Wie schreibe ich richtig (Rollenspiele)?

AW: Wie schreibe ich richtig (Rollenspiele)?

OK, hier erstmal in Kürze ein paar Gedanken. Heute Abend, wenn ich von der Arbeit wieder zuhause bin, vielleicht ein bißchen mehr.

Sehr wichtig bei allen Publikationen ist, sich zu überlegen, WAS man schreibt und FÜR WEN. Dieser so banal klingende Satz beinhaltet eigentlich das Wichtigste, was ein Autor oder ein Verlag entscheiden muß. Und vor allem sollte man bei diesen ersten Überlegungen unbedingt radikal ehrlich zu sich selbst sein. Gerade bei Anfängern oder Amateuren ist das definitiv das größte Problem (aber auch Profis tappen sehr gerne in diese Falle).

Ein Rollenspiel ist, wenn man es genau und ehrlich nimmt, ein Spiel. Ein Rollenspielbuch ist damit vor allem ein Regelwerk, eine Spielanleitung. Das sollten die Autoren IMMER im Hinterkopf behalten. Sich in Stilen und Zeiten verkünsteln ist schön, für ein Regelwerk aber nicht sonderlich brauchbar.

Grundsätzlich teilt sich ein Rollenspielbuch im allgemeinen in 2-3 deutlich stilistisch voneinander zu trennende Teile:
- Die eigentlichen Regeln
- Die Weltbeschreibung
- Kurzgeschichten, die die Stimmung der Welt vermitteln sollen (manchmal)

Jeder dieser Teile verlangt eine andere Herangehensweise. Und auch das klingt wieder so banal und offensichtlich, ist aber wirklich wichtig. Man muß sich das bewußt machen. Regeln sollen nicht so geschrieben sein wie die Weltbeschreibung und die nicht so wie eine Kurzgeschichte.

Dieses war der erste Teil.

Mehr ... heute Abend.
 
AW: Wie schreibe ich richtig (Rollenspiele)?

Grundsätzlich teilt sich ein Rollenspielbuch im allgemeinen in 2-3 deutlich stilistisch voneinander zu trennende Teile:
- Die eigentlichen Regeln
- Die Weltbeschreibung
- Kurzgeschichten, die die Stimmung der Welt vermitteln sollen (manchmal)

Da fehlen noch kurze Beispiele, ausgedehnte Spielbeispiele / Pseudo-Spiele und Design-Anmerkungen. Hab bestimmt noch einige Textarten vergessen, die sich so in einem Rollenspielbuch finden.

Listen von Crunch könnte man auch noch extra nehmen. Die verhalten sich in den meisten Fällen auch ganz anders als Regeltext und konkurieren mit diesem um Aufmerksamkeit.
 
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Ein paar wichtige Fragen ganz am Anfang:

Um was geht es?
- Fokus auf Welt, Regeln oder beides?
- Wenn der Fokus auf der Welt liegt, sollte man einen Gedanken daran verschwenden, den Hintergrund regeltechnisch völlig offen, also ohne Regeln für ein bestimmtes System, zu konzepieren. Wenn die Regeln zweitrangig (und vor allem nicht in der Spielwelt verankert) sind, warum sollten Leute, die GURPS oder die WoD mögen, nicht auch ihren Spaß damit haben?
- Wenn man ein System "nur" beifügen will, sollte man die Augen offen halten. Es gibt sehr viele, sehr gute Systeme für alle möglichen Genres da draußen, und es ist selten, dass eine einzelne Person etwas Besseres gebacken kriegt. Natürlich ist es auch nicht ausgeschlossen. Aber oft ist existierendes einfach besser.

Was sollte in die Beschreibung einer Rollenspielwelt?
- Eine allgemeine Kurzzusammenfassung in wenigen Seiten (Sätzen?). Eine Beschreibung ist grausam zu lesen, wenn man erst nach 300 Seiten weiß, worum es etwa geht.
- Konflikte. That's what it's all about. Antagonisten, Fraktionen, Monster, Religionen, Philosophie, Gesetze usw... irgendwas, mit dem die Spieler Probleme kriegen können.
- Magie, Technik, Handel, Zeit, die grundlegenden Dinge halt, nach denen früher oder später jeder fragt.
- Karten oder Ortsbeschreibungen. Bevorzugt man ersteres, verlässt man sich auf die Kreativität der Spieler, bei zweiterem werden kreative Spieler angeregt und weniger kreative haben gleich ihre fertigen Settings. Eine gute Mischung aus beidem ist natürlich toll. Karten können allerdings auch oft den Spielleiter einschränken, oft sind sie gar unangebracht.
- NPCs können gern angeschnitten werden, aber eine genaue Beschreibung über mehrere Seiten sollte es nur in einem sehr charakterbasierten Rollenspiel (vgl. Vampire the Requiem) geben. Bei D&D&Co sind eher die Spielwerte interessant.

Wie idiotensicher soll das Ganze werden?
Möglichkeiten:
- Ausschließlich Grundregeln erklären und auf alle Sonderfälle in einem FAQ eingehen.
- Grundregeln so erklären, dass Sonderfälle mit drin sind (soweit möglich, sonst Sonderregel anschneiden!), im FAQ dann die genauere Erläuterung für langsame Leser hinterherwerfen.
- Oder gleich völlig idiotensicher, mit doppelter Erklärung und Beispiel hinter jedem Absatz.
Alle drei Methoden haben ihre Daseinsberechtigung, ich bevorzuge Nummer 2.


Andere Hinweise:

Scheiß auf typische Stilregeln, wenns um die Erklärung von Regeln geht. Es ist durchaus in Ordnung, fünf Mal in einem Absatz das Wort "Runde" zu benutzen, wenn es nunmal um Runden (Fachbegriff im Spiel) geht. Natürlich kann man das durch sinnvolle Satzgefüge minimieren, aber Synonyme sind da ganz fehl am Platz. Lieber eine Wiederholung als ein verwirrter Leser. Im Bestfall unterlässt man natürlich beides.

Beispiele dürfen (sollten vielleicht sogar) äußerst stereotypisch sein (gilt für Charaktere wie Situationen).


Grundsätzlich teilt sich ein Rollenspielbuch im allgemeinen in 2-3 deutlich stilistisch voneinander zu trennende Teile:
- Die eigentlichen Regeln
- Die Weltbeschreibung
- Kurzgeschichten, die die Stimmung der Welt vermitteln sollen (manchmal)
Nicht zwangsweise. Absolut nicht. Viele Bücher sind in Spieler und Spielleiter eingeteilt, dann innerhalb nochmal. Andere Spiele erklären die Regeln mit der Welt, was durchaus auch funktioniert. Die von dir genannte Variante ist nur die einfachste. Und die muss man dann wirklich überall trennen.
 
AW: Wie schreibe ich richtig (Rollenspiele)?

Bin heftig erkältet und zu matschig, um noch mehr zu schreiben heute. Morgen ... *Richtung Bett schiel*
 
AW: Wie schreibe ich richtig (Rollenspiele)?

Also gut, immer noch matschig, Hustenbonbonverbrauch von 20/Stunde, aber ich versuch es mal ...

Wenn ich von Teilen eines Regelwerks spreche, dann meine ich damit übrigens stilistische Teile. Es ist völlig egal, wo diese Texte sich dann im Buch wiederfinden. Der Spielleiterteil wird normalerweise mehr Regelanteil haben, der Spielerteil mehr Weltbeschreibung. Das ändert nichts daran, daß der Regeltext im Spielleiterteil genauso stilistisch zu den eigentlichen Regeln gehört wie z.B. die Charaktererstellung im Spielerteil. Alle Klarheiten beseitigt? Gut.

Wenn ich mir darüber bewußt geworden bin, welche Teile ich in einem Regelwerk habe, dann sollte ich anfangen zu überlegen, wie ich diesen Teilen entsprechend schreibe. Daß außer eventuellen Kurzgeschichten alle Texte im Präsens zu stehen haben, das ist klar. Daß sie außerdem möglichst klar und einfach formuliert sein sollten, daß sie logisch aufgebaut sein müssen und man schnell Dinge wiederfinden können muß, auch das sollte klar sein. Ja, auch die Weltbeschreibung! Ich persönlich ziehe übrigens immer einen unpersönlicheren Nominalstil vor. Den Leser anszusprechen, das ist so ... selbsterfahrungsgruppenmäßig! Bei einem Teaser (wie z.B. die Texte auf den Engelbüchern hinten) ist das was anderes. Da macht man das, um Aufmerksamkeit einzufangen. Im regulären Text sollte eine direkte Ansprache an den Leser vermieden werden.

Generell würde ich bei beiden Textformen (immer die Kurzgeschichten ausgenommen) erst einmal Vergleiche zu anderen Texten anstellen. D.h. erstmal lesen, wie die anderen das machen.

Bei den Regeln können das andere RPGbücher sein (gerade was den logischen Aufbau angeht, gibt es da einige sehr gute Vertreter der Zunft), ich würde aber auch empfehlen, einmal einen Blick in die Anleitungen von Computer- und Brettspielen zu werfen. Vor allem bei den Brettspielen gibt es viele wirklich hochprofessionelle und extrem gut aufgebaute und geschriebene Regeln. Schaut euch den Aufbau an, aber vor allem den Schreibstil. Kurze präzise Sätze. Klare Anweisungen. Einfache Wortwahl. Eure Leser werden es euch danken.

Bei der Weltbeschreibung würde ich persönlich auf Reiseführer als Vorbilder zurückgreifen. Und zwar nicht die für 2,99 an der Supermarktkasse, sondern die wirklich teuren und dicken Ausgaben, die Hintergrund zu Geschichte, Bräuchen usw. liefern. Also genau das, was man ja den Spielern auch vermitteln möchte. Die Bücher vom Verlag Dorling Kindersley zum Beispiel sind ausgezeichnet (und oft in der Stadtbibliothek erhältlich). Eine Ausgabe über ein exotisches Land aus dem Regal ziehen, staunen wie gut die Kultur, Land und Leute darstellen, die hübschen kleinen Zeichnungen bewundern, nachmachen! Und auch vom Sprachstil her kann man bei Reiseführern viel lernen. Denn so sehr die Autoren versuchen, die Stimmung und das besondere Flair eines Landes zu vermitteln, so sehr sie ausschmücken und anpreisen, ihre Sprache bleibt stets einfach. Klar, ein paar mehr Adjektive als im Regelteil dürfen schon sein, keine Frage! Aber bitte keine verschwurbelten Endlossätze.

Generell zur Sprache läßt sich sagen, daß man nicht versuchen sollte, besonders künstlerisch rüberzukommen. Da hat F&S in der deutschen Rollenspielszene leider viel kaputt gemacht (und das obwohl sie selbst kein sehr gutes Deutsch schreiben). Versucht kein besseres Deutsch zu schreiben als ihr es verwendet. Wie soll das funktionieren? Und überhaupt, was ist schon besseres Deutsch? Eines das längere Worte und mehr Fremdworte benutzt? Ich glaube nein. Gutes Deutsch ist immer verständliches, bodenständiges Deutsch. Klar, es soll keine Umgangssprache enthalten. (Vor allem bei der Grammatik muß man besonders darauf achten!) Aber oft sind wenigere und kürzere Worte besser als mehr und längere. Zum Beispiel:
- das ist besser als dieses
- dem ist besser als diesem
- vom ist besser als von dem
- im ist besser als in dem
- deshalb ist besser als weshalb
- deswegen ist besser als weswegen
usw.

Zum Schluß möchte ich gerne noch einige Sätze über Korrektorat und Lektorat verlieren.

Verlaßt euch beim Korrektorat nicht auf Word. Word hilft bei Flüchtigkeitsfehlern, keine Frage. Aber Word hat keine Ahnung von den Feinheiten der deutschen Sprache. Gerade zusammengesetzte Worte kann Word überhaupt nicht. Ein Wort wie "Totenschiff" wird es z.B. immer als falsch anzeigen, obwohl es ein völlig korrekt gebildetes deutsches Wort ist. Ansonsten kann man sein Korrektorat nur sehr schwer selbst machen. Einmal nach Fehlern durchlesen, OK, aber dann MUSS man den Text anderen Leuten geben. Und ich sage bewußt anderen in der Mehrzahl. Es ist besser wenn zwei Korrektoren unabhängig voneinander über den Text gehen. Aber natürlich am besten nacheinander. ;)

Lektorat ... tja, das ist so eine Sache. Zunächst mal sollte natürlich der Autor seinen Text nicht sofort nach dem Schreiben als fertig und abgeschlossen ansehen. Wer so handelt, verdient es nicht, Autor genannt zu werden. Ich mache es so (und wenn man sich so umhört oder Bücher über das Schreiben liest, scheine ich damit nicht ganz alleine zu sein *g*):
- Geschriebenen Text in eine Schublade packen.
- Ein paar Tage warten.
- Text rausziehen und laut vorlesen.
- Sich über die eigene Schreibe schämen/ärgern und Verbesserungen machen (meistens Streichungen).
- Den korrigierten Text noch einmal laut vorlesen und dabei aufnehmen.
- Wieder ein paar Tage warten.
- Das Aufgenommene anhören.
- Schämen/ärgern und Korrekturen, Korrekturen, Korrekturen.
- Wenn man sicher sein will und Zeit hat: das ganze nochmal wiederholen.

Wenn man den Luxus hat, mit einem Lektor arbeiten zu können, dann am besten mit einem, den man nicht sehr gut persönlich kennt. Es ist nämlich wirklich schwer für Freunde zu lektorieren. Zum einen ist man weniger objektiv. Zum anderen fällt es viel schwerer Freunden hart die Meinung zu sagen (und auch das muß ein Lektor ab und zu). Wenn man Freunde lektorieren läßt, dann sollte man sich fest vornehmen, ihnen nicht böse zu sein, wenn sie sagen "der Text ist ziemlich schlecht".

Was kann man noch sagen ... Hmmm, immer eine gute Übung ist es, sich einen Textabschnitt herzunehmen und sich einmal anzuschauen, wie oft man welches Wort verwendet. Gerade Wortwiederholungen sind ein sehr häufiger Fehler.
 
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