AW: [12.06.06] Setitenverhör
Bis hierhin war alles rasend schnell gegangen und die Vernunft hatte keine Gelegenheit bekommen in den impulsiven Handlungsablauf einzugreifen.
Alexander hatte dem Tier einen Spalt weit die Türe aufgelassen indem er es durch seine toten Venen rasen ließ um von seiner Stärke und Schnelligkeit zu profitieren. Es war ein herrliches Gefühl wenn das Leben das er von den Menschen stahl durch die abgestorbenen Fasern seines Körpers brandete, es erinnerte einen daran wie es war zu Leben.
Es ließ einen nach dem Rausch natürlich wieder genau so leer, so einsam und mit dem bitterem Geschmack des Verlustes auf der Zunge zurück wie zuvor, doch für den Moment war es Glück.
Der Ventrue hatte es geschafft gut mitzuhalten und deutlich sah er die Umrisse der Anderen die bei dieser Jagd wie ein Bluthund vorweg lief. Fast hatte er sie erreicht und die Lücke geschlossen, als er plötzlich keinen Boden mehr unter den Füssen hatte.
Zuerst wäre es beinahe gar nicht aufgefallen und er wäre einfach über das Wasser weitergelaufen, so schnell war er. Doch sein Fuss fand einfach keinen Halt und er krachte mit dem Knie plötzlich vor eine Wand. Seine Reflexe funktionierten und er griff, nun bis zur Brust im Wasser, noch nach dem Rand des Loches das unter der trüben Oberfläche verborgen war, doch sein eigener Schwung arbeitete nun gegen ihn und trieb ihn weiter.
Es war nicht mehr zu verhindern und mit einem platschendem Gerräusch verschwand Alexander im Wasser.
Das offene Überlaufrohr war durch das nur Knöcheltiefe Wasser nicht zu sehen gewesen. Er spürte wie das schmutzige, trübe Wasser ihn umschloss und er wurde ein paar mal, wie in der Trommel einer Waschmaschine, durchgewirbelt.
Es war dem Ventrue egal wo oben und unten war, das einzige was er nun noch wollte war aus dem widerlichem Wasser heraus. Er spürte Grund unter seinen Füssen und mit der Kraft die ihm der Fluch verlieh katapultierte er sich nach oben. Er brach aus den ekelhaften Fluten des Abwassers wieder hervor und landete wieder in dem Kanal.
Völlig durchnäßt und mit Schlamm beschmiert stand er einen Augenblick einfach nur da.
Als er in den Kanal hinabgesprungen war, da hatte er sich nicht die Zeit genommen dieser scheusslichen Kullisse irgendeine Beachtung zu schenken.
Jetzt holte sich die stinkende Finsterniss ihren Tribut und stürmte auf ihn ein.
Die Wände waren beschmiert mit einem grünlichem Schleim. Ablagerungen der Auscheidungen einer großen Stadt zogen sich durch das Tunnelsystem um das braune, brackige Wasser schwappte nekisch und schlürfend um seine Knöchel. Allerlei Hygiene Artikel und Unrat tanzten einen fiesen Ringelreien auf den öligen Schlieren die sich wie der häßliche, ungeliebte Zwilling eines wunderbaren Flusses durch die Dunkelheit schoben.
Es roch furchtbar, als wäre dies der verdorbene, abgestorbene, madenzerfressene Leib der Stadt. Für einen kurzen Augenblick hatte der Ventrue das Gefühl das die Hölle vielleicht doch existierte und sich ein paar Anregungen an Orten wie diesen holen mochte.
Aber er riss sich zusammen und richtete seinen Fokus wieder auf den Ausgang. Er sah Melissa nicht mehr, aber sie konnte nur in eine Richtung sein, also rannte er wieder los, nur eine handbreit weniger waghalsig als zuvor, was ihn sicher und ohne weitere Schmach zu erleiden auf den Ausschnitt der Nacht der das Ende des Kanals war, zutrieb.
Er erreichte das Ende des Schachtes und trat durch das rostige Ende hinaus. Unter sich sah er schimmernd und majestetisch die Finster fließen.
Es war hier draussen wesentlich heller als im Schacht und so sah er überdeutlich die kleinen Wellen die über die schwarzen Steine des Ufers schwappten und den großen, tief im Wasser liegenden Kahn der irgendeine Fracht durch die Finster schiffte.
Leise gurgelte und plätscherte ein Rinnsal hinter ihm.
Der Ventrue sah ansonsten niemanden. War die Andere vielleicht vollständig dem Wahnsinn verfallen und hinabgesprungen in den Fluss ?
Die glatten Steine schwiegen sich über ihren Verbleib aus und zeigten keinerlei Spuren, wie sie in Schlamm vielleicht leichter zu sehen gewesen wären.
Alexander schwenkte hier hin und dort hin, aber es war niemand außer ihm hier. Nur das Gefühl einer fehlenden Präsenz die eben noch so deutlich da gewesen war blieb ihm.
Kein verräterischer Strudel auf dem Wasser, keine Gestalt tauchte aus den Fluten auf.
Eine Kleine Pfütze aus Abwasser sammelte sich unter dem Vampir.