Als Beispiel man muss nicht alles verstehen können, aber man sollte in der Lage sein es zu benutzen oder sicher zumindest jemanden suchen der es kann. Wer heute noch mit einer Kutsche fährt anstelle mit einem Auto, ist schon mehr als merkwürdig. Diese Liste lässt sich nach Belieben fortsetzen. Ich denke Dir sind als Frau die Vorteile bekannt, welche wir Männer gerade welche im Mittelalter aufgewachsen sind, haben oder hatten - Kinder Küche und Kirche oder für mehr als die Beine breit machen sind Frauen nicht gut. Für diese männlichen Kainiten ist schon revolutionär, dass eine Frau als Kainit auch im Stande ist, was leisten und sollte sie dann auch noch erfolgreicher sein, bricht bei diesen ihr Weltbild zusammen und es herrscht blanker Neid. Wer sich Jahrhunderte lang mit solchen Vorurteile herumärgern muss, erzieht andres. Schaue genau hin und beurteile möglichst wertfrei nur einfach nach deren Leistungen. Eltern neigen dazu für ihre Kinder das Beste zu wollen, aber sicherlich nicht wertfrei die Leistungen ihrer Sprösslinge zu beurteilen. Fast alle Eltern haben einen Bastlerstolz und sind für die Fehler ihrer Kinder blind. Nimm einen guten König, dies bedeutet noch lange nicht, dass auch seine Kinder gute Könige sind oder je werden. Trotzdem wurden die Titel vererbt anstatt sich einen würdigen Nachfolger zu suchen.


Machen ganz deutlich ich würde sagen, da Du mit meinen Ansichten wenig anfangen kannst, liegt der Verdacht nahe, nein ich nehme Dir dies absolut nicht übel – dass ich aus deiner Sicht genau zu dieser Gruppe zähle. Gerade in unserer Familie ist Blut dicker als Wasser, also wird nicht zwingend der mit den besten Voraussetzungen gewählt, sondern leider auch schon mal der mit den dickerem Blut.“ Ohne Garbriela wäre ich wohl nie Kainit geworden, gestand sich Michael offen ein.

„Ich würde meine Erziehung nicht als unorthodox sondern fortschrittlich bezeichnen. Für jede Neuerung braucht es Personen, welche Dinge hinterfragen. Für uns ist heute selbstverständlich, dass die Erde rund ist, aber hat die Kirche behauptete Jahrhunderte lang die Erde wäre eine Scheibe. Aus heutiger Sicht völliger Unsinn. Traditionen und alles andere sich nicht grundsätzlich schlecht, genau wie sie nicht grundsätzlich gut sind.

Nur wer quer denken kann, kann auch Lösungen abseits der Hauptideen finden. Nein, ich behaupte nicht, dass dies immer der Fall ist, aber ohne Querdenker wird man nie Lösungen abseits der Regeln finden.“ Und August Giovanni hat es selber vorgemacht, Regeln gebrochen und dazu noch erfolgreich.

„Nimm die Kappadozianer als Beispiel, die haben es nie mit der Nekromatie richtig hingekommen. August Giovanni hatte eine Idee und hat sie konsequent und richtig dann umgesetzt. Oder Kainiten welche eine neuartige Disziplin oder nur eine interessante Erweiterung einer Bestehenden gefunden haben. Sie haben alle außerhalb des Regelsichtfeldes gesucht.

Wichtig finde ich, dass man seinem Gewissen und seiner Moral treu bleibt.

Was ich mit ihm teile, möchtest Du wissen; seine Faszination gilt den Tod. Für mich sind Leben und Tod ein und das Selbe, wie zwei Seiten einer Münze; untrennbar mit einander verbunden. Also suchen wir das Selbe nur auf anderen Wegen.“
 
Mit der Zurechtweisung konnte Michael sehen wie sich die Haltung Sofias.
"Ernsthaft? Du weißt mich zurecht weil ich den Ehrentitel verwende nur um später Seinen Namen zu nutzen zu missbrauchen und für deine Untreue durch den Dreck zu ziehen?"
Es gab viel worüber sie hinweg sehen konnte, vielleicht. Die Rede von Fossilien, das beleidigen anderer Familienmitglieder, aber es gab Namen die stellte man nicht so einfach in den Raum.

"Ich würde deine 'Erziehung' als Schande bezeichnen. Ein Fehlschlag und wenn es tatsächlich Absicht war, was ich zu bezweifeln wage als versagen! Eine Blamage für deine Sire."
Recht behände war sie auf den Beinen. Nahm einige Schritte Abstand. "Natürlich betrachtest du sie nicht als Fossil. Sie ist die Person hinter der du dich versteckst, dir dein respektloses Verhalten raus nimmst, unter deren Schutz du die Familie von innen heraus zersetzt." Die Hand griff in die Tasche, wählte eine Kurzrufkombi des Handy.

"Für dich sind nur die anderen alten Fossile! Alles dreckige Huren nur deine Sire nicht. Du hast keine Ahnung wer dem Kuss an Vicente gegeben hat. Weißt nichts über das Alter der beiden und stellst dich hier hin als hättest du die Weisheit mit dem Löffel gefressen." Sie mied es durchaus bewusst des Geschlechts auszusprechen. Ebenso wie Michael bemerken konnte wie der zuvor gehaltene Blickkontakt gebrochen wurde. Dennoch ließ sie ihn nicht aus dem Blickfeld.
"Spar dir auch deine dreckigen Lügen. Vielleicht nicht unter den Menschen, aber unter den euren war es kein Problem eine Frau zu sein. Damals nicht und heute nicht."

Sie hatte sich Richtung der Tür bewegt. Das Handy das sie während der kurzen Rede in der Hand hielt, das demnach jede der Gesten mitmachte war wieder im normalen Ruhemodus.
"Selbst was den Tod angeht. Du bist wie die anderen. Nicht in der Lage den Tod zu studieren. Seine Essenz. Weil du dich an das Leben klammerst. An das Menschsein." Es war ein ganzes stückweit improvisiert. Immerhin hatte sie nicht im Ansatz das gleiche Wissen wie Vicente. Dennoch reichte der Umstand das sich Vicente im Grunde an ihrer Schulter nach der Autofahr 'ausgeweint' hatte um zu erkennen das beide Kainten meilenweit im Umgang mit dem Tod voneinander entfernt waren und scheinbar auseinanderstrebten.

Sofern nicht Michael nicht gleich das Wort erhob, reagierte entstand eine unangenehme Pause. Zumindest für Sofia gestaltete es sich nicht angenehm.
"Sag das es nicht wahr ist."
 
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Michael sagte erst mal garnichts Angesicht eines solchen Wutausbruches.

Wenn Sophia meinte die Männer und ihr Denken würde sich nur deswegen einfach ändern, weil zu Kainiten geworden sind, bitte Michael hielt dies für Unsinn, zudem wenn alle Männer in dunkelem Mittelalter geboren wurde. Uralte Kianiten werden die wahrscheinlich tatsächlich so sehen. Ab einem gewissen Alter werden sie wahrscheinlich schmerzhaft erfahre haben, dass die Macht des Blutes nicht vom Geschlecht abhängt.

Michael hatte zwar nicht von seinem Sire sondern von seiner Mentorin gesprochen, aber bitte.
 
Michael hatte wohl von der Person gesprochen die ihn erzogen hatte. Eine die man normalerweise als Erzeuger(in) bezeichnen würde und damit Sire.
Das es sich hierbei um eine Mentorin handelte konnte der Ghul vor ihm nicht wissen. Zumal der Gedanke aufgrund des Umstand das sie Vicentes Sire traf alles andere als abwegig erschien. Dieser Umstand, die Treffen, kleinere Anläße bei denen sie als Dekoration oder Diener beiwohnte - manchmal eine krude Mischung aus beiden - sowie während ihrer Ausbildung war zudem geschuldet das ihr bewusst das der Geschlechtsunterschied nachdem Kuss keine Rolle spielte. Nie eine Rolle gespielt hatte und das Bild offenbar in der Geschichte verzerrt wurde.
Sie prüfte das die Tür offen war, öffnete sie einen kleinen Spalt.

Wie dem auch war, sie hatte es ihm mehr als deutlich gewarnt. Immer und immer wieder.
Zu letzt das Angebot nach der Stille. Irgendein korrektiv nachzuschieben. Ein Friedensangebot.
Mehr viel ihr nach Ausfällen zu Fossilen, mangelnden Respekt und Anerkennung - sie waren in der verfluchten Diaspora -, den Verleumdungen und der Nennung des Namens nicht ein.

Die Zeit verstrich. Erstaunlicherweise dauerte es keine weiteren Fünf Minuten bis die Tür mit einem Schwung aufgeschlagen wurde und die bleiche Gestalt Vicentes im Gang stand.
Es schien das er bleicher war als sonst, tiefe Ringe unter den Augen. Er skalierte die Situation, griff schließlich mit der Rechten Hand unter an Sofias rechten Arm, legte die Hand auf die Linke Schulter und zog sie heran.
Der leblose Blick des Vampir dem offenbar jegliche Wärme fehlte fixierte Michael während Sofia in selbst für Italiener gehetzten italienisch leise offensichtlich Berichtete.

Die Miene des Nekromanten bewegte sich nicht. Kein blinzeln, kein weiteres Zeichen der Müdigkeit, keine Reaktion.
Sofia hatte geendet. Eine weitere Minute verstrich in der er den Griff nicht änderte und auch weiterhin kalt blieb.

Sein Blick fixierte unverändert Michael.
"Hast du etwas anzufügen?"
Die Stimme klang trocken, raspelnd. Als würde eine Leiche ihres toten Zustand zu trotz sprechen.
 
  • Ok, mehr als ein Fehlschlag anstatt die Situation besser zu machen war sie noch schlimmer geworden. Ich habe wohl die Situation falsch eingeschätzt.

Du solltest ins Bett gehen kam Michael in den Sinn, dies hieße aber noch weiteres Öl ins Feuer gießen. Versuchen wir es mal mit einem Friedensangebot.

"Gehe ich richtig in der Annahme, dass ich Dir morgen die Manipulation näher bringen soll? Mein Angebot steht noch, wenn Du es willst.

Genauso gehe ich davon aus, dass ich Dir morgen bei den Füchsen helfe." Oder? Wenn solltest Du denn auch sonst fragen, besser einen nervenden Clansbruder als ein Fremden.

Michael war durch aus loyal zur Familie , nur hatte man ihn nicht zum blindem Gehorsam erzogen. Den Unterschied schien, aber weder Vicente noch Sophia zu verstehen, leider.
 
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Vicente hielt den Blickkontakt aufrecht, folgte den Worten und betrachtete die entspannte Haltung des gegenüber.

"Deine Annahmen ist korrekt."
Die Feststellung wurden in der selben Tonlage wie zuvor vorgetragen.

"Dennoch Wisse das der Tod meines Ghuls mein ist. Ich werde sie richten.
Solltest du dem vorgreifen wird es schwerwiegende Konsequenzen haben.
Das gleiche wird gelten sollte Sie physisch oder psychisch versehrt werden."
Die Frau die Vicente gepackt hielt blieb bemerkenswert ruhig Angesichts der getroffenen Feststellung über ihr Ende.

"Was das weitere betrifft sprechen wie morgen, nachdem Tagwerk."
Er beugte sich leicht vor, flüsterte Sofia weitere Worte zu und würde, sofern Michael nicht das Wort erhob, einschritt wieder entschwinden.
Es war nicht so das die Rosselinis sich dem blinden Gehorsam hingaben. Allerdings waren sie, der eigenen Ansicht nach, ganz im Gegensatz zu ihrem Clansbruder, loyal. Sie fühlten sich der Familie verbunden, vertraten die Ziele, Werte und Ideologien und erhoben sich nicht über die anderen. Es war aus ihrer Sicht das worauf die eigene Stärke aufbaute.

Sofia verhaarte an der Tür. Betrachtete Michael ruhig, wie einen Fremden.
 
Michael schaute Vicente jetzt fast etwas verdutzt an. Er hätte fast alles erwartet nur keinen Vortrag über, dass er über den Tod von Sophia bestimmt.

„Selbstverständlich. Ich töte schon keinen Fremden,“ gedanklich fügte Michael Menschen hinzu, „also noch viel weniger dann ein Familienmitglied.“ Zudem tötet man sowieso nicht einfach ein Familienmitglied, sei nun ein Kainit, Ghul oder einen Menschen. Im Gegensatz zu anderen Clans werden dann schon mal unangenehme Fragen gestellt.

Michael machte eine kleine Pause und erwiderte Vicente Blickkontakt.

„Da wir beide schon häufiger an aneinander vorbei geredet haben. Zumindest mir sind Deine Standpunkt nicht in allen Einzelheiten wirklich klar. Zudem hatte ich den subjektiven Eindruck, dass Dir dies ähnlich gegangen ist. So bin ich auf die irrige Idee gekommen, Sophia zu fragen, da sie Dich besser kennt als ich. Mein Ziel war die Kommunikation zwischen uns zu verbessern. Leider hat sich dies wohl als ziemlicher Fehlschlag erwiesen. Entschuldige, Vicente es war mein Fehler. Sophia trifft keine Schuld.“

Sie eigentlich nur gehandelt, wie es in der Familie von einem Ghul erwartet wird, höflich und zuvorkommen gegenüber ein Kainten zu sein.

Bei Vicentes Ansichten „sich nicht über andere zu erheben“ müsste Michael eigentlich nur schallend lachen, jeder Clan sah sich doch als Krone der Schöpfung an. Dies passiert schon seit Anbeginn der Zeit. Weil Vicente ein paar Jahre älter ist, meint er auch er hätte hier die Führung.
 
Die Worte änderten nichts an Vicentes zügigen verlassen des Raum.
Aus der Sicht des Italieners hatte Michael, nicht ungeschickt, in den Raum gestellt in wie weit er zusammenarbeiten würde. Das er es auf die Frage hin tat was er auf die Anschuldigungen hin erwidern würde stellte in den Raum das eine weitere Diskussion wohl das Handeln in Frage stellen würde. Der Bestatter hatte sich lediglich versichert das einerseits die morgige Nacht nicht darunter litt und das andererseits sein Ghul nicht mittels Beherrschung oder drastischeren Maßnahmen beeinträchtigt wurde.

Sofia verhaarte, wartete. Es wirkte ein wenig ratlos wie der Ghul dort stand.

Natürlich hielten beide Italiener den Clan für den besten, das beste was ihm oder irgendeinem (ehmaligen) Menschen passieren konnte.
Dennoch, und gerade aus den Gründen weshalb er ihn so hoch schätzte, galt es sich nicht aus der Hierarchie zu entfernen und die Traditionen zu befolgen.
Sich nicht über die anderen zu erheben in dem man ausbrach. Die Vermutung das der Nekromant ein gesunders Ego hatte stimmte wohl Alter, Familie, Expertise waren Faktoren. Aber in der jetzigen Situation noch viel mehr das er gegenüber der Familie ehrlich war, das er sich in die Rangordnung kompromisslos fügte und das er keine Mitglieder aufgrund von Gerüchten den Respekt, gar die Akzeptanz, versagte.

Ein kleines Räuspern des Ghuls. Ein menschlicher Reflex oder etwas um die Stille zu brechen.
"Was haben ... wir jetzt vor?" was anfing wie der Übergang zur höflichen Rede brach auf letzter Strecke zum allgemeinen 'wir' ab.
Die Distanz schien deutlich größer geworden. Das Mord-Versprechen ihres Herrn ihr gegenüber? Die Situation im allgemeinen? Es gab wohl einiges was es erklären konnte.
 
Sofia wartete einige Augenblicke bevor sie erneut das Wort erhob.
"Wir können das Gespräch gerne fortführen. Ich kann versuchen die Einzelheiten die dir an Vicentes Standpunkt unklar sind zu erläutern oder Fragen zu beantworten. Ebenso wie ich versuchen kann deinen Standpunkt zu verstehen und weiterzugeben."
Das sie Berichten würde war wohl abzusehen. Auch das die Chancen gut standen das der Knall der ausblieb mehr aufgeschoben als aufgehoben war.
"Natürlich kann ich mich ebenso darauf beschränken deine Wünsche hinsichtlich der Verkleidung entgegen zu nehmen und umzusetzen."
 
Unter den Kainiten gibt es Schafe und Wölfe. Die Schafe rennen der Herde und den Leithammel einfach hinterher, die Wölfe nicht. Beiden Menschen kann man sicher sein irgendwann geht der Opa, dann der Vater und dann bekommt man selber den Posten. Dummerweise haben weder der Vater, noch der Opa oder der Uropa bei den Kainiten die Lust anzutreten. Folglich kommt man nur weiter, wenn man dafür sorgt, dass sie abtreten und zwar dann auch endgültig. Als Wolf stirbt man vielleicht bei diesem Versuch. Es ist aber allemal besser als ein Leben lang der Herde hinterher zu rennen und nie frisches Gras zu sehen, geschweigende zu fressen.

Dies ist auch einer der Hauptgründe, warum die Alten die Jungen fürchten, denn irgendwann versteht fast jeder der Jungen, dass es ohne die Alten zu beseitigen kein Fortkommen gibt.
"Danke Sophia, sehr freundlich von Dir."

An Vicente gerichtet:
„Ich habe Dir und auch Sophia versucht beizubringen, dass ich nicht wie die Lemminge einfach die Klippe runter zu springe, weil es jemand für gut erachtet. Mir wurde beigebracht meinen Verstand zu benutzen und selbstständig zu denken. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ich der Familie oder dem Clan keine Hilfe gewähre. Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass man; hier ich; einen anderen Familienmitglied gerade in Notzeiten helfend zur Seite steht.“ Deswegen helfe ich Dir ja auch.

„Ich wünsche Dir, Euch eine gute Nacht bis morgen.“
 
Vicente war nicht anwesend. Er war bereits gegangen bevor sich Sofia nachdem weiteren Verbleib der Situation erkundigt hatte.
Nachdem er gesprochen hatte und geflüsterten die Worte an seine Ehefrau gerichtet hatte war er rausgetreten und hatte sie allein gelassen.

Der Ghul wandte sich irritiert um nachdem Michael offensichtlich auch Vicente ansprach. Allerdings war der Platz hinter ihr leer.
"Du möchtest der Respektlosigkeit gegen die Familie, wider die Alten, dem Affront gegen Ihn und deinem Angriff auf Vicente damit beschließen?"
Sie atmete resigniert und ein Stück frustriert durch.
"Das du ... Vicente belehren magst, ihn mangelnde Selbstständigkeit vorwirfst, für nicht fähig befindest seinen Verstand zu benutzen und ihn mit einem Tier vergleichst.
Mit kleinen Ratten die für eine vermeintliche Doku,... " Sie schüttelte den Kopf. Es würde nichts bringen näher darauf einzugehen.
"Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein und doch hast du den Zusammenhalt erst vor einigen Augenblicken als Pfand verwandt um ihn zum Schweigen zu bringen."

Sicherlich gab es unter den Kainiten Schafe und Wölfe. Allerdings war es gerade unter diesem Gesichtspunkt keine allzu weise Idee wenn man unten im Rudel stand allzu offen zuzugeben wenn man auf gleicher Stufe alles reißen würde und nach welcher Kehle man lechzte. Gerade wenn man mit einem anderen Wolf sprach. Konnte es doch gerade in einem Wolfsrudel dazu führen das ein Welpe seines Platz gewiesen wurde. Unter Umständen endgültig. Ebenso wie man die Versetzung in diese Stadt durchaus dahingehend begreifen konnte das ein Fortkommen ohne Mord gewährt, fast erzwungen wurde.

Sofia wartete ab, sah Michael an, würde ihm Raum geben weiter zu sprechen. Wenn die Worte nicht kommen würden, würde eine kleine Verneigung folgen.
"Einen angenehme Nacht. Du magst mich aus dem angebotenen Dienst entlassen?" Wären die Worte die folgten wenn Michael schwieg. Die Frage kam etwas irritiert, schlicht weil es so 'klang' als stellte es eine Entlassung dar.
 
Warum meinten alle Menschen sie wären so wichtig für die anderen, dass man alles gesagte auf sie selber beziehen würde, was für eine Arroganz.

"Ich belehre Vicente nicht, aber ich habe teilweise andere Meinungen und Standpunkte als er und dies tue auch kund. So, ich glaubte Vicente Art ist sicherlich cleverer als die Meine. Voraussetzungen für seine Ethik, Moralvorstellungen ist freies Denken, andernfalls kann man die dahinter stehenden komplexen Zusammenhänge nicht erfassen. Ich habe mich damit auch mal beschäftigt, aber sicherlich nicht so ausführlich wie Vicente, dies getan hat und auch noch vollführt.

Das wichtigste ist für mich, dass ich mir selber noch ins Gesicht schauen kann. Ich folge meinem Gewissen.

Die Jesuiten waren lange im Bildungssystem Europas tätig. Folglich stießen sie häufiger an Probleme, welche die Naturwissenschaften entgegen der kirchlichen Doktrin stellten. Darauf wurde ein Beschluss gefasst welcher man kurz zusammenfassen kann:

„Ich werde glauben, dass Weiß Schwarz ist, wenn es die Kirche so definiert.“ Oder in anderer Fassung ist übersetzt:„Wir müssen, um in allem das Rechte zu treffen, immer festhalten: ich glaube, dass das Weiße, das ich sehe, schwarz ist, wenn die Hierarchische Kirche es so definiert."

Damit kann ich persönlich nicht.“

Michael überlegte was Sophia mit „Du magst mich aus dem angebotenen Dienst entlassen?" genau meinte. Sie hält es für eine Selbstverständlichkeit, das ich Vicente helfe, aber zumindest klingt dies so, als wenn sie selber nicht dazu bereit wäre, nun gut es wird auch ohne sie gehen.

„ Wenn Du dies so wünscht, werde ich nicht darauf bestehen, aber es wäre freundlich von Dir, da Du dies sicherlich besser beherrscht als ich selber.“
 
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