Irgendwie hatte er es bis zu diesem Augenblick geschafft zu verdrängen, dass ausgerechnet Meyye ein Mitglied des Stoßtrupps 'Rettet die Oberrose' sein würde. Als sie dann aber durch die Türe kam, gönnte er sich zumindest das geistige Äquivalent eines Bisses in die berühmte Zitrone, wenngleich er ansonsten keine sonderlichen Reaktionen zeigte.
Zum Glück ging es dann sehr schnell um ihre konkreten Planungen und Probleme, so dass er sich nicht länger mit der Gangrel beschäftigen musste. Das Problem der Kommunikation untereinander würde sich erfreulicherweise schnell dadurch lösen, dass die Beteiligten sich schön an den Händchen zu halten hatten, während sie sich in der Höhle bewegen würden, denn nur durch eine gemeinsame, körperliche Verbindung würde der Nosferatu einen ausreichenden Fokus aufrecht erhalten können um die gesamte Gruppe vor der Wahrnehmung anderer zu verbergen. Tatsächlich hatte er es mit einer so großen Gruppe auch noch nie ausprobiert, weswegen es auch so wichtig war, dass möglichst viele Teilnehmer selber auch Kenntnisse über die Wege der Verwirrung und Verstohlenheit hatten. Ihre Erfahrung würde es überhaupt erst möglich machen, so viele Leute dort hinein zu führen.
Bevor Lurker aber irgendetwas in dieser Richtung artikulieren konnte, wandte sich der Asiate an die Gruppe, erzählte irgendetwas von Kehlköpfen und nannte ihn bei seinem sterblichem Namen.
Herr Vincent?
Der letzte der ihn so genannt hatte, war ein Archont gewesen, der vor vielen Jahren in der Stadt
Untersuchungen wegen Zachariis erstem Fluch und dessen Massensterben der Stadtbevölkerung angestellt hatte. Der Name war nirgends sonst Aktenkundig und es war nicht gerade einfach, den Namen des Menschen herauszufinden, der heute der Nosferatu Lurker war. Fassungslos starrte der Verborgene den Anderen dementsprechend an fühlte sich beinahe betäubt, so dass er im erstem Moment noch nicht einmal Wut empfinden, oder die 'Frühlingsrolle' am Kragen packen und durch den Briefkastenschlitz des Cafes nach draußen ziehen konnte, um ihm zu erklären wie wenig er sein 'Herr Vincent' war.
Die Geißel sprach ihn an und Lurker wandte immerhin seinen Kopf in dessen Richtung, wenn auch nicht wirklich seine Aufmerksamkeit. Trapper erzählte irgendetwas und es betraf den Nosferatu in irgendeiner Form, aber im Augenblick fühlte es sich für den Verborgenen so an, als würden alle um ihn herum plötzlich eine ganz andere Sprache sprechen.
Lurker spürte nur, wie viele kleine, Tropfen aus heißer Wut, fein wie Nebel auf seinen Verstand niedergingen und Löcher in die Kälte seines Verstandes brannten. Etwas in seinem Blut setzte sich in Bewegung, so wie Krokodile am Ufer eines Flusses, eines nach dem Anderem, ins Wasser glitten, wenn irgendwo ein schwaches Tier auftauchte und anstallten machte, den Strom zu überqueren.
Der Übergangsprinz der Stadt rettete ihn. Mit der Tatsache, dass dieser nämlich plötzlich zur Türe herein spazieren würde, war genauso wenig zu rechnen, wie mit der Idee, dass jemand ihn 'Herr Vincent' nennen würde und die Ausstrahlung des Toreador war tatsächlich kraftvoll genug, dass der Nosferatu aus seiner momentanen Starre gerissen wurde und seine volle Aufmerksamkeit aufsog.
Es war ein reiner Reflex, dass sich der Nosferatu vor dem Prinzen verbeugte, als dieser herantrat. Aus der Not geboren, dass ihm einfach nichts anderes eingefallen wäre, dass man hätte tun können. Wenn Lurker damit dann der Einzige wäre, würde er wohl einfach unangenehm auffallen. Das war aber nicht zu ändern. Galantes Auftritt und Anwesenheit, ließen aus irgendeinem Grund nichts anderes zu.
Später würde sich der Verborgene sicher darüber ärgern, wenn er der Einzige, oder auch nur der Erste war, der sich Verbeugte.
Glücklicherweise gab es aber immer noch nichts zu sagen, oder zu tun, weswegen seine anhaltende Schockstarre nicht weiter auffiel. Die Anderen redeten immer noch und er konnte nichts weiter tun, als zur Türe schauen, weil er irgendwie erwartete, dass dort gleich sein alter Freund Chezmoi mit einem Werwolf Arm in Arm total betrunken herein torkeln würden um lustige Hüte für Professore Johardos Junggesellen Abschied zu verkaufen, weil der demnächst die alte Gräfin Liebenstein ehelichen würde.
Wäre auch nicht viel absurder...
Ätzte der innere Lurker, dem nicht vor Staunen der Mund offen stehen konnte.