Zeromant
Selbstdenker
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- 5. Januar 2009
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Vielen Dank für deine Antwort.
In Ordnung. Ich stimme dir unbedingt zu, dass es einen Unterschied zwischen den Regelvorschlägen in einem Buch gibt und dem, was die Runde damit macht. Nehmen wir auch gerne an, dass wir die Regelvorschläge als Regelwerk bezeichnen wollen. Das tut dann nichts zur Sache. Demnach kann dann also der Autor in das Buch schreiben, dass für jeden Spieltag das Wetter auf folgende Weise ausgewürfelt werden möge. Sowas gibt es ja auch. Ältere D&D-Publikationen sehen z.B. vor, dass für jeweils eine gewisse Zeit eine Zufallbegegnung ermittelt werden möge.
Du schreibst aber weiter und da kommen wir auf meine ursprüngliche Frage:
Das ist also deine Definition. In diesem Fall ist natürlich in der Tat eine Zufallsbegnung keine solche Regelprozedur. Ich muss allerdings gestehen, dass mir diese Begriffsbildung noch nicht einleuchtet, denn sie stammt weder unmittelbar von dem Begriff der Regel noch von Prozedur. Es ist eben genau genommen eine Charakterhandlungserfolgsbewertungs-Regelprozedur, im Gegensatz zum Beispiel zu einer Zauberpatzer-Regelprozedur, einer Raumschiffspielwertbestimmungs-Regelprozedur oder einer Wie-verfällt-ein-Charakter-dem-Wahnsinn-Regelprozedur.
Ich kann dich jetzt nicht hindern, weiter an deiner Definition festzuhalten. Ich kann nur ausdrücken, dass sie nicht besonders fundiert erscheint. Das habe ich hiermit getan. Insofern bedanke ich mich, dass wir meine Frage zusammen eruieren konnten.
Du hast Dir aber auch nicht gerade Mühe gegeben, verstanden zu werden... Zu dem, was Du hier sagst, kann ich jedenfalls noch mehr erläutern:
Die Spieltechnik eines Erzählspiels besteht einerseits aus Regeln zur Zuweisung quantitativer Deskriptoren und andererseits aus Prozeduren, welche diese Deskriptoren verwenden.
Was die Zuweisung quantitativer Deskriptoren angeht, ist dies in der Regel das, was viele unter "Charaktererschaffung" verstehen (obwohl das Konzept eines Charakters davon zunächst einmal unabhängig ist), nämlich die Beschreibung einer Spielfigur mit Hilfe von Zahlen und Eigenschaften, welche unmittelbar regelrelevant sind - klassischerweise Attributswerte, Fähigkeitswerte, Trefferpunkte etc., sowie Eigenschaften wie "beidhängig" oder "magieresistent". Solche quantitativen Deskriptoren kann man natürlich auch auf andere Handlungsträger anwenden, die keine Figuren im umgangssprachlichen Sinn sind, so wie Raumschiffe, sofern man diese Deskriptoren regeltechnisch anwendet. (Sowohl spiel- als auch erzähltechnisch gibt es keinen notwendigen Unterschied zwischen menschlichen Figuren, Monstern, Robotern und Raumschiffen - ein Schwertkampf zwischen zwei Rittern und eine Schlacht zwischen zwei Raumschiffen in Star-Wars-Manier sind spieltechnisch prinzipell äquivalent, und ob ein Zauberer oder das Übersetzungsprogramm des Bordcomputers versucht, eine antike Schriftrolle zu entziffern, macht auch keinen Unterschied.) Quantitative Deskriptoren (wir können sie gerne auch einfach "Spielwerte" nennen) sind notwendig für Prozeduren.
Prozeduren leisten nun das, was ich schon mehrfach beschrieben habe: Aus einer gegebenen Situation heraus und (üblicherweise, aber nicht zwingend) unter Einschluss eines Zufallselements die Folgen der versuchten Handlungen von Spielfiguren zu bestimmen. Dabei sind Spielfiguren manchmal eben auch Roboter, Raumschiffe oder komplette Armeen.
Was Zauberpatzer oder das Abgleiten von Menschen in den Wahnsinn angeht, so sind dies natürlich ebenfalls Handlungsfolgen und werden daher häufig ebenfalls mit Regelprozeduren abgehandelt.
Nicht Teil der Spieltechnik sind Simulationen. Das sind alle Abläufe in der Spielwelt, in deren Bestimmung keine keine Spielwerte eingehen. Die allermeisten Simulationen passieren schlicht im Kopf des Spielleiters, der einen geeigneten Ausgang einfach bestimmt. Er kann aber auch Zufallselemente einsetzen, wie eben Zufallsbegegnungstabellen, Wettertabellen oder Sternzeichentabellen (oder, wenn er möchte, auch Zauberpatzertabellen oder Wahnsinnserwerbstabellen). So lange er dafür keine Spielwerte benutzt, sind dies keine Prozeduren der Spieltechnik; sie sind davon unabhängig und können daher mit (genauer: neben) jedem Regelsystem benutzt werden. Benutzt er jedoch Spielwerte, erschafft er damit eine Regelprozedur.
Aus Spannungsgründen verwendet man im Erzählspiel eigentlich immer Zufallselemente bei den Regelprozeduren, und diese wiederum ermittelt man in den allermeisten Fällen (jaja, es gibt da die komischsten Dinge) mit Würfeln. Deswegen spricht man hierbei auch von Würfelprozeduren.
Üblicherweise verwendet ein Rollenspiel nur wenige prinzipiell unterschiedliche Prozeduren (ich sehe es auch als Zeichen mangelnder Qualität an, zu viele unterschiedliche Prozeduren zu benutzen). Üblich ist es generell, eine grundlegende Spielprozedur zu haben, welche das Gelingen eines Unterfangens ermittelt und häufig noch eine zusätzliche zur Ermittlung der Schwere von Verletzungen/Beschädigungen/Beeinträchtigungen (besonders elegante Systeme benötigen dafür keine zusätzliche Prozedur). Auf deren Ergebnissen aufbauend, kommen gelegentlich noch ergänzende Prozeduren zum Einsatz (hierein fallen typischerweise Zauberpatzer oder akkumulierender Wahnsinn). In praktisch allen modernen Regelsystemen jedoch gibt es eine Haupt- oder Basisprozedur. Nach solchen hat der Eingangsposter offensichtlich auch gefragt.