[04.05.2008] Noch eine Leiche

Nach der Evakuierung des Cafés war Ferdinand vorsichtiger geworden, was die Wahl des fahrbaren Gefährts betraf.
So sehr er es verabscheute in fremdem Automobilen zu sitzen, es war ihm wichtig keine Werwölfe zu seiner Zuflucht zu führen. Sein Oldtimer war einfach zu auffällig.
Also nahm er wieder ein Taxi. Außerdem konnte Henry somit bei Evelina bleiben, es war Ferdinand wohler wenn er ihren Gemahl bei ihr wusste. Evelina mit zum Café zu nehmen kam nicht mehr in Frage in diesen Kriegszeiten.

Der Malkavianer stieg nicht direkt vor seiner Zuflucht ins Taxi ein und ließ sich auch nicht direkt vor dem Café absetzen, sondern ging ein Stück zu Fuß.
Schließlich erreichte er das Café und trat ein. Er schaute ob er hinter der Theke eine neue Bedienung erblickte.

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Das Mädchen hinter der Theke sah auf und lächelte. Ja, so ein Mädchen konnte sich nur eine Toreador aussuchen, das war ganz klar, denn gegen sie waren selbst die berühmten Modells und Schauspielerinnen Mauerblümchen.

"Guten Abend", sagte sie freundlich.

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"Guten Abend", erwiderte Ferdinand freundlich und lächelte die überaus hübsche Frau an.

"Sind Sie Maya? Mein Name ist Ferdinand von Rothschild, Frau O´Niell schickt mich. Ich soll hier im Keller nach etwas schauen, was in einer Kirche gefunden wurde."

Wusste Maya, dass es sich dabei um eine Leiche handelte? Da drückte er sich zunächst lieber etwas schwammig aus.

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"Ah, ja, Guten Abend, ich bin Maya und ich habe da eine Art Gast im Keller, Jonathan hat mir schon erklärt, um was es sich handelt", sagte Maya. "Warten sie, ich bringe sie runter."

Sie drückte auf einen Knopf und für die nächsten Minuten, würde keiner das Cafe betreten können.

"Sie sind Pathologe oder sowas?"

Sie ging vor dem Mann her zur Tür, immerhin machte Ferdinand, außer daß er altmodisch aussah, nicht unbedingt einen gefährlichen Eindruck und sie verließ sich einfach mal auf die Aussage, daß ihr hier keiner was tun durfte.

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„Nein, Pathologe bin ich nicht, aber ich verfüge über andere Fähigkeiten, mit denen ich hoffentlich etwas über diesen ´Gast´ herausfinden kann.
Genauso wie Frau O´Niell bin ich nur nachtaktiv und muss schlafen wenn es hell ist…und kann mich nur von Blut ernähren.“

Ferdinand folgte Maya. Er hatte den Eindruck, dass sie sich nicht vor ihm fürchtete und war froh darüber. Die Anfangszeit als Ghulin mochte sehr verwirrend und beunruhigend sein.

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Maya lächelte leicht.

"Ich weiß, bzw. habe es mir gedacht", erwiderte sie schließlich.

Sie schien wirklich keine Angst zu haben als sie Ferdinand zu dem kleinen Raum brauchte, das Schloß öffnete und das Licht anmachte.

Auf einem großen Tisch lag unter einen Tuch die Leiche. Deutlich war zu erkennen, daß es sich um eine Frau handelte und die vermutlich nicht viel an hatte.

"Genau in dem Zustand haben sie die Frau gefunden, also es waren nicht wir, die sie ausgezogen haben." Es klang als wollte sie sich entschuldigen, immerhin sah der Mann nicht so locker aus, daß man ihm sowas einfach so präsentieren wollte.

Langsam zog sie das Tuch ein Stück zurück und man sah das makellose Gesicht mit den schwarzen Haaren, vermutlich konnte die Leiche durchaus mit Maya konkurrieren und sie sah aus, als ob sie schliefe.

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Ferdinand war nicht sonderlich prüde, obwohl man dies aufgrund seiner Steifheit vermuten könnte. Für ihn machte es keinen großen Unterschied ob die Tote bekleidet oder nackt war. Er betrachtete sie eingehend.
Der Zustand war wirklich erstaunlich. Keinerlei Verwesungserscheinungen, soviel sah man da sogar als Laie.
War die Frau wohl irgendwie konserviert worden? Der Tzimisce war doch schon eine ganze Weile nicht mehr in der Stadt gewesen, er konnte sie also wohl kaum erst gestern getötet haben.
Es hatte dort doch mehrere Leichen gegeben unter der Kirche, aber von einer unversehrten Leiche hatte Ben gar nichts erwähnt. Aber er war vorzeitig geflohen, den letzten Raum hatte er gar nicht mit aller Deutlichkeit gesehen, also vielleicht auch nicht diese Frau.

„Vielleicht könnten Sie mich mit der Frau allein lassen? Es wird nicht lange dauern.
Ich sehe gleich möglicherweise Dinge aus dem Leben der Frau, die sehr unangenehm sein könnten. Falls ich hoch gerannt kommen sollte, wundern Sie sich also nicht.“

Besser er warnte Maya vor, es könnte ja durchaus passieren, dass er wieder in Rötschreck fiel. Die tote Frau mochte Grauenvolles erlebt haben als sie noch gelebt hatte, Zacharii mochte sie der grauenhaftesten Folter unterzogen haben.
Es war doch wirklich eine Schande, diese Frau als Versuchsobjekt verwendet zu haben. Wozu das alles…? Ob er darauf jetzt jegliche Antwort bekäme?

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Maya nickte und ging dann hinaus, so scharf drauf zu sehen, was Ferdinand machte, war sie auch nicht, bis jetzt hatte sie noch nicht mitbekommen, wie Kainskinder denn nun arbeiteten, das wollte ihr Helena dann erklären, wenn sie Zeit hatte, bis jetzt hatte sie keine gehabt.

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Nachdem Maya den Raum verlassen hatte näherte sich der Malkavianer der Leiche. Er zog das Tuch noch ein wenig mehr zurück, schärfte seinen Sehsinn und prüfte ob er so irgendetwas Besonderes entdecken konnte.
Zu diesem Zweck sollte er aber das Tuch vorläufig am besten ganz entfernen. Er tat dies und betrachtete den gesamten Körper prüfend.
In solchen Fällen wäre es wirklich ganz praktisch etwas medizinische Kenntnisse zu haben...

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Es war auch ohne medizinische Kenntnisse zu erkennen, daß diese Frau so perfekt war, wie ein Wesen nur sein konnte und selbst in dem Zustand jeden in seinem Bann zeihen konnte, es war einfach faszinierend und es fand nicht einmal eine winzige Narbe, nicht mal einen Leberfleck.

Das war etwas sehr, sehr aufregendes, aber auch erschreckend.

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Erstaunlich! Das war doch nicht normal. Ferdinand hatte im Verlauf der letzten hundert Jahre schon recht viele junge, hübsche Frauen nackt gesehen, aber ein so makelloser, perfekter Körper wie dieser war ihm noch nicht untergekommen, so etwas gab es doch eigentlich gar nicht. Selbst die schönste Frau hatte irgendwelche kleinen Makel am Körper. Eigentlich. Außer man entfernte diese kleinen Fehler.
Und Tzimisce waren doch Körperformer? Womöglich hatte Zacharii diese Frau „perfektioniert“, wie auch immer das bewerkstelligt wurde.
Verformung von Körpern hätte Ferdinand sich aber recht brachial vorgestellt und mit dem Verbiegen von Knochen in Verbindung gebracht. Etwas Perverses wie die Hautwand passte irgendwie besser zu so einem verqueren Koldunen als so ein Sinn für Schönheit, der sich hier nun offenbarte.
Ferdinand wurde von der unnatürlichen Schönheit dieser Frau in den Bann gezogen. Obwohl er kein Toreador war kostete es ihn Mühe sich von dem Anblick loszureißen. Er bedeckte die Frau wieder mit dem Tuch, ließ aber den Kopf und die Schultern vorerst frei.

Ob die Verschönerungen wohl schmerzhaft gewesen waren für die Frau? Und ob Zacharii sie tatsächlich gequält hatte? Wenn nicht körperlich, dann seelisch? Besser, er wappnete sich für das Schlimmste. Und an irgendetwas musste sie ja gestorben sein.

Er legte seine Hand vorsichtig auf die linke Schulter der Frau, schloss die Augen und konzentrierte sich darauf per geistiger Berührung etwas über diese Frau zu erfahren. Ferdinand rechnete damit, dass er nun von sehr schlimmen Eindrücken durchflutet wurde.

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Die Frau war seltsam, es waren bei ihr überhaupt keine Eindrücke zu bekommen, einfach nur nicht, als wäre sie ein unbeschriebenes Blatt und als wäre sie nie von irgendetwas berührt worden, was Eindrücke hinterlassen hätte.

So etwas war Fredinand noch nie passiert, denn eigentlich hinterliess immer irgendwas seine Eindrücke.

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Das war wirklich äußerst verwirrend. Warum sah er rein gar nichts? Lag es daran, dass die Eindrücke schon so lange her waren? Aber dann hätte er doch eigentlich wenigstens etwas Aktuelles sehen müssen, das ziemlich nichtssagend war…wie die Frau hier rein getragen wurde oder etwas in der Art. Oder nicht?
Oder lag es an ihm, war für heute seine „Batterie“ leer, war er zu ausgelaugt um noch etwas irgendwo herauslesen zu können?
Versuchte er es doch einfach mit dem Tuch, wenn das auch nicht funktionierte…
Ferdinand erfasste also das Tuch und prüfte ob er daraus etwas herauslesen konnte.

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Bei dem Tuch bekam er einige Gedanken und Bilder, Helena und ein nett aussehender dunkelhaariger Mann, die die Leiche hierhertrugen und das Tuch drüberlegten, das war also ganz normal und so wie er es sich auch vorgestellt hatte.

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Ferdinand war beruhigt, zumindest darüber, dass offenbar die Disziplin noch funktionierte, er also noch ganz normal aus Objekten usw. lesen konnte.
An ihm lag es also nicht, dass er bei der Frau nichts sah. Es musste an der Frau liegen. Besaß sie wohl eine Art unsichtbaren „Schutzmantel“, der sie abschirmte, und der verhinderte, dass in ihrem Körper jedwede Eindrücke gespeichert wurden?
In jedem Falle wäre es gut, wenn noch jemand anders sich die Frau per geistiger Berührung anschaute, um sich zu vergewissern, ob es allgemein unmöglich war bei ihr auf diese Art etwas zu lesen.

Aber tot war die Frau? Eine Aura hatte sie dann eigentlich nicht, aber da hier bereits so vieles ungewöhnlich war, konnte es nicht schaden einfach mal zu testen ob sie nicht zufällig doch eine Aura hatte. Ferdinand versuchte also zu schauen ob es eine Aura gab, aber er glaubte nicht recht, dass es wirklich eine gab.

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Es schien bei der Frau keine Aura zu geben, so sehr er sich auch bemühte, Ferdinand konnte keine Aura erkennen, die Frau war eindeutig tod und vermutlich sogar schon sehr sehr lange tod, wenn er es richtig interpretierte.

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Und was war mit dem Blut? Hatte die Frau noch Blut im Körper? Ferdinand beugte sich hinunter zu ihrer Kehle, und es war zugegebenermaßen sehr verlockend hineinzubeißen. Doch er zögerte. Was, wenn das Blut ihn irgendwie beeinflusste, veränderte? Immerhin war diese Frau Versuchsobjekt eines Tzimisce gewesen. Blutabnahmen sollte er dann wohl doch lieber den Tremere überlassen. Er war furchtbar neugierig wie so altes Blut wohl schmeckte, aber irgendwie war ihm das Ganze dann doch nicht ganz geheuer. Seine Fänge waren schon ausgefahren, doch er zögerte noch immer.
Aber müsste er das Blut nicht riechen können, wenn denn welches vorhanden war? Er steigerte seinen Geruchsinn und schnupperte an der Haut der Frau, seine Nase berührte die Haut leicht.

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Wenn die Frau Blut hatte, dann war es das geruchsloseste, was ihm jemals untergekommen war, auch die geschärften Sinne konnten beim besten Willen nichts entdecken.

Die Sache wurde immer merkwürdiger, was war hier geschehen, konnte es so etwas überhaupt geben, er konnte sich jedenfalls nicht erinnern, so etwas schon mal gehört zu haben. Die Frau hatte etwas von einer sehr perfekten Puppe.

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Der Spiegel! schoss es ihm da durch den Kopf.

Das hätte er jetzt beinahe ganz vergessen. Helena hatte doch gesagt er solle sich die Frau mal mit einem Spiegel betrachten.
Zu diesem Zweck hatte er einen kleinen runden Schminkspiegel von Evelina mitgenommen. Ferdinand richtete sich wieder auf, holte den Spiegel aus der Innentasche seines Jacketts und hielt ihn so, dass er das Gesicht der Frau darin erkennen müsste.

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Die Frau war in dem Spiegel zwar zu erkennen, aber das Spiegelbild war verschwommen, so als weigere sich der Spiegel die Frau deutlich abzubilden oder als könnte das Licht nicht richtig wiedergespiegelt werden. Auch das war sehr, sehr seltsam.