AW: Wie bringe ich Spieler zum Rollenspielen?
@ Kinshasa Beatboy
Nur ein kurzes Gegenbeispiel: Eine P&P-Runde mit einem stummen Charakter ist nach Deiner Ansicht unmöglich.
Zeichensprache o.ä. wäre da natürlich eine Möglichkeit, die ich aber als exotisch klassifiziere und in der Betrachtung außen vor lasse. Unter dieser Annahme ist ein stummer Charakter zwar noch möglich, aber in der Tat nicht sinnvoll, er geht am Ziel des Spiels vorbei. Denn wie gesagt, geht es im RPG darum, die Rolle zu
spielen und nicht sie zu
beschreiben.
@ Darkwalker
Sorry aber genau das ist es NICHT. Rollenspiel ist keine Laien-Schauspielgruppe und Gruppen die "alles ausseiern" sind für die Mehrzahl der Rollenspieler relativ langweilig.
Selbstverständlich beschäftigt man sich im Spiel nur mit interessanten Dingen. Uninteressante Dinge werden einfach weggelassen. Ob der Charakter aufs Klo geht, interessiert nicht: Es wird weggelassen. Wie der Charakter mit dem Händler feilscht, interessiert nicht: Es wird weggelassen. Und zwar einfach komplett, bis auf den Würfelwurf.
Welche Dinge man ausspielen möchte, kann man großenteils gut damit aussagen, was für ein Konzept und was für Werte man hat.
Selbstverständlich darfst du auch Charaktere steuern, deren Begabungen du nicht ausspielen kannst, aber in dem Moment führst du nur den Charakter, du spielst nicht die Rolle. Es handelt sich dann nicht um P&P-RPG, aber verboten ist es natürlich nicht.
Weil die eben NICHT unmengen an Zeit/Aufwand in ein "Bier und Brezel" Hobby stecken wollen. Sondern etwas suchen was sie "mal eben schnell" und "zur Entspannung" machen können.
Entspannungstechniken wollen auch gelernt sein.
@ Darkwalker
Da muss ich dir wiedersprechen. Die besten Gruppen (Hallo Braunschweiger) meiner RPG-Zeit hatten eine Menge "indirekter Rede" und wenig "überflüssiges Improvisationstheather-TamTam". Die schlechtesten waren WoD "Blubberrunden" mit "Hobby-Schauspielern" die Stunden auf etwas verschwenden konnten was handlungslastigere Gruppen in Minuten erledigt hatten.
Ich habe nicht behauptet, dass das, was ich beschreibe, gut ist. Ich habe nur gesagt, dass es P&P-RPG ist.
Sicher finden viele Leute andere Dinge besser als P&P-RPG. Aber RPG heißt eben role-playing game und nicht character controlling game (Charakter-steuern-Spiel).
@ Georgios
Rennen, genau wie Laufen, ist eine Art von Leichtathletik und keine Art von Spiel. Beides ist kein Fussball.
Das ist richtig. Eine genaue Begriffsverwendung ist wichtig für eine Diskussion. Rennen gehört zum Fußball
spielen dazu, aber man kann z.B. auch Sitzfußball spielen. (Genauso kann man beim P&P-RPG mit Karten statt Würfeln spielen, Player Empowerment verwenden oder Conflict Resolution einsetzen. Da werden einige Leute auch der Meinung sein, dass sich das auf einmal ganz anders spielt.) Lässt man jedoch den Fußball weg, ist es kein Fußball spielen mehr.
Dir ist schon klar, dass einzelne Teile des Rollenspiels nicht an sich Rollenspiel sind, oder? Würfeln selbst ist kein Rollenspiel. Oder sich eine Situation vorstellen. Oder taktische Entscheidungen fällen. Aber sie gehören trotzdem zum Rollenspiel (lies: den meisten, aber nicht allen) dazu.
Der Begriff Rollenspiel ist schon mal missverständlich. Wer würfelt betreibt kein RP, aber er betreibt P&P-RPG. Hierbei ist das System (hier definiert als Würfel, Bücher, Papier & Stift) als unterstützender Zusatz des RP verstanden. Keiner würde sagen, es geht um das System. Beim P&P-RPG geht es um's RP. Es ist also in der Tat nur einer von vielen Bestandteilen des P&P-RPGs, aber es ist der Wichtigste, der Unverzichtbare. (Wie gesagt, jeder darf gerne etwas Anderes spielen, aber es ist dann kein P&P-RPG, zu deutsch meist missverständlich "Rollenspiel" genannt).
Beim Rollenspiel spielt man einen Charakter; man wird nicht zwingend zu diesem Charakter.
Deshalb nennt es sich ja
spielen.
Zu einem Charakter
wird man sicherlich nicht, das wird auch kein Schauspieler und dennoch tun diese weit mehr, als ich beschrieben habe. Aber es ist so, dass man nicht
mit diesen Charakteren spielt, sondern man spielt
diese. Das kann man vielleicht mit Identifikation beschreiben, einen Charakter spielen bedeutet jedenfalls, dass die Distanz, den Charakter als Werkzeug zu betrachten (wie ein Mensch-ärgere-dich-nicht-Püppchen oder Legomännchen), fehlt.
Wer keine Schauspielerei in seinem Rollenspiel haben will, beraubt sich einem sehr unterhaltsamen Mittel am Rollenspiel teilzunehmen. Aber das tun Leute, die keine indirekte Rede für's Rollenspiel zulassen auch. Unter'm Strich ändert es nichts daran, dass man es mit einem Rollenspiel zu tun hat.
Ich würde indirekte Rede auch nicht verbieten, weil sie eine Methode zum Scrolling ist. Scrolling bedeutet aber eben "vorspulen" und das ist ein deutlicher Unterschied zu "Film gucken". Nur weil ich den Film gucken will, verbiete ich ja nicht das vorspulen. Aber es ist eben nur ein notwendiges Übel.
@ rust
Ich spiele seit etwa dreißig Jahren Pen & Paper-Rollenspiele, verwende aber nur sehr selten die direkte Rede
- wie übrigens der Rest unserer Runde auch. Wir sehen uns eben nicht so sehr als Schauspieltruppe, für uns
sind andere Aspekte des Rollenspiels interessanter.
Nichts dagegen, wenn du Pen & Paper-Rollenspiele dazu verwendest, Spaß zu haben, so wie du es möchtest. Es könnte nur sein, dass ich das mit einem anderen Begriff als Pen & Paper-Rollenspiel spielen bezeichnen würde.
@ Smokey Bear
Es geht darum wie ich die Spieler dazu kriege ihre Chars wahrzunehmen, wie ich sie dazu bringe zu zittern wenn ihr Char in der Death Row sitzen und sich zu freuen wenn sie was geschafft haben.
Du möchtest also, dass deine Spieler mit ihren Charakteren mitfühlen. Das funktioniert über Identifikation, am Besten über das Einnehmen der Rolle des eigenen Charakters. Im Folgenden ein Versuch, dazu beizutragen, das zu vermitteln:
SL zu den Spielern: "Heute habt ihr die Möglichkeit, ein spannendes Abenteuer zu erleben. Dabei hört ihr nicht einfach nur einer Geschichte zu, die vor langer Zeit passiert ist, nein, ihr habt die Gelegenheit, selbst dabei zu sein, während das Abenteuer gerade stattfindet. Anton, Björn und Christian, wir bleiben natürlich körperlich hier in diesem Raum, aber in unserer Fantasie begeben wir uns in die gefährliche Welt Eridor, in der der Krieg zwischen Menschen und Orks tobt. Dort seid ihr Alrik, Beorn und Caenwulf."
SL zu Anton: "Du bist Alrik, der mutige, wenn auch manchmal etwas naive Krieger. Dein Herz ist stets am rechten Fleck und du sagst offen und ehrlich, was du gerade denkst. Gerade bist du beim Schmied gewesen, der dein Schwert 'Orkenschlachter' ausgebessert hat, das beim Kampf gegen die Schwarzorks von Holgheim arg in Mitleidenschaft gerissen wurde. Doch du hast von deinem Lehrmeister Elric erfahren, dass sie sich nur sammeln, um einen erneuten Angriff zu starten! Du bist gerade auf dem Weg in die Burg, um nochmal mit dem Kommandanten zu sprechen, da spricht dich eine der Wachen am Tor an: 'Halt. Wer seid Ihr? Ich habe Euch doch schon mal irgendwo gesehen...' "
Anton zu SL: "Ich sage ihm, dass ich Alrik, der mutige Krieger bin, der gegen die Schwarzorks von Holgheim gekämpft hat."
SL zu Anton: "Dann sag ihm das doch."
Anton zu SL: "Ich bin Alrik, der mutige Krieger, der gegen die Schwarzorks von Holgheim gekämpft hat!"
SL zu Anton, ggfs. nach dem Spielen: Lob für's Rollenspiel. Denn das ist wirklich gut, darüber kann man sich ehrlich freuen und es motiviert den Spieler, damit weiter zu machen und daran selbst Spaß zu finden. Für's Lernen ist es wichtig, nicht überfordert und frustriert zu werden, denn dann möchte man es nicht mehr. Wenn es Spaß macht, dann wird man auch weiterhin lernen!
(Und natürlich können die Leute jederzeit bei Nachfrage klarstellen, dass sie Anton, Björn und Christian und der SL sind und nicht Alrik, Beorn und Caenwulf.
)
1. Absatz: Einnehmen einer Rolle in der Fantasie, einstellen auf die Andersartigkeit der Spielwelt.
2. Absatz: Einstellen auf die Andersartigkeit der Rolle. Sprachlich den Spieler als den Charakter anreden, der er in seiner Fantasie ist. Einzelne Spieler und nicht die Gruppe ansprechen (auch mit NSCs), zumindest wenn manche Spieler zu kurz kommen, dabei aber berücksichtigen, dass Schüchternere, Introvertiertere und Anfänger weniger sagen
dürfen und nicht überfordert werden sollten! (Also z.B. leichte Fragen stellen und nur kurze Antworten erwarten, die am Besten auf Infos basieren, die bei Charakterbau oder Abenteuer schon angesprochen wurden. Wie das auch mit der Antwort im Beispiel ist, für die direkt die Infos aus der Einleitung / Anknüpfung an letztes Treffen verwendet werden können.)
4. Absatz:
Flexible Hilfestellung in der ungewohnten Situation, denn dass das gleich und permanent funktioniert,
darf man nicht erwarten!
Dabei gehe ich davon aus, dass die Spieler prinzipiell am P&P-RPG interessiert. Sollte das nicht der Fall sein, ist das hier keine Handlungsempfehlung.
Generell ist natürlich zu sagen, dass man mit mehr Infos über eure Rollenspielgruppe (wer hat welche Rollenspiele wie lang gespielt usw.) auch zielgerichtetere Hilfe geben könnte.