Der Auftritt des Übergangsprinzen hatte auf Lurker in etwa die Wirkung einer mentalen Handgranate. Anstelle eines Tinnitus, der dafür sorgte, dass man außer einem boshaftem, hohem Piepsen, nur noch mitbekam dass es außerhalb der eigenen Ohren Geräusche gab, weil man ein sinnloses Rauschen erahnen konnte, hatte er das Gefühl, dass alles durch eine Lawine von Informationen weggeschwemmt werden sollte. Im Augenblick blieb dem Nosferatu nichts weiter übrig, als sich von der Welle wegtragen zu lassen und soviel wie möglich aufzunehmen. Ordnen und Interpretieren, würde er das alles erst später müssen. Meyye, der Prinz, Trapper, irgendwelche anderen Werwölfe und ein merkwürdiger Stich, weil es wohl zu einer Bestrafung kommen würde. Vielleicht war der Verborgene auch einfach nur überrumpelt, weil er feststellte, dass es ihn nicht freute zu hören, dass die verfluchte Gangrel endlich bekommen sollte, was sie verdiente.
Vermutlich lag das aber nur an der Flut von Informationen, die auf ihn einstürmten und der Tatsache, dass er sich natürlich persönlich um die Verräterin Meyye hätte kümmern wollen und dass es darum unbefriedigend war, wenn sie auf diesem Wege verschwand.
Ganz bestimmt. Du hast sie ja auch schließlich so konsequent verfolgt und bekämpft...
Verärgert brachte er Lurker die ätzenden Gedanken damit zum Schweigen, dass er sich daran erinnerte, dass bisher einfach nicht die Zeit gewesen war, sich um diese Sache zu kümmern. Außerdem wurde das Miststück ärgerlicherweise auch immer gebraucht.
Es war bequemer sich damit zu beschäftigen, dass er die Vorgehensweise dieses Galante und Trappers, in dieser Angelegenheit, sehr unvorteilhaft fand. Es wäre eindeutig besser gewesen Trapper im Stillen ins Bild zu setzen und die Gangrel zunächst diesen blöden Einsatz absolvieren zu lassen. So hätte man immerhin ihre Kampfkraft gehabt und wenn sie dabei drauf gegangen wäre, hätte man auch alle nachfolgenden Probleme gelöst gehabt. Natürlich kam in Lurkers Plan nicht die Überlegung vor, dass man Meyye nicht traute, weil sie den Prinzen zu Katzenfutter verarbeiten hätte können. Das lag allerdings wohl eher daran, dass dieses Vorgehen in Lurkers Gedankenwelt nicht unter der Kategorie 'Problem', sondern eher unter 'Lösung' geführt wurde.
Allerdings schien heute Abend jemand anderes wild entschlossen seine blutsaugende Existenz auszuhauchen. Hatte dieser Yoshida sich gerade erst damit in die Nesseln gesetzt, dass er irgendwie den Namen des Menschen herausgegraben hatte, der Lurker vor langer Zeit einmal war, beging er gleich darauf den schlimmsten aller Kardinalsfehler und nahm Jennys Namen in den Mund. Der Nosferatu legte den Kopf ein wenig schief, als er darüber nachdachte, ob Brujahs wohl weinten, wenn man ihnen die Haut abzog und sie dann zwang ihre Häutung zu essen. Wie kam dieser Impertinente Totalausfall dazu über Lurkers Tochter zu sprechen und sie für irgendwelche hirnverbrannten Pläne einteilen zu wollen.
Nur langsam kam ihm in den Sinn, dass die Anwesenden aus irgendeinem Grund darauf zu warten schienen, dass er etwas sagte. Anscheinend war dies eine dieser Sitzungen, bei denen man sich mit hinsetzen, schweigen und das Nosferatu Klichee bedienen nicht so einfach aus der Affäre ziehen konnte. Tatsächlich kam dem Verborgenen dann aber auch wirklich eine Idee. Sie war ein wenig tollkühn, aber wenn die Sache aufging und die meisten die morgige Nacht überstehen würden, dann mochten sich ungeahnte Vorteile für den Clan ergeben.
Es gibt vielleicht eine Möglichkeit. Es war kürzlich ein sehr alter und mächtiger Clansbruder von mir in Finstertal. Es wurde ihm das Gastrecht verweigert, weil es Unstimmigkeiten mit der Akademie gab, aber er dürfte noch in unserer Reichweite sein. Wenn ich ihn rufe und die Akademie ihn um Hilfe bittet, dann wird er uns wahrscheinlich beistehen. Alternativ fiele mir nur noch ein unseren Dr. Thürmer mit zu nehmen.
Das war es zumindest, was Evangelistos gesagt hatte. So konnte man die Nosferatu als Helden da stehen lassen, Evangelistos konnte niemand mehr auf die Füße treten, selbst wenn man ihm nachwies, dass er sich illegal in der Stadt aufhielt und wenn etwas schief ging mit den Wölfen, dann hatten sie mit ihm immerhin eine Chance.