AW: [06.06.06] Anruf für Rene
Carola lag auf dem Gehsteig und Schaffenberg rannte zu ihr. Ohne sich umzudrehen wusste Schaffenberg dass die ersten Lichter angingen und der eine oder andere den Notruf wählte. Er musste sich beeilen.
Was sollte er bloss machen, er hatte nicht die Beherrschung verloren, er war Herr seiner Sinne und wusste genau was der Preis ihrer Vernichtung wäre. Das Tier in ihm, durch Hunger und Kampf geweckt verlangte nach Tod und Blut, feinste Kainitische Vitae lag vor ihm auf dem Teller. Der Tisch war gedeckt und dieses Mal konnte er sich auch nicht hinter irgendwelchen Paragraphen verstecken, selbst das Recht sah in diesem Falle die Vernichtung des unbelehrbaren Kindes vor.
Selbst im Angesicht der drohenden Vernichtung rief Carola in üblicher Manier nach Hilfe. Er erkannte, egal was kommen möge, er konnte sie nicht befreien aus ihrem geistigen Gefängnis.
Es war ihr Schicksal, vom Erzeuger verraten, immer wieder zum Spielball von Älteren zu werden. Es war sein Versagen, sie wurde in die Welt der Finsternis gestossen, ohne Hilfe gegen das Tier in ihr.
Er erinnerte sich an seine eigene Vampirwerdung. Sein Erzeuger war anfangs ständig zugegen, Schaffenberg wusste bereits alles über den Kampf mit dem Tier im Inneren bevor er es erstmals bewusst wahrnahm. Bei ihr war es genau umgekehrt.
Würde er sie abliefern ginge das Spiel von vorne los. Ketten und Pfähle, Beherrschungen, Befragungen und vielleicht ein neuer unglücklicher Mentor oder ein Despot der auf seine alten Tage seine Langeweile mit ihren Qualen zu stillen sucht.
Die Hoffnung stirbt zuletzt, und genau an diesem Punkt war Schaffenberg angekommen. Es gab keine Hoffnung mehr, er konnte sie nicht laufen lassen. Letztendlich würde der Sabbat ihr die Seele rauben, zumindest das würde er zu verhindern wissen.
Er drehte sie herum, streichelte ihr noch einmal zärtlich über die Wange. Er wollte noch etwas sagen, seine Zunge versagte den Dienst. Behutsam hob er mit der Hand ihren Kopf, beugte sich vor und während seine Fänge sich mit tödlicher Kraft in ihren Hals bohrten, liefen blutige Tränen sein Gesicht herunter.
Menschlichkeit
[dice0]