AW: Wer entscheidet zwischen Würfeln und Ausspielen?
Naja. Da kommen Überzeichnung und falsche Gegensätze zusammen, und stehen deinem Verständnis womöglich im Weg. Ich lasse mir halt nicht gerne sagen, wie ich die Dinge tun soll über die ich frei entscheiden will. Als Spieler nehme ich derart am Spiel teil, dass ich für meinen Charaktere Handlungen ansage und sein Auftreten und Verhalten den anderen am Tisch vermittele. Ob ich das mit Umschreibungen mache oder durch ein wenig Schauspielerei, dass ist eine Frage, die ich selbst entscheiden will.
Das sehe ich sehr ähnlich. Aber willst Du auch für dich selbst entscheiden dürfen, ob du bei einer in Frage stehenden Probe würfeln sollst? Sehr wohl steh ich da vor dem Problem, dass ich Spieler habe, die einerseits keine Lust haben etwas auszuspielen und einfach würfeln wollen und gleichzeitig Spieler habe, die nicht bereit sind zu würfeln, wenn sie eine Sache ordentlich ausspielen können.
Oder um es an einem Beispiel festzumachen:
Ich habe Spieler A, der nicht sehr gerne schauspielert oder Details beschreibt. Spieler A will einen Angriffswurf machen oder einen Paradewurf, er will sich nicht mit dem Schwert in der Hand zur Seite werfen, oder dem Gegner in die ungeschützte Stelle zwischen Schienbeinschutz und Lendenschurz schneiden. Den lasse ich würfeln und versuche dann die Situation detailreich genug zu beschreiben, damit sich die anderen Spieler in ihrem Spielvergnügen nicht herabgesetzt sehen.
Der Spieler will also lieber würfeln und ich zwinge ihn ja auch nicht dazu das auszuspielen.
Dann hab ich Spieler B, der nicht sehr gerne würfelt und sehr detailverliebt spielt. Spieler B will in der Wildniss ein Feuer entfachen und beschreibt Punkt für Punkt seine Vorgehensweise. Einen Survival-Skill hat sein Charakter allerdings nicht, und würde er würfeln, würde ihm die Probe wahrscheinlich nicht gelingen. Den lasse ich also nicht würfeln und beschreibe stattdessen wie sich mit der Zeit in Lagerfeuer entzündet. Schließlich will ich auch sein Spielvergnügen nicht herabsetzen.
Der Spieler will also lieber ausspielen und ich zwinge ihn auch nicht dazu zu würfeln.
Jetzt fragt sich Spieler A aber zurecht: Wozu hab mein Charakter dann eigentlich den Survival Skill? Warum kann Spieler B sich Punkte bei der Charaktererschaffung sparen, nur weil er eine Situation beschreiben kann und will, im Gegensatz zu mir?
Mir als Spielleiter bleiben jetzt irgendwie die Möglichkeiten übrig:
a) Ich reduziere die Charakterfähigkeiten rein auf die Werte und sage Spieler B in Zukunft, er mag das zwar können, sein Charakter aber nicht, denn er hat die nötigen Fähigkeiten nicht, und ohne Würfeln gelingt ihm das dann auch nicht.
b) Ich sage dem Spieler A der etwas nicht ausspielen will, dass sein Charakter schlechter ist, als der Charakter von Spieler B, weil Spieler B nunmal beschreiben mag und ich das auch gelten lassen will.
c) Ich ändere das Regelsystem, dass ein ausspielen (der von mir präferierte und damit meinen Spielspaß fördernde Spielstil) begünstigt und Boni dafür gibt (vergleiche Exalted oder ähnliche) und begünstige damit Spieler B, weil der alles gerne beschreibt.
d) Ich sage, dass die Spielleiter etwas ausspielen sollen, ob sie wollen oder nicht, genauso wie ich ihnen sage dass sie würfeln sollen, ob sie wollen oder nicht, und mache es beiden Spielern gleichermaßen ungemütlich.
e) Ich sage ihnen, dass ich ausspielen und würfeln als gleichwertig betrachte, und beides mögliche Wege zum erfolg sind, wodurch ich ebenfalls Spieler B begünstige, da der die gleiche Menge an Charakterpunkten bei der Erschaffung bekommen hat und damit sein Charakter einfach mehr kann.
Welche Möglichkeiten hab ich übersehen?
In jedem Fall gefällt mir keine der Möglichkeiten die mir hier einfallen, denn keine behandelt beide Spieler fair und ermöglicht ihnen selbstständig zu entscheiden ob sie würfeln wollen oder etwas ausspielen um ihren persönlichen Spielspaß zu gewinnen.
Wie kommst du auf einmal zu "Drohung"?
Genau wie ich zu "Forderung", "zwingen" und "soziale Krüppel" komme. Maximal überzeichnete Darstellung um den Kontrast der unterschiedlichen Standpunkte deutlicher herauszuarbeiten.
Der SL fordert (vermutlich) auf der gleichen Grundlage danach, dass etwas ausgespielt wird, wie er danach fordert auf Stärke zu würfeln, um die Tür aufzustemmen oder auf den Verteidigungswert zu würfeln, um einem Angriff zu entgehen. Wenn sich jemand da weigert, steht der SL doch auch nicht auf und geht nach Hause. Die Frage scheint mir eher darauf hinauszulaufen, ob die Aufforderung etwas auszuspielen vollkommen gleichwertig ist mit der Aufforderung zu Würfeln oder nicht.
Genau das ist mein Problem. Du hast es super auf den Punkt gebracht! Danke!
Nein, ich als Spielleiter stehe nicht einfach auf und gehe, aber ich stehe vor einem Problem bei dem ich nicht weiß, wie ich weiter damit umgehen soll. Sowas fiel bei mir bis jetzt unter Gruppenvertrag, nämlich das der Spielleiter der die Welt und die fiktionale Realität beschreibt auch ansagt, wie diese überwunden werden können. Wenn die Spieler mit ihren Charakteren in dieser fiktionalen Realität sich da nicht drunter beugen wollen, dann weiß ich nicht wie ich meinen Spielleiterjob machen soll.
"Würfel auf Ausweichen."
"Ich dreh mich einfach zu Seite, da geht der Angriff doch sicher ins leere, da muss ich nicht würfeln."
"Öh, doch."
"Nö."
Wer über Monate hinweg regelmäßig spielt und sich kein Stück für diese Dinge interessiert (und von den anderen Spielern mitgezogen werden muss), der hat ein Problem mit sozialer Kompetenz. Wie ein Schachspieler, der sich nicht merken kann, wie sich die Figuren bewegen oder ein Hold 'Em-Spieler, der keine Ahnung hat ob ein Flush oder ein Full House mehr wert ist. Sowas zieht den Spielstandard einfach nach unten und manche Leute nervt so etwas halt.
Mich zum Beispiel. Ist halt einfach so, wenn ich Rollenspiele spiele, dann mag ich das auf einem detailierteren Niveau haben als: "Ich reite in die nächste Stadt und erschlage den Drachen. Auf meiner Rückkehr bestelle ich mir ein Omlett für mich und gegrillten Fisch für die gerettete Prinzessin." Wenn es mir nur darum geht die Zeit mit Freunden zu verbringen, dann mache ich Sport oder geh ins Kino oder mach sonstwas mit denen, weil mir das mehr Spaß macht als auf diesem Detailniveau zu spielen.
Aber warum darf ich von einem desinteressierten Spieler wollen, dass er sich um die Regeln bemüht obwohl er es nicht mag, weil die Gruppe keine Lust hat bei jeder Aktion ständig neu zu erklären wie man würfelt, gleichzeitig darf ich von nem anderen desinteressierten Spieler nicht wollen, dass er eine Aktion detailreicher beschreibt als "Angriff." "Rechercheprobe." "Hacking."...?