Sachbuch Wer kennt sich mit transzendentaler Freiheit aus?

Sycorax

uninterested.
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Hallo Leute!

Ich bin momentan dabei, Kants "Kritik der reinen Vernunft" nebst Sekundärliteratur zu wälzen, weil ich eine Hausarbeit mit dem klagvollen Titel "Wie kultiviere ich die Freiheit bei dem Zwange?" schreiben möchte. Das Thema find ich an sich total spannend, aber leider fehlt mir (wie ich befürchte) das philosophische Vorwissen, um es in seiner vollen Tragweite zu erfassen.

Ich komm eben eher aus dem Bereich Pädagogik und beleuchte das Thema auf dem Hintergrund von Werterziehung und der Debatte darüber.

Daher hoffe ich, dass sich hier ein Philosoph oder Kantprofi findet, der mir etwa leicht verständliche Literatur oder eine gute Homepage zum Thema empfehlen kann oder vielleicht Antworten auf meine Fragen weiß, die sicherlich auftauchen, sobald ich genügend verstanden habe, um sinnvolle Fragen zu formulieren . . . :rolleyes:

Vielen Dank im Voraus! Ich steck jetzt mal meine Nase wieder in die Bücher, bis bald also,
Sycorax
:kaffee:
 
AW: Wer kennt sich mit transzendentaler Freiheit aus?

freiheit?
gibts nicht!
es gibt keinen freien willen, alle entscheidungen die wir treffen haben einen grund, und im jeweiligen fall können wir nicht anders handeln.
kant ist ein verdammter idealist
 
AW: Wer kennt sich mit transzendentaler Freiheit aus?

Tzimisce_Antitribu schrieb:
es gibt keinen freien willen, alle entscheidungen die wir treffen haben einen grund, und im jeweiligen fall können wir nicht anders handeln.

Wenn ich das richtig sehe ist das die Position der praktischen Freiheit. In der Welt der Kausalität existiert tatsächlich (nach Kant) keine Freiheit, da hier Determinismus herrscht. Da der Mensch aber nicht nur in der Welt der Phänomena, sondern auch in der der Noumena existiert, gibt es auf dieser Ebene auch Freiheit; so können Natur und Freiheit "zugleich und ohne allen Widerstreit angetroffen werden".
Ist das soweit richtig?

Tzimisce_Antitribu schrieb:
kant ist ein verdammter idealist

Darüber mag ich mir noch kein Urteil erlauben, es ist auch für meine (zuerst einmal darstellende und erst gegen Ende wertende) Hausarbeit auch (noch) nicht so recht von Belang, aber wir können das später gern diskutieren. ;)
 
AW: Wer kennt sich mit transzendentaler Freiheit aus?

interessantes thema, wenn du sie fertig hast, würd ich´´s gerne lesen :) . bekommst dann gerne zum austausch auch einen aufsatz von mir, geht aber mehr in die filosofische selbstreflektionsecke, soll paralellen zu freud haben.

falls dich meine persönliche meinung (kenne kant nicht9 interessiert geb ich sie gerne auch noch:

letztendlich ist es egal, ob ales deterministisch ist, oder nicht. da es einfach von zu vielen faktoren abhängt, die man nicht alle ermessen und zur "berechnung" heranziehen kann, ist es letztendlich für den einzelnen in der aktuellen situation egal, ob es nun tatsächliche freiheit gibt, oder es für uns nur den anschein macht, ob es frei ist. wichtig ist letztendlich: fühlen wir uns frei? das scheint mir die wichtige frage bei der disskussion um die freiheit zu sein. letztendlich ist es dein gefühl, was den auschlag gibt.
in dem sinne fühle ich mich frei, wenn ich entscheidungen treffen kann, die mir den eindruck vermitteln ich habe die wahl und kann meine entscheidung nach meinem eigenen bedürfnissystem treffen (was ich in deutschland, wo man nicht verhungern lassen wird, auch annehme).
kalr, man könnte sagen ich bin immer noch zwängen, wie hunger, liebe, trieb usw. ausgesetzt, aber wenn man diese bewusst wahrnimmt und ein gewisses mass an disziplin hat, bekommt man es hin, dieses zwar teil des entscheidungsfindungsprozesses werden zu lassen, aber diesem nicht hilflos ausgeliefert zu sein. (die frage der disziplin behandel ich z.b. in meinem aufsatz :) )

im übrigen ist selbst dem aktuellen forschungsstand in der physik nicht alles determiniert, da die genauigkeit der vorhersehbarkeit selbst im besten experiment durch die unschärferelation begrenzt ist, was einigen leuten als beweis der nichtdeterminiertheit unserer welt aussreicht. (gibt auch ne coole startreck tng-folge in der es viele paralelluniversen gibt, dei dies auch ein bisschen anschaulicher darstellt ;) )

so, hoffe dich nicht gelangweilt zu haben und hätte nichts gegen vertiefende gespräche.

lg
 
AW: Wer kennt sich mit transzendentaler Freiheit aus?

Doomguard schrieb:
interessantes thema, wenn du sie fertig hast, würd ich´´s gerne lesen :) . bekommst dann gerne zum austausch auch einen aufsatz von mir, geht aber mehr in die filosofische selbstreflektionsecke, soll paralellen zu freud haben.
Klar, gerne. ;)

Doomguard schrieb:
letztendlich ist es egal, ob alles deterministisch ist, oder nicht. da es einfach von zu vielen faktoren abhängt, die man nicht alle ermessen und zur "berechnung" heranziehen kann, ist es letztendlich für den einzelnen in der aktuellen situation, ob es nun tatsächliche freiheit gibt, oder es für uns nur den anschein macht, ob es frei ist.
Diese Kausalitätsketten, die man zwar nicht vollständig voraussehen, aber doch als gegeben erkennen kann, sind der Kernpunkt der transzendentalen Dialektik nach Kant. Er beleuchtet in der dritten Antinomie, ob es in diesen Kausalitätsketten so ist, dass jeweils ein Ereignis durch ein vorhergehendes Ereignis ausgelöst wird, oder ob es auch möglich ist, eine Ereigniskette "schlechthin anzufangen".
Hierbei gibt es ein Problem, das sich durch die theoretische Vernunft nicht lösen lässt: Wenn es einen Anfang einer Kausalitätskette ohne eigene Ursache gibt, ist ja das Gesetz der Kette (jede Handlung ist durch eine vorhergehende bestimmt) aufgehoben. Gibt es jedoch keinen Anfang, wäre die Kette niemals vollständig und unendlich. Das ist aber (nach Kant*) unmöglich. Also muss - auf einer bestimmten Ebene, nämlich der Welt der Dinge an sich - ein erster Anfang möglich sein, was bedeutet, dass transzendentale Freiheit ebenfalls möglich ist.
In der Welt der Erscheinungen herrscht jedoch das Kausalgesetz, so dass hier keine Freiheit möglich ist. Alle Handlungen erscheinen als Reaktionen und unterliegen den Naturgesetzen.

Der Mensch existiert somit auf zwei Ebenen: Der Ebene der Dinge an sich, wo er Handlungen frei hervorbringen kann, und der Ebene der Erfahrungswelt, wo er in Kausalketten "gefangen" ist.

Was ich nicht genau verstehe, ist die Trennschärfe der beiden Ebenen. Ist jede Handlung in der Welt der Erscheinungen (die ja auf Kausalketten beruht) auch auf der Ebene der Dinge an sich zu verstehen und damit gleichzeitig frei? :wiejetzt:

Doomguard schrieb:
wichtig ist letztendlich: fühlen wir uns frei? das scheint mir die wichtige frage bei der disskussion um die freiheit zu sein. letztendlich ist es dein gefühl, was den auschlag gibt.
Klar, für das persönliche Gefühl ist leztlich alle Philosophie sekundär. Aber - und das ist doch das Interessante - was ist denn, wenn Freiheit nur eine Illusion unseres Bewusstseins ist und wir am Ende von Trieben, Instinkten und Gelerntem fremdgesteuert sind, ohne es zu merken. Die Experimente von Libet haben ja auf so etwas hingewiesen, ebenso wie neuere Erkenntnisse über Hormone, gegen deren Einfluss wir uns nicht wehren können.
(So etwas wie das Internet durchkreuzt die Pläne der Natur zwar, aber sollten wir uns jemals tatsächlich treffen, würden in Sekundenbruchteilen kleinste, unbewusste Gesten und Gerüche darüber (mit)entscheiden, ob wir uns mögen oder nicht. Gruselig, oder?)

Doomguard schrieb:
in dem sinne fühle ich mich frei, wenn ich entscheidungen treffen kann, die mir den eindruck vermitteln ich habe die wahl und kann meine entscheidung nach meinem eigenen bedürfnissystem treffen (was ich in deutschland, wo man nicht verhungern lassen wird, auch annehme).
klar, man könnte sagen ich bin immer noch zwängen, wie hunger, liebe, trieb usw. ausgesetzt, aber wenn man diese bewusst wahrnimmt und ein gewisses mass an disziplin hat, bekommt man es hin, dieses zwar teil des entscheidungsfindungsprozesses werden zu lassen, aber diesem nicht hilflos ausgeliefert zu sein. (die frage der disziplin behandel ich z.b. in meinem aufsatz :) )
Du triffst Deine Entscheidungen (nach Kant*) aber innerhalb der Welt der Erscheinungen und somit als ein Abschnitt in einer Kausalkette, was bedeutet, dass Du dabei nicht frei bist.
Und Du triffst Deine Entscheidungen (nach Kant*) auf der Ebene der Dinge an sich, was bedeutet, dass Du transzendental frei handeln kannst.

Und genau da hört´s bei mir auf. Ist der Mensch nun frei oder nicht?!?

Doomguard schrieb:
im übrigen ist selbst dem aktuellen forschungsstand in der physik nicht alles determiniert, da die genauigkeit der vorhersehbarkeit selbst im besten experiment durch die unschärferelation begrenzt ist, was einigen leuten als beweis der nichtdeterminiertheit unserer welt aussreicht. (gibt auch ne coole startreck tng-folge in der es viele paralelluniversen gibt, dei dies auch ein bisschen anschaulicher darstellt ;) )
Kannst Du die Unschärferelation genauer erklären? Ich finde Physik total spannend, hab aber leider kein gutes Hintergrundwissen, weil ich das Schulfach Physik ganz fürchterlich fand . . .
In einer Zeit, in der die Wissenschaft selbst das Ursache-Wirkung-Prinzip aufgehoben hat, kann man Kants Unterscheidung von Natur und Freiheit natürlich nicht mehr kritiklos stehen lassen (gut, man sollte nie etwas kritiklos stehen lassen, aber Ihr wisst ja, was ich meine . . . ), aber für mich tut es dem Gedanken keinen Abbruch.

Doomguard schrieb:
so, hoffe dich nicht gelangweilt zu haben und hätte nichts gegen vertiefende gespräche.
Hast Du überhaupt nicht und ich freue mich, hier selbst für so ein Thema Gesprächspartner zu finden. :]


*so wie ich ihn verstanden habe.
 
AW: Wer kennt sich mit transzendentaler Freiheit aus?

also die unschärferelation:

es ist nicht möglich, 2 physikalische grössen gleichzeitig exakt zu messen, egal, ob es sich um ort/zeit, ort geschwindigkeit, usw. handelt.

(formal dx*dt > h ) (d bedeutet differenz, d.h. die messungenauigkeit h ist eine konstante die sehr klein ist, ca. 10^-34)

dieses gesetz wurde anhand des "spaltversuchs" verifiziert. d.h. licht wird duch einen kleinen spalt (unter nem millimeter) geschickt. man erwartet als bild einen spalt, man bekommt aber ein beugungsmuster. d.h. das licht fliegt nicht nur gerade durch den spalt, sondern wird auch nach links und rechts abgelenkt (die genaue form des bildes nach dem spalt würde jetzt zu weit führen)
die lichtgeschwindigkeit kennt man, die breite des spaltes auch. je kleiner man den spalt macht, desto aufgefächerter ist die figur hinter dem spalt. (je kleioner der spalt, desto genauer ist der ort des teilchens/lichtquants festgelegt)

so letztendlich weiss keiner, ob es tatsächlich diese für die physik eher untypische unschärferelatin ist (welche letztendlich auch zur quantenmechanik führt, da man nicht mehr mit exakten werten rechnen kann, sondern nur noch mit aufenthaltswahrscheinlichkeiten) oder ob es eine logische erklärung frü die ablenkung gibt (z.b. bisher unbekannte wechselwirkungen von materie mit dem rand oder so, ist ja meine persönliche vorstellung/idee), ABER was wichtig ist, die annahme der unschärferelation führt zu besseren ergebnissen. letztendlich ist die begründung FÜR die unschärferelation den braven formalistischen axiomatisch vorgehenden wissenschaftler auch sekundär. mit diesem gesetz kann man etwas beschreiben, also stimmt es..... (gut, diese disskussion wird dann spirituell und geht bisschen in richtung henne-ei)

letztendlich, wenn man gedanken und entscheidungen also als physikalische prozesse sehen will (das ist vermutlich nicht kants meinung ;) ) also als folge der chemischen und physikalischen reaktionen in deinem gehirn, selbst dann wäre es nach aktuellem wissenschaftsstand der physik, zu der die unschärferelation gehört, unmöglich, genau vorherzusagen, wie ein mensch exakt reagiert.

ich bleibe aber letztendlich bei der grundsätzlichen aussage, dass es für mich als ein wesen mit beschränkter wahrnehmung scheissegal ist, ob ich in einer illusion lebe, oder, ob die illusion so gut ist, dass ich nicht unterscheiden kann, ob es illusion ist, oder nicht. dies ist bei dem gedanken an meine freiheit der fall. sicher triebe hormone usw. es spielt alles mit hinein. vor allen dingen in einem masse, das sich oberhalb meiner wahrnehmungsgrenze abspielt. ich fühle mich aber frei. shit, dann bin ich frei. klar, ich versuche natürlich es zu ergründen, aber solange ich die grenzen nicht sehe (manchmal sehe ich sie, wenn es um primäre triebe geht ;) ) halte ich mich in den themen für frei.
 
AW: Wer kennt sich mit transzendentaler Freiheit aus?

Doomguard schrieb:
letztendlich, wenn man gedanken und entscheidungen also als physikalische prozesse sehen will (das ist vermutlich nicht kants meinung ;) ) also als folge der chemischen und physikalischen reaktionen in deinem gehirn, selbst dann wäre es nach aktuellem wissenschaftsstand der physik, zu der die unschärferelation gehört, unmöglich, genau vorherzusagen, wie ein mensch exakt reagiert.

Überraschenderweise ist das von Kant (immer so wie ich´s vertanden hab) gar nicht so weit weg. Also selbst wenn alles determiniert ist, können wir´s nie exakt voraussagen, weil wir - als Geschöpfe der Erfahrungswelt - nicht den "Blick von oben" haben, um alle Faktoren zu sehen. Auf moderne Begriffe gebracht, können wir nicht alle Informationen, die wir bräuchten, zugleich erfassen, also nur entweder den Ort, oder den Impuls eines Teilchens. Wir bräuchten aber alle Informationen, um einen genauen Wert und nicht nur eine Wahrscheinlichkeit zu erhalten.

Steckt der Freie Wille nun zwischen den möglichen Orten der Teilchen, oder wo lässt die moderne Wissenschaft sonst noch Platz für ihn?


Out of Character
Diese neuen Fragestellungen führen zwar von Kant ziemlich weit weg, sind aber doch irgendwie zu interessant, um sie nicht aufzugreifen, oder? ;)
 
AW: Wer kennt sich mit transzendentaler Freiheit aus?

Sycorax schrieb:
Ü

Steckt der Freie Wille nun zwischen den möglichen Orten der Teilchen, oder wo lässt die moderne Wissenschaft sonst noch Platz für ihn?


Out of Character
Diese neuen Fragestellungen führen zwar von Kant ziemlich weit weg, sind aber doch irgendwie zu interessant, um sie nicht aufzugreifen, oder? ;)

das wiederum hängt von deinem weltbild (man könnte auch paradigma sagen für unsere magusbewanderten leser ;) ) ab. gut, rein physikalisch/wissenschaftlich gesehen, stellen wahrscheinlichkeiten noch keinen freien willen dar, sondernlediglich die möglichkeit für verschiedene unvorhersehbare ereignisse. diese steuern zu können, wäre dann wohl so etwas wie freier wille.
die nichtdeterminiertheit des systems könnte man allerdings schon als freiheit sehen.

ich denke mal, die moderne wissenschaft lässt ansonsten wenig raum dafür. schliesslich können wir ja schon sagen, welche teile des gehirns bei bestimmten emotionen angesprochen werden (und dies kann auch gezielt hervorgerufen werden). wenn also so ein teil angesprochen wird, wird vermutet, das es zu bestimmten vorhersehbaren entscheidungen kommt, da die funktionsweise des gehirns kausalketten darstellt.

man kommt natürlich auch dazu, bei der fragestellung überhaupt erstmal zu definieren, was wissenschaft ist. wenn ich die definition annehme, die mir am besten gefällt, dann gibt es keinen platz dafür, was aber auch kein ausschluss für die existenz derselben ist. (wissenschaft bedeutet, theorien aufzustellen und diese an widerholbaren experimenten zu belegen, da es zu viele rahmenbedingungen bei freien-willen-experimenten gibt, ist es real nicht durchführbar).

dies muss einen nicht daran hindern, die frage mit analytischem vorgehen zu betrachten. die beinharte wissenschaft wird imo eh schnell langweilig.
 
AW: Wer kennt sich mit transzendentaler Freiheit aus?

Ich finde ja die Experimente von Libet in diesem Zusammenhang ziemlich interessant.
Dabei geht es (arg knapp formuliert) darum, dass Versuchspersonen zu einem selbst zu wählenden Zeitpunkt, eine Bewegung ausführen sollen.
Bevor der bewusste Wille einsetzte, tat sich im Gehirn der Probanden aber bereits etwas, so dass man annehmen kann, dass das Gehirn quasi selbständig handelt und dem Bewusstsein dann den freien Willen vorgaukelt.

Libet selbst vertritt die Ansicht, es gäbe einen freien Willen, doch dieser habe nur eine Vetofunktion zum Beispiel bei moralischen Fragen.

Während ich dies schreibe, schwirrt mir eine Leitfrage aus einem Seminar von vor zwei Semestern im Kopf herum, in dem es um Neurophilosophie ging:
Bin ich mein Gehirn?

Will sagen: Wenn es möglich wäre, mein Gehirn aus meinem Körper zu entfernen, in einem anderen Körper (oder Roboter oder was immer) zu verankern und unversehrt wieder zum Laufen zu bringen; wäre das dann noch ich? Oder trägt mein Körper mit seinem "Bauchgefühl" (Nicht Lachen! Es gibt dort tatsächlich einen ziemlich bedeutsamen Nervenknoten!) und seinen Hormonen, seinen Sinnen etc. wesentlich zu meiner Persönlichkeit bei? Der Körper muss doch so gesehen für das Selbst von großer Bedeutung sein.

Was ist überhaupt das eigene Selbst? Man ist doch in verschiedenen Situationen ein "ganz anderer Mensch". Unter dem Einfluss von Alkohol oder nach Schlafentzug, Stress oder besonderen Erlebnissen ist man ganz anders, und doch ist man der gleiche Mensch. Hat man also mehrere "Ichs" für verschiedene Situationen? Was, wenn sich eine Persönlichkeit auf krankhafte Weise von den anderen trennt, wenn also eine Multiple Persönlichkeitsstörung vorliegt? Es ist ja in der Tat so, dass verschiedene Persönlichkeiten eines Menschen grundsätzlich unterschiedliche Fähigkeiten und Kenntnisse haben, es kann sogar so weit gehen, dass eine der Persönlichkeiten zuckerkrank ist, während alle anderen sich bester Gesundheit erfreuen. Süchte machen Halt an den Grenzen der Persönlichkeiten. Hat der Körper nun Einfluss oder nicht?

Wenn man dem Ich schon nicht auf die Spur kommen kann, wie soll man dann dem freien Willen dieses "Ichs" näher kommen?

Man sucht ihn im Gehirn und glaubt ihn zwischen den Hormonen verloren, forscht auf Teilchenebene und in den Höhen des philosophischen Olymp und doch kann man ihn nicht fassen.
 
AW: Wer kennt sich mit transzendentaler Freiheit aus?

Sycorax schrieb:
I Oder trägt mein Körper mit seinem "Bauchgefühl" (Nicht Lachen! Es gibt dort tatsächlich einen ziemlich bedeutsamen Nervenknoten!) und seinen Hormonen, seinen Sinnen etc. wesentlich zu meiner Persönlichkeit bei? Der Körper muss doch so gesehen für das Selbst von großer Bedeutung sein.

ja, wissenschaftlich wohl recht einfach zu erklären: im bauch liegen viele nervenknoten, wie du schon richtig bemerktest, diese leiten chemie (vereinfacht gesagt) oder elektrische impulse an das gehirn weiter. da das gehirn anscheindend mit einer richtungsangabe ausgestatet ist, kann es in form vongefühlen weitergeben, woher diese impulse kommen.

Sycorax schrieb:
Was ist überhaupt das eigene Selbst? Man ist doch in verschiedenen Situationen ein "ganz anderer Mensch". Unter dem Einfluss von Alkohol oder nach Schlafentzug, Stress oder besonderen Erlebnissen ist man ganz anders, und doch ist man der gleiche Mensch.

ja, das kenne ich sehr gut. andere komponenten (meistens die impulsiveren) des menschlichen wesens (auf die komponenten gehe ich in meinem aufsatz näher ein) treten dann verstärkt zutage. man wird aggressiver,melancholischer, schlagfertiger, emphatischer oder auch filosofischer (je nach gesellschaft und situation). einfach enthemmter, meistens.
aber deswegen eine persönlichkeitsspaltung zu unterstellen, halte ich für gewagt. in einem "ausgeglichenem" zustand werde diese komponenten oft nur unterdrückt und brechen dann hervor, wenn chemikalien eingenommen werden, die die selbstbeherrschung senken. klar wenn die komponenten lange und intensiv unterdrückt würden, dann kann es vermutlich zu verhaltensmustern kommen, die schizophrenie nahelegen, besonders, wenn die erinnerung der person versagt.

Sycorax schrieb:
Wenn man dem Ich schon nicht auf die Spur kommen kann, wie soll man dann dem freien Willen dieses "Ichs" näher kommen?

Man sucht ihn im Gehirn und glaubt ihn zwischen den Hormonen verloren, forscht auf Teilchenebene und in den Höhen des philosophischen Olymp und doch kann man ihn nicht fassen.

nun, es gibt ja kulturen die das "ich" als illusion sehen. ich sehe es folgendermassen:

soo viele unterschiedliche persönlichkeitsmerkmale, seelen, charakterkomponenten gibt es nicht. klar, jeder empfindet selbr, aber sooo individuell sind wir nicht, auf manche dinge haben leute, die vll. dieselben persönlichkeitskomponenten haben eine verschiedene ansicht, aber das liegt dann an den unterschiedlichen erfahrungen die diese menschen bisher gemacht haben. jeder empfindet lust, schmerz, hunger und andere gefühle, nur, was diese gefühle hervorruft und wie intensiv man es empfindet ist unterschiedlich.
 
AW: Wer kennt sich mit transzendentaler Freiheit aus?

Doomguard schrieb:
aber deswegen eine persönlichkeitsspaltung zu unterstellen, halte ich für gewagt. [...] klar wenn die komponenten lange und intensiv unterdrückt würden, dann kann es vermutlich zu verhaltensmustern kommen, die schizophrenie nahelegen, besonders, wenn die erinnerung der person versagt.
Bevor jetzt der Aufschrei kommt (falls hier außer uns beiden noch jemand mitliest :rolleyes: ), ich rede nicht von Multiplen Persönlichkeitsstörungen, wenn ich behaupte, dass jeder Mensch mehr als eine Persönlichkeit hat/ist.
(Zugegeben, ich hab im gleichen Beitrag auch von dieser Krankheit gesprochen, aber in anderem Zusammenhang.)
Ich hab grad nicht ganz so viel Zeit, aber ich werd nachher nochmal deutlich machen, wie ich das meinte.

Doomguard schrieb:
nun, es gibt ja kulturen die das "ich" als illusion sehen. ich sehe es folgendermassen:

soo viele unterschiedliche persönlichkeitsmerkmale, seelen, charakterkomponenten gibt es nicht. klar, jeder empfindet selbr, aber sooo individuell sind wir nicht, auf manche dinge haben leute, die vll. dieselben persönlichkeitskomponenten haben eine verschiedene ansicht, aber das liegt dann an den unterschiedlichen erfahrungen die diese menschen bisher gemacht haben. jeder empfindet lust, schmerz, hunger und andere gefühle, nur, was diese gefühle hervorruft und wie intensiv man es empfindet ist unterschiedlich.
Heißt das, Du siehst das "Ich" auch als Illusion? Oder zumindest als überbewertet? Wie passt denn das mit dem freien Willen zusammen? Das "Ich" ist doch das eigene Bewusstsein, und aus diesem entspringt doch der freie Wille erst, oder?
Oder missverstehe ich Dich da?
 
AW: Wer kennt sich mit transzendentaler Freiheit aus?

Bin ich mein Gehirn oder gehört der Körper dazu?
Ich würde sagen du bist dein Gehirn und Teile deiner Körper Chemie.
Kannst du Beides nach bilden so wärest du zumindest verpflanzbar.
Ich meine eine sterilisierte Frau ist verhält sich anders. Ein Mann der
mit Diane35 behandelt wird soll sich auch anders verhalten , bzw. sogar seinen Willen verändern. Eine Manisch depressive ist unter verschiedenen Drogen(Psychopharmaka/Hash/ohne Drogen) jeweils ein anderer Mensch aber die die ich kenne lehnt eigentlich alle Ihre Ichs ab mit Ausnahme des unbehandelten. Allerdings ist mag ich sie mit Psychopharmaka lieber, hab sie so kennen gelernt. Sie leidet aber ganz gerne unter dem stress den sie sich selbst macht(Erst OverPowerfrau dann Heulsuse+Weinkrämpfe was für eine blödes Leiden)
 
AW: Wer kennt sich mit transzendentaler Freiheit aus?

also, zur "ich-illusion":

wie ich schon angedeutet habe, halte ich das persönliche empfinden schon für jeden einzelnen spürbar, ein ich im sinne von individuellem einzigartigen charakter halte ich für übertrieben. in meinem persönlichkeitsmodell sehe ich die persönlichkeit jedes menschen auf 4 komponenten projeziert, die sich zum ganzen ergeben. wie üblich bei projektionen ist das ganze mehr als die summe seiner teile und als ganzes für uns nicht zu erfassen. wenn man die stärke der komponenten als kontinuierlich verteilt ansieht, gibt es "rechnerisch" schon unendlich viele persönlichkeiten, aber uns fehlt die genaue wahrnehmung, um so genau zu selektieren. so werden imo menschen, die in den komponenten ähnlich stark ausgeprägt sind, bei gleichen vorbedingungen vermutlich gleich handeln, dass sie es nicht tun, liegt an den persönlichen erfahrungen, die jeder in seinem leben gemacht hat, ebenso, wie die auslebung der komponenten.
so, nun könnte man vermuten, ich wäre verfechter des nicht freien willens. ich denke aber, dass wer nach "erleuchtung" oder auch weniger rethorisch formuliert, nach weiterentwicklung des eigenen charakters strebt, der kann seine komponenten verändern, dies geschieht mit hilfe des freien willens und disziplin.

wer auf meine konkrete sicht des models näher eingehen möchte, dem empfehle ich auch, da ich es nicht in aler breite hier vorstellen möchte:

http://stargazer.st.ohost.de/ZdL/index.php?topic=17.0

(download nur nach registrierung)
 
AW: Wer kennt sich mit transzendentaler Freiheit aus?

ist die hausarbeit inzwischen fertig? mein interesse ist imme noch da.

lg
 
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