[Unknown Armies] Wie spielt sich Unknown Armies?

Jestocost

Tim Struck
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UA ist ja so einfach nicht zu erklären. Und anscheinend haben viele Leute Schwierigkeiten herauszufinden, was in einen UA Szenario eigentlich passiert und wie es sich von einem Kult, Cthulhu oder Welt der Dunkelheit Szenario unterscheidet...

Da sich Spielstile natürlich immer von Gruppe zu Gruppe unterscheiden, werden die Unterschiede natürlich eher fließend sein... Aber darüber diskutieren kann man ja trotzdem.

Der allererste Punkt: UA Charaktere werden als Teil einer Gruppe geschaffen, die möglichst vorher definiert werden muss. Beim letzten Rollenspieltreffen in München haben wir uns z.B. für Charaktere aus dem "Elfenbeinturm" entschieden - also für einen Freundeskreis aus dem universitären Umfeld... Das löst schon etwaige Probleme, wie die Frage, warum jetzt die Nonne mit dem Auftragskiller um die Häuser ziehen muss...

Ansonsten postuliert UA über Temperament und Passion, dass Charaktere persönlich gesteckte Ziele haben sowie Überzeugungen, für die sie einstehen. Das macht der SL ein wenig das Leben leichter, weil sie schon vorher weiß, was den Charakter interessiert oder auf die Palme bringt...

Aber um was dreht sich nun ein typisches Szenario: Normalerweise um Macht, Konsequenzen und Verantwortung: Die Charaktere werden direkt Zeuge, wie andere Leute ihnen oder Bekannten oder Schutzbefohlenen Schlimmes antun oder antun wollen, und dabei geraten zudem die Fugen der Realität auseinander. Langsam verschiebt sich dabei die Messlatte, was an Realität durchgeht... Bedeutungsschwangere Zufalle geschehen, manche Menschen haben einfach zu viel Glück und den Charakteren wird langsam klar, dass ihre Welt formbar ist... Zum Guten und zum schlechten... Und daraus entbrennt dann ein Wettkampf, welche Version der nun Wirklichkeit werden soll - die der Gegenspieler oder die der Gruppe...

Ich gebe auch zu, dass gerade sowas nicht leicht ist: In einer Erleuchtetenkampagne haben wir den gesamten ersten Spieltag damit verbraucht, uns gemeinsam zu entscheiden, wie eigentlich der mächtige Zirkel der Spielergruppe die Welt verbessern möchte... Aber dann hatten wir sogar eine Lösung gefunden, mit der jeder der Spieler leben konnte...

Ziemlich interessant ist auch die Wechselwirkung zwischen NSCs und Spielrealität: Da die meisten Gegenspieler der SCs ziemlich obsessiv und intensiv sind, geraten die Spieler unter Zugzwang... Dabei wird die Spielwelt um sie herum noch unheimlicher, da magisch begabte Ereignisse und Personen unheimliche Phänomene hervorbringen und offenkundig machen, dass die Welt kein sicherer Ort mehr ist...

Und so steht man dem Mann mit der verspiegelten Sonnenbrille gegenüber, in deren Gläsern gequälte Schemen zu sehen sind, während die Lichter verlöschen und die Schatten zu schnattern beginnen.

Das ähnelt natürlich Kult mit seiner Dunklen Kunst, mit der bestimmte Wesen die Realität abwandeln können: In UA jedoch geschieht das halt eher unbewusst und symbolischer, da die Veränderung der Realität ja nicht direkt bewusst von den Gegner erzeugt wird, sondern ein Nebenprodukt ihrer eigenen Obsession und Wahnvorstellungen sind...

Nur noch eine letzte Sache: UA neigt auch ziemlich oft zu schwarzem Humor: Da Phantastisches an Realistischem reibt, bleibt einem das einfach immer noch als letzte Waffe übrig: Und da die Gegner auch einfach nur Menschen sind, haben die ja auch einen Sinn für Humor... Auch wenn der ziemlich weh tun kann. Außerdem ist Comic Relief in jedem Drama wichtig: Man muss kurz auflachen können, bevor es schlimm wird: Und UA nimmt sich nun mal nicht ganz so ernst: In meiner eigenen Kampagne traffen die Spieler auf einen Yuppie, der fassungslos vor seinem neuen Wagen stand, denn ein Annihilomant (ein Zerstörungsmagier, der daran glaubt, dass man sich von emotionalen Fesseln lösen muss) innerhalb von nur 20 Minuten in alle seine Einzeilteile zerlegt hat... Daneben stand in Kreude: Weil einfach einfach einfach ist... Und der trockene Kommentar der Spieler auf die Frage des Yuppies, wie denn sowas möglich sei, war nur: "Der Typ, der das gemacht hat, war wohl einfach gut..." Spieler können echt fies sein...

Aber das sind ja nur meine paar Cents... Wie sind eure Erfahrungen? Was sind für euch typische Szenarien und Kampagnen? Unterscheidet sich UA von anderen Spielern oder ist das ehe so eine Grundstimmung, die während des Spielens entsteht? Das würde ich doch echt gern erfahren...
 
AW: Wie spielt sich Unknown Armies?

Sali Jesto

Wenn möglich werde ich eine UA-Session mit Dir zocken - will doch endlich auch einmal hinter die Fassade eines sighPress-Produktes schielen. Das mach ich dann auch gleich an der Teck-Con dieses Wochenende.
 
AW: Wie spielt sich Unknown Armies?

Ja klaro... Dann sehen wir uns auf jeden Fall auf dem Teck-Con... Ich freu mich!

Und die dreistufige Kampagne, die ich dort durchjagen werde, wird bestimmt interessant.. Mehr Infos gibt's auf der Seite vom Teck-Con : www.teck-con.net
 
AW: Wie spielt sich Unknown Armies?

Also, ich hab mittlerweile sehr viel in dem Regelwerk gelesen und werde vermutlich auch bald - endlich - leiten.
Mein erster Eindruck wankt zwischen Genial und Kompliziert. Eins weiss ich, ich werde es nur bei Leuten leiten die ich kenne. Ich packe UA in die Schiene "Herausforderung gut zu spielen". Allein die Tatsache das eine Wesensveränderung stattfindet und Charakterzüge verändert werden und so extrem in das Spiel eingreifen das sie Bestandteil sind das sie sogar auf den Charbogen zu finden sind zeigt, das es komplex ist und nichts für DSA "Wir sind die guten!" Schunkel Spieler ist.
Ich werde berichten, zurück ins Funkhaus.
 
AW: Wie spielt sich Unknown Armies?

ich würd unendlich mal UA spielen..hoffentlich möglichst bald,hab schon soviel davon gehört...
 
AW: Wie spielt sich Unknown Armies?

Jestocost schrieb:
[...] Normalerweise um Macht, Konsequenzen und Verantwortung: Die Charaktere werden direkt Zeuge, wie andere Leute ihnen oder Bekannten oder Schutzbefohlenen Schlimmes antun oder antun wollen, und dabei geraten zudem die Fugen der Realität auseinander. Langsam verschiebt sich dabei die Messlatte, was an Realität durchgeht... Bedeutungsschwangere Zufalle geschehen, manche Menschen haben einfach zu viel Glück und den Charakteren wird langsam klar, dass ihre Welt formbar ist... Zum Guten und zum schlechten... Und daraus entbrennt dann ein Wettkampf, welche Version der nun Wirklichkeit werden soll - die der Gegenspieler oder die der Gruppe...

[...]

Ziemlich interessant ist auch die Wechselwirkung zwischen NSCs und Spielrealität: [...] Dabei wird die Spielwelt um sie herum noch unheimlicher, da magisch begabte Ereignisse und Personen unheimliche Phänomene hervorbringen und offenkundig machen, dass die Welt kein sicherer Ort mehr ist...

Und so steht man dem Mann mit der verspiegelten Sonnenbrille gegenüber [...]

Jetzt erklär mir mal, wieso mich das verdammt noch mal an Mage erinnert? (... und was Erleuchtung mit Fast Food zu tun hat :D ) Also, warum sollte ich mir Unknown Armies kaufen? Es ist ja scheinbar, mehr als ich bisher annehmen wollte, wie Mage?
 
AW: Wie spielt sich Unknown Armies?

Agroschim schrieb:
Es ist ja scheinbar, mehr als ich bisher annehmen wollte, wie Mage?

Ganz und gar nicht.

Die einzige ähnlichkeit besteht wohl darin, das beide Spiele sich darüber einig sind, das Magie im Grunde nicht mehr ist, als die realität mit seinem Willen zu beugen, und das der konsens des weltweiten Bewusstseins unsere Realität definiert, wobei letzteres in beiden Universen unterschiedlich abläuft, denn UA hat immerhin einen Pantheon, die Invisible Clergy.

Das wars dann aber auch schon.

Die Magischen Schulen unterscheiden sich vollkommen von den Traditionen ebenso die Art und weise, wie Magie gewirkt wird.

Während die Magi in der WoD Erwachte sind, praktisch auserwählte, sind die Adepten per definition Soziopathen, Menschen mit zwangsneurosen und pychosen die stark genug sind, das sie ihre wahrnehmung der realität verzerren.
 
AW: Wie spielt sich Unknown Armies?

Sentinel schrieb:
Die einzige ähnlichkeit besteht wohl darin, das beide Spiele sich darüber einig sind, das Magie im Grunde nicht mehr ist, als die realität mit seinem Willen zu beugen, und das der konsens des weltweiten Bewusstseins unsere Realität definiert, wobei letzteres in beiden Universen unterschiedlich abläuft, denn UA hat immerhin einen Pantheon, die Invisible Clergy.

Nichts Halbes und nichts Ganzes also? Lauwarme Suppe sag ich mal.

Sentinel schrieb:
Während die Magi in der WoD Erwachte sind, praktisch auserwählte, sind die Adepten per definition Soziopathen, Menschen mit zwangsneurosen und pychosen die stark genug sind, das sie ihre wahrnehmung der realität verzerren.

Mit diesem Absatz sprichst du echt nicht für UA.

Mal ganz abgesehen davon das ich nicht sagen wollte, dass sich die Spiele in ihrem Hintergrund gleichen, sondern sich ähnlich spielen und das scheinen sie, zumindest hat mir bis jetzt niemand das Gegenteil bewiesen.
 
AW: Wie spielt sich Unknown Armies?

Agroschim schrieb:
Nichts Halbes und nichts Ganzes also?

Quatsch.
http://www.blutschwerter.de/showthread.php?t=8781

Agroschim schrieb:
Mit diesem Absatz sprichst du echt nicht für UA.

'Kommt drauf an, was man von einem Spiel erwartet. Ich habe nie lust gehabt, die coolen typen zu spielen. Ich finde die tatsache, das es bei UA einen geisteskranken Bahnhofspenner gibt, der innerhalb von Sekunden von Stadt zu Stadt teleportieren kann, viel interressanter als wieder mal einen Euthanatos-Ninja der vor lauter coolness nicht laufen kann.

Agroschim schrieb:
..sondern sich ähnlich spielen und das scheinen sie, zumindest hat mir bis jetzt niemand das Gegenteil bewiesen.

Mir ist schleierhaft, warum Diskussionen wie diese immer darauf hinauslaufen, das Leute von mir verlangen, ihnen die nichtexistenz von ihren haltlosen Vermutungen zu beweisen. Da schlag ich mir lieber zwanzig Minuten lang mit ner Flasche ins Gesicht, das ist weniger schmerzhaft.
 
AW: Wie spielt sich Unknown Armies?

Sentinel schrieb:
'Kommt drauf an, was man von einem Spiel erwartet. Ich habe nie lust gehabt, die coolen typen zu spielen. Ich finde die tatsache, das es bei UA einen geisteskranken Bahnhofspenner gibt, der innerhalb von Sekunden von Stadt zu Stadt teleportieren kann, viel interressanter als wieder mal einen Euthanatos-Ninja der vor lauter coolness nicht laufen kann.

Ich suggeriere einen Blick in den Orphans Survival Guide.

Sentinel schrieb:
Mir ist schleierhaft, warum Diskussionen wie diese immer darauf hinauslaufen, das Leute von mir verlangen, ihnen die nichtexistenz von ihren haltlosen Vermutungen zu beweisen.

Das du da grade Unsinn redest ist dir bewusst, ja?

Sentinel schrieb:
Da schlag ich mir lieber zwanzig Minuten lang mit ner Flasche ins Gesicht, das ist weniger schmerzhaft.

Lass dich nicht aufhalten, wem's gefällt.
 
AW: Wie spielt sich Unknown Armies?

Agroschim schrieb:
Mal ganz abgesehen davon das ich nicht sagen wollte, dass sich die Spiele in ihrem Hintergrund gleichen, sondern sich ähnlich spielen

Bei zwei Spielen mit teilweise ähnlichem Grundkonzept (Magie in der modernen Welt) kommt es natürlich zu Überschneidungen. Die halten sich aber, durch die komplett unterschiedlichen sozialen und metaphysischen Überbauten in Grenzen.

Während man bei Mage Teil der Traditionen-Gemeinschaft ist und mit der Technokratie im ewigen Widerstreit steht, sind die Mitgleider des okkulten Untergrundes fast ausschliesslich Individualisten, die sich ihren eigenen Ambitionen widmen. Die Protagonisten in Unknown Armies schöpfen ihre magische Kraft nicht aus einer mysteriösen, ihnen angeborenen Quelle, sondern erlangen sie durch den Willen, dem Pfad, der sich ihnen als Weg zur Macht offenbart hat, unbedingt zu folgen.

Nur wer sich völlig, bis zur Verleugnung der eigenen menschlichen Existenz, mit dem indentifizieren kann, was ihm Macht verleiht, kann in die Reihen derer aufsteigen, die wirklich Kontrolle über die Realität ausüben.

In Unknown Armies existieren kaum große okkulte Machtstrukturen da die meisten Anwender von "Magie" im unmittelbaren Wettstreit miteinander stehen. Daher gibt es keine organisierte Traditionen, also kaum machpolitische oder ideologische Auseinandersetzungen. Die Gruppen, die in Unknown Armies existieren sind meist entweder Gemeinschaften, die einem mächtigen Führer folgen, oder kleinere Gruppen, die sich zusammengeschlossen haben, um nicht von den Mächtigen vernichtet zu werden.

Man kann sicherleich in UA und Mage ähnliche Konzepte verwirklichen - z.B. die kleine magische Gemeinschaft, die sich gegen äußeren Einflüsse zur Wehr setzt oder eine Gruppe von kürzlich erwachten Jugendlichen, die zusammen die Magie erkunden - vom Ansatz kommen aber beide Spiele aus recht gegensätzlichen Richtungen.
 
AW: Wie spielt sich Unknown Armies?

Hmmm,
kommt aber wirklich darauf an, wie die Spielgruppe spielt.
Denn ich spiele gerade einen Mage, der zwar grundsätzlich schon mit einer gewissen Tradition aufgewachsen ist, Kenntnisse der Magie besitzt, aber bis jetzt keiner Tradition angeschlossen ist, höchstens der Spielergruppe.
Für mich klingen die beiden Games beliebig austauschbar, hängt natürlich davon ab, was die Hersteller des Spieles sich an Unterschiedlichkeiten geleistet haben.
Nach den bisherigen Beschreibung von UA habe ich schon mal zwei Widersprüche in diesem kurzem Forum erkannt. Zum einen soll die Spielergruppe schon vor der eigentlichen SC-Erschaffung einem gemeinsamen Gruppenkonzept unterworfen werden z. B. Studenten einer Verbindung, andererseits schreibt Roland, dass es sich bei den SC ausschließlich um Individualisten handelt, passt mM nach nicht so ganz.
Auch gibt es für mich gesehen durchaus Mages, die ihre Macht nicht durch eine mysteriöse, ihnen angeborenen Quelle (ich weiß - die Avatare) zwangsläufig verliehen bekommen haben, sondern eben auch aus einem Punkt Selbsterkenntnis und geistigen Wachstums heraus. Nach dem was ihr über UA geschildert habt kann die Magie also aus dem gleichen Kern entspringen wie bei Mage.
MM nach sind die führerbezogenen Machtgruppen von UA durchaus vergleichbar mit den Technokratischen Richtungen von Mage. Das liegt wie gesagt bloß an der Vielfaltigkeit der SL-Darstellung. Es gibt ja durchaus unterschiedliche Rtg. innerhalb der Technos und die werden, wenns realistisch dargestellt wird, bestimmt auch ihre Zwistigkeiten untereinander haben und entsprechen für mich eher kleinen individualistischen Gegnereinheiten, like UA.
Gibt es da vielleicht andere weltbezogene Hintergründe die eine Unterscheidung der Systeme leichter machen?
Kult und Mage kann man z. B. sehr leicht abgrenzen, jedenfalls vom Grundsystem. Es gibt zwar bei beiden eine Realität hinter unserer illusionären Welt, aber diese und vor allem die Widersacher in beiden System unterscheiden sich doch wie Neumond und Vollmond.
TaT
 
AW: Wie spielt sich Unknown Armies?

Templer aus Tempelhof schrieb:
Zum einen soll die Spielergruppe schon vor der eigentlichen SC-Erschaffung einem gemeinsamen Gruppenkonzept unterworfen werden z. B. Studenten einer Verbindung, andererseits schreibt Roland, dass es sich bei den SC ausschließlich um Individualisten handelt, passt mM nach nicht so ganz.

Deswegen schrieb ich "fast ausschliesslich Individualisten". Es gibt erstens Ausnahmen, wozu die SC durchaus gehören können und zweitens ist z.B. das Konzept der Studentengruppe nicht unbedingt Darauf ausgelegt, das alle Gruppenmitglieder schon zu Beginn des Spiels Hardcore Magier oder Avatare sind.
Wenn diese Studenten beginnen, verschiedenen okkulten Pfaden zu folgen, werden sie eher früher als später einige unangenehme Entscheidungen treffen müssen.

Templer aus Tempelhof schrieb:
MM nach sind die führerbezogenen Machtgruppen von UA durchaus vergleichbar mit den Technokratischen Richtungen von Mage.

Da erkenne ich wenige Parallelen. Zähl doch mal auf, wo die Gemeinsamkeiten liegen.
 
AW: Wie spielt sich Unknown Armies?

Der große Unterschied ist, bei Mage ist die Realität vollständig beugsam, bei US nicht, durch dieses Pantheon.
 
AW: Wie spielt sich Unknown Armies?

Agroschim schrieb:
Der große Unterschied ist, bei Mage ist die Realität vollständig beugsam, bei US nicht, durch dieses Pantheon.

Um die Invisible Clergy noch einmal zu erwähnen: Stell die dir jetzt bitte nicht als allmächtige Götter vor, die von ihren höheren Sphären jeden aufstrebenden Adepten mit blitzen erschlagen.

Die Avatare der Clergy versinnbildlichen lediglich die menschliche Wahrnehmung der realität. Die Clergy bestimmt nicht, wie unsere realität aussieht, sondern das menschliche Bewusstsein bestimmt die Realität, und wählt unterbewusst entsprechende Avatare in die Clergy.
 
AW: Wie spielt sich Unknown Armies?

Agroschim schrieb:
Der große Unterschied ist, bei Mage ist die Realität vollständig beugsam,

Gibts da nicht z.B. Paradox oder im Zweifelsfall Interventionen durch andere Wesen/Magier?

Agroschim schrieb:
bei US nicht, durch dieses Pantheon.

Im Gegenteil. Dieses "Pantheon", der Unsichtbare Rat, ist eine ultimative Möglichkeit, die Realität zu beeinflussen. Jedes Mitglied des Rates war einmal ein Mensch und jeder Mensch hat die Möglichkeit selbst in den Rat auszusteigen.
 
AW: Wie spielt sich Unknown Armies?

Thematisch unterscheiden sich beide Spiele unheimlich - und das äußert sich auch in den Spielsituationen.

Ein Magecharakter entdeckt langsam, dass er die Realität beeinflussen kann, der Schleier fällt und er sieht, wer hinter den Kulissen die Strippen zieht. Er wird Teil einer welt(en)umspannenden Kriegspartei, die eine bestimmte Sicht der Dinge durchsetzen möchte.

In UA beherrscht du Magie, weil es so sein muss: Aus deiner Sicht der Dinge als Adept ist es vollkommen klar, dass der Zufall dir gehorchen muss, wenn du mit deinem Leben pokerst. Du willst etwas erreichen, koste es, was es wolle. Dabei triffst du auf Gegner und Verbündete, die auch ihre (aus deiner Sicht: falsche) eigene Sicht der Dinge haben. Aber selbst wenn so eine Gruppe die okkulte Fremdenlegion eines amerikanischen Multimilliardärs ist: Das sind immer noch nur normale Menschen, die deinen Zielen entgegen stehen. Und es liegt an dir (und nur an dir, nicht an Orakeln, Gottheiten, Geistern oder Astralwesen) das Spiel zu machen. Und je mehr du über die Welt erfährst, desto mehr wird dir klar: Nicht die Umstände, nicht die Geschichte, nicht die Geheimbünde und letztendlich auch nicht die Archetypen lenken die Welt: Wir sind es. Genau wie ein bestimmter gescheiterter Kunstmaler eine Maschinerie in Bewegung setzen konnte, die über 20 Millionen Menschen das Leben kostete, veränderte die Weigerung einer einzigen Frau, sich in den Rückteil eines Busses zu setzen, die politische und soziale Landschaft Amerikas.

In Mage braucht man Magie, um die Welt zu verändern. In UA erzeugt die Veränderung der Welt Magie, um mehr verändern zu können.

UA klappt dann am besten, wenn man Charaktere und eine Gruppe hat, die etwas wirklich erreichen wollen. Das Spiel tut sich schwer mit der typischen Missionsstruktur (außer man spielt eine Neue Inquisition-, Schläfer-, oder Orden des Heiligen Caecilius Kampagne..). Das Schöne ist, dass man sich wirklich Großes vornehmen kann, denn wie bei allem stehen einem nur Menschen im Weg: Impossible is nothing (Adidas), turn it on (Puma), just do it (Nike).

Mage zelebriert moderne Helden- und Initiationsgeschichten, UA bringt die Prinzipien, nach denen unsere Welt läuft, ans Tageslicht. Und beides hat etwas. Aber mir läuft die Undeterminiertheit des UA Kosmos einfach besser rein.
 
AW: Wie spielt sich Unknown Armies?

Ich würde dieses Thema gern einmal wieder aufgreifen, etwas Zeit ist nun vergangen und es gab sicher schon die ein oder andere Unknown Armies Runde hier in Deutschland. Was sind eure Erfahrungen? Wie spielt sich UA?
 
AW: Wie spielt sich Unknown Armies?

Da sich im Moment niemand traut, aus dem Nähkästchen zu plaudern, reiße ich mal einfach das Wort (bzw. die Tastatur) an mich.

Wie spielt sich also UA? Kurz gesagt: ziemlich gut, wenn man ein paar Dinge beachtet und sich auf das Spiel einlässt.

Ich habe mittlerweile zwei Kampagnen geleitet, in denen die Charaktere von Einsteigern zu Eingeweihten wurden. Außerdem eine kurze Erleuchteten-Kampagne.

Hier mal meine Weisheiten:

Man muss das Spiel zwangsläufig an den Charakteren ausrichten, und die Charaktere müssen schon zu Beginn einer Kampagne eine Gruppe bilden, da es keine Ingame-Begründung für eine Zusammenarbeit von Charakteren gibt, wie z.B. bei Vampire (Coterie) oder bei Werwolf (Rudel).

Was auch richtig wichtig ist: Man sollte sein Temperament geschickt wählen, dass die Impulse die Interessen und Ängste des Charakters widerspiegeln und auch im Spiel eingesetzt werden können: Denn diese können gerade bei den niedrigen Erfolgschancen in lebensgefährlichen Situationen wahre Wunder wirken, da man in diesem Moment die Würfel tauschen oder gleich nochmal würfeln darf... Im SPiel bedeutet das, dass der Spieler auf bestimmte Situationen, die für seinen Charakter wichtig sind, hinsteuern kann, weil er dort glänzen kann...

Ich habe UA mit zwei Erzählstrukturen gespielt: In meiner ersten Kampagne ging es direkt um die Lösung eines Geheimnisses... Jedes Szenario hat andere Offenbarungen gebracht, bis die Charaktere wussten, was eigentlich los war und dann das Steuer an sich gerissen haben, um aktiv gegen ihre Kontrahenten vorzugehen.. So eine Kampagne setzt aber voraus, dass die Gruppe sehr eng zusammenhält und wirklich auf das Kampagnenziel ausgerichtet ist.

Meine zweite Kampagne hat eine Episodenstruktur. An jedem Spielabend wird eine kleine Geschichte gespielt, die mehr oder minder zum großen Plot gehören. Hier fächert das Spielerlebnis öfter auseinander, weil jeder der Spieler starke persönliche Interessen hat, aber da die Charaktere gut befreundet sind, klappt die Zusammenarbeit ganz gut... Und bei ihren Freunden wissen die Charakter auch, dass man sich gegenseitig irgendwie vertrauen kann.

Ansonsten habe ich gemerkt, dass man das Übernatürliche langsam ins Spiel einbringen muss, da sonst die Charaktere vollkommen verstört werden... Das hat auch einen anderen interessanten Konflikt: Die Spieler sehen auch Übernatürliches in scheinbar normalen Situationen: Ist es Zufall, dass gerade der Typ mit dem Sportmaskottchen in der Tasche abhauen will, nachdem sich der arme Mensch, der als PR-Gag im Kostüm zum Affen (Löwen?) machen muss, übergeben musste. Voodooangriff oder Zufall? Und UA Charaktere hören in bester Foucaultscher Pendel oder Illuminatus Manier auf, an den Zufall zu glauben (Alles ist verbunden, wie oben so unten).

Und das Spiel kann sehr schnell richtig brutal werden, weil sich irgendwann normale Menschen gezwungen sehen, zu krassen Mitteln zu greifen. Das ist dann eher so eine "Reservoir Dogs", "se7en" oder "Very Bad Things" Brutalität: Nicht wildes Geballere, sondern voller Angst und Wut immer weiter auf den gestürzten Gegner einschlagen, weil man nicht weiß, wie man sich sonst wehren soll... Es ist kein sauberes Spiel.

Interessanterweise führen die meisten meiner Charaktere keine Waffen mit sich, da dass zu leicht zu Ärger führt... Wird eine Waffe gezogen, dann stirbt viel zu leicht jemand... Und in beiden Kampagnen sind Charaktere haarscharf an einem häßlichen Tod vorbeigeschrammt...

Beginnt man mit Einsteigern, zeigt sich bald, dass der eine oder andere Charakter in Richtung Archetyp tendiert, auch wenn der Spieler vielleicht noch gar nichts davon weiß.. Da ist es dann gut, den Charakter ein wenig in die Richtung zu steuern, indem man die Symbole des Archetypen betont ins Spiel einbaut.. Und wenn man dann dem Charakter ungefragt neue Kräfte gibt, dann macht der Spieler Augen... Dann kommt auch bald der Punkt, an dem man den Spieler ein wenig mehr über die Kosmologie und den Weg, den der Charakter gerade einschlägt, erzählen kann.

Zu Adepten im Spiel kann ich nur sagen: It's Rock'n'Roll and I like it. Meine erste Kampagne bestand aus 3 Adepten und 1 Avatarin... Und die Adepten machen mir immer noch Angst (und der Avatarin der Fliegenden Frau möchte ich echt nicht im Wege stehen), da sie auf den ersten Blick normal anmuten, aber man schnell merkt, dass die echt nicht geistig gesund sind: Der Personamant, der seine Persönlichkeit öfter als seine Klamotten wechselt und der bewusst seine eigenen Überzeugungen zerstört, um an Magie zu kommen, der Punk und Chaosmagier, der mit seinem Leben umging, als ob er noch neun andere Bonusleben hätte und am allerallerschlimmsten die Amoromantin, die jeden um den Finger gewickelt hat und eine brennende Spur aus absichtlich gebrochenen Herzen hinter sich gezogen hat. Und jetzt ist die durch das Haus der Renunziation gegangen und kümmert sich nun um Herzensangelegenheiten in Afghanistan... Das wird dem Land nicht mehr Frieden bringen...

Interessanterweise hat sich bei uns nie die Frage nach Spielbalance gestellt. Es kann zwar sein, dass Adepten und Avatare so viel mächtiger als Normalos sind, aber das hat sich bei uns nicht gezeigt. Der Preis, den diese Magier für ihre Kräfte zu zahlen haben, ist so hoch, das sie dass auch wieder anfällig und angreifbar macht.

Und dennoch: Alle meine Kampagnen hatten durchweg eine positive Grundstimmung... Die Charaktere waren glücklich (und die Spieler auch), sie haben sich gefürchtet, gehasst, geliebt - und sie waren jemand und konnten etwas erreichen... Alles erreichen, was sie wollten... Aber bei vielen Sachen war ihnen der Preis dann erstmal zu hoch...

Und so steht der Heilige Gral bei ihnen irgendwo in einem Bierkasten, landete der C64 aus dem Geisterstimmen sprachen auf einer Müllkippe und verbrannte der Humunkulus im Feuer eines Hauses...

Aber der okkulte Hausmeister erscheint manchmal wie ein Cowboy, der Rechtsanwalt hat zwei Gesichter und der rationale Polizeipsychologie ist davon überzeugt, dass unsere gesamte Weltgeschichte auf Atlantis zurückgeht... Irgendeine Erklärung braucht doch jeder...

UA spielt sich dann am besten, wenn die Spieler das SPiel in die Hand nehmen.. Klar, als SL sorgt man dafür, dass es Plots und NSCs gibt, aber die Spielercharaktere sollten sich auf ihre Pläne konzentrieren und nicht auf die Machenschaften anderer... Bis zu dem Moment, das man sich in die Quere kommt... Und dann fliegen die Fetzen...

Obwohl UA ein Horror oder Mystery-Spiel ist, gibt es verhältnismäßig viel zu lachen - auch weil es gerade nicht diese ganz düstere Perspektive hat wie Kult oder die Welt der Dunkelheit... Es ist halt nur(?) unsere "wackere neue Welt, die solche Menschen trägt", wie es in Shakespares "Der Sturm" heißt... Aber diese Welt hat immer noch die besten Geschichten hervorgebracht...
 
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