AW: Wie schreibe ich richtig (Rollenspiele)?
Also gut, immer noch matschig, Hustenbonbonverbrauch von 20/Stunde, aber ich versuch es mal ...
Wenn ich von Teilen eines Regelwerks spreche, dann meine ich damit übrigens stilistische Teile. Es ist völlig egal, wo diese Texte sich dann im Buch wiederfinden. Der Spielleiterteil wird normalerweise mehr Regelanteil haben, der Spielerteil mehr Weltbeschreibung. Das ändert nichts daran, daß der Regeltext im Spielleiterteil genauso stilistisch zu den eigentlichen Regeln gehört wie z.B. die Charaktererstellung im Spielerteil. Alle Klarheiten beseitigt? Gut.
Wenn ich mir darüber bewußt geworden bin, welche Teile ich in einem Regelwerk habe, dann sollte ich anfangen zu überlegen, wie ich diesen Teilen entsprechend schreibe. Daß außer eventuellen Kurzgeschichten alle Texte im Präsens zu stehen haben, das ist klar. Daß sie außerdem möglichst klar und einfach formuliert sein sollten, daß sie logisch aufgebaut sein müssen und man schnell Dinge wiederfinden können muß, auch das sollte klar sein. Ja, auch die Weltbeschreibung! Ich persönlich ziehe übrigens immer einen unpersönlicheren Nominalstil vor. Den Leser anszusprechen, das ist so ... selbsterfahrungsgruppenmäßig! Bei einem Teaser (wie z.B. die Texte auf den Engelbüchern hinten) ist das was anderes. Da macht man das, um Aufmerksamkeit einzufangen. Im regulären Text sollte eine direkte Ansprache an den Leser vermieden werden.
Generell würde ich bei beiden Textformen (immer die Kurzgeschichten ausgenommen) erst einmal Vergleiche zu anderen Texten anstellen. D.h. erstmal lesen, wie die anderen das machen.
Bei den Regeln können das andere RPGbücher sein (gerade was den logischen Aufbau angeht, gibt es da einige sehr gute Vertreter der Zunft), ich würde aber auch empfehlen, einmal einen Blick in die Anleitungen von Computer- und Brettspielen zu werfen. Vor allem bei den Brettspielen gibt es viele wirklich hochprofessionelle und extrem gut aufgebaute und geschriebene Regeln. Schaut euch den Aufbau an, aber vor allem den Schreibstil. Kurze präzise Sätze. Klare Anweisungen. Einfache Wortwahl. Eure Leser werden es euch danken.
Bei der Weltbeschreibung würde ich persönlich auf Reiseführer als Vorbilder zurückgreifen. Und zwar nicht die für 2,99 an der Supermarktkasse, sondern die wirklich teuren und dicken Ausgaben, die Hintergrund zu Geschichte, Bräuchen usw. liefern. Also genau das, was man ja den Spielern auch vermitteln möchte. Die Bücher vom Verlag
Dorling Kindersley zum Beispiel sind ausgezeichnet (und oft in der Stadtbibliothek erhältlich). Eine Ausgabe über ein exotisches Land aus dem Regal ziehen, staunen wie gut die Kultur, Land und Leute darstellen, die hübschen kleinen Zeichnungen bewundern, nachmachen! Und auch vom Sprachstil her kann man bei Reiseführern viel lernen. Denn so sehr die Autoren versuchen, die Stimmung und das besondere Flair eines Landes zu vermitteln, so sehr sie ausschmücken und anpreisen, ihre Sprache bleibt stets einfach. Klar, ein paar mehr Adjektive als im Regelteil dürfen schon sein, keine Frage! Aber bitte keine verschwurbelten Endlossätze.
Generell zur Sprache läßt sich sagen, daß man nicht versuchen sollte, besonders künstlerisch rüberzukommen. Da hat F&S in der deutschen Rollenspielszene leider viel kaputt gemacht (und das obwohl sie selbst kein sehr gutes Deutsch schreiben). Versucht kein besseres Deutsch zu schreiben als ihr es verwendet. Wie soll das funktionieren? Und überhaupt, was ist schon besseres Deutsch? Eines das längere Worte und mehr Fremdworte benutzt? Ich glaube nein. Gutes Deutsch ist immer verständliches, bodenständiges Deutsch. Klar, es soll keine Umgangssprache enthalten. (Vor allem bei der Grammatik muß man besonders darauf achten!) Aber oft sind wenigere und kürzere Worte besser als mehr und längere. Zum Beispiel:
- das ist besser als dieses
- dem ist besser als diesem
- vom ist besser als von dem
- im ist besser als in dem
- deshalb ist besser als weshalb
- deswegen ist besser als weswegen
usw.
Zum Schluß möchte ich gerne noch einige Sätze über Korrektorat und Lektorat verlieren.
Verlaßt euch beim Korrektorat nicht auf Word. Word hilft bei Flüchtigkeitsfehlern, keine Frage. Aber Word hat keine Ahnung von den Feinheiten der deutschen Sprache. Gerade zusammengesetzte Worte kann Word überhaupt nicht. Ein Wort wie "Totenschiff" wird es z.B. immer als falsch anzeigen, obwohl es ein völlig korrekt gebildetes deutsches Wort ist. Ansonsten kann man sein Korrektorat nur sehr schwer selbst machen. Einmal nach Fehlern durchlesen, OK, aber dann MUSS man den Text anderen Leuten geben. Und ich sage bewußt anderen in der Mehrzahl. Es ist besser wenn zwei Korrektoren unabhängig voneinander über den Text gehen. Aber natürlich am besten nacheinander.
Lektorat ... tja, das ist so eine Sache. Zunächst mal sollte natürlich der Autor seinen Text nicht sofort nach dem Schreiben als fertig und abgeschlossen ansehen. Wer so handelt, verdient es nicht, Autor genannt zu werden. Ich mache es so (und wenn man sich so umhört oder Bücher über das Schreiben liest, scheine ich damit nicht ganz alleine zu sein *g*):
- Geschriebenen Text in eine Schublade packen.
- Ein paar Tage warten.
- Text rausziehen und laut vorlesen.
- Sich über die eigene Schreibe schämen/ärgern und Verbesserungen machen (meistens Streichungen).
- Den korrigierten Text noch einmal laut vorlesen und dabei aufnehmen.
- Wieder ein paar Tage warten.
- Das Aufgenommene anhören.
- Schämen/ärgern und Korrekturen, Korrekturen, Korrekturen.
- Wenn man sicher sein will und Zeit hat: das ganze nochmal wiederholen.
Wenn man den Luxus hat, mit einem Lektor arbeiten zu können, dann am besten mit einem, den man nicht sehr gut persönlich kennt. Es ist nämlich wirklich schwer für Freunde zu lektorieren. Zum einen ist man weniger objektiv. Zum anderen fällt es viel schwerer Freunden hart die Meinung zu sagen (und auch das muß ein Lektor ab und zu). Wenn man Freunde lektorieren läßt, dann sollte man sich fest vornehmen, ihnen nicht böse zu sein, wenn sie sagen "der Text ist ziemlich schlecht".
Was kann man noch sagen ... Hmmm, immer eine gute Übung ist es, sich einen Textabschnitt herzunehmen und sich einmal anzuschauen, wie oft man welches Wort verwendet. Gerade Wortwiederholungen sind ein sehr häufiger Fehler.