AW: [09.05.2008] Rekrutierung
Thürmer hatte indes ebenfalls das Hovel erreicht... Die Aufmachung verriet zusammen mit der bis auf die Straße hörbaren Musik recht deutlich, um was für ein Etablissement es sich handelte...
Blieb ihm denn heute nichts erspart ? Wenigstens war nicht viel los. Er überlegte. Sollte er jetzt schon ohne den verabredeten Anruf dort hineinkommen, oder sollte er noch warten ?
Einerseits hatte Richard Stein ja zugesagt, ihm Bescheid zu sagen, aber andererseits wußte er, daß es ein Unterschied im Verhalten war, ob man sich "unter sich" wähnte, oder ob man einen potentiellen Rekruten vor sich hatte.
Gerade im letzten Fall kam das böse Erwachen oft hinterher, das hatte er am eigenen Leib erfahren. Wenn er sich ranhielt, konnte er es jetzt abhaken, schließlich mußte er seinen Umzug beenden, zur Akademie, dem Boß Bescheid geben und ins Cafe wollte er ja auch noch... !
Wie stellte er es also am besten an ? Er wußte ja noch nichtmal, wo sie in diesem Gebäude steckten, es sei denn... Seine Mundwinkel zogen sich nach oben, er hatte eine Idee !
Nach kurzer Suche, riß er ein Stück aus einem älteren Plakat an der Wand neben sich und begann, eine Notiz zu schreiben...
Dann betrat er das Lokal, und wandte sich an einen Hausangestellten, sobald einer davon in Reichweite war. Die Leere des Etablissements kam ihm wahrlich sehr entgegen...
"Entschuldigen sie bitte, ich sollte mich hier heute abend mit einem Herrn Richard Stein treffen, kann diesen Termin aber leider nicht wahrnehmen."
Er gab seinem Gegenüber eine kurze Beschreibung Steins.
"Könnten sie ihm das hier bitte aushändigen ?" Er reichte einen kleinen, mehrmals gefalteten Zettel hinüber. Auf der sichtbaren Seite stand geschrieben "z.Hd. Herrn Richard Stein, persönlich".
Der Angestellte sah etwas verwundert auf den Zettel hinunter. Nicht nur, daß es ihn heute ziemlich mies ging, und er sich jetzt noch ohrfeigen könnte, nicht einfach im Bett geblieben zu sein, nein, jetzt wollte dieser komische Kauz auch noch, daß er hier Schnitzeljagd spielte, um einen Typen aufzusuchen, der hier womöglich gar nicht auftauchen würde... Als er von dem Zettel wieder aufsah, um dem mann den Zettel mit dem Hinweis zurückzugeben, wenn er hier sei, könne er seine Post auch selber zustellen, war dieser verschwunden. Ob er sich das nur eingebildet hatte ? Unmöglich, der Zettel bewies es !
Als er den Mann nicht mehr finden konnte, beschloß er, doch noch mal im Hinterzimmer nachzusehen, wenn jemand hier war, dann dort. Da würde er den blöden Zettel abladen, ob jemand da war oder nicht, und dann würde er nach Hause gehen und da die nächsten Tage auch bleiben ! Basta !
Daß Thürmer ihn verdunkelt aus kurzer Distanz beobachtete, merkte er nicht. Als der Mann sich grummelnd in Bewegung setzte, folgte Thürmer ihm. Mit dem als Deckung sollte er sich die hiesigen Sozialrevolutionäre mal unbemerkt etwas genauer ansehen können...
Der Bedienstete indes konnte aus einem der Hinterzimmer Stimmen hören... Da war also tatsächlich jemand ! Unmotiviert schlurfte er zur betreffenden Tür und öffnete sie, ohne groß zu klopfen.
Zwei Männer, eine Frau. Er versuchte gar nicht erst, den gesichtern irgendwelche Namen zuzuordnen. Dafür war er im Momen einfach nicht bereit.
"N'abend, ist einer von euch ein... Richard Stein ?"
Scheiße, er mußte den Namen tatsächlich ablesen, weil er sich partout nicht konzentrieren konnte, um sich so an ihn zu erinnern...
Mit einem Gesichtsausdruck, der wohl an lichteren Tagen sowas wie eine Erwartungshaltung darstellte, jetzt aber nur von seiner Ungeduld zeugte, endlich wegzukommen, wartete er auf eine Antwort.