AW: Sich selber Spielen
Es gibt Runden in dennen Spielt man wegen seinen Charakter ...
... Und es gibt Runden in dennen man durchaus noch wegen des Abenteuers oder den geschichten Spielt.
Und es gibt Runden, in denen man wegen seiner Mitspieler spielt. Oder weil man neugierig ist. Oder betrunken. Oder alles zusammen. - Und was hat das nun mit dem Threadthema zu tun?
Meine Ursprüngliche Idee zu dem Threat war ja mehr das Was währe wenn Szenario ... eine frage die sich bestimmt schon mal jeder gestellt hat.
Garantiert NICHT JEDER.
Nicht die Person sondern nur das Leben zu tauschen anstelle von beiden wie in den meisten Szenarien.
DU SELBST bist das Produkt Deiner GESAMTEN VORGESCHICHTE. Deine aktuelle Persönlichkeit ist mit jeder Sekunde Deines Lebens geformt worden.
Wenn Du jetzt DU bleiben wolltest, aber in einem Setting, wo Du, so wie Du jetzt bist, zusammen mit Drachenjägern, Cyber-Freaks, Halblingen, Starship Trooper Grunts, oder Königlich Bayerischen Ulanenreitern agieren solltest, dann kannst Du nur GENAU EIN Szenario spielen: Heutiger Normalo wird in eine ihm fremde Welt versetzt, in welcher er sich nicht zurechtfindet, wo er nichtmal weiß, wie die Leute dort aufs Klo gehen, und wo er von Anfang an ein Sozialfall ist - oder, wenn sie dort mit Sozialfällen so umgehen, wie man das erwarten kann, eben bald tot sein wird.
Wenn Du jedoch DICH selbst EINGEBETTET in eine alternative Vorgeschichte spielen wolltest, dann hätte Dich die Vorgeschichte, Kindheit, Jugend, Erziehung, Erfahrungen etc. so beeinflußt, daß Du eben NICHT mehr DU SELBST aus der Realen Welt (tm) sein würdest, sondern ein Alter Ego, eine Person, eine ROLLE in einer Anderen Welt (tm).
Das nennt man dann Rollenspiel.
Man KANN niemals jemand WIRKLICH anderen spielen, als man selbst ist.
Man spielt immer sich selbst.
Das, was man seinen Freunden an Bild seines Selbst gibt, ist eine andere Rolle, als die, welche man für seine Vorgesetzten, seine Oma, seinen Briefträger gibt. - Und das sind nur die ganz natürlichen, meist ja ohne bewußtes Wollen gestalteten Verhaltens-Facetten.
Welche dieser Rollen soll man dann als MAN SELBST in einem Rollenspiel spielen? - Dazu müßte man sich selbst doch erst wesentlich mehr über sich selbst bewußt sein, um das entscheiden zu können.
Gerade an diesem Selbst-Bewußtsein hakt es aber.
Wenn man im Rollenspiel eine Rolle spielt, dann WILL man BEWUSST jemand anderen spielen, als man sich selbst bewußt ist. Doch sind die Wahlen, die Entscheidungen, die man in der Ausgestaltung und im Spiel seines Charakters trifft IMMER vom eigenen Selbst getroffen. Sie sind NICHT separate vom "Sich selber spielen".
Man spielt im Rollenspiel IMMER sich selbst.
Nur sich selbst mit anderer Vorgeschichte, in anderer Umgebung, mit anderen objektivierbaren Fähigkeiten (den Spielwerten).
In der realen Welt versuchen ja auch immer wieder gewisse Kreise "objektive" Kennzahlen (= Spielwerte) in das reale, alles andere als objektive Leben einzuführen (Kundenzufriedenheitsindex, Mitarbeiterbindungsindex, etc.), doch sind diese aussageleer und von systematischen Fehlannahmen der Möglichkeit einer Objektivität und Rationalität geprägt.
Doch hier wie dort (beim Versuch "Sich selber zu spielen") lügt man sich in die Tasche.
Du kannst genausowenig DICH selbst BEWUSST spielen, wie Du WIRKLICH jemanden aus einer Fantasywelt, der dort gezeugt wurde, aufgewachsen ist, sein bisheriges Leben dort genausolange oder länger als Du in der realen Welt verbracht hat, spielen kannst.
Man spielt immer sich selbst, und zwar IMMER EINE ROLLE. Eine Rolle, die immer FÜR irgendwen oder irgendwas - für einen Zweck - ausgestaltet ist. Das ist die Seite, die Facette des eigenen Selbst, die man dieser Richtung präsentiert. In einer anderen Richtung sieht man wieder völlig anders aus. Und in der Richtung "heroisches Fantasy-Rollenspiel" da zeigt man sich eben als der Heavy-Artillery-Magier, oder in der Richtung Sci-Fi-Rollenspiel als der lakonische Captain mit dem Herzen am rechten Fleck, oder in der Richtung Horror-Rollenspiel als das jämmerliche Häufchen Elend, welches "Schlimme Dinge" von jenseits des Raums und der Zeit miterleben mußte.
Alles Rollen UND alles Teile von einem SELBST.
Und daher ist das Rollenspielen im Sinne von "Sich selber spielen" entweder das NORMALE, ÜBLICHE Rollenspiel in beliebigen Genres, oder es ist ein gestörter Versuch sich als Bestandteil und Gegenstand des Problems auch noch an eine Analyse machen zu wollen, was garantiert nicht gesund sein kann.
Wenn ich mich selbst spielen sollte, wie ich hier im Wohnzimmer bei meiner Tasse Tee am Schleppi sitze und diesen Text schreibe, dann wäre mir das für ein Spiel zu langweilig. Wenn hingegen plötzlich etwas passiert - weil ein Spielleiter entschieden hat, DASS etwas passieren muß - und es stürmen zwei Bewaffnete zur Tür herein und machen Streß, dann spiele ich mich NICHT mehr bewußt selbst, sondern dann ist das soweit weg von MEINER Empfindung des Realen, daß es sich um etwas IRREALES handeln MUSS. - Somit könnte ich zum Messer neben mir greifen und dem ersten die Kehle durchschneiden, was ich zwar auch realiter können könnte, aber nie tun würde. Sobald ich also etwas tue, was ich nicht auch HAARGENAU SO im realen Leben täte, spiele ich eine irreale Rolle, eben ein RollenSPIEL, nicht etwa eine unbewußte Rolle als guter Familienvater, als hilfsbereiter Kollege, als übellauniger Beleidiger, oder was auch immer.
Es geht grundsätzlich nicht "Sich selber spielen" umzusetzen, ohne daß man die Grundidee des SPIELENS aus dem RollenSPIEL verläßt und man nur man selbst IST, oder daß man das SELBST "filtert" und man jemand anderen SPIELT.