Ich hab gerade die Avengers für Savage Worlds (Superpowers-Kompendium) nachgebaut und bin mit den X-Men beschäftigt.
Ich werde heute Abend mal hochstellen was ich schon fertig habe.
Ich finde MHR auch wirklich cool, aber der Spielstiel ist imho ein ganz anderer, viel narrativer.
Hat beides seinen Reiz.
Ich bin ja mal auf die Spielwerte gespannt.
Wenn ich mir überlege, wie krass ausgemaxt Thor oder der Hulk in SW-Spielwerten aussehen müßten, während z.B. Black Widow als Novice Rank, Null XP, Charakter komplett vollständig beschrieben ist, bekommt das Thema "Spielbalance" ganz neue Dimensionen.
Solange Spieler keine Probleme damit haben einen Charakter zu spielen, der wirklich KRASS WENIGER kompetent als andere Charaktere in derselben Gruppe ist, geht das alles schon klar. - Aber es ist halt so, daß auch das SW-Superpowers-Companion versucht eine Art "linearer Skala" an Kompetenz aufzuspannen, auf der die Charaktere mit wirklich mächtigen Superpowers am oberen (eigentlich nach oben offenen) Rand zu finden sind, und die Charaktere mit eher gering übernatürlichen Fähigkeiten deutlich weiter unten rangieren.
Man kann z.B. nicht den Hulk und Black Widow mit denselben XP nach Superpowers Companion bauen. Dadurch würde man entweder den Hulk als "generfte Mini-Version" bekommen, oder aus Black Widow einen Charakter machen, der so ultrakompetent ist, daß man sich fragt, ob nicht alle SHIELD-Agenten dann auch auf diesem XP-Niveau angesiedelt werden müßten. - So oder so paßt eine linear Skala überhaupt nicht, finde ich.
Der Versuch auf diese Art Superhelden von KRASS unterschiedlichem Power-Niveau abzubilden, führt zu dem Punkt, der mir zumindest seit FASERIP-Zeiten Superhelden-Rollenspiele ziemlich unattraktiv gemacht hat: Einer spielt den BMX-Bandit, der andere den Angel-Summoner.
Bei MHR ist dieses Problem komplett ausgeräumt. Die Spielwerte stellen eben KEINE "objektive Kompetenz-Skala" dar, sondern bilden Einflußmöglichkeiten auf die Story ab.
Hohe MHR-Spielwerte (die W12-Eigenschaften) bedeuten, daß die Einflußmöglichkeiten auf die Story stärker entlang der wohldefinierten Charaktereigenschaften erfolgen müssen (der Cap nimmt seinen Schild, weil er den immer nimmt).
Niedrige MHR-Spielwerte (die W6- oder W8-Eigenschaften) bedeuten, daß die Einflußmöglichkeiten des Charakters oft ABSEITS der festgelegten Charaktereigenschaften über die freien Einflußnahmen mittels Plot-Points erfolgen (Black Widow läßt sich vom Cap zu einem der fliegenden Invasorengefährte hochschleudern und macht dort Dinge, die alle NICHT explizit als ihre "Powers" abgebildet sind - weil sie eben mehr Plot-Points generiert und so freier in der Wahl ihrer Problemlösungen ist).
Es ist nicht nur so, daß in MHR ein Charakter mit vielen W12-Eigenschaften "öfter Erfolg hat". Das ist tatsächlich nicht einmal so viel häufiger der Fall, wie man vielleicht meint, was daran liegt, daß die Opposition mit Plot-Points bzw. Doom-Pool-Würfeln einfach mal MEHR Würfel ins Ergebnis reinziehen kann, als ein an Plot-Points armer W12-Charakter. Ein W12-Charakter generiert seltener Komplikationen. Und ein W12-Charakter hat weniger "sinnvolle" Optionen, wie er vorgehen soll.
Wenn man eine W12-Eigenschaft auf dem Charakterbogen hat, dann ist das die Eigenschaft, die man OFT einsetzen will. - Bei den W8-Charakteren ist es so, daß sie oft mehrere, gleichbewertete W8-Eigenschaften haben, was dazu führt, daß sie oft WECHSELN, welche ihrer Eigenschaften nun zum Tragen kommen soll. Und W8 oder auch W10 ist eine Dimension, in der auch die "nicht-übernatürlichen" Spezialfähigkeiten (die Fertigkeiten) noch mithalten können und die Auswahl und Kombinationsmöglichkeit erhöhen.
In dieser Hinsicht ist MHR schon SEHR TRICKREICH AUSBALANCIERT.
Wer nur auf die reinen Spielwerte schaut, der sieht nicht alles, der sieht nicht das NOTWENDIGE, um hier zu erkennen, wie MHR wirklich in puncto Spielerbeteiligung und Spielerbalance arbeitet.
Angel-Summoner und BMX-Bandit in MHR? Da haben BEIDE ihren Anteil an der Story und BEIDE ihre Herausforderungen und Erfolge!
Auch noch so starke W12-Powers haben Limits - und solche, die auch der Spieler ab und an SELBST aktivieren wird (der Cap verliert seinen Schild z.B.), um Plot-Points zu generieren. - Ein "Maximalwert-Charakter" nach MHR mag überall in den Superpowers seine W12 stehen haben. Aber dort stehen dann auch die LIMITS dieser Powers!
In MHR kann man die mindermächtigen der Young Avengers oder Runaways mit Hulk, Dr. Strange, Thor und anderen "Major Players" in derselben SC-Gruppe zusammen agieren lassen, ohne daß einer der Spieler ständig reingedrückt bekommt, daß sein Charakter "nichts drauf" hätte und er "mal den Wagen holen" muß, während die "eigentlichen Helden" kurz die Gegner aufmischen.
Das ist bei SW mit dem Superpowers Companion aber unvermeidbar. - Wenn man sich allein mal die X-Men anschaut, dann sind dort EXTREM kompetente Charaktere und solche, die über "gerade mal ab und zu 'nice to have'"-Fähigkeiten verfügen, unter einem Dach untergebracht.
Die "Comic-Realität" sieht ja so aus, daß ALLE Charaktere, die in einem Comic-Heft als Protagonisten auftauchen, auch ihren markanten Anteil an der Story haben werden. (Sonst wären sie nicht die Protagonisten.)
Aber Superhelden-Rollenspiele, die mit einer simulativen Macht-Skala arbeiten, DE-protagonisieren die "mindermächtigen" Charaktere bei den im Spiel erspielten Geschichten spürbar.
Da greift das gleiche Problem, wie bei z.B. D&D-Fantasy-Rollenspiel mit unterschiedlichen Charakter-Stufen: Ein oder zwei Charaktere auf Stufe 2 stinken völlig ab, wenn in derselben Gruppe ein oder zwei Charaktere der Stufe 18 vorkommen. Die Niedrigstufigen können weniger, halten weniger aus, sind schneller aus der Story draußen (= tot) und haben kaum Einflußnahme auf die Story, die von den Hochstufigen bestimmt wird.
Solche Skalen-Systeme, wie eben auch das SW-Superpowers-Companion-System, bringen derartige Einflußnahmeprobleme automatisch mit sich.
Marvel Heroic Roleplaying hingegen hat diese Probleme überhaupt nicht!