Amanora
Wächterwölfin
- Registriert
- 2. Juni 2004
- Beiträge
- 1.649
Wieder einmal erwachte Mira aus diesem todesähnlichen Zustand, der im Laufe der Jahre nur allzu vertraut geworden war. Sie drehte den Kopf und schaute auf die Uhr - diesmal hatte sie nicht so lange geschlafen, und an Alpträume konnte sie sich auch nicht erinnern.
Sie richtete sich auf und horchte für ein paar Augenblicke in sich; etwas war anders, als gestern Abend. Sie konnte es nicht so richtig greifen...vielleicht hatte sie doch geträumt? Grübelnd erhob sie sich vom Bett und ging ins Badezimmer, um sich das Gesicht mit kaltem Wasser zu waschen. Vielleicht konnte sie so ihre Gedanken ein wenig ordnen; das kühle Naß vertrieb die letzten Schleier der Benommenheit. Sie griff nach dem Handtuch, das neben dem Waschbecken hing und trocknete sich das Gesicht ab.
Jeden Abend waren es dieselben Bewegungsabläufe; in unendlicher Routine hatten sie sich fest etabliert und in ihr Leben und Unleben eingebrannt, wie eine Prägung, die man nicht mehr entfernen konnte. Doch als sie die Hand nach dem Gefäß mit der Kontaktlinse ausstreckte, hielt sie plötzlich wie erstarrt inne - der Ablauf war unterbrochen. Wie gelähmt stand sie da und starrte auf das Gefäß, das nun gar nicht mehr so sehr Routine war, wie sonst immer. Langsam zog sie die Hand zurück, hob den Blick zum Spiegel und starrte sich selbst in die Augen. Was sah sie dort? Ein zwiegespaltenes Wesen; hin und hergerissen zwischen dem, was sie einmal gewesen ist und dem Monster, das aus ihr geworden war. Gefangen zwischen dem Heulen des Tieres und der Stimme ihrer eigenen Vernunft, zwischen dem unstillbaren Hunger und der Mäßigung, die sie sich immer wieder selbst auferlegte.
Sie erkannte, daß dieser Zwiespalt niemals enden würde, er war Bestandteil ihrer untoten Existenz, unabänderlich bis in alle Ewigkeit. Sie schloß die Augen und gab sich selbst Zeit diese Erkenntnis zu Verarbeiten. Was hatte sie die ganzen Jahre getan? Sie hatte dieser Tatsache buchstäblich nicht ins Auge sehen wollen; hatte sie sogar hinter einer Kontaktlinse versteckt. Sie starrte den Kontaktlinsenbehälter mit verengten Augen an, so als hätte er sie über 20 Jahre lang um die Wahrheit betrogen. Dennoch war ihr klar, daß sie die einzige war, die sie dafür verantwortlich machen konnte; hatte sie sich diese Augenwischerei doch selbst zuzuschreiben.
Aber was nutzte es ihr sich dafür zu schelten, oder an dieser Erkenntnis zu zerbrechen?
Ohne den Behälter noch eines weiteren Blickes zu würdigen begab sie sich zurück in den Schlafraum und zog sich an. Sie würde ihren untoten Zustand als das akzeptieren, was er war: eine ewige Gratwanderung zwischen hell und dunkel. Aber anstatt sich mit ewigen Selbstzweifeln und Gewissensbissen selbst zu quälen, oder sich gar dem Tier hinzugeben, würde sie sich dazwischen bewegen, wie auf einem Fenstersims.
...
Als sie das Haus mit der Kamera in der Hand verließ befand sie sich in einem Zustand merkwürdiger Klarheit. Ihr ewig aktiver Verstand war völlig ruhig - keine Grübeln und kein Planen. Sie setzte sich in ihren Wagen und lies ohne Zögern den Motor an. Ihr Ziel war klar: der Stadtpark. Es war Zeit diesen elenden Auftrag zu erfüllen.
Als der dunkelgraue Rover aus der Einfahrt rollte und Richtung Stadtpark davonfuhr, lag die Kontaktlinse immernoch in dem kleinen Behälter auf der Spiegelablage im Keller...
...
Mira fuhr zur anderen Seite des Stadtparks und hielt dort nach einem geeigneten Ort Ausschau, von dem aus sie diese Seite der Grünanlage gut beobachten konnte.
Sie richtete sich auf und horchte für ein paar Augenblicke in sich; etwas war anders, als gestern Abend. Sie konnte es nicht so richtig greifen...vielleicht hatte sie doch geträumt? Grübelnd erhob sie sich vom Bett und ging ins Badezimmer, um sich das Gesicht mit kaltem Wasser zu waschen. Vielleicht konnte sie so ihre Gedanken ein wenig ordnen; das kühle Naß vertrieb die letzten Schleier der Benommenheit. Sie griff nach dem Handtuch, das neben dem Waschbecken hing und trocknete sich das Gesicht ab.
Jeden Abend waren es dieselben Bewegungsabläufe; in unendlicher Routine hatten sie sich fest etabliert und in ihr Leben und Unleben eingebrannt, wie eine Prägung, die man nicht mehr entfernen konnte. Doch als sie die Hand nach dem Gefäß mit der Kontaktlinse ausstreckte, hielt sie plötzlich wie erstarrt inne - der Ablauf war unterbrochen. Wie gelähmt stand sie da und starrte auf das Gefäß, das nun gar nicht mehr so sehr Routine war, wie sonst immer. Langsam zog sie die Hand zurück, hob den Blick zum Spiegel und starrte sich selbst in die Augen. Was sah sie dort? Ein zwiegespaltenes Wesen; hin und hergerissen zwischen dem, was sie einmal gewesen ist und dem Monster, das aus ihr geworden war. Gefangen zwischen dem Heulen des Tieres und der Stimme ihrer eigenen Vernunft, zwischen dem unstillbaren Hunger und der Mäßigung, die sie sich immer wieder selbst auferlegte.
Sie erkannte, daß dieser Zwiespalt niemals enden würde, er war Bestandteil ihrer untoten Existenz, unabänderlich bis in alle Ewigkeit. Sie schloß die Augen und gab sich selbst Zeit diese Erkenntnis zu Verarbeiten. Was hatte sie die ganzen Jahre getan? Sie hatte dieser Tatsache buchstäblich nicht ins Auge sehen wollen; hatte sie sogar hinter einer Kontaktlinse versteckt. Sie starrte den Kontaktlinsenbehälter mit verengten Augen an, so als hätte er sie über 20 Jahre lang um die Wahrheit betrogen. Dennoch war ihr klar, daß sie die einzige war, die sie dafür verantwortlich machen konnte; hatte sie sich diese Augenwischerei doch selbst zuzuschreiben.
Aber was nutzte es ihr sich dafür zu schelten, oder an dieser Erkenntnis zu zerbrechen?
Ohne den Behälter noch eines weiteren Blickes zu würdigen begab sie sich zurück in den Schlafraum und zog sich an. Sie würde ihren untoten Zustand als das akzeptieren, was er war: eine ewige Gratwanderung zwischen hell und dunkel. Aber anstatt sich mit ewigen Selbstzweifeln und Gewissensbissen selbst zu quälen, oder sich gar dem Tier hinzugeben, würde sie sich dazwischen bewegen, wie auf einem Fenstersims.
...
Als sie das Haus mit der Kamera in der Hand verließ befand sie sich in einem Zustand merkwürdiger Klarheit. Ihr ewig aktiver Verstand war völlig ruhig - keine Grübeln und kein Planen. Sie setzte sich in ihren Wagen und lies ohne Zögern den Motor an. Ihr Ziel war klar: der Stadtpark. Es war Zeit diesen elenden Auftrag zu erfüllen.
Als der dunkelgraue Rover aus der Einfahrt rollte und Richtung Stadtpark davonfuhr, lag die Kontaktlinse immernoch in dem kleinen Behälter auf der Spiegelablage im Keller...
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Mira fuhr zur anderen Seite des Stadtparks und hielt dort nach einem geeigneten Ort Ausschau, von dem aus sie diese Seite der Grünanlage gut beobachten konnte.
Out of CharacterEdit: @Nightwind: Danke fürs Karma und den Rächdschraipfähläh