AW: Was für neue Rollenspiele braucht man - nicht?
blut_und_glas schrieb:
Was ist ausschlaggebend dafür, einem Rollenspiel den Stempel "unnötig" aufzudrücken?
Ein Rollenspiel ist für mich dann unnötig wenn es Altbackenes nur neu verpackt. Wenn ein Rollenspiel eigentlich nur Altbackenes in etwas "düsterer/ magischer/ heldiger/ realistischer/ besser" ist, kann ich das ganze, falls gewünscht, meist auch mit ein-zwei Hausregeln und einer etwas anderen Attitüde mit der ich an das Spiele herangehe erreichen.
Wenn die Welt nur etwas altbekanntes mit minimalen Änderungen ist die man wohlmöglich ohne einen zweiten Gedanken als "Hintergrundgeräusch" abtun kann und nicht ermutigt wird das ganze auch zu benutzen, hat das System gute Chancen den "Unnötig"-Stempel zu erhalten.
Wenn die Regeln keine zugeständnisse an irgend einen Spielstil machen, wenn ich sie also eigentlich durch Gurps ersetzen kann ohne das es was am Spielgefühl signifikannt verändert oder ich die Regeln selbst ohne sie zu verändern in einem völlig anderen Spiel spielen kann, hat das System gute Chancen den "Unnötig"-Stempel zu erhalten.
Meist sind sie dann nicht nicht besonders gut in den Hintergrund "eingearbeitet", sind irgendwie "geschmacklos"(Einheitsbrei eben) und mit etwas Pech leiden sie unter Altlasten. Im besten Fall gibt es irgendwo versteckt eine kleine Neuerung die wirklich interessant ist, aber dafür wechsle ich nicht auf ein anderes System. Vielleicht kann man es immer noch als Hausregel einsetzten.
Es ist eigentlich wie beim Kochen: Die Zutaten bleiben, im großen und ganzen, sowieso immer die gleichen, nur die zusammenstellung ändert sich etwas, und wenn mir als [rein fiktiven] Linseneintopf-liebhaber jemand sein Linseneintopf-rezept unter die Nase hält, picke ich mir nach einer Geschmacksprobe vielleicht ein paar Sachen heraus um sie mit meinen Lieblingsrezept zu kombinieren und auszuprobieren, aber die Chance das man mich damit ganz von meinem Lieblingsrezept abbringt oder dazu bringt regelmäßig auch sein Rezept zu verzehren sind sehr gering, denn mehr als einmal die Woche mag ich keinen Linseneintopf essen, wenn mir hingegen jemand zeigt wie man mit den gleichen Zutaten und ein paar neuen Gewürzen einen Linsenpizza hinbekommt bin ich auf jeden Fall neugierig und wenn das ganze auch noch signifikannt anders schmeckt, ist es wenigstens für die Tage gut, an denen ich auf Linseneintopf keinen Bock habe.
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Zur Zeit spiele ich "ArcaneCodex", weil einer meiner Mitspieler es gerne leiten wollte und auch wenn es bisher recht lustig ist(es ist nicht in Gefahr meinen "schlecht"-Stempel zu bekommen) ist es zur Zeit sehr stark von meinem "Unnötig"-Stempel bedroht. Ich will nicht speziell darauf herumhacken, dazu feht mir eh der Überlick, es bietet sich nur an es als Beispiel heranziehen weil es mir halt Aktuell im Magen liegt und ich dabei bin es zu verdauen:
Die Welt hat keinen mir erkennbaren Fokus. "Everything and the kitchensink" halt, mit klitzekleinen kosmetischen Details die etwas anders sind(Wikinger haben hier keine (schlecht recherchierten) Hornhelme sondern gleich Hören, Mongolen haben Fell, ab und zu gibts ein paar Steampunk-elemente), aber diese Details hindern einen nicht daran (und viel schlimmer, ermutigen auch nicht dazu) etwas anderes als 08/15-Fantasy mit Sonnebrille(halt Düster
), zu spielen.
Es hat halt keinen Fokus und so wie das System steht, gibt's auch nur Einheitsbrei denn für etwas anderes scheinen die Regeln auch gar nicht ausgelegt. Es hat Regeln für Wewehchen/Verletzungen(Wie man sie bekommt und auch austeilt), "Klassen" die mit dem System (aber soviel ich sehe wenig mit der Welt) interagieren und ein Magiesystem. Jeweils nichts daran zu finden was den Spielspaß anders als andere Systeme förderlich wäre und was das System sonst angeht angeht: Das wars. Alles andere scheint SL-entscheid. Sicher kann man von Anfang an einen Adligen spielen was mal ganz interessant wäre, aber die Regeln unterstützen einen dabei nicht("Einfluß am Hof" und "Lehen" usw. gibt es als Vorteile, aber so wie ich das beurteilen kann fällt nahezu alles was das angeht unter SL-Entscheid ist also keine interessante Unterstüzung).
Das das System eigentlich nur Einheitsbrei ist und keinen bestimmten Spielstil verfolgt, sieht man eigentlich spätestens bei der EP-Vergabe, hier gibt es EP für Worthülsen wie "Überleben", "Charakter hat etwas neues gelernt", "Gutes Rollenspiel", etc.. Auch kann man hier Altlasten erkennen (Bonuspunkte für's überleben? Das war OK als Spiele eine deutliche SL-vs.-Spieler-Einstellung vertraten, aber auch das macht AC nicht, es bleibt halt 08/15).
Die ganzen Charakteroptionen/Schulen/etc. haben wenig Einbindung in die Eigenheiten der Welt und so wie ich das sehe könnte man sie eigentlich allesamt ohne Probleme vor anderen Settings spielen. Es gäbe für mich (abgesehen davon das die Charaktererschaffung komplizierter wäre) auch keinen Unterschied, wenn wir das ganze mit Gurps spielen würden. Die Kämpfe wären ähnlich tödlich und auch ähnlich schnell, die Magie wäre sehr ähnlich, die Unterstützung was anderere Interessen angeht, wäre ähnlich "umfangreich."
Das einzige was ich so zuvor noch nicht gesehen habe sind Kampfschulen, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen für EINE Variation einer Thematik(Fengshu-Schticks+Cp2020 Rollen!?) gleich das System dauerhaft zu wechseln.