Zuflucht [12.05.2008] Vorbereitungen

Totz66

Kainit
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Moishe erwachte und sah sich in seinem Zimmer um. Alles wie vergangene Nacht, außer das sein Smoking und zugehöriges Hemd aufgebügelt worden waren, die Schuhe frisch geputzt und die Fliege über der Schulter der Smokingjacke hing. Ein frisches Paar schwarzer Socken lag ebenfalls parat. Aber zunächst war noch schnell anderes zu regeln.
Einer von Moishes Mitarbeitern hantierte draussen herum und erstarrte geradezu als Moishe aus seinem Zimmer in den Wohnraum kam.

"Guten Abend Aaron. Alles in Ordnung?"

Aaron senkte demütig seinen Stiernacken bevor er antwortete "Guten Abend Moishe, es ist alles in bester Ordnung. Es ist mir gelungen eine angemessene möblierte Unterkunft für uns zu finden, die wir in den nächsten Nächten beziehen könnten. Die Miete liegt im vorgegebenen Rahmen, Gott sei Dank sind die Mietpreise hier niedriger als in Frankfurt oder Berlin."

Aaron zückte bereits sein Handy auf dem er Photos von Wohnung, Haus und Umgebung gemacht hatte.

"Fünf geräumige Zimmer, Küche, zwei Bäder und Tiefgaragenparkplätze für beide Fahrzeuge. Sehr gute Sicherheitsvorkehrungen am Gebäude. Der zweite Mieter im Erdgeschoß ist ein alleinstehender Rektor eines städtischen Gymnasiums, so wie sich in der Gegend ohnehin viele Beamte des gehobenen Dienstes und ihre Familien angesiedelt haben."

Aaron wusste das er mit dieser Wohnung einen Volltreffer gelandet hatte, Moishe hatte sein Abendessen quasi vor der Tür und würde, sollten sie länger in Finstertal bleiben, in der Lage sein nach und nach seine Herde in der Nachbarschaft aufzubauen.
Die Zimmer waren hoch, mit Stuck an den Decken und festen lichtdichten Rolläden vor den Fenstern. Ein großer Balkon war vor der Frontseite der Wohnung wo man über einen gepflegten Vorgarten hinweg sehen konnte. Die Zimmer waren geräumig und hell bei Tage, auch wenn das Moishe eigentlich ziemlich egal war, aber das hellste Zimmer würde Davids Arbeitszimmer werden und somit dessen Elektrowerkstatt und Computerzimmer enthalten. David und Aaron würden beide ihr eigenes privates Zimmer haben und das Wohnzimmer sah sehr gemütlich aus.

Dort lässt es sich aushalten wie es scheint und die beiden Jungs haben wenigstens ein bißchen Privatsphäre, auch das Fleisch der Ghule will ab und an befriedigt werden.

"Das macht einen guten Eindruck, wenn alles ist wie Du es sagst nehmen wir es. Erledigt die Formalitäten und klärt die Übernahme der Miete und Nebenkosten mit Friedrichs Buchhaltern. Gut gemacht, Aaron."

Dann sah er auf der Couch des Wohnzimmers ein Monstrum von Kleidungsberg liegen bei dem es sich wohl um den feuersicheren Anzug für den Bruch handeln musste.

Das sollen wir also morgen anziehen. Da muss ich wirklich sehen wie ich mich darin bewegen kann. Kai hatte Recht das wir einen Testlauf machen müssen um das anzulegen und die Ausrüstung auf uns zu verteilen.

"Habt Ihr einen Ort gefunden in dem wir das Zeug heute Nacht an- und ausprobieren können?"

"David hat eine Halle im Industriegebiet aufgetan. Ist nicht teuer und ein ziemliches Loch, aber eine unbelebte Gegend und zum Testen kein Problem, wir sollten aber die Fahrzeuge bewachen und nichts dort lagern. David holt gerade den Schlüssel und bezahlt die Miete für diese Woche. Der Makler hat keine Fragen gestellt. Die Rechnung geht dann direkt an die Akademie."

Moishe nickte geistesabwesend während er Kai Braun und Iain die Nachricht per SMS schickte sie sollten in einer halben Stunde vor Ort sein und auch ihre Mitarbeiter mitbringen.

"Aaron, wir fahren jetzt zu dieser Halle, was auch immer ist - um 22.30 Uhr holst Du mich dort raus und fährst mich zurück hier ins Hotel damit ich mich umkleiden kann und pünktlich meine Begleitung für heute Abendn abholen kann. Der Wagen ist tiptop darf ich annehmen und frisch gewaschen, gesaugt und poliert?"

Aaron nickte nur so dass Moishe ohne lange Pause weitersprach.

"Die Blumen stehen wie ich hoffe in einer Vase im Wasser?"

Erneutes bejahendes Nicken von Aaron.

"Gut, nachdem Du mich hergebracht hast nimm Dir ein Taxi zurück und hilf den anderen Mitarbeitern die Ausrüstung wieder sicher zu verstauen und für morgen Abend einzulagern. Danach haben Du und David den Rest der Nacht frei, aber habt das Handy am Mann wenn sich doch kurzfristig etwas für Euch zu tun ergeben sollte."

Ein drittes Nicken signalisierte dem Ventrue das Aaron verstanden hatte.

Es ist einfach herrlich solche Dinge mit ihm und nicht mit David zu besprechen, dieses Gespräch hätte sonst mindestens doppelt so lange gedauert.

Moishe und Aaron begaben sich auf den Weg zur Halle im Industriegebiet.
 
Moishe kannte ja bereits die Gegend aus seinem Trip mit dem Duke von der vorangegangenen Nacht. Es war deprimierend. Eine Ansammlung von heruntergekommenen Fabrikhallen und Gebäuden, Menschen am Rande des Existenzminimums säumten die Straßen, ausgebrannte Autowracks, übervolle Müllcontainer und es herrschte ein übler Gestank vor.

Wenn es hier überall so aussieht sollte es kein Problem sein große Gelände für ein Butterbrot erwerben zu können. Wenn wir dann mit den richtigen Leuten in Politik und Verwaltung sprechen sollte mein Geschäftspartner annehmbahre Konditionen für seine Fabrik erhalten - das wird für alle die daran beteiligt sind ein Erfolg werden.

Die alte Lagerhalle sah aus als wäre sie das letzte Ziel der Royal Air Force in Weltkrieg II gewesen und seither auch nicht wieder in Stand gesetzt worden. Es regnete mit ansoluter Sicherheit durch das Dach, die Westwand bestand aus mehr Lücken als Ziegelsteinen und die Schwalbennester waren so zahlreich das man um sie genau zu zählen zunächst eine Doktorarbeit in Mathematik über die unendliche aller Zahlen hätte schreiben müssen.

Moishe wies Aaron an Wagen und Gebäude vor Neugierigen abzuschirmen und betrat die Halle in der einige der Mitarbeiter von Kai, Iain und ihm selbst bereits dabei waren Ausrüstung auszuladen und auszuprobieren. Natürlich war es David der ein Modellauto mit einem Affenzahn quer durch die Halle und als er von Moishe mit einem "Guten Abend David" begrüsst wurde mit full speed in den nächsten Schutthaufen steuerte.

"Ich sehe Du hast Deinen Spaß, das freut mich, wo Du doch statt eines freien Abends heute Nacht die Beschädigungen an diesem Modellauto und seiner Kamera beheben wirst."

Während David über Moishe und die Ungerechtigkeit der Welt mit dem Schutthaufen als eigene kleine Klagemauer lamentierte sah sich der Ventrue weiter in der Halle um, prüfte Ausrüstung und begann schließlich auch damit seine Kleidung abzulegen und die feuerfeste Schutzkleidung auszuprobieren. Als er dann in voller Montur begann einige filigranere Bewegungsübungen auszuführen merkte Moishe schnell das er in dieser Kleidung doch sehr in seiner Bewegung eingeschränkt war.

Großartig, vor jeder Sicherheitsvorrichtung werde ich wohl einen Striptease hinlegen müssen weil ich sonst die Systeme auslöse gegen die diese Kleidung schützen soll.

Nachdem Moishe auch noch die Ausrüstung, die er ins Haus mitzunehmen gedachte, sich aufgeladen hatte kam er sich endgültig wie ein Packesel vor, der gerade versuchte seine Fracht über den Himalaya zu schleppen.

Das ist doch wohl ein Witz, das Schweißgerät holen wir wenn wir uns Zugang verschafft haben und ein Großteil der sperrigen Ausrüstung auch.
Wo bleiben nur die anderen beiden?
 
Die Mitarbeiterin von Kai war gerade noch dabei Hintergrundwissen zu den Schutzanzügen zu verbreiten um sicherzugehen das alle über die gleichen Kenntnisse zur Leistungsfähigkeit der verschiedenen Anzüge verfügten als Moishe die Halle betrat. Wie sie es gelernt hatte stellte sie zuerst ihre Tätigkeit ein und achtete auf den Vampir, der aber keine wirkliche Kenntniss von ihr nahm. Es dauerte nur Sekunden bis auch schon der nächste Besucher eintraf. Kaum war der Wagen vor der Türnicht mehr zu hören betrat Kai die Halle, in seinem inzwischen Bekannten schwarzen Anzug.

"Guten Abend."

Auch sein erster Weg brachte ihn zu den feuerfesten Anzügen. Fast schon leicht erheitert sah er wie Moishe direkt die schwerste Kleidung probierte.

"Die volle Montur ist ein wenig gewöhnungsbedürftig."

Worauf er selbst seine Kleidung ablegte. Schicht um Schicht probierte er seine Beweglichkeit, wirkte aber nicht wirklich erfreut über das Ergebnis.

"Das wird sicher ein Spaß werden."

Sagte er während er daran arbeitete in voller Montur dazustehen.
 
"Guten Abend Kai, ich hoffe es geht Ihnen gut? Ich habe schon einmal angefangen weil ich heute noch Termine habe und deshalb bald wieder weg muss."

Moishe stoppte bem Anlegen der Ausrüstung und lachte.

"Ja, ich könnte mir vorstellen das sich ein Mensch darin vorkommt wie ein Eisbär in den Tropen, aber die Temperatur ist ja für uns nicht mehr zu entscheidend.
Übrigens ist mir doch noch ein Ausrüstungsstück eingefallen das nützlich sein könnte dabei zu haben. Eine Pistole die Seile mit Haken daran verschiesst und in den Wänden befestigen kann. Daran kann man eventuell einmal Ausrüstung über einen gesicherten Bereich anseilen und transportieren."

Moishes Freiluftübungen in voller Montur nahmen ihren Fortgang.
 
Iain war schließlich auch auf der Anprobe eingetroffen, hatte seine Ankleide kurz und schmerzlos hinter sich gebracht und sich dann schnell und ein wenig wortkarg wieder verabschiedet.
Als Moishe mit seinen Übungen zu Ende war zog er sich seine ursprüngliche Straßenkleidung wieder über und wandte sich wieder an Kai. "Ich denke wir sehen uns später heute Abend auf dem Fest, ich würde mich freuen wenn Du im Laufe des Abends etwas Zeit für Iain und mich hättest, wir haben Dir und einigen anderen einen Vorschlag zu machen. Wir sehen uns dann heute Abend - bis dann!"

Moishe winkte allen Anwesenden zum Abschied und stieg dann wieder zu Aaron in den Wagen und lies sich eher in Gedanken wieder zum Hotel fahren.

Gott sei Dank ist die Zeit im El Privilegio bald zu Ende. Man weiss dort wirklich nie wer zuhört wenn man sich unterhält.

Weiterhin in Gedanken griff Moishe sein Handy und klingelte eine Nummer an von der er wusste das sie über mehrere Satelitenverbindungen und Relaisstatonen geschaltet wurde. Es wurde abgenommen aber niemand antwortete oder nannte den Namen des Anschlussinhabers.

"He, ich bins, Moishe....ich denke wir werden hier in ein oder zwei Tagen eine eigene Bleibe beziehen. Dann würde ich mich freuen wenn Du rüberkommen würdest....Ja, Du hast ein eigenes Zimmer und ja, wir können immer noch nur Nachts arbeiten....Wenn Du irgendetwas benötigst sag David was er besorgen soll....Ich hatte jetzt nicht an 5 Kisten Red Bull und eine Partykiste Kartoffelchips gedacht....Gut, werden da sein und das Geld geht Dir morgen Nacht zu - also halte Dich bereit, ich melde mich sobald hier alles abschließend vorbereitet ist....Bis dann.

CCC....mein Arsch.....hält sich echt für einen Cyber 007 mit Übergewicht....egal, sind ja nur einige Nächte Zeit und ich bin dann hoffentlich bald nicht mehr von anderen abhängig was meine Recherchen im Cyberspace angeht. Es scheint ja nicht so zu sein das es hier in der Stadt jemanden gibt der sich mit dergleichen Dingen beschäftigt.

Als Aaron vor dem Hotel vorfuhr sprang Moishe aus dem Wagen und lief schnell ins Hotel, eine ausgiebige Dusche, Haar- und Körperpflege und Anlegen des Smokings stand Moishe eine Stunde später vor dem Badezimmerspiegel. Ein wenig After Shave eines Pariser Parfumdesigners schloss den guten Eindruck nach kritischer Selbstmusterung ab.
Moishe zog seinen anthrazitgrauen Kashmirmantel über und legte einen weissen Seidenschal lose um die Schultern. Einletzter Blick auf die blitzblanken Schuhe und damit war Moishe soweit, er holte die Blumen aus der Vase, verabschiedete sich von Aaron der sich auch schon ausgehfertig machte und ging nach unten zum Wagen. Der Jaguar schnurrte wie das sprichwörtliche Kätzchen auf dem Weg zu Antonias Wohnung, dort angekommen parkte er den Wagen und ging zur Haustür und klingelte bei de Groote. Es war 23.26 Uhr.
 
Antonia öffnete die Tür selbst, sie hatte kein Personal in ihrer Wohnung, obwohl ihr Ghul im selben Haus wohnte. Ihm gehörte dieses Haus sogar und eigentlich war die Harpyie sein Gast, doch wen interessierte dies. Sie war auch schon angezogen und ihr nachtblaues Kleid war bestimmt teuer gewesen, doch es war vorallem mehr als nur geschmackvoll und mit etlichen echten Edelsteinen verziert. Edelsteine in der selben Farbe wie ihr Kleid hatte sie in ihre Aufsteckfrisur eingeflochten, genau so, wie man es von einer Toreador erwartete.

Sie lächelte. "Guten Abend, Herr Ben Levy", sagte sie. "Kommen sie doch herein. Gehen sie doch durch ins Wohnzimmer."

Sie trat zur Seite und würde ihm auch den Mantel abnehmen, wenn er einen trug.
 
Moishe trug den Mantel über die Schulter und einen bunten Strauß mit Tulpen in der Hand. Der Ventrue strahlte die Harpyie an als sie die Tür öffnete und betrat die geräumige Wohnung.

"Guten Abend Frau de Groote. Gestatten Sie mir die Bemerkung das Sie einfach bezaubernd aussehen. Neben Ihnen verblassen meine bescheidenen Blumen leider vollkommen. Ich hoffe Sie nehmen sie dennoch als kleine Aufmerksamkeit und als Zeichen meiner Wertschätzung an."

Gerne überlies er der Hausherrin auch seinen Mantel und trat auf Antonias Einladung neugierig näher, wobei er bemüht war seine Umgebung nicht zu auffällig zu mustern.
 
Antonia hängte den Mantel auf und folgte Moishe dann ins Zimmer.

Es war dezent aber doch geschmackvoll eingerichtet. Überall gab es kleine Kostbarkeiten, die die Toreador zusammengetragen hatte. Sanftes Licht ergoss sich über den ganzen Raum und alles bis auf die Blumen in den Vasen schienen auf einander abgestimmt.

"Oh, vielen Dank, was bringt man einer Holländerin mit, natürlich Tulpen." Ein Lächeln, das keineswegs spöttisch war, kam über ihre Lippen, bevor sie in der Küche verschwand und dann mit einer Vase zurückkam.
 
Moishe lachte mit über Antonias neckende und offensichtlich nicht ganz ernst gemeinte Beschwerde.

"Nun, ein Strauß Rosen wäre noch einfallsloser gewesen dachte ich und immerhin gab es eine Zeit als in Holland eine Tulpenzwiebel ein mittlerers Vermögen wert war - also passt diese Blume als Geschenk doch besser zu einem geldgierigen jüdischen Ventrue wie mir."

Moishe schaute der Schalk aus den Augen während er Antonia antwortete und dabei weiter im Raum umher ging und sich umsah.

"Das ist ein sehr schöner Raum, so angenehm beleuchtet und herrlich eingerichtet ohne das er protzig wirkt sondern es ist ein bequemes und schönes Zuhause. Man merkt Ihre persönliche Note in allem."
 
Antonia stellte die Tulpen in die Vase und platzierte sie auf einem kleinen Beistelltisch.

"Ja, die Zeit ist noch garnicht solange her und es ist immer noch ein Exportschlager", sagte sie dann. "Die meisten Möbel habe ich aus Den Haag kommen lassen, es ist einfach schöner seine eigenen Möbel zu haben, wenn man in eine neue Stadt zieht. Der ganz neue Stil gefällt mir nicht richtig, wobei ich nicht sagen will, dass die Wohnung von Helena nicht auch schön ist, obwohl sie sehr modern eingerichtet ist."

Ihr Kleid raschelte leise.

"Was haben sie für eine Wohnung oder was für ein Haus?"
 
"Ich habe gerade erst eine Wohnung in einem großen Haus hier gemietet und werde inden nächsten Nächten einziehen. Sie ist möbliert weil ich oft umziehe und für meinen Mentor viel reisen muss. Dadurch ist es natürlich nicht möglich einer Wohnung eine eigene Note zu geben. Außerdem wohne ich mit meinen beiden Mitarbeitern zuammen. Quasi in einer Art großer Männer - WG. Sie können sich vorstellen das es da schwierig ist einem Heim eine eigene Note zu geben.
In Frankfurt und Berlin habe ich noch jeweils einen Hauptwohnsitz. Sehr represäntativ und wie ich zu meiner Schande gestehen muss sehr modern eingerichtet. Aber das sind Friedrichs Immobilien die er mir dort zur Verfügung stellt und in Berlin sorgen Mitarbeiter von Prinz Breidenstein in dem Penthouse das ich bewohne für die Sicherheit - eine Gefälligkeit die ich eigentlich garnicht verdient habe, aber er glaubt unbeirrt das meine Einschätzung sich für ihn als Prinz von Gesamtberlin ausgesprochen hat und bei den Ahnen des Clans den Ausschlag für deren Entscheidung zu seinen Gunsten gegeben hat. Er denkt wohl er müsse mich vor Wilhelm Waldburgs Schlägern abschirmen wenn ich in seiner Domäne weile. Naja, der berühmte geschenkte Gaul - wenn jemand kompetentes für meine Sicherheit sorgen will beschwere ich mich nicht."
 
Antonia lachte leise.

"Mein Guhl wohnt hier im Haus, aber in einer eigenen Wohnung, er ist sogar mein Vermieter, wenn man es so will, ich finde das sehr viel besser als mit jemandem in einer Wohnung zu wohnen, doch vielleicht ist das der Unterschied zwischen Männern und Frauen, auch wenn manches wegfällt, wir halten uns immer noch an diese Konventionen."

Sie ging zum Fenster und ließ das Rollo runter.

"Ich war noch nie in Berlin, alles was ich über die Verhältnisse dort gehört habe, gefällt mir nicht wirklich."
 
"Seit das Problem mit dem Prinzen geklärt und die Stadt nicht mehr geteilt ist wird es langsam besser. Vor allem haben unsere Ahnen verhindert das Prinzz Breidenstein Rache an seinen alten Widersachern genommen hat. Allerdings ist die Hauptstadt eine Domäne voller Widersprüche und es existieren immer noch Seilschaften aus Nazi - und SED - Zeiten in der Stadt die die Lage schwierig machen, aber die Domäne ist stark und gegen Übergriffe anderer Sekten gut gesichert. Außerdem ist durch Musik, Theater, Variete und Film auch kulturell viel geboten. Alleine die Berlinale ist jedes Jahr einen Besuch wert und ich geniesse immer wenn ich dort bin die Konzerte der Berliner Philharmoniker. Meiner Ansicht nach haben die Nachfolger Karajans dem Orchester mehr Tiefe gegeben. Neue Dirigenten mit neuen Ideen und neuen Impulsen - es macht sich bezahlt."
 
"Dann wäre eine Reise zu einem der Konzerte vielleicht doch empfehlenswert", überlegte Antonia und sah für einen Augenblick auf eines der Bilder an der Wand.
"Ich hoffe, dass auch hier bald wieder alles in die richtigen Bahnen kommt. Was die SED- und Nazi-Seilschaften angeht, das ist leider in vielen Ländern ein Problem. Das in den Griff zu bekommen wird noch einige Jahrzehnte oder Jahrhunderte dauern, wenn sie mich fragen."
 
"Höchstwahrscheinlich, vor allem weil die Befürworter dieser Ideologien in unserer Vampirgesellschaft eben sehr langlebig sind. Eines der Probleme unserer Art ist das wir alle immer an Dingen hängen die schon lange vergangen sind und somit an dem Überkommenen festhalten. Dadurch verschwindet dieses Gedankengut nicht und wird immer wieder aufs Neue ausgegraben und hervorgeholt."

Moishe machte eine kurz Pause und griff dann Antonias Bemerkung über ein Konzert in Berlin wieder auf.

"Wenn Sie möchten lade ich Sie gerne einige Abende während der Berlinale nach Berlin ein. Wir könnten ein Konzert und auch die ein oder andere Filmpremiere besuchen. Anschließend stelle ich Ihnen gerne einige meiner Bekannten in der Hauptstadt aus unserer Gesellschaft vor."
 
"Ja, leider, doch was soll man gegen so etwas tun, ich fürchte, genau diese Leute kann man zu nichts zwingen, da sie uns über sein", erwiderte die Harpyie. "Solange diese kein neues Ziel finden, wird sich kaum etwas ändern."

Die Aussicht auf ein Konzert erhellte dann allerdings ihre Gedanken und somit ihr Gesicht, sofern jemand in dem Gesicht einer Toreador lesen konnte.

"Ich würde das Angebot gerne annehmen, wenn es zu der Zeit hier ruhig sein sollte, denn es ist auf jeden Fall interessant neue Horizonte zu erforschen."
 
Moishe lächelte auf Antonias positiver Reaktion hin. "Das freut mich sehr. Wir werden die Reise gut planen und zu einem Erlebnis für Sie machen, das verspreche ich Ihnen. Wenn ich Sie und Ihren Geschmack bis dahin besser kenne kann ich vielleicht noch den ein der anderen Vorschlag machen der Ihnen gefällt."

Moishe warf einen uunauffälligen blick auf seine Armbanduhr - die Nacht schritt voran.

"Aber ich rede und rede, dabei haben wir einen Termin einzuhalten. Ich glaube wir sollten uns langsam auf den Weg machen wenn wir Monsignore Galante nicht warten lassen wollen."
 
"Ja, wir sollten die Herrschaften nicht warten lassen", erwiderte Antonia. "Ich denke, es macht sich nicht gut, wenn wir zu spät kommen."

Es war noch Zeit, eigentlich waren es nur ein paar hundert Meter, aber auch dann konnte man zu spät kommen. Sie reichte Moishe seinen Mantel und holte dann ihren Umhang aus dem Schlafzimmer. Ein Blick in den Raum würde dem Ventrue zeigen, dass dieses mit der selben Sorgfalt eingerichtet war.
 
Moishe hatte nichts anderes erwartet als einen gewissen Hang zu Ordnung und Perfektion in der Einrichtung der Harpyie wiedergespiegelt zu finden. Es entsprach absolut dem Eindruck den er von Antonia gewonnen hatte. Schick, stilvoll, selbstbewusst und korrekt waren Attribute die zu der Toreador passten, Eigenschaften die Moishe schon immer an anderen zu schätzen gewusst hatte.
Moishe zog schnelle seinen Mantel über, warf den Seidenschal um den Hals und war flink genug Antonia in ihren Umhang zu helfen. Dann ging er ganz nach den Regeln des Knigge vor ihr die Treppe hinunter und hielt ihr Wohnungstür und auch die Tür des Jaguars auf und wartete bis Antonia sich gesetzt hatte bevor er die Wagentür vorsichtig schloss, darauf achtend nicht den Saum von Antonias Kleid im Türrahmen einzuklemmen.
Danach schwang sich der Ventrue hinter das Steuer des Wagens. Als er den Motor startete erklangen die leisen Klänge von Claude Debussys Clair de Lune aus den Lautsprechern des Wagens.
Langsam setzte sich der Jaguar in Bewegung.
 
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