[13.06.06] - Wenn ich mich vorstellen dürfte...

Eldrige

Zombie-Survival Experte
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2. März 2004
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Der angenehme Tag hatte die Menschen verwöhnt und eingelullt, seine Wärme umschmeichelte immer noch die Luft der angebrochenen Nacht und flüsterte verheißhungsvolle Geschichten von milden Sommernächten die bevorstanden.
Auf dem verfallenen, ungepflegtem Bereich des Friedhofes tummelte sich das Leben. Insekten schwärmten und tanzten ausgelassen in der heimeligen Atmosphäre des ausgehenden Frühlings.
Unzählige Siebenschläfer huschten durch das Gras und ließen sich von ihm streicheln und alte bequeme Stubentiger spürten in ihrer Brust das wilde Herzen ihrer Vorfahren aus dunklen, geheimnissvollen Djschungeln schlagen.
Das Leben quoll beinahe aus allen Poren und es schien das sich alle die tausenden Tröpfchen aus Leben ihren Weg hinab in die kalten, dunklen Katakomben unter dem einsamen, vergessenen Brunnen in der hintertesten Ecke der alten Friedhofswiese machten.
Wie ein Zündfunke sprang es über auf den verkrüppelten, steifen Leichnam der dort unten auf seinem Altarstein lag und langsam begannen die Glieder der Leiche zu zittern und zu zucken.

Lurker schlug die Augen auf und die uralte Macht die sein Blut verfluchte brannte sich einen Weg durch seinen Körper, wie ein Schneidbrenner durch Metall. Spastische Wellen warfen seinen zerschundenen Leib hin und her und seine Zähne knirschten furchterregend weil seine Kiefer mit aller Kraft aufeinander mahlten.
Nach und nach entließ ihn das Erwachen aus seinem Würgegriff und er lag schließlich ruhig und völlig still in der Dunkelheit seiner Schlafkammer.
Es roch nach kühlem Stein und Alter. Hier war man näher an den Knochen der Welt als auf der Oberfläche und spürte das alter der Erde die einen umgab.
Zu einem normalem Aufwachen gehörte so etwas wie sich zu strecken, die letzte Müdigkeit aus den Knochen zu vertreiben und sich in Schwung zu bringen. Der Untote wußte nicht mehr wie sich das angefühlt hatte, damals.
Er kannte nur noch das kreischende Gefühl wenn die Nacht ihn aus der gnädigen, tiefen Bewußtlosigkeit des Tages riss und eine Nacht an die nächste reihte, wie eine endlose Kette aus Nacht die ihn mit sich riss.
Es war schrecklich, es war zum verzweifeln und zum weinen, aber so sehr man sich auch anstrengte einfach liegen zu bleiben und vor Selbstmitleid zu sterben, es gab da etwas das ihn immer wieder hochtrieb.
Sein Aufwachen bestand nicht daraus sich den Schlaf aus den Augen zu reiben, sein Aufwachen war bestimmt vom Hunger.
Er war da, noch bevor seine Gedanken einen Zusammenhang zwischen den Fetzen von Bewußtsein und einer Person die sich Lurker nannte herstellen konnte. Auch jetzt war er da, schlich umher in seinem Innerem und strich heulend durch die Kammern seines Ichs. Der Hunger war gnadenlos und er wollte hinaus, der Hunger war mächtiger als alles das Lurker kannte, der Hunger kannte nur ein Ziel und darum hatte er ihn aus dem Tod gerissen. Er würde sich von ihm hinaustragen lassen und er würde ihn dazu bringen nachzugeben und das Elexier das er so dringend wollte aus den Lebenden zu saugen. So war das Erwachen für die Verfluchten und so würde es immer bleiben.
Verdammnis war keine Frage der schwere einer Strafe, nur ihrer Dauer.

Lurker riss sich mit einem knurren aus der Depression. Struktur war wichtig, Struktur gab ihm Kraft seinen Willen über die zornige, alles verzehrende Flamme in seinem Innerem zu stellen.
Er begann damit seine sorgfältig zusammengelegte Kleidung anzulegen. Schicht um Schicht wickelte er sich um seinen unnatürlich dürren Körper, zog zuletzt die Kapuze über seinen kahlen Schädel und ging dann mit entschlossenen Schritten durch das kleine Höhlensystem. Er hatte einen durchgeplanten Tag vor sich, so viel gab es zu besuchen, sowohl Orte als auch Personen, doch eines war wichtiger und ging allem vorran.

Er schloss die große schwere Kette die an dem wuchtigem Betonklotz der im Boden des Kellerschachtes von ihm vergraben worden war auf, die verhinderte das man das Gitter von oben öffnete wenn er sich zur Ruhe begab und wandte sich dann dem Mauerwerk zu.
Mit hakeligen Bewegungen, wie sie lebende, wirkliche Muskeln wohl nicht erzeugt hätten, zog er sich die bewachsenen Wände des Schachtes hinauf und krallte sich in den Rand des Brunnens, hob das Gitter mit seiner Schulter an und schlüpfte durch den Spalt.
Die Luft roch süß, für jene die mit dem Duft von Blüten und frisch gemähtem Gras, der vom bewirtschaftetem Teil des Finstertalers Friedhofes hinüberwehte, noch etwas angenehmes verknüpfen konnte. Lurker konnte alle die Bestandteile in der Luft ebenfalls warnehmen, doch anstatt etwas dabei zu fühlen, erinnerte er sich nur daran wie es war Gefühle für so etwas zu haben.
In jedem Gerruch steckte der Dorn des Verlustes. Bevor er wieder schwermütig werden konnte hüpfte er von seinem Brunnen herunter und lief auf scheinbar wirren Pfaden durch die Bäume des kleinen Wäldchens in Richtung Industriegebiet davon.

Über alte, überwucherte Gleise, vorbei an stillgelegten Lagerhallen und rostigen Werkstoren führte ihn sein Weg durch das Fabrikenviertel der Stadt. Der Puls Finstertals schlug hier im ruhigerem Rythmus der Nachtschichten, nicht im hektischen, ständig am Rande des Kollapses befindlichem Herzschlag des Tages.
Der Nosferatu setzte über alte, graue Mauern hinweg und passierte Baustellen.
Schließlich ragte der Bauzaun mit dem muffigem altem Holzbeschlag der Mülldeponie vor ihm auf. Spielend leicht fanden seine Krallenbewehrten Finger halt in dem Draht und geschickt manöverte er sich durch die Stacheldraht Spirale die martialisch auf dem Zaun trohnte.
Als er auf der anderen Seite hinunter fiel, befand er sich in der Nähe des Fuhrparkes. Große Müllfahrzeuge standen in Reihe und Glied, wie schlafende Ungetüme im fahlen Kegel der spärlichen Beleuchtung.
In der Verbrennungsanlage brannten die Öfen auf Hochbetrieb und vernichteten die Zeugnisse der Konsumsucht mit der die Menschheit sich langsam aber sicher selber verblödete, verfettete und in den Wahnsinn trieb.
Wahrscheinlich würde er auf dem Rückweg irgendwo einen einsamen Arbeiter finden können, den er überfallen konnte. Der Fluch in seinem Innerem schlang eine Tentakel aus Hunger um seinen Willen und begann daran zu quetschen.
Warum nicht jetzt einen kleinen Abstecher machen und die Zähne in lebendiges Fleisch versenken ?

Weil sich das nicht geziemt... nach unserer Sitte

Die Stimme seines Meisters schnalzte wie eine Peitsche durch seine Gedanken und brachte die Kontrolle zurück.
Wenn es noch andere seines Blutes in der Stadt gab, dann würde er sie hier finden können. Wenigstens ihre Spuren.
Reissers alte Zuflucht befand sich unter der Deponie, wenn er nirgendwo andere Clansmitglieder fand, würde er diesen Ort kurz besuchen und der Todestätte der alten Geissel der Stadt die Ehre erweisen. Aber wenn es hier noch Brüder und Schwestern gab, dann sollten sie ihn nicht mit einem Menschlein zwischen den Zähnen und sabbernd vor Freude kennenlernen. Das Gehörte sich nicht.

Erst vorstellen, dann bedienen...

Also ging Lurker beschwingt los und lief die Pfade zwischen den Bergen von Abfällen ab, auf der Suche nach Gleichgesinnten.
 
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Es dauerte nicht lange bis sich seinen aufmerksam umherblickenden Augen die ersten Zeichen darboten. Auf dem Dach eines alten Mercedes lag der unangefochtene König der Müllhalde in all seiner räudigen Pracht und beobachtete mit wachen grünleuchtenden Augen sein Königreich und seine Damen. Sie waren zu viert und hatten sich strategisch über den Platz verteilt. Niemand der den Platz betrat entging ihrer Aufmerksamkeit.
Die Schwarze, die nun vorsichtig auf Lurker zukam war wohl einmal eine Schönheit gewesen, aber nun hatte sie einen hässlich nässenden Ausschlag auf dem Rücken. In ihrem Gehabe aber war sie eine Königin und ein Blick in ihre Augen zeigte jedem, warum ihre Art früher als Götter betrachtet worden war.
Ihr Blick fixierte Lurker als sie vor ihm zu stehen kam und ihn ansprach.
"Du bist von der Art der Fischfrau?! Bist du hier um sie zu sehen?"
 
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Er reagierte zunächst nicht auf die wachsamen Augen, meinte aber das es keine Ratten waren die ihm ebenso heimlich folgten wie er sich durch die ausgeöhlten Gerippe des menschlichen Wohlstandes bewegte.
Hier einmal ein leises scharrendes Gerräusch, dort ein kurzer, intensiver Blick aus Augen die ihn, trotz der Dunkelheit, mehr als deutlich sahen.
Schließlich trat eines der Wesen aus den Schatten hervor und ging majestetisch langsam auf ihn zu. Ihre glühende Iris glitzerte wissend und es war eindeutig das sie nicht nur zufällig seinen Weg kreuzte.
Der Nosferatu blieb stehen, spreizte die Arme leicht zur Seite ab und stimmte sich auf die wiegenden Bewegungen der kleinen Kreatur ein. Mit jedem Schritt den sie auf ihn zukam versuchte er sich mehr in das Spiel ihrer Muskeln hineinzudenken, bis er plötzlich das Rauschen ihres Blutes zu vernehmen meinte. Das Pochen ihres Herzens, das trotz Jahrhunderten der Domestizierung immer immer noch in einem wildem, ungefesseltem Takt schlug.
Er verstand den Stolz und das Revier, er verstand die Jagd und die Einsamkeit.
Schließlich ließ er sich in die Hocke fallen, die Ellenbogen lässig auf die Knie gestützt um etwas mehr auf Augenhöhe mit dem Tier zu sein, das er für so etwas wie ein Botin hielt. Wenn auch diese Bezeichnung nicht ganz zutraf. Ein Hund war ein Bote. Sie war eher so etwas wie eine Vertreterin, fühlte er die Gedanken Bahnen der Schwarzen.
Er vermutete das sie vom verfluchten Blut seines Clans gekostet hatte, denn es fiel ihm recht leicht die Gedanken des Tieres nachzufühlen.
Er spürte etwas das in der Kategorie der Katze wohl mit `Artgenosse´in seine Sprache zu übersetzen wäre. Er nickte und hielt Madam seinen Handrücken hin, damit das Tier, so es dies wollte, seinen Gerruch aufnehmen wollte. Nicht das er sonderlich angenehm roch, aber Einteilungen wie gut oder schlecht definierten sich anders in der olfaktorischen Welt dieser Wesen und es gehörte für sie zu einer höflichen Vorstellung dazu das man sich beroch.
Er sandte freudige Erwartung und Zustimmung über das empathische Band durch das er mit dem Tier sprach um ihr zu Verstehen zu geben das er sehr gerne mit einem seiner Artgenossen sprechen wollte.
 
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Die Katze nahm sein Angebot gnädig an und roch ausgiebig an seiner Hand, bevor sie sich umdrehte und ihm vorauslief.
Der Weg führte die Beiden am Rande des Platzes entlang, auf einem Pfad, der von den Überbleibseln der Zivilisation begrenzt wurde. Dem Nosferatu fiel auf, das der große Kater seinen Platz auf dem Auto verlassen hatte und nun nirgends mehr zu sehen war.
Teilweise bewegten sie sich unter dem Müll fort, zum Teil konnten sie die Sterne über sich sehen, während die Schwarze Lurker sicheren Schrittes durch das Labyrinth des Platzes zu einer Tür in der Seite eines Müllberges führte. Sie schob die Tür mit ihrem Körper weit genug auf um hinzuschlüpfen. Als er ihr folgte fand er sich in einem einfachen leeren Raum, der wohl zu einer unter dem Berg verborgenen Wellblechhütte gehörte. Vor ihm war eine weitere Tür doch seine Führerin war vor ihm stehen gebleiben und sah ihn erwartungsvoll an, bevor sie leise maunzend um seine Beine strich.
Sie hatte ihren Auftrag erfüllt und es war Zeit das sie belohnt wurde!
 
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Ein wenig erinnerten die Türme und Wände aus alten Kühlschränken und Fahrzeugen an einen alten Elefantenfriedhof.
Wenn in einigen Jahrtausenden die Marsmenschen hier ankamen und diesen Platz hier ausgruben, dann mochten sie die versteinerten Skelette der Automobile hier finden und würden wohl nicht umhin kommen sie für die dominante Spezies auf diesem Planeten zu halten.
Der Weg war für die Katze wesentlich einfacher als für ihn, sie paßte durch jeden Spalt. Lurker aber stieg hier über ein paar Trümmer und bückte sich dort tief unter einer Karoserrie hinweg.
An einem der Müllberge, der für ihn aussah wie jeder andere beliebige auch, schien mehr zu sein als nur rostige Altmetallteile.
Tatsächlich, nachdem seine Führerin ihn in die Eingeweide des Haufens geführt hatte verschwand sie durch eine unscheinbare Türe.
Er schlüpfte eben so flink hinterher wie sie und stand nun in so etwas wie einem Vorraum. Er vermutete das der Raum überwacht wurde, konnte aber keine offensichtliche Kamera erkennen. Vielleicht war dort eine im dunklen Bereich der Decke, aber der Nosferatu interessierte sich eigentlich nicht sonderlich dafür wo und wie genau der Raum überwacht sein mochte.
Das Gebahren von Madame deutete er dahingehend das hinter dieser Tür sein Ziel sein mochte. Augenscheinlich würde sie aber nicht weiter gehen.
Erneut ging er hinunter und kniete sich zu dem Tier, während er in der Tasche seines Mantels wühlte. Krümmelige alte Schokolade, ein paar lose Erdnüsse, Lurker war eigentlich mehr auf Ratten eingestellt, mit diesen Tieren hatte er in der Regel öfter zu tun. Schließlich ertasteten seine Finger eine aufgerissene Plastikverpackung mit Speckwürfeln. Er angelte eine Hand voll davon herraus.
Für Ratten war das eine Delikatesse, für Katzen war es zwar durchaus tauglich, aber nicht das Optimum.
Er hielt der Schwarzen eine Handvoll kleinen Speckwürfeln hin, die aufgrund des tagelangen Transportes in einer Manteltasche schon besser ausgesehen hatten und versuchte so gut es ging sie sein Bedauern spüren zu lassen das er nicht besser auf sie vorbereitet war, sie aber nicht vergessen würde.
Mit dem klarem Gedanken,

ich sollte in Zukunft immer auch noch eine Dose Fisch bei dir haben...

mochte die Kleine nichts anfangen können, aber er notierte sich dieses Vorhaben im Hinterkopf.

Schließlich erhob er sich wieder und sah einen Augenblick hinüber zu der Türe, so als hätte er vergessen wie man so etwas bediente.
Er hatte schon die Hand gehoben um ein wenig nervös an seinen Fingerknöcheln herumzubeißen, als ihm wieder einfiel das man ihn wohlmöglich sah. Also straffte er seine hagere Gestalt, machte einen letzten Schritt auf die Türe zu und kloppfte dreimal deutlich, vielleicht obschon seiner Nervosität ein wenig zu stark, dagegen.
 
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Die Tür wurde von innen geöffnet. Lurker sah ein Zimmer mit mehreren gemütlich wirkenden Sesseln die um einen niedrigen Holztisch gruppiert waren. In der Tür stand eine junge hübsche Frau, die ihn eingehend musterte. Nachdem Maire sich vergewissert hatte, das wirklich der erwartete Clanbruder vor ihr stand, lies sie ihre echten Züge zum Vorschein kommen. Es war gut, wenn ihr Clansbruder wusste, wie sie in der Öffentlichkeit aussehen würde, aber hier hatten sie keinerlei Verwendung, für die Spielchen die den Augen der Anderen und der Maskerade zuliebe, jeden Tag spielen mussten.
Nun konnte Lurker sehen das Marie wohl gerade aus dem Wasser kam, ihre grünliche Haut hatte einen gesunden feuchten Schimmer, die langen Haare hingen feucht wie Seetang um ihr Gesicht und ihr Lächeln wurde ein wenig von den vielen kleine spitzen Zähnen in ihrem Mund beeinträchtigt.
"Ich grüße dich. Mein Name ist Marie Wegner, ich stamme aus Paris und wohne nun seit etwa ein/einhalb Wochen hier in Finstertal."
Das Du kam Marie selbstverständlich über die Lippen, denn von Zuhause aus kannte sie es nicht anders. Gestelzte Höflichkeit brauchte man für die Anderen nicht für die eigene Familie.
Sie öffnete die Tür weiter und lies ihren Clansbruder eintreten. Sie bot ihm einen der Sessel an und nahm selbst in einem der anderen Platz. Dieser stand in einer flachen Schale und war mit einem Zimmerbrunnen gekoppelt, der Wasser über die Lehne und den Sitz laufen lies.
 
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Als die Türe geöffnet wurde fiel warmes Licht und eine durchaus heimelig zu nennende Atmosphäre auf Lurkers Gesicht. Er wurde ein wenig ruhiger, auch wenn er zuerst mißtrauisch die Augen zusammen kniff.
Doch dann zerliefen die durchaus aristokratisch wirkenden Züge der jungen Frau die vor ihm stand, die sich eigentlich so gar nicht in die Umgebung außerhalb des Raumes einpassen wollte, zu grünlich schimmernder Haut und nassen Haarsträhnen. Die Augen waren von einem öligem Schwarz.
Er hatte schon angenommen das die junge Frau nur eine Tarnung gewesen war, weil das Bild dieser Person so völlig im Kontrast zu der Mülldeponie gestanden hatte. Ein Lächeln, das ehrlich war, auch wenn es durch die Zahnreihen ein wenig an einen Haifisch erinnerte schaffte es die angespannte Nervosität des Nosferatu endgültig zu vertreiben.
Er griff in seine Kapuze und entblößte seinen kahlen, bleichen Schädel auf dem sich lila-bläuliche Adern mit braunen, verkrusteten Flecken abwechselten. Seine Augen wirkten ausgewaschen und im ganzen grau in grau, wie blindes Glas. Auch er teilte seine aufgeworfenen Lippen zu einem Lächeln, das von zwei zu groß geratenen, spitzzulaufenden Schneidezähnen beherscht wurde, die eine Armee von abgerochenen Artgenossen anführten.
Im krassen Gegensatz zu sonst antwortete Lurker nicht flüsternd, sondern kratzte in normaler Gesprächslautstärke daher.

Guten Abend, mich nennt man Lurker und ich komme geradewegs aus Prag zurück hier nach Finstertal. Ich bin schon seit zwei Jahren hier, war aber für einige Wochen bei meinem Meister.

Er machte einen klassichen Diener vor Marie, was aufgrund seines Buckels wenig elegant aussah, aber das war nuneinmal alte Schule so vor einer Dame. Dann trat er durch die einladend geöffnete Türe, strich im Vorbeigehen schnell und sachte über den Unterarm der anderen Nosferatu. Er bemerkte das der feuchte Glanz ihrer Haut augenscheinlich wirklich Wasser war.
Er wartete noch bis die Dame Platz genommen hatte, dann nahm er selber Platz und entspannte sich in den gemütlich ausgessenen Polstern. Der Möbel war sicherlich schon ein paar Jahre älter, denn neuere Sessel hatten nicht diese Qualität an sich das man darin versinken konnte.

Aus Paris...wie wunderschön. Es ist schon eine Weile her das ich in Paris war und ich habe es damals...anders wargenommen als ich es heute würde...

Er lächelte verlegen obschon dieser blumigen Umschreibung der Tatsache das er in der Zwischenzeit einmal gestorben war.

Ich vermute das sich unser Blut dort unter den Brücken der Seine trifft... das wäre ein wunderbarer Ort. Seinerzeit, als ich dort auf diesen Brücken stand war es schon so das man sich der Seine bei Nacht nicht entziehen konnte.

Die Etikette der Untoten verlangte es eigentlich das er sich zurücknahm und nicht das Gespräch anfing, sondern eher höflich darauf wartete das die Ältere das Gespräch führte, aber wenn man 'unter sich' war und die neue Erstgeborene der Stadt gab ihm dieses Gefühl, dann fühlte man sich plötzölich viel weniger wie ein Vampir, eher so wie ein Herr und eine Dame. Daher auch Lurkers ungewohnte Plauderstimmung, ohne die Strenge der Etikette fiel es ihm viel leichter eine Unterhaltung zu führen.

Übrigens... ich bin zwar erst seit gestern Nacht wieder hier in der Stadt, aber ich habe das Gefühl das unsere andere Clansschwester nicht mehr hier ist. Ich habe versucht sie aufzusuchen, aber niemanden angetroffen.

Seinem 'niemanden' konnte man entnehmen das auch jede Art von Infrastruktur gefehlt hatte, die man dort hätte erwarten können wenn noch jemand ihres Blutes dort gehaust hätte.
 
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Out of Character
Sorry ich sollte einfach immer sofort antworten, sonst vergess ichs noch

Marie lächelte auf seine Bemerkungen über Paris.
"Nun um genau zu sein sind unter diesen Brücken nur einige der Eingänge in unser Reich. Die Katakomben unter Paris sind mit nichts zu vergleichen und ich bin sicher du würdest einen ganz neuen Blick auf die Stadt erlangen wenn du sie nun noch einmal besuchen würdest."
Ihre Stimme verriet eine gewisse Nostalgie aber kein wirkliches Heimweh. Marie hatte ihre Heimatstadt aus freiem Willen verlassen und wünschte sich nicht dorthin zurück.
"Toni Romero hat mich von deiner Rückkehr informiert, denn auf Wunsch des Prinzen bekleide ich den Posten der Primogen für uns. Wir sollten übrigens noch bei ihm anrufen, der Prinz möchte wohl das du dich mit einem Besuch bei ihm zurückmeldest und dafür müssen wir einen Termin ausmachen. Was Lena angeht, so muss ich zugeben, das unser Verhältnis nicht sehr eng war. Sie wohnte ja in Finsterburg und konnte sich wohl nicht wirklich mit der Eingemeindung durch Finstertal anfreunden. Romero hat mir erzählt, das sie sich kurzfristig abgemeldet hat. Eine Frechheit wenn du mich fragst nachdem sie erst vor kurzem zur Interimsgeissel ernannt worden war. Naja wenigstens hat sie so lange gewartet bis die Geissel wieder zurück ist."
 
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Sein Blick wirkte in sich gekehrt, als er sich erlaubte ihre Geschichte Bilder in sich heraufbeschwören zu lassen. Er kannte Fotographien und gemalte Ansichten der Unterirdischen Friedhofsanlagen unter der schönen Stadt. Sie waren das einzige das aus dem mittelalter noch übriggeblieben war. Der ganze Rest der Stadt war im laufe der Geschichte immer und immer wieder restauriert worden, solange bis der Stadtkern nur noch aus in sich verwinkelten Mikorkosmen mit der bekannten Stuck Fassade und den Eisernen Balkonen bestand. Aber unter der Stadt, da waren die wirklich alten Strukturen und Lurker war sich sicher das seine Verwandten dort ein riesiges Labyrinth geschaffen hatten in das niemand außer ihnen vorstoßen konnte. Er erwiederte das warme Lächeln seiner Erstgeborenen, von der er noch so gut wie gar nichts wußte und die ihn dennoch so offen empfangen hatte und wollte gerade von Prag erzählen und wie sein Meister dort in der alten Staatsoper der Stadt residierte, als Marie ganz nebensächlich erwähnte das der Prinz der Stadt Lurker sehen wollte.

Augenblicklich stellte sich ein Gefühl ein als würde ein Knäuel voller Schlangen in seinem Magen den Aufstand proben.
Jemand hatte Entsetzen destilliert und dieses wurde nun auf seinen Schädel getröpfelt um dann, völlig ohne Widerstand als kleine, schrecklich kalte Kügelchen, Quecksilber gleich, seinen Rücken entlang und durch seine Untoten Knochen zu fließen.
Er hatte den Prinzen einmal auf einem Ball gesehen und erinnerte sich nur noch wage an die Person selber. Was er aber noch in sehr ausgeprägter Erinnerung hatte war die Aura des Mannes, die einem das Gefühl gab einem energischem und strengem Vater gegenüber zu treten, mit dem Wissen das man es selber zu nichts gebracht hatte. Der Nosferatu fühlte sich schäbig wenn er nur daran dachte.

Er hatte begonnen mit dem Oberkörper vor und zurück zu wippen und mit der einen Hand seine dürre Taillie zu kneten, die er aufgrund seiner abnorm langen Finger beinah vollständig umgreifen konnte, während er auf den Fingerknöcheln der anderen Hand herumbiss. Da erst bemerkte er das seine Primogen irgendetwas über Lena erzählt hatte. Solange die Angst aber sein Gehirn auswrang brachte er nichts rechtes zustande.

Der Prinz...will mich sehen ? Aber warum..? Ich meine...das ist doch nicht normal...

Lurker schloss einen Moment die Augen und versuchte sich zu konzentrieren. Er meinte bei seinem Gegenüber so etwas wie unverständniss aufblitzen zu sehen und schloss daraus das er gestammelt hatte. Schließlich ballte er die Finger zu Fäusten und der Druck seiner Krallenartigen Nägel gegen sein Fleisch half ihm das Durcheinander für einen Moment zu stoppen um einen geraden Satz heraus zubringen.

Ich war noch nie beim Prinzen vorgeladen. Nicht mal als ich in die Stadt kam. Daher finde ich es seltsam das er mich jetzt sehen wollen soll, wo ich nur ein paar Monate weg war.
 
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Marie war ein wenig überrascht und erschrocken über die Reaktion die sie erhielt. Verdammt ich hätte daran denken sollen das die meisten meines Clans ganz anders leben als wir in Paris und vorallem ein komplett anderes Selbstverständnis haben. Urgroßmutter hat sich schon immer benommen wie eine Königin und dadurch waren wir als ihre Nachkommen in unserem Verständnis zumindest adlig, trotz der Nachteile die wir durch diese Verwandschaft erleiden. Andere sind sehr viel weniger daran gewöhnt sich als Gleichgestellte zu sehen und behandelt zu wissen und dieses Wissen selbst dann zu behalten wenn sie nicht so behandelt werden.
Marie breitete beruhigend die Arme aus.
"Bitte, beruhige dich. Vielleicht hat sich der Prinz in letzter Zeit verändert, aber soweit ich weiss, hatten alle Neuankömmlinge der letzten Zeit ein kurzes Persönliches Treffen bei ihm. Ich denke nicht das es etwas ist weswegen du dir Sorgen machen musst, oder das mit dir persönlich zu tun hat."
 
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Lurker bemerkte das besorgte und erschrockene Timbre in ihrer Stimme und führte es, nach einem augenblick des innehaltens, auf sich selbst und seine Anwandlungen zurück.
Er nahm sehr betont seine Hand herunter und lehnte sich wieder zurück. Immer noch kroch der Wurm der Angst durch seine Eingeweide, aber er versuchte zumindest seine Gedanken beisammen und seine Hände da zu behalten wo sie hingehörten.

Entschuldige...aber da ist nichts gewöhnliches dran. Ich bin nämlich kein Neuankömmling und ich wäre schlecht informiert wenn der Prinz sich seit neuestem jeden der für kurze Zeit abwesend war zu Besuch einlädt. Vor allem unser Clan ist bisher in dieser Stadt eher mißachtet worden, was eindeutig von höherer Stelle geduldet, wenn nicht gar forciert wurde. Wenig verwunderlich wenn man bedenkt welcher Clan in dieser Stadt vordergründig herscht.

Und das es nicht um Lurkers Person an sich ging wollte er auch nicht so recht glauben. Schließlich streckte er aber doch trotzig das Kinn vor. Wenn der Prinz ihn sehen wollte, dann würde er so oder so vor ihm landen. Da konnte man seinen Stolz schließlich auch zusammenkratzen und mit einem mindestmaß an Würde vortreten.

Aber wir werden schon herrausfinden um was es dem Clan der Rose geht...Wann immer es dir also paßt stehe ich selbstverständlich zur Verfügung.

Dann legte er auf seinem Bauch die dürren, langen Finger seiner Hände ineinander und suchte wieder den Einstieg in das Thema.

Eigentlich wäre es durchaus angemeßen gewesen wenn die Aufgabe der Geissel bei unserem Clan geblieben wäre. So war es früher schließlich auch. Die Ausrüstung der alten Geissel ist übrigens in meinen Besitz übergegangen. Ebenso wie seine Aufzeichnungen, darum hast du in Reissers alter Zuflucht nichts gefunden.

Der Nosferatu ging davon das Marie in der Lage gewesen war das alte Versteck des verblichenen Primogen zu finden, da er selber das auch geschafft hatte. Zumindest eines davon. Gut möglich das dies hier auch eines der alten Verstecke war, die Lurker nur nicht kannte, und nun von Marie genutzt wurde.
 
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