[Kurz zuvor in Oliver Buchets Schlafgemach:]
Wer mit hohem Einsatz spielte, durfte kein Detail vergessen. Jeder noch so kleine Fehler, jede dumme Unachtsamkeit konnte den Kopf kosten. Lena hatte ihre beiden Besucherinnen verlassen, um sich einige Momente freier Rede mit ihnen zu erkaufen. Es gabe nur einen Weg! Ihre Trumpfkarte war, dass Buchet noch immer überzeugt war, dass sie nach wie vor an sein Blut gebunden und ihm treu ergeben war. Sein einziger Fehler bisher, gleichwohl auch der schwerwiegendste.
Lena kniete sich neben ihren Gatten, hauchte ihm einen Kuss auf die Wange, strich ihm zärtlich durchs Haar und flüsterte ihm leise ins Ohr: "Caitlin McKinney ist hier. Du hattest mich gebeten, dich zu informieren falls sie uns besuchen kommen sollte. Ich werde sie so lange wie möglich beschäftigen, so dass du genügend Zeit hast. Pass auf dich auf, mein Herz!" Jedes ihrer Worte war erfüllt von Zärtlichkeit und tiefer Liebe.
Die Toreador ließ einige Sekunden verstreichen, dann nutzte sie ihre Macht um zu überprüfen ob Buchet sich auch tatsächlich auf den Weg gemacht hatte. Sie erkannte das silberne Band, dass seine entschwundene Seele mit dem leblos zurückgebliebenen Körper verband. Sehr gut, so hatte sie etwas Zeit gewonnen...
[Jetzt! Im Wohnraum der Buchets:]
"Sehr gut! Vielen Dank für Ihre offene Antwort. Wir können einige Minuten frei Reden. Die Dunkelheit schützt uns vor neugierigen Blicken. Oliver selbst ist per Geistreise zum Hauptquartier des Clans Tremere aufgebrochen. Bitte verzeihen Sie, Caitlin. Ich habe ihn darüber informiert dass Sie hier sind. Er bat nach seiner Rettung darum und wäre misstrauisch geworden, wenn ich es nicht getan hätte. Was genau er vor hat, weiß ich nicht? Aber es verschafft uns wenigstens ein bisschen Zeit..."
Hoffentlich war sich Caitlin darüber im Klaren, dass sich Buchet auch ohne ihren Besuch irgendwann auf den Weg gemacht hatte. Was er vornahm, war eine Astralreise, er konnte also nur beobachten, zuschauen und nötigenfalls mit dem ein oder anderen Kainiten kommunizieren. Wirklichen Schaden anrichten konnte er nicht. Und selbst wenn, wer oder was sollte ihn aufhalten?
Da war es vernünftiger seine geheimen Vorhaben wenigstens zum eigenen Vorteil zu nutzen...
"Ich habe einen Plan, mit dem wir die Vernichtung des Gemäldes erreichen können. Er baut auf einer Taktik meines Mannes auf, die er sich zurechtgelegt hat, falls er nicht wieder in den Stand des Prinzen erhoben werden sollte. Es ist also wichtig, dass auch Sie beide ihm während der Verhandlung das Vertrauen entziehen. Nur so wird er gezwungen sein, von seinem Hauptvorhaben, einfach alles beim Alten zu belassen, abzuweichen. Sein Plan für den Notfall ist anzubieten, sich für lange Zeit in Starre zu begeben und mich an seiner statt in das Amt des Prinzen zu berufen. Damit man ihm diesen Ausweg zugesteht, wird er zudem anbieten das versteckte Gemälde von Finstertal nach Warschau zu verfrachten, damit das Problem aus Finstertal verschwindet. Ziege selbst wird er der Stadt überlassen, er ist für ihn nicht mehr von Bedeutung. In diesem Atemzug in aller Öffentlichkeit zu fordern, dass das Gemälde vernichtet wird, wäre töricht. Wie ich eben schon erklärt habe, gibt es sehr mächtige Wesen, die äußerst erbost wären, wenn man das Bild so mir nichts, dir nichts zerstören würde."
Lena fiel auf, dass sie abzuschweifen begann und konzentrierte sich wieder aufs Wesentliche. Sie hatte es mit zwei sehr intelligenten Frauen zu tun, die sich sicherlich selbst ein Bild über Lage gemacht hatten.
"Oliver wird den Transport des Gemäldes in meine Hände legen. Und damit kommen wir zu dem Punkt, an dem der Verrat beginnt. Sobald sich mein Mann in Starre begeben hat, werden wir das Gemälde zerstören. Dies ist nicht so ohne weiteres möglich, ich weiß, aber ich habe mich vorbereitet und kann die Zerstören gewährleisten. Sobald das Bild nicht mehr existiert, wird auch Ziege vergehen. Anschließend werde ich mein Amt als Prinz dieser Stadt erneut zur Diskussion stellen. Eigentlich hatte ich vor, den Posten direkt im Anschluss niederzulegen, aber ich wurde, von jenen die bereits informiert sind, gebeten auch langfristig im Amt zu bleiben..."
Wovon ich allerdings noch lange nicht überzeugt bin...
"Im gleichen Atemzug, in dem wir die Zukunft des Prinzenamtes besprechen, sollten wir dann über die Zukunft Oliver Buchets beratschlagen. Sie werden sich vorstellen können, dass er ob der Zerstörung seiner Obsession ausgesprochen erbost reagieren wird. Seien Sie versichert, dass er den Problemen die Zacharii verursacht hat, in nichts nachstehen würde..."
So!
Die Katze war aus dem Sack. Nun war es an den beiden Frauen, den Plan gutzuheißen oder für Lenas Untergang zu sorgen. Nie hatte ihr Vorhaben wohl auf wackligeren Füße gestanden, als in diesem Moment.