[Unknown Armies] Amerika

Re: Amerika

Jestocost schrieb:
Willkommen in der Postmoderne. UA fängt neben den ethnischen Ideen, wie sie Bücherwurm beschrieben hat, aber auch sehr stark Elemente der Popkultur ein und schafft daraus etwas sehr interessantes.

Aber auch wir haben dieses kulturelle Stückwerk - schau einfach mal in eine typische linke, etwas esoterische Familie rein - dann hast du deinen indianischen Animismus neben Buddhismus, Schamanismus plus eine heftige Dosis Theosophie...
Naja, das sind doch nur Ausnahme Randerscheinungen - die in Teilen auf den amerikanischen Einfluß zurückzuführen sind.

Die Postmoderne als Auflösung der Identität im eigentlichen, psychologischen Sinne mag zwar eine Rolle in Europa spielen, aber als Ausdruck einer hybriden Mythologie ist sie wohl eindeutig zu vernachlässigen.

In der Tat würde ich bei einem Setting in Deutschland sehr viel stärker auf Geheimbünde und Geheimlehren eingehen. Drängt sich dies doch ob solcher Gestalten wie der Freimaurer, der Rosenkreuzer, der Tempelritter aber auch der Thule-Gesellschaft und des "Orders of the Golden Dawn" eindeutig auf.

Mal ganz zu schweigen von so seltsamen Gestalten wie Adam Weishaupt, dem Comte de Saint-Germaine und Richard Wagner - bei denen es sich eigentlich um europäische Gestalten handelt, die aber in Teilen Eingang in die amerikanische Popkultur gefunden haben.

Bis dann, Bücherwurm
 
Re: Amerika

In Wahrheit ist alles noch viel schlimmer: Eine der Anführerinnen der Universalen Kirche, aus denen der Wahre Orden von St. Germain hervorging, ging 1912 oder so in die Schweiz und machte bei den Anthroposophen unter Steiner mit...

Und Raelianer stammen doch aus Frankreich... Und wenn man dann noch an die Gläubigen Jedi in England denkt - dann bekommt man genügend irres Material her...

Und die meisten europäischen Kulte werden halt alles andere als magisch sein - vielleicht hatten sie früher mal Macht oder besaßen ein paar coole Rituale, aber seit den 70ern und der Studentenrevolte dürfen sie ziemlich verarscht sein... In der Schweiz und in Österreich sieht's vielleicht noch besser aus... Ja, ja, die Todesmagier von Wien oder so...

Ich will nur nicht, dass UA Cthulhu auf Drogen wird oder so... Aber das ein Lanz von Liebenfels mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit Kliomant war (wenn auch kein besonders guter), dann leuchtet wohl ein... Und auch Yeats mit seinen Versuchen der Celtic Renaissance könnte interessant sein... Vielleicht auch ein großangelegter Versuch, die Vergangenheit umzuschreiben (hat jemand etwas von uralten piktischen Ritualen gesagt? Und hat die vielleicht Mel Gibson wiedergefunden, die er nun als Cinemant und Chris für seine "Passion" eingesetzt hat?

Fragen über Fragen. Fnord.
 
Re: Amerika

Ja, genau. Fnord.

Öhm, was ich da als UA-Uninformierter herauslese, ist, daß UA augenscheinlich ein Illuminatus!-Klon mit ein wenig persönlichem Horror oder so ist. Eine ordentliche Portion Verschwörungstheorie nach Col. Sander's Art und etwas US-postmoderne Versatzstücke, garniert mit etwas "Magie und Macht"-Fragestellungen. Dazu werden Urban Legends mit Preißelbeersoße gereicht.

Also wenn das nicht satt amerikanisch-poppig ist, was dann? Ich meine, Gerüchte gibt es auch hier, aber die für plausibel gehaltenen, quasi-religiös geglaubten "Urban Legends" sind eine amerikanische Sache.

Geheimgesellschaften gibt es auch hier - schon lange und ziemlich viele. Aber diese in die typische US-Verschwörungstheorie-Paranoia einzubetten wie in Illuminatus! ist ziemlich USofA.

Ich bin ja sehr neugierig auf UA. Mir haben die UA-Fans in meinem Umfeld schon den Mund wäßrig gemacht. Ich werde demnächst auch endlich mal Gelegenheit haben, UA im aktiven Spiel zu erleben.

Aber, mir war nicht klar, daß UA nur eine GURPS Illuminatus! Variante ohne GURPS ist.

Wie sagt man in den guten alten Eastern immer so: "Meister, ich bitte um Belehrung."
 
Re: Amerika

Ich bin ja sehr neugierig auf UA.

Geht mir ganz genau so! Es gibt kein Spiel auf das ich monatelang mit wachsender Spannung gewartet habe und keines, das ich so gerne endlich in den Händen halten würden. (Ihr wisst gar nicht wie schwer es dann ist, sich ständig dazu überreden nicht einfach die amerikanische Ausgabe zu kaufen...).

Zunächst einmal: Wie gesagt kenne ich UA auch nicht, bilde mir aber ein, durch das engagierte Stöbern in Rezensionen, Kurzvorstellungen, der amerikanischen Website, des offiziellen Forums und dieses Forums einen einigermaßen guten Überblick darüber verschafft zu haben, worum es in dem Spiel geht.
Also sind alle Ansichten ohne Gewähr. ;)

Also wenn das nicht satt amerikanisch-poppig ist, was dann?

Jep, UA ist durch und durch amerikanisch, das wird niemand bestreiten. Ich hingegen glaube, gerade das macht zum Teil den Reiz dieses Spieles aus.
Wie du schon richtig gesagt hast ist die Verschwörungstheorieparanoia etwas durch und durch amerikanisches, was das Konzept von Geheimgesellschaften und -bünden auf ganze im Untergrund existierende Gegenkulturen ausweitet.
(bestes Beispiel hierfür: Die Versteigerung von No.49, Thomas Pynchon: Die absolute Bedeutungslosigkeit des Umstandes ob die jahrhundertealte Gegenverschwörung(die ironischerweise aus Europa importiert wurde) tatsächlich existiert.)

Oder die rücksichtslose Verquickung von Mythen die zunächst nichts miteinander zu tun haben, bevor sie dem Meltingpot of Nations und seiner Popkultur zum Opfer fallen und zu etwas neuem verschmelzen...

Oder die Ansicht, das Handeln des Individuums werde durch individuelle Entscheidungen ebenso beeinflusst wie durch kulturelle Muster...

Oder Urban Legends, Trash, Sex, Drugs & Rock'n'Roll...

Viele dieser Dinge sind fast explizit amerikanisch und wirken in Europa zumindest fehl am Platz.
Klar könnte man das alles 'europärisieren'(was wiederum die Gefahr birgt, dass es sich zu weit der Alltagswelt annähert), aber würde man dann nicht einiges verlieren? Ist nicht gerade das, was das Spiel ausmacht?

-Eddie, ebenfalls auf Belehrung wartend :)
 
Re: Amerika

NiceGuyEddie schrieb:
Viele dieser Dinge sind fast explizit amerikanisch und wirken in Europa zumindest fehl am Platz.
Klar könnte man das alles 'europäisieren' [...], aber würde man dann nicht einiges verlieren? Ist nicht gerade das, was das Spiel ausmacht?
Wenn es um US-Rollenspiele/Settings geht, die in unserer aktuellen Zeit oder einer recht nahen Zukunft/Vergangenheit angesiedelt sind, dann habe ich eigentlich immer die Bedenken, daß sie nicht gut auf europäische Verhältnisse bzw. genauer auf deutsche Verhältnisse transportierbar sind.

Bei Cthulhu hatte man sich ja alle Mühe gegeben eine adäquate Deutschland-Adaption vorzunehmen, wobei diese m.E. nicht mehr das typische Neu-England-Muffigkeits-Feeling des ursprünglichen CoC-Settings hat (zumal m.E. in Deutschland in den 20er/30er Jahren um einiges mehr sozialer Tumult herrschte, als in den meist recht verschlafen geschilderten Lovecraftschen Biederbürgerstädtchen).

Ich hätte auch gewisse Bedenken, daß sich eine Verschiebung des Fokus und vor allem des Stils, in dem im Europa-Setting gespielt wird, auch bei UA kaum vermeiden läßt.

Wir sind zwar ziemlich amerikanisch beeinflußt mit den typischen Versatzstücken wie Hamburger-Ketten, Football und Cheerleaders, Halloween, etc. Aber diese sind als "Importe" nicht so tief verankert, nicht so selbstverständlich wie unsere Curry-Wurst-Buden, Fußball und Schlägereien, Fasnet/Karneval/Fasching, etc. - Und manches können wir hier überhaupt nicht nachvollziehen, wie z.B. daß alle Mädchen auf der High School darum ringen "popular" zu sein, wobei damit was anderes als populär gemeint ist. Oder wie selbstverständlich für den Durchschnittsamerikaner Schußwaffen sind. Usw.

Dann haben wir hier etwas, was es in den USA so nicht gibt: man kann dreimal lang hinfallen und hat drei ECHTE Staatsgrenzen (also zwischen verschiedenen Nationen) überquert. Europa ist ein kulturell immer noch in einzelne, unterscheidbare Regionen separierter Siedlungsraum, während die USA eher eine feingranulare Mischung aus Allem mit Allem (wie beim Döner ;) ) darstellen.

Daher erwarte ich zumindest von jenen hier im Forum, die UA im Original schon kennen, sobald sie die deutsche Ausgabe erlebt haben, mal eine Bewertung, ob diese deutsche Ausgabe das gleiche Feeling rüberbringt, was die "schon-lange-UA-Fans" an der US-Version begeistert hat.
 
Re: Amerika

Wie heißt es im UA Regelwerk: Und immer kommt irgendwer mit den verdammten Illuminaten an...

Aber es läuft dann eher schon in Richtung: Quentin Tarrantino verfilmt die Illuminatus-Trilogie...
 
Re: Amerika

Geht's nicht auch mal ohne Illuminaten? Oder ist das inzwischen ein genrebestimmendes Versatzstück in Verschwörungssettings, so wie S.P.E.C.T.R.E. für James Bond Stories, oder wie Drachen für die Fantasy?
 
Re: Amerika

In UA geht es doch eigentlich nicht um weltumspannenden Verschwörungen, die um die Weltherrschaft buhlen, oder?
Wer sind die Sleeper denn schon? Mehr schein als sein.
TNI? Die privatarmee eines Multimillionärs, die mit wenig mehr als halbwissen und zu viel Geld durch den okkulten untergrund und okkulten Mainstream stolpert.

Bei UA geht es doch mehr um das Individuum, bzw. die Spielergruppe. Klar, die wissen mehr als andere Menschen, sind also in gewisser Weise "verschwörer", jedoch nicht im Sinne von GURPS Illuminati (welches ein tolles Buch ist, btw).

Und zumindest ich hatte nie ein problem, UA nach Europa zu portieren. Die Avatare sind allgemeinkonzepte, die im europaischen Kulturkreis genauso greifen wie im amerikanischen, ebenso die meissten Magieschulen.

Ähnlich wie Bücherwurm sehe ich in meinem UA-Europa verschiedene der alteingessenen Geheimbünde, ähnlich wie Jestocost glaube ich, das die wenigsten von denen aber wirklich ahnung vom okkulten Untergrund haben.
 
Re: Amerika

Kurzer Einwurf:

Was ist denn schlimm daran, daß UA ein uramerikanisches Spiel ist? Solange es sich problemlos nach Europa übertragen läßt (was es tut), sehe ich darin kein Problem.

Ich kann doch als Europäer auch einen ur-amerikanischen Film (wie "Der mit dem Wolf tanzt" oder "Pulp Fiction" [was Genre, Machart, Charaktere und Thematiken angeht]) sehen und trotzdem gut finden.

Bis dann, Bücherwurm
 
Re: Amerika

Ich sehe gar keinen SO grossen Unterschied zwischen den USA und Deutschland, was die Popkultur angeht. Ein grosser Teil der zeitgenössischen Mythen sind doch global, oder? Und einige Dinge, die wirklich spezifisch US-amerikanisch sind, lassen sich ganz gut transportieren, wenn man mit der UA-Denke an ähnliche Sachen in Deutschland herangeht. Der "urban horror" von UA beschäftigt sich auf spielerische Weise mit den Bedingungen des Lebens unter den Verhältnissen der Gegenwart - sagen wir mal, unter postmodernen Verhältnissen, ja? Verstädterung, ethnische Konflikte, Geschlechterbilder, kurz: Bewegung von Kapital, Menschen und Ideen rund um den Globus + die Frage, woraus sich dann unsere Identität zusammensetzt und alle Verunsicherungen, die damit einhergehen. Findest du in Deutschland genau so. "Garden Full of Weeds", ein Abenteuer, bei dem es um Rassismus geht, bezieht sich eben auf einen US-Slum, Afroamerikaner und Hispanics, den Ku-Klux-Klan...was wär das in Deutschland? Berlin-Neukölln, der Kalif von Köln, Festung Europa, Neonazis ? Die Themen sind schon ähnlich, aber man muss sich halt fragen, wie das bei "uns" aussehen würde, und Entsprechungen für manche Blder finden, die deutsche SpelerInnen besser verstehen.
 
Re: Amerika

Bücherwurm schrieb:
Kurzer Einwurf:
Was ist denn schlimm daran, daß UA ein uramerikanisches Spiel ist? Solange es sich problemlos nach Europa übertragen läßt (was es tut), sehe ich darin kein Problem.

Das meinte ich ja. Die Frage ist jetzt, ob das wirklich so einfach ist. Klar, Pulp-Fiction finden auch Europäer gut, aber hätte Pulp-Fiction auch genau so gut in Europa spielen können?

Ich denke schon. Ja, wjassula hat mich überzeugt. :)
 
Re: Amerika

Hmm, dass Pulp Fiction auch einfach so in Europa hätte spielen können, glaube ich nun wieder nicht. Aber ich hatte zumindest keine Probleme, den Film zu verstehen, und unter Umständen hätte auch eine deutsche Produktionsfirma einen Film machen können, der in Amerika spielt und ein ähnliches Flair verbreitet. Identität ist ja nicht (nur)an Orte gebunden.

Auch wenn Amerika als Schauplatz seine Besonderheiten hat, ist es doch ein Schauplatz, der auch uns verfügbar ist. Genau so wie uns die Klischees des Gangster-Genres oder die Stereotypen des Splatter-Movies zu Verfügung stehen, steht uns auch "Nordamerika" als Ansammlung von Bildern, Fantasien und Meinungen zur Verfügung. Es ist vielleicht nicht das REALE Nordamerika, oder das Nordamerika, das dessen Einwohner kennen, aber darum geht es ja auch nicht. Es geht ja grade um einen "imaginären Raum" namens Nordamerika, und da glaube ich echt nicht an einen "Wesenunterschied" der irgendwie "Europäer" da draussen hält (ich könnte übrigens genau so schwer sagen,was "Europa" ist, wie was "Amerika" ist). Als Amerikanist würde ich sogar behaupten, dass "Amerika" als neue Welt immer schon zu einem ziemlich grossen Teil ein Traum Europas gewesen ist, und dass die Vorstellung, "Amerika" sei so ganz anders - positiv oder negativ gedreht - auch bloss ein Teil dieser Fantasie ist....führt jetzt aber ein bisschen weit.

Wichtig für UA finde ich eher, dass die meisten SpielerInnen "Deuschland" aus eigener Erfahrung kennen, "Amerika" aber nur mittelbar (Bücher, Filme, Fantasien). Das Spielgefühl wird sich also unterscheiden. Deshalb setze ich als Spielleitung "Amerika" als Hintergundfolie für Kampagnen ein, in denen die Spieler von Anfang an eher im Reich des Vorgestellten und Ungewöhnlichen arbeiten, also Eingeweihtenkampagnen. "Deutschland" dient als Hintergrund, wenn es darum geht, das Vertraute Stück für Stück hinter sich zu lassen, also für Einsteigerkampagnen.
 
Re: Amerika

Die "Popkultur" ist ja nicht der gesamte kulturelle Hintergrund. Und auch wenn sich Ähnlichkeiten in der Popkultur nicht abstreiten lassen, so sind wir hier doch immer noch in Europa. Wem nicht klar ist, wie anders das wirklich ist, der braucht nur mal ein paar US-Gäste, -Geschäftsleute, etc. für eine Weile hier zu beherrbergen. Da kommen die Unterschiede schon deutlich auf.

Aber, nicht daß ich hier mißverstanden werde: Ich behaupte nicht, daß ein US-geprägtes Setting schlecht ist, ich behaupte nicht, daß eine deutsche Umsetzung eines ursprünglich US-geprägten Settings schlecht sein muß, ich behaupte nicht, daß man eine analoge Umsetzung des Untergrund-Settings in Deutschland nicht hinbekäme.

Ganz im Gegenteil. Also mit US-Settings habe ich kein Problem und ich spiele z.B. im Angel-Rollenspiel möglichst fernsehklischeehaft amerikanisch. Ich spiele Western-Rollenspiele, ich esse Hamburger, ich mag Wrestling und ich schaue US-Serien in der Glotze. Das stellt also kein Problem dar.

Nicht zuletzt durch die UA-Threads hier im Forum bin ich inzwischen SEHR neugierig auf UA geworden egal ob in US- oder in D-Version.
 
Re: Amerika

@wjassula
Also moment mal, gerade als Amerikanist sollte Dir wohl durchaus bewußt sein, daß es da deutliche Unterschiede gibt.
Ziehen wir beispielsweise die Literatur als Spiegel der Gesellschaft heran:
angefangen bei der Jeremiade über den Captivity Narrative bis zur Lost Generation und dem Magischen Realismus - das alles sind uramerikanische Phänomene, die sich kaum nach Europa übertragen lassen. Bei Bedarf kann ich da auch gerne noch Filmbeispiele oder bestimmte historische Ereignisse ranziehen.

Nur weil viele Teile der amerikanischen Popkultur auch in Europa angenommen werden, heißt das ja noch lange nicht, daß sie vollkommen verstanden werden oder tatsächlich Teil der Kultur sind.

Desweiteren wäre ich doch sehr vorsichtig mit der Behauptung, daß die Amerikaner ein europäisches Erbe haben - das ist eine europäische Meinung, die viele Amerikaner so nicht wirklich hören wollen. Sie haben zwar deutsche Vorfahren, sehen sich selbst aber als Amerikaner nicht als Abklatsch der Euoropäer.
In Kanada mag die Sache anders liegen, aber das steht auf einem ganz anderen Blatt.

Die Amerikaner sind Teil des christlichen Abendlandes, aber mit ihren europäischen Wurzeln haben sie weniger gemein als man auf den ersten Blick denken mag.

@Zornhau
Ich kann mich Dir da eigentlich nur von ganzem Herzen anschließen.

Bis dann, Bücherwurm
 
Re: Amerika

Ich hoffe, es wird jetzt für die Mehrheit der Forumsteilnehmer nicht zu theoretisch. Bitte sagen, wenn's nervt., wenn Amerikanisten disputieren.

Die Jeremiade ist eine aus dem Puritanismus hervorgegangene Rede/Erzählform-alles wird immer schlimmer, und je mehr Gott uns straft, desdo mehr liebt er uns. Puritaner kommen aus Europa nach Amerika und bringen ihre Sprechweisen mit - transnational.

Captivity narrative - "Weisse" werden von amerikanischen Ureinwanderern entführt. Stories, die nur in einem transnationalen Kontext entstehen können.

Magischer Realismus - würde ich eher in Südamerika verorten, aber na gut. Die USA haben ja enge Bindungen nach Mittelamerika und immer mal wieder auch ein Kolonialreich da... Spuren des magischen Realismus finden sich ja auch in der afroamerikanischen Literatur, die wie der Name schon sagt, vor dem Hintergrund des Kolonialismus gelesen werden muss. Transnational, too.

Lost Generation - Die haben doch alle im WWI gekämpft, und mussten danach nach Spanien, um Stierkämpfe auszufechten, oder? Transnationaler geht's nicht.

Klar ist das alles typisch "amerikanisch", und amerikanisch heisst eben: (Post)kolonial, transnational, transkulturell. Die Texte Amerikas sind ja gradezu das Ergebnis der Auflösung des Zusammenhanges zwsichen Staat, Kultur und Nation. Melting pot-Theorie war vor 50 Jahren, oder?

@europäischer Wurzeln: Ja, und "indianische", afrikanische, asiatische, russische, arabische...öhm, eigentlich von überall her. Die USA sind ja nicht (und waren nie) in erster Linie "weiss"-europäisch geprägt.

@Teil des christlichen Abendlandes: Wasn das? Gibt's das noch?

@Popkultur als "Teil der Kultur" und "verstanden werden": Popmusik ist nicht Teil der deutschen Kultur? Wird nicht verstanden? Hollywood-Filme? Fernsehserien? Jeans? Nicht deutsch? Wird in Deutschland geguckt/getragen, geliebt, Leute träumen von den Stars, spielen Rollenspiele die darauf basieren...wie kann das nicht Teil der deutschen Kultur sein? Dass Elemente der Popkultur in Deutschland anders gelesen werden als im Ursprungsort "USA" kann schon sein. Aber das heisst ja nicht, dass man sie "falsch" versteht. Kultur wälzt sich doch durch produktive MIssverständnisse fort, oder? Wo sind denn die Wurzeln des Jazz: In den USA? In Afrika? In Frankreich, das New Orleans möglich machte? In Deutschland, wo Bix Beiderbecke herstammt? Die Frage nach der "Echtheit" finde ich überflüssig, weil nicht zu beantworten. Jazz, um bei dem Beispiel zu bleiben, ist ja nicht mal in Amerika "echt", sondern ein Hybrid, und das bleibt/wird er auch in Deutschland.

Also: Unterschiede zwischen USA und Deutschland? Klar, jede Menge. Aber diese Argumentation, es gebe ein klar abgrenzbares "Amerika", das dem Deitschen an sich irgendwie wesensfremd wäre, das mag ich so nicht stehen lassen.

:prof: ;).
 
Re: Amerika

Um einer Diskussion darüber, ob Deutschland sich als Bundesstaat der USofA qualifizieren kann, vorzubeugen hier noch einmal die eigentliche Frage für diesen Thread:
blut_und_glas schrieb:
Eine Behauptung, die eigentlich regelmäßig über Unknown Armies aufgestellt wird - etwas, dass auch ich schon getan habe - ist, dass das Spiel durch und durch amerikanisch sei. Dass es eine Qualität besitzt, die sich nur mit diesem Wort amerikanisch beschreiben lässt.
Aber warum eigentlich? Was ist genau der Grund, die Gründe, dafür, dass man versucht ist Unknown Armies so deutlich geographisch einzuordnen?

mfG
jdw
Da ich von mehreren UA-Fans im hiesigen Umfeld die gleiche Ansicht vernommen habe, daß UA eine "amerikanische" Qualität besitzt, würde mich jetzt schon von den UA-Kennern mal etwas dazu interessieren.

Wenn ihr UA bereits kennt, dann ja zwangsläufig in der US-Version (außer ihr seid direkt selbst an der Übersetzung beteiligt ;)).

Was aus eurer UA-Kenntnis meint Ihr, könnte diese Aussage mit der "amerikanischen" Qualität begründen?

Mir geht es nicht um "amerikanisch = gut" oder "amerikanisch = böse", sondern nur darum, an welchen Aspekten des UA-Spielhintergrunds oder der Spielweise man auf diesen Gedanken kommen könnte (selbst wenn ihr ihn euch nicht zu eigen macht).

@wjassula: Mir bringt die theoretische Amerkanistik-Diskussion leider nicht soviel. Die ursprüngliche Frage hingegen interessiert mich schon sehr.
 
Re: Amerika

@Zornhau: Dachte ich mir schon. Verwirrt wahrscheinlich eher, als dass es jemandem hilft. Also soll das jetzt von meiner Seite auch gewesen sein.

O.k....typisch amerikanisch? Ich denke da vor allem an eine Verknüpfung mit der amerikanischen Gegenwart und Themen wie Rassismus, religiöser Fanatismus, Sex, Drogen, Gewalt und Selbstjustiz vor diesem Hintergrund. Dazu eine Umsetzung, die sich von der Stimmung her oft an Gangsterfilmen und Thriller/Horrorliteratur orientiert, mit der vor allem US-Autoren berühmt geworden sind. James Ellroy (L.A. Confidential), Pulp Fiction, Stephen King, Brad Easton Ellis (American Psycho), William Burroughs (Naked Lunch) und David Lynch (Twin Peaks usw.). Von daher kommen recht drastische Gewaltdarstellungen, möglicherweise die starke Betonung der individuellen Verantwortung/Schuld und generell die Technik, innere Vorgänge anhand von äußeren Ereignissen darzustellen - also Grosstadtdschungel als Bild für psychologisches Durcheinander zum Beispiel.
 
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