Rezension The Legend of Zelda - Oracle of Ages [B!-Rezi]

Little Indian #5

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The Legend of Zelda - Oracle of Ages


Durch einen Trick bringt die böse Zauberin Veran den jungen Ritter Link dazu, sie zu der Musikerin Nayru zu bringen, dem „Orakel der Zeit“. Dort übernimmt Veran den Körper des jungen Mädchens und benutzt Nayrus magische Kräfte dazu, in die Vergangenheit zu reisen, wo sie die Geschichte verändern will, um aus dem friedlichen Land Labrynna ein von Unruhen zerrüttetes Reich der Finsternis zu erschaffen.
Das kann ein junger Held wie Link natürlich nicht so einfach zulassen: Mit Hilfe von Nayrus magischer Harfe gelingt es ihm, ebenfalls in die Vergangenheit zu reisen, wo er die Pläne von Veran/Nayru durchkreuzen will. Diese hat dort inzwischen das Vertrauen von Königin Ambi gewonnen, die sie dazu überredet hat, einen Turm bis in den Himmel zu bauen, um so Unsterblichkeit zu erlangen. Tatsächlich hofft Veran/Nayru, dass Ambis Volk die Sklavenarbeit, die es für den Turmbau leisten muss, so sehr erzürnt, dass es gegen die Königin rebelliert.
In der Vergangenheit trifft Link auf den Ritter Raven, der sich als ein Vorfahr Links herausstellt. Die beiden verbünden sich, um den Frieden im Labrynna der Vergangenheit (und damit die Harmonie im zukünftigen Labrynna) zu sichern. Bei ihrem Plan erhalten sie unerwartet Hilfe von einem alten Verehrer Königin Ambis und Nayrus Jugendfreund Ralph…

Die Legend of Zelda-Videospielreihe, deren verschiedene Titel seit 1986 auf praktisch allen Nintendo-Konsolen erschienen sind, ist fast ebenso ein Markenzeichen des japanischen Videospiel-Konzerns geworden wie die Spiele mit dem pummeligen Klempner Mario. Die Action-Adventures um den jungen, zipfelbemützten Helden Link haben nicht nur Verkaufsrekorde gebrochen, sondern auch Maßstäbe dafür gesetzt, was in Videospielen machbar ist.

Der Comic The Legend of Zelda – Oracle of Ages ist eine Adaption des gleichnamigen Gameboy-Spiels aus dem Jahre 2001. Die Story folgt dementsprechend – mehr oder weniger – derjenigen des Spieles, wobei natürlich einige Änderungen unumgänglich waren, um den Transport in ein anderes Medium bewerkstelligen zu können. Dennoch werden begeisterte Spieler des Handheld-Games wesentliche Elemente und Begegnungen wiedererkennen.

Die Story beginnt dabei etwas sprunghaft und wechselt innerhalb der ersten drei Kapitel von Lynna-Stadt (der Hauptstadt Labrynnas) in Nayrus magischen Wald und dann ins Labrynna der Vergangenheit. Dort erst kehrt ein wenig Ruhe ein, nachdem Link von Raven erst im Namen Königin Ambis verhaftet und dann wieder befreit wird. Auch setzt die Einleitung viele Hintergrundkenntnisse hinsichtlich der beteiligten Personen, ihrer Beziehungen, und einzelner Story-Elemente wie etwa der Natur des Triforce voraus. Diese mögen für die Leser der Vorgänger-Bände (Tokyopop ordnet Oracle of Ages als Band 5 der Legend of Zelda-Reihe ein) oder Spieler der Videospiele wohl selbstverständlich sein, einem Quereinsteiger macht dies den Einstieg aber zunächst einmal schwer. Glücklicherweise wird Link ja kurz darauf durch die Zeitreise aus seinem bisherigen Universum herausgerissen, sodass es jetzt kaum noch schadet, wenn man – wie der Rezensent – als völliger Neuling im Zelda-Universum unterwegs ist.
Dabei merkt man der Geschichte gar nicht so sehr an, dass sie durch ein Videospiel inspiriert wurde. Link muss natürlich immer wieder Aufgaben erfüllen, die für Action-Adventures typisch sind (aus einem Gefängnis fliehen – sogar zweimal –, Gegenstände suchen oder zu einem bestimmen Ort bringen und gegen Zwischen- und Endgegner kämpfen), aber solche Elemente gibt es ja auch in Pen & Paper-Rollenspielabenteuern oder einschlägigen Romanen. Das Ganze verbindet sich sogar zu einer relativ harmonischen Handlung. Lediglich ein kurzer Abstecher auf ein Piratenschiff voller Skelettpiraten wirkt etwas deplatziert und könnte den Verdacht erwecken, er sei durch den aktuellen Erfolg einer gewissen Piratenfilm-Reihe inspiriert, wenn er nicht schon im Original-Spiel vorhanden gewesen wäre.

Die Hauptfiguren Link und Veran sind leider stereotyp und ziemlich uninteressant: Link ist ein gutherziger, wenn auch manchmal etwas tollpatschiger Held und Veran eine bitterböse Antagonistin, die einfach nur deshalb ein „Reich des Streits“ erschaffen will, weil ihr ein harmonisches Labrynna zu langweilig ist. Da sag‘ noch mal einer, heutige Schurken hätten keine nachvollziehbaren Motivationen… Erstaunlicherweise sind die Nebenfiguren vielschichtiger gezeichnet und dürfen sogar einiges an Charakterentwicklung durchlaufen: Königin Ambi, die nicht wirklich böse ist, sondern sich nur von Veran/Nayru zu einem größenwahnsinnigen Vorhaben verführen lässt und später geläutert ihren Fehler erkennt; Ralph, der aus Zuneigung zu Nayru große Risiken auf sich nimmt, andererseits aber ein Großmaul und ein ebenso großes Trampel wie Link ist; oder der Skelettkapitän, der seine Gäste/Gefangenen stets höflich behandelt, eigentlich nur Gesellschaft haben will weil er sich einsam fühlt und dann doch Reue empfindet als er erkennt, dass Link und Ralph nicht bei ihm bleiben können, weil sie im Gegensatz zu ihm nicht unsterblich sind. Allerdings sind diese drei Charaktere – zusammen mit Raven – auch so ziemlich alles an nennenswerten Nebenfiguren auf den ganzen 192 Seiten. Alle anderen halbwegs interessanten Personen tauchen nur in wenigen Panels auf (wie die kleine Roperi oder der greise Anführer der Rebellen) oder werden plötzlich fallen gelassen (wie Links Freundin Impa).

Die Zeichnungen Akira Himekawas sind mit klarem Strich und ohne große künstlerische Ambitionen gezeichnet, was aber wohl auch der Vorlage geschuldet ist und hervorragend zum Inhalt passt. Immerhin lässt es sich der Zeichner nicht nehmen, immer wieder – soweit möglich – originelle und exotische Schauplätze zumindest in sehenswertes Splash-Panels darzustellen. Etwas ärgerlich ist allerdings, dass Links Reise in die Vergangenheit nur sehr schlecht zu erkennen ist. Das Labrynna der Vergangenheit unterscheidet sich optisch nur wenig von dem der Gegenwart. Hier hätte man etwa durch deutlich andere Kleidung oder einen wesentlich veränderten Architekturstil das Zeitreiseelement dem Leser etwas deutlicher vor Augen führen können.

Für das vom Verlag angesprochene jugendliche Publikum (Tokyopop gibt das empfohlene Alter mit „ab 10 Jahren“ an) ist The Legend of Zelda – Oracle of Ages sicherlich eine kurzweilige Unterhaltung. Für noch jüngere Leser ist die Geschichte mit ihren zahlreichen Zeit- und Ortssprüngen und den wiederholten Körperwechseln Verans vielleicht etwas verwirrend; außerdem tauchen gegen Ende auch einige unheimliche Monster auf und es geht insgesamt doch ziemlich ruppig zur Sache. Für diejenigen, die noch mit verklärtem Blick an die Zeit zurückdenken, in der sie Oracle of Ages auf ihrem Gameboy gespielt haben, ist dieser Comic zum Spiel sicherlich Anlass für eine sentimentale Reise in die Vergangenheit. Alle anderen, insbesondere diejenigen, die bisher mit dem Zelda-Universum wenig zu tun hatten, werden durch Oracle of Ages sicher nicht bekehrt werden und tun gut daran, sich ihr Geld für Lesestoff zu sparen, der ihrem persönlichen Geschmack eher entgegen kommt.

Nutzen für Rollenspieler: Gering
Zeitreisen als solche sind ein hervorragender Aufhänger für eine vielseitige Rollenspielkampagne und haben nicht zuletzt deshalb auch schon als Aufhänger für diverse Rollenspielprodukte herhalten müssen – etwa für das Dr. Who-Rollenspiel, das gerade neu aufgelegt wurde.
Will man auf dieses Thema zurückgreifen, ist man aber gut beraten, die gesamte Kampagne von Anfang an hierauf auszurichten. Zeitreise als Storyelement in einen bereits etablierten Fantasy-Hintergrund zu integrieren, wie es The Legend of Zelda – Oracle of Ages tut, ist hingegen in der Regel eher keine besonders gute Idee. Das Rollenspiel vor einem Fantasy-Hintergrund ist für den Spieler ja sowieso immer mit einer (mentalen) Zeitreise verbunden, da er einen Charakter darstellt, der in einer für den Spieler fremdartigen Zeit lebt. Diesen Charakter aber nun wiederum in eine für ihn fremde Zeit zu versetzen führt zu einer so komplexen Aufhäufung von Anachronismen, dass es den Spieler eher verwirren als faszinieren dürfte. Insofern liefert dieser Band wohl nur wenig, dass man für eigene Abenteuer verwerten könnte.Den Artikel im Blog lesen
 
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