AW: [07.05.08] Krisensitzung
Enio hörte sich wie immer die Meinung seines Gegenübers in Ruhe an und schwieg für eine Sekunde. Offenbar war das aber eine Sekunde zu lang. Während er sich noch Gedanken darüber machte ob er Yoshida jetzt überhaupt mit Helena mitgehen lassen sollte oder ihm einfach zwecks Paranoia und unterstelltem Mißtrauen absichtlich doch der Geissel zuteilen sollte, kam eine Unruhe in die Versammlung die ganz und gar nicht angebracht oder erwünscht war. Ausgerechnet Helena machte Anstalten, daß für sie die Besprechung beendet war und ihre Schäfchen im Trockenen und Ferdinand ergriff das Wort als ob er der Sitzungsleiter war. Malik redete ebenso einfach drauf los und gab seine weiteren Einteilungen bekannt und die Gräfin brachte ohne Enios Antwort abzuwarten einfach einen weiteren Punkt auf den Plan. Der Punkt war durchaus wichtig aber es änderte nichts an der tölpelhaften Vorgehensweise und das hier offenbar niemand abwarten wollte was Enio Adrian gegenüber erwiedern würde. Immerhin hatte er das Wort an ihn gerichtet und ihr Dialog war noch nicht beendet. Was war das hier für ein Affenstall? Wer war Enio nochmal? Der olle Brujah und einer vom Mob? Jemand vom Clan der Krawallbrüder und Stänkerer? Es war der Witz des Jahres, das er ganz offenbar wesentlich mehr verstand wie man sich gegenüber anderen verhielt… und vor allem Vorgesetzten gegenüber. Sicher… bei Meyye hätte es ihn weniger gewundert, da sie warscheinlich noch viel weniger von Verhaltensregeln und Etikette verstand als der Italiener und wenn sie sich so verhalten hätte, hätte Enio ihr sowieso Absicht unterstellt und die Motivation ihn einfach zu untergraben. Da hätte er warscheinlich sogar aus reiner Gewohnheit drüber hinweg gesehen. Aber so! Bei den verkackten Toreador und der Ventrue hätte er nicht erwarte, daß man ihn als Chef im Ring so derb überging und schon die rudimentärste Sitzungsordnungen, die jeder verdammte Gemeinderat der Sterblichen besser beherrschte, locker flockig überging.
Bevor noch mehr Unruhe entstand und noch jemand auf die Idee kommen würde die „Fat Lady“ auszupacken und schon mal auf ihren Sieg eine dicke Zigarre zu quarzen erhob sich Enio wortlos, holte aus und schlug mit der Faust so auf den Tisch, daß dieser unter ihm geräuschvoll knackte und ein bißchen nachgab. Übertönt beziehungsweise unterstützt wurde das knachende Geräusch noch durch ein derbes: „Ruhe verdammt und setzen! Hier bewegt niemand seinen Arsch hinaus bevor wir nicht fertig sind und ich werd euch verdammt nochmal sagen wann wir fertig sind. Haben die werten Damen und Herren denn eigentlich schon bemerkt das wir hier nicht auf einer alkoholgeschwängerten Prunksitzung sind, sondern bei einer Versammlung der Kainskinder während einer ernsthaften Bedrohung, bei der wir so etwas wie hektisch und unaufgefordert den Raum verlassen oder den Redner einfach zu unterbrechen tunlichst zu unterlassen haben. Ich brauche keinen Malkavianerprimogen, der sie Sitzung praktisch für mich schließt und die Leute in den verfluchten Feierabend entläßt. Ich kann auch keine Hüterin gebrauchen, die ihrer Meinung nach fertig ist und hat was sie haben wollte und darauf hin Anstalten macht den Stuhl zu lüften. Genauso wenig ist mir eine Ventrue bei so einer Versammlung nützlich, die einfach drauf los plappert auch wenn sie was zu sagen hat, das ich mir durchaus zu Herzen nehme, sich aber letztendlich mit Worten eines einzelnen Primogens abspeisen läßt, der noch nicht einmal ihr eigener ist. Ich hoffe die Anwesenden haben vielleicht bemerkt, daß sowohl der anwesende Nosferatu, der grummelige und blöde Brujah hier vorne und ja… sogar die Primogena der Gangrel wesentlich mehr von einer Sitzugsordnung oder wie die von den hohen Clans es wohl nennen… Etikette verstehen als der Rest von euch Blutsauger. Warum dem so ist will ich erst gar nicht geklärt haben… nicht das mir noch übel wird und ich einem allzu menschlcihen Bedürfnis nachgehen muß und hier noch auf den Tisch kotze.“
Wie auf ein Stichwort sah Enio kurz nach unten. Der Tisch war nicht zerbrochen aber er hatte einen deutlichen Knick in der Mitte und Enio hatte ihm offenbar das Rückrat gebrochen. Es war nur noch eine Frage der Zeit bis er voll den Geist aufgeben würde. „So Herr Yoshida.“ Enio wandte sich wieder dem anderen Brujah zu. Sein Blick war alles andere als feundlich und man hatte schnell das Gefühl als könnte man der nächste Tisch sein. „Kommen wir auf sie zurück. Sie wollen also bei der Hüterin mitmischen. Sehr schön. Dann wünsche ich ihnen viel Erfolg heute Nacht… in der Gruppe von Malik Trapper. Ramon Gomez wird Helena O´Niell begleiten. Ihr seid euch nicht einig geworden… ich bin mit mir jedenfalls einig.“ Aua! War das jetzt Absicht und Enio hätte Adrian sowieso in eine andere Gruppe gesteckt oder war der Kriegsherr jetzt einfach sauer und hattet ein bißchen trotzig und kindsköpfig reagiert? Naja… aber wer wollte ihn jetzt schon groß danach fragen?
„Und nun zu Ihnen Gräfin Fransiska von Liebenstein. Ja… mal nur am Rande… der Typ von dem nicht hohen Clan der Brujahs hat sich sogar ihren Namen richtig gemerkt. Im Gegensatz zu Ihnen ist das für mich eine recht einfache Übung… und dabei habe ich noch nicht einmal die hohe Schule der blaublütigen Ventrues besucht. Erstaunlich was?“ Vielleicht hatte die Oma es ja noch nicht bemerkt, daß sie schon wieder Enios Namen falsch gesagt hatte und das obwohl der Name Pareto doch eigentlich sehr einfach und kurz war. „Ich will nicht zimperlich erscheinen und in Anbetracht unserer Situation den Anwesenden nicht das Gefühl geben, daß ich meine Prioritäten falsch geordent hätte… aber der Frau Ventrue wird doch sicherlich klar sein, daß es Domänen gibt in denen sie nach so einem Faux Pas von einer Ancilla zur Neugeborenen degradiert worden wäre.“ Das mußte einfach sein. Die Anwesenden konnte denken was sie wollten über ihn aber Enio konnte es nunmal auch nicht unterlassen ein paar völlig unnötig Seitenhiebe auszuteilen. Und das obwohl der Brujah-Ahn ansonsten eher davon Abstand nahm die Unterschiede und Differenzen zwischen den Ventrue, Toreador und seinem Clan so in den Vordergrund zu schieben.
„Ungeachtet dessen Frau von Liebenstein… sie haben den Sinn und Zweck dieser Versammlung offenbar nicht verstanden. Jeder der gestern mit dabei war… auser ihrem Primogen… ist hier anwesend oder hat eine andere Aufgabe. Deswegen wird jeder auch heute Nacht einer Gruppe zugeteilt und unterstützt sie nach seinen Fähigkeiten und zum Schutz und dem Wohle von Finstertal. Es ist wie sie schon sagten… keine Frage des Wollens. Deswegen brauchen sie sich auch nicht zu wundern oder anzunehmen, daß irgendjemand sie oder ihren Clan bei den Unternehmungen diese Nacht vergessen hat. Noch Fragen? Wenn nicht, dann geben sie sich hoffentlich mit meiner Zusicherung zufrieden, daß wir das Fehlen von Alexander Stahl nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ich weiß nichts von seinem Verbleib aber wird auf jeden Fall gesucht werden. Eine Aufgabe, der sie sich Morgen gerne als erstes annehmen dürfen.“ Enio war egal wo sie eingeteilt wurde aber er hatte nicht vor irgendjemand hier auf der faulen Haut zurückzulassen, damit der sich eine lustige Nacht voll machen konnte. Nach Alexander Stahl würde noch gesucht werden… aber nicht jetzt. Das sich die Gräfin soeben bei diesem Thema an vorderster Front gestellt hatte… oder gestellt wurde war Enio gerade recht.
Enio besann sich und versuchte wieder etwas zur Sache zurückzukommen. Erstaunlicherweise deutete er auf das was vor Meyye auf dem Tisch lag und eine gute Bastelarbeit darstellte. „Sehr gute Idee… das werden wir gut gebrauchen können.“ Ups! Schon wieder ein Lob für die Gangrel. Das war nicht gut… nein das konnte nicht gut sein. Fakt war aber merkwürdigerweise, daß die Schwarze eine von denjenigen waren, die Enio in der letzten halben Stunde am wenigsten auf den Geist gegangen waren.
„So! fühlt sich sonst noch wer irgendwie übergangen, ausgegrenzt oder möchte sein Leid klagen? Hat jemand noch einen eingewachsenen Zehennagel oder will vorher noch kurz zum Frisör? Nein? Sehr gut.“ Enio stand ja schon. Erhob sich noch ein anderer? Wagte es jemand? Wenn nicht dann wartete der Turiner noch eine weitere Sekunde und nahm seinen Rucksack. „Dann können wir von mir aus gehen.“ Ja… irgendwie war das doch richtig oder? Das Oberhaupt der Stadt und derjenige, der diese Sitzung einberufen hatte schloß sie auch und hatte das letzte Wort. Zeit um noch etwas zu sagen blieb natürlich immer. Aber jeder würde sich warschienlich wohl mehr als einmal überlegen ob das was er zu sagen hatte wirklich wichtig war.