AW: [06.05.2008] Kriesen können Chancen sein
Immerhin ein Teilerfolg und was noch wichtiger war, sie beide waren noch am Leben. Eine handfeste Auseinandersetzung zwischen ihnen, wäre mit Sicherheit äußerst unschön geworden. Ohne vorher mit Bestimmtheit einen Sieger festlegen zu können. Nur wenige Kainiten in Finstertal waren noch gefährlicher als die kleine Schwarze, niemand wusste das besser als die Seneshall. Aber wenigstens für diesen Moment schien die erste Gefahr gebannt?
Allerdings schien Meyye noch immer entschlossen die wilde Gangrel zu markieren. Noir gönnte ihr den kleinen Sieg und ließ daher auch die unterschwellige Drohung unkommentiert. Geduld würde es noch eine ganze Menge brauchen und setzen würde sich der kleine Wildfang nach den nun folgenden Ausführungen sicherlich auch noch.
„Um gleich zu beginn etwas klar zu stellen. Ich bin keine Plage und schätze es auch nicht als solche betitelt zu werden. Trotz Ihrer offen bekundeten Ungeduld muss ich leider etwas weiter ausholen. Es ist nicht immer alles so einfach, als dass man es schlicht mit Gut oder Böse betiteln kann. Besonders wenn man sich bewusst macht, das beide Begriffe gerade in unserer Welt gar nicht schwammiger sein könnten. Ich bin nicht besessen, wenn Sie das meinen, ich habe nur Teile einer anderen Seele in mich aufgenommen. Vor etwas weniger als einer Woche, habe ich eine Reise in die Astraleben unternommen. Die Gerüchte um Zacharii nahmen immer weitere Kreise an und ich wollte meinen Beitrag leisten. Nicht wenige hier sehen mich als unfähigen Emporkömmling an. Dies ist ihr gutes Recht und vielleicht stimmt es ja auch sogar. Aber ich wollte mich unbedingt beweisen und zeigen, dass ich kein Feigling darüber hinaus nicht gewillt bin, mich auf meinen Lorbeeren auszuruhen. Wie Sie vielleicht mitbekommen haben, ging dabei etwas fürchterlich schief. Der Tzimisce war bereits mächtiger als ich mir je hätte vorstellen mögen und so trieb ich, abgeschnitten von meinem Körper durch das fremde Nichts. Ich hatte mich bereits aufgegeben und wartete nur noch darauf, dass irgendeine Scheußlichkeit mich überwältigen und töten würde. Aber es kam anders. Irgendein friedliches Wesen..., wie soll ich das beschreiben, noch heute ist alles so unwirklich,… nahm mich bei sich, oder sollte ich sagen in sich, auf und schützte mich vor den Monstern dort draußen. Sie verbarg mich in einer tiefschwarzen Wolke und ich fühlte mich sicher wie nie zuvor in meinem Leben. Wir tauschten Erfahrungen, Erinnerungen und Kenntnisse aus. Nicht durch Gespräche, auch nicht durch Verschmelzungen oder ähnlichem. Irgendwie flossen die Gedanken aus uns heraus und sammelten sich im Geist des anderen. Wir teilten uns gegenseitig mit… Verzeihen Sie Meyye, wenn ich es nicht besser erklären kann, aber die menschliche Sprache ist nicht für solch seltsame Gegebenheiten ausgelegt.“
Noir lächelte entschuldigend und vergewisserte sich davon, dass die Gangrel ihr weiter zuhörte und nach wie vor auf einen spontanen Gewaltakt verzichtete. Dankbar dafür, dass diese anscheinend noch auf das Ende der Geschichte warten wollte, fuhr sie fort.
„Prinz Buchet hatte sich natürlich sofort auf die Suche nach mir gemacht. Dank seiner herausragenden Fähigkeiten fand er mich dann auch und holte mich zurück ins Diesseits. Hier spürte ich bald, dass ich mich verändert hatte. Ich war und bin nicht besessen, ich weiß das Sie das denken. Sehen Sie es einfach so, als hätte ich plötzlich die Erinnerungen eines anderen Lebens in meinem Kopf. Ich erkannte, dass die Unbekannte eine verstorbene Lassombra war. Sie hat keinen Namen, zumindest erinnere ich mich nicht daran, dass sie einen hatte. Aber sie war einstmals die Gefährtin und Frau unseres ärgsten Feindes Zacharii. Zu Lebzeiten war sie ebenso böse und grausam wie er und regierte Finstertal mit harter und gnadenloser Hand. Irgendwann kam es zum Krieg gegen die Garou und sie wurde auf die bestialischste Weise getötet, die sie sich nur vorstellen können. Die Wölfe folterten sie über Wochen und verhexten ihre Seele damit sie für die Zeit der Peinigungen nicht vorzeitig sterben konnte. Als sie endlich mit ihr fertig waren ließen sie einen toten Körper zurück an dem sich aber noch immer verzweifelt ihre Seele klammerte. Es mag ein Unfall aufgrund dieses Rituals gewesen sein oder auch nur ein dummer Zufall. Wie dem auch sei, sie starb nicht vollends. Dies bemerkte auch Zacharii. Besessen davon, seine Gemahlin zurück zu bekommen forschte er nach einer Möglichkeit sie ins Leben zurück zu holen. Er bildete ihren Körper nach, versuchte sich in Blutmagie, in gespenstischen Ritualen und Dämonologie. Aber es war alles umsont! Irgendwann, es mochte fast ein halbes Jahrhundert ins Land gegangen sein, wollte die Namenlose nur noch sterben. Die Einsamkeit im Nichts ließ sie schier wahnsinnig werden und sie flehte ihren Mann in seinen Träumen an, sie endlich gehen zu lassen. Dieser aber weigerte sich aufzugeben. Aus Liebe wurde Hass! Die Lassombra erkannte in dieser Zeit ebenfalls, dass sie selbst zu Lebzeiten ein Monster gewesen war, überlegen Sie was man ihr alles angetan hatte und entschloss sich Zacharii zu töten und endlich den Frieden zu finden, den sie sich so lange ersehnte. Dann traf sie auf mich und ließ mich teilhaben an allem was sie wusste. Ich wiederhole erneut, es hat nichts damit zu tun, dass ich von irgendetwas besessen bin, ich habe wie gesagt nur die vollständigen Erinnerungen eines weiteren Lebens in meinem Kopf. Inklusive der Resultate, die derartige Erfahrungen nach sich ziehen. Das neue Wissen hat mich verändert. Ich bin abgeklärter, härter, selbstbewusster und mächtiger als zuvor, aber trotzdem auch immer noch die Lena, die Sie aus den alten Tagen im Cafe kennen.“
Noir holte tief Luft. Es war unnötig, gewiss, aber es hatte etwas beruhigendes seine Lungen mit warmen Atem zu füllen, es erinnerte an Leben rief dem Geist die Existenz des Körpers in Erinnerung.
„Ein weiterer Effekt, den ich mir allerdings selbst nicht erklären kann ist, dass ich über neue Fähigkeiten verfüge. Ich habe eine Theorie dazu, wenn Sie sie hören wollen? Vielleicht ist nicht das Blut die Substanz, die uns mit der Macht Kains ausstattet, sondern die darin enthaltenen Erinnerung. Müssten wir nicht schwächer werden, wenn wir uns nach einer schweren Verletzung an Menschen laben? Überlegen Sie, wie viel Blut den Körper wechselt. Nun, wie dem auch sei ich beherrsche einige Kräfte der Lasombra. Sie fallen mir nicht leicht und ich muss mich sehr stark konzentrieren, aber ich schaffe es, die Dunkelheit nach meinem Willen zu formen. Naja, und damit wären wir an dem Punkt warum ich mit diesem Wissen so heimlich umgehe. Wer würde einer Lassombra vertrauen? Wie soll ich es den anderen Kainiten begreiflich machen, dass ich noch immer die Selbe bin? Wie kann ich all das Wissen in mir gegen Zacharii nutzen, ohne mich selbst der Rache auszuliefern? Es ist schwer, das kann ich Ihnen sagen und man ist sehr schnell sehr allein. Aber es hat auch Vorteile! Ich weiß auch sehr viel über den Feind! Seine Taktiken, sein Art zu denken, viele Geheimnisse. All dies will ich zum Wohle der Stadt nutzen, wenn man mich denn lässt. Leider greift der Mistkerl mittlerweile auf die Köpfe der hiesigen Kainiten zu und nimmt sich deren Wissen. Noch ist dem Koldunen unbekannt dass ich weiß was ich weiß. Seine Frau dämmert ja noch immer tief in seinem Reich und erträgt still seine unaufhörlichen Grausamkeiten. Dass Sie es nun wissen Meyye, macht das Risiko nicht geringer. Aber sie haben recht eindrucksvoll unterstrichen, dass Sie die Wahrheit wissen wollen. Nun, bitte sehr das war sie…“