[18.5.2008] Freundinnen?

Lena umrundete den Schreibtisch und erwies der Freundin diesen Gefallen.
Von der Prinz ging eine selbst für Vampire ungewöhnliche Kälte aus. Ihre Umarmung jedoch war voller Hingabe und spürbarer Freundschaft.

"Erneut danke, Melody!"

Flüsterte sie.

"Und nun, bitte... geh!"
 
Melody störte die Kälte nicht, sondern sie schmiegte sich in die Umarmung ihrer Prinz und nahm das Geschenk der Nähe, das ihr geboten wurde. Es war zu spüren, wie Melody Halt und Trost in der Berührung zu suchte. In dieser Umarmung ging es um nicht mehr als Freundschaft. Aber hatte die Prinz sie durchschaut? Schickte sie sie deshalb fort? Oder war das wieder nur der Graben, den sie aufrecht erhalten musste? Sarah drückte Lena noch einmal sanft, bevor sie sich mit einem halben, irgend wie traurigen, aber auch dankbaren Lächeln löste „Danke.“, sagte sie leise. Sie wirkte recht ruhig.

Geschahen noch Zeichen und Wunder? Obwohl Melody die Erlaubnis hatte, sich anders zu verhalten, wählte sie dieses Mal den korrekten Weg. Sie drehte ihrer Prinz nicht den Rücken zu und verneigte sich leicht, bevor sie endgültig ging.

Oder vorläufig. Je nachdem, was die Nacht noch so an Überraschungen bereit hielt.

Die Kameras konnten ein etwas sorgenvolles Gesicht aufnehmen, auch wenn der Gang der Ventrue von Energie zeugte und weit entfernt von einer nachdenklichen Depression war.

Es war Melody alles andere als leicht gefallen, Lena diese Schwäche zu zeigen. Sie legte viel mehr wert darauf, alle nur die harte Schale sehen zu lassen, die unbeugsame.. Weiss Gott, das musste sie auch sein bei dem Job, den sie sich ausgesucht hatte. Für Lena hatte sie diese Gefühle ins Licht gezerrt und verstärkt. Oder musste sie bei Lena doch eher sagen, dass sie sie in die Dunkelheit gepackt hatte? Werd' da einer schlau draus, wenn die Metaphern einfach nicht mehr passten.

Wäre sie auf Lena zu gegangen und hätte sie in den Arm genommen – es mochte sein, dass sie es sogar zu gelassen hätte, aber wohl hätte sich die Prinz dabei nicht gefühlt. Es war auch fraglich, ob sie es jetzt getan hatte. Sarah hatte bei ihr einen Trick angewandt, den Frauen bei Männern anwendeten. Wenn der Mann Trost braucht, aber es nicht zu geben kann, gib dich selbst schutzbedürftig. Dann kann er sich selbst als dein Held fühlen und wenn es gut läuft, kann er selbst noch etwas daraus ziehen. Lena war selbst eine Frau. Hatte sie die kleine Strategie der jüngeren Frau durchschaut, hinter der keine bösere Absicht lag als ihr Trost zu spenden ohne sie in irgend einer Form bloß zu stellen?

Draussen angekommen vertieften sich einmal kurz die Sorgenfalten, als sich auch schon weider ein Lächeln auf Melodys Gesicht schummelte. Es war egal. Sie würde Lena so viel Nähe geben, wie sie konnte und wie die andere zu lassen konnte. Sie hatte das Bedürfnis, sich wie ein nasser Hund zu schütteln. Das lag mehr an der Anspannung als an der Dunkelheit, die Lena neuerdings umgab. Aber wegen der Dunkelheit tat sie es nicht. Ihr Blick sondierte wie immer in letzter Zeit, wenn sie auf die Straße trat, die Umgebung. Sie konnte sich keine Fehler leisten.

Der Jungspunt nahm etwas Anlauf und sprang hoch. Mit einem Grinsen im Gesicht berührte sie leicht die Straßenlampe. Sie wollte einfach nur sehen, wie hoch sie springen konnte. Das war alles. Und es war genau so gut, wie sich zu schütteln.

Mit einem warmen Lächeln blickte sie zum Schluß noch mal zu der Akademie. Da war ein kleiner, wichtiger Schatz drin verborgen. Sie würde ihn behüten so gut sie konnte.

Obwohl der Schatz ihr nicht das geringste zu ihren anderen beiden Anliegen gesagte hatte. Weder zum Unterricht noch zu den Ghulen hatte sie eine Antwort erhalten. Keine direkte. Nun, wenigstens für den zweiten Aspekt nahm Melody das mal als vorläufige Erlaubnis. Immerhin war ihr Vorschlag auch nicht verneint worden. Und das Durchsuchen des Schreibtisches und das Lesen der Akte... war auch ein sehr stillschweigendes ja gewesen.

Schon wieder grinste Melody, was aber keine Kamera mehr aufnehmen konnte, weil ihr Helm inzwischen auf ihrem Kopf saß und sie davon fuhr. Für's erste.

Oder zweite.
 
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