AW: Zensur
"Zensur - Überbleibsel aus autoritären System oder letzte Konsequenz der wehrhaften Demokratie?"
Weder das eine, noch das andere.
Das sind keine Alternativen. Zensur ist schlicht und einfach erst einmal eine von unterschiedlichen möglichen Methoden Informationen und deren Verbreitung nach unterschiedlichen Gesichtspunkten zu kontrollieren und zu beschränken.
Das WARUM, welches überhaupt die Grundlage für die Wahl einer Methode zur Informationskontroll ist, kann sehr unterschiedlich begründet sein. In manchen politischen Systemen ist das WARUM einfach "zur Sicherstellung des Machterhalts der aktuellen Machtstrukturen". In manchen religiösen Systemen ist das WARUM "zur Sicherstellung der spirituellen Ungestörtheit der Gläubigen". Es gibt jede Menge weiter WARUMs, die als Grund für die Einführung einer Beschränkung der Informationsverbreitung bzw. des Informationszugangs gelten können.
Ein in unserer heutigen Zeit sehr wichtiger Grund ist der des Datenschutzes. Insbesondere der Schutz von kriminell ausbeutbaren oder das Persönlichkeitsrecht antastenden Datensammlungen über einzelne Bürger ist ein wichtiges Grundkonzept unseres Staates. Um dieses dem einzelnen Bürger gegenüber gewährleisten zu können, MUSS es einen Schutzmechanismus geben. Und dieser Schutzmechanismus sieht eine Kontrolle über die Verbreitung und die Erlangung dieser geschützten Informationen vor.
Ist diese Art der Informationskontrolle aus Datenschutzgründen nun Zensur?
Für mich nicht.
Ist es für das Bestehen eines demokratischen Organisationsprinzip vonnöten bestimmte Bücher, Tonträger oder andere Medien, von Aussagen mal zu schweigen, zu zensieren?
Was heißt zensieren?
Wenn in einem Buch klar das Persönlichkeitsrecht angreifende Aussagen vorgenommen werden, dann MÜSSEN diese Aussagen allein zum Schutze des von diesen Aussagen in seinem Recht eingeschränkten Bürger entfernt werden.
Ist das Zensur?
Manche mögen das so sehen.
Nur ist hier eine Abwägung vorzunehmen: Wiegt das Recht darauf, ALLES über JEDEN veröffentlichen zu können, schwerer als das Recht des EINZELNEN Bürgers über seine Privatsphäre, seine persönlichen Informationen und deren Verbreitung bestimmen zu können?
Hier gilt in der Bundesrepublik ganz klar eine höhere Gewichtung FÜR den einzelnen Bürger und gegen die Veröffentlichbarkeit JEDER BELIEBIGEN, diese Rechte des einzelnen Bürgers beschneidenden, angreifenden Informationen.
Somit ist das GUTES RECHT solche Buchpassagen unkenntlich zu machen oder eine ganze Auflage einzuziehen und zu vernichten.
Darin sehe ich keinerlei Problem.
Wenn jemand über mich und meiner Verwandten und Bekannten die offensichtliche Unwahrheit verbreitet, so habe ich da etwas dagegen. Und ich bin froh, daß mir unser deutsches Rechtssystem dazu verhilft meinen diesbezüglichen Rechtsanspruch gegen die Veröffentlicher solcher personenbezogenen Informationen durchzusetzen.
Mir ist das dann sogar egal, ob manche, die MEIN Persönlichkeitsrecht gering bewerten, das dann als Zensur auffassen. Es ist MEIN Recht, das diese Leute mit Füßen treten. Und daher finde ich das gut, wenn solche Publikationen aus dem Verkehr gezogen werden.
Oder wird darin die Hilflosigkeit eines Systems ersichtlich mit bestimmten Themen nicht umgehen zu können?
Was heißt hier schon "bestimmte Themen"? Das ist so allgemein gehalten, daß darin alles und nichts passen könnte?
Es gibt hier nach dem Grundgesetz in Deutschland KEINE Zensur.
Und das ist auch gut so.
Es gibt sehr wohl Informationszugangskontrollen (z.B. Datenschutz, Zeugenschutzprogramme, etc.) und persönliche Rechte eines jeden Bürgers, deren Schutz nur durch Informationskontrolle gewährleistbar ist.
Und auch das ist gut so.
Kann Zensur legitim sein und wenn ja, wann?
s.o.
Und wer entscheidet die Legitimation?
Der Gesetzgeber - also WIR ALLE.
Wir wählen die Personen aus unserer Mitte, die unsere Meinung zu Fragen wie den schützenswerten Rechtsgütern und der Form des Schutzes als unsere Vertreter in Rechtsform gießen.
Jeder hat durch Ausüben seines Wahlrechts die aktive Möglichkeit solche Gesetzesinitiativen zu beeinflussen. Das ist das Gute an unserer Demokratie.
Eine obskure Führerschicht oder ist es ein Konsens jenen, die sich am System partizipieren?
Ein Konsens in Form des Grundgesetzes und aller darauf basierender Gesetzgebung durch das Volk der Bundesrepublik Deutschland als Ganzes.
Also sind wir alle das.
Anders in Diktaturen, wo über die Fragen nach dem WARUM und dem WIE nur wenige oder nur einer entscheidet.
Kann man vor allem in postfaschistischen Systemen Zensur überhaupt gutheißen?
Zensur findet hierzulande nicht statt.
Eine Informationskontrolle, die sich konform zu den in unserem Grundgesetz festgelegten Werten und Rechten darstellt, die kann man sehr wohl gutheißen. Klar.
Und wenn man anderer Meinung ist, so kann man diejenigen Wählen, die z.B. eine Grundgesetzänderung in die Wege leiten werden - wie die aktuelle große Koalition, die demnächst garantiert auch noch die nationale Verantwortung für die Luftraumsicherung aus dem Grundgesetz herausnehmen lassen wird, so daß sie an McFluglosten-Franchiser verkauft werden kann.
Auch das ist Demokratie.