RPG: Was macht ein gutes Regelsystem aus?

Regeln wenden sich IMMER an die Zielgruppe der Spieler, eher nicht an die Zielgruppe der Spielentwickler.

Der erste Spieler bin ich. Und allen direkten Mitspielern kann ich's erklären. Und da das System einheitlich und leicht ist, geht das schnell.

Wenn Du für Dich selbst mit einer Art Regeln abzufassen zufrieden bist, aber jetzt schon absehen kannst, daß sie zum einen unpopulär sein wird,

Nicht die Regeln sind unpopulär, sondern die erste Fassung der Regeln, weil sie nämlich in einem ungewohnten Stil geschrieben sind. Sollte das System überzeugend sein und ich die entsprechende Zeit haben, werde ich das System in gut lesbarer Form zur Verfügung stellen. Aber bis das System (GRW) fertig ist, braucht außer mir eigentlich kein Schwein den Kram zu lesen - deshalb verzichte ich mittlerweile auf Beispiele im Regelwerk (wofür Beispiele machen, wenn ich die Regel eh nochmal ändere und das Beispiel selbst nicht brauche?).

zum anderen wahrscheinlich so trocken und öde, daß sie kein Spieler jemals gerne(!) lesen werden wird, dann brauchst Du enorm leidensfähige Spieler.

Muss ja keiner lesen. Spiele demnächst ne neue DSA-Gruppe und verlange vor dem ersten Treffen keinerlei Regelkenntnis. Wenn das hinhaut, funktioniert das andere auch.

Spielregeln sollten schnell erlernbar sein, klar formuliert, aber IMMER, WIRKLICH IMMER LESBAR abgefaßt sein.

Klar formulierte Regeln? Mmh... Gibt's da ein Rollenspiel? Ist mir bisher nicht untergekommen.

Ein Regelwerk in Extended Backus-Naur Format ist eine Abscheulichkeit vor dem Herrn und nichts was jemals irgendein menschliches Wesen (außer einem spielerfeindlich gesonnenen, selbstgerechten Spieleentwickler) jemals lesen wird.

In was für nem Format?

Meine Warnung: Mach's nicht, außer Du stehst auf spieleentwicklerische Selbstbefriedigung, die solch eine an den Lesern/Anwendern von Spielregeln völlig vorbeigehende Abfassung von Regeln unweigerlich darstellt.

Also ob da steht MR = (MU+KL+Stufe)/3-2xAG oder MR := macht's schon mal nicht weniger lesbar. Wenn so was dreimal hintereinander da steht ist das eigentlich auch kein Problem.
Ob man jetzt seine Regeln in zwei eindeutig formulierte Sätze packt oder zehn schreibt und sich dabei widerspricht, da nehm ich doch lieber ersteres. Und Beispiele für andere kann ich beim Erklären schnell machen und kommen dann auch in's fertige Regelwerk.
 
Ancoron Fuxfell schrieb:
In was für 'nem Format?
In diesem hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Erweiterte_Backus-Naur-Form.

Da mußte ich gleich daran denken bei Deiner Bemerkung, daß Du nun statt normaler Regeltextprosa alles in Definitionen darstellen wolltest.

Ancoron Fuxfell schrieb:
Also ob da steht MR = (MU+KL+Stufe)/3-2xAG oder MR := macht's schon mal nicht weniger lesbar. Wenn so was dreimal hintereinander da steht ist das eigentlich auch kein Problem.
Das sind keine Regeln in dem Sinne, wie in einem Rollenspiel Regeln formuliert werden, sondern schlichtweg Formeln. Diese wird man sicherlich als Bestandteil der Regeln ansehen müssen, aber als einen SEHR speziellen Bestandteil und es gibt eine ganze Menge Rollenspiele, die ohne jegliche Formeln auskommen und noch viel mehr, die nur Addition und Subtraktion, aber keine Multiplikation oder gar Division benötigen. - Zudem: Berechnungen während der Charaktererschaffung sind eine einmalige Sache und somit läßlich, aufwendige Berechnungen während des eigentlichen Spielgeschehens sind spannungstötende Spaßbremsen (oder man kann gleich ein Computer-"Rollen"-Spiel spielen, denn für diese sind solche Berechnungen ja der Normalfall und für den Anwender völlig transparent).

Ancoron Fuxfell schrieb:
Ob man jetzt seine Regeln in zwei eindeutig formulierte Sätze packt oder zehn schreibt und sich dabei widerspricht, da nehm ich doch lieber ersteres.
Ich im rein technischen Regelfalle auch. Wenn die Regeln aber unterhaltsam und in der Stimmung des Spiels geschrieben werden, dann nehme ich lieber die zehn gutgeschriebenen UND klar dargelegten Sätze als eine gekrampfte Minimalformulierung im Stile von "w.m.l.s." aus vielen mir (leidvoll) bekannten Mathevorlesungen.

Ancoron Fuxfell schrieb:
Und Beispiele für andere kann ich beim Erklären schnell machen und kommen dann auch in's fertige Regelwerk.
Beispiele selbst beim Regelentwerfen aufzuschreiben, ganz konkret schriftlich niederzulegen, ist der erste Test, ob man SELBST die Regeln überhaupt verstanden hat und ob sie überhaupt in "Trockenübung" funktionieren können. Unterschätze das Feedback, daß Dir ein selbsterstelltes Beispiel für die Qualität Deiner eigenen Regelsystementwicklung geben kann nicht (obwohl ich Deinem Beitrag entnehme, Du unterschätzt es jetzt schon *seufz*). - Bedenke mal folgenden Anwendungsfall: Du hast eine Handvoll wackerer Rollenspiel-Mitstreiter gefunden, die Dein neues System ausprobieren wollen, und die sich schon die Zeit genommen haben sich bei Dir einzufinden, auf daß Du ihnen Dein System näherbringen mögest. Nun versuchst Du ohne jegliche vorherige Verifikation der Erklärbarkeit Deines - wie von Dir selbst ja bereits aufgeführt nicht für Spieler-Augen lesbar konzipierten - Regelsystems diese Regelwerk anhand von aus dem Ärmel geschüttelten Beispielen zu erläutern. Und dann verstehen es Deine (noch gut-)willigen Testspieler nicht. Und auch Dein nächstes Beispiel hat nicht den gewünschten Erfolg, weil Du eine Regel ersonnen hast, die irgendwie noch nicht ausgegoren ist, was Du bei einem Beispiel "im Simulator" eventuell bemerkt hättest. Doch jetzt, wo es sich zwar um eine Probe handelt, aber eben um eine, in der Testspieler ja auch Feedback geben sollen, da bekommst Du nur das Feedback, daß Dein Regelwerk nicht verständlich ist, weil nicht treffende und verständliche (!) Beispiele vorhanden sind, sondern Du gemeint hast, alles selbstverständlich aus dem Ärmel ziehen zu können. Doch statt guter Beispiele (und DIE MÜSSEN für Spieler in einer verständlichen Sprache formuliert sein), zauberst Du nur Kaninchen und weiße Tauben aus dem Ärmel.

Langer - wieder mal - Rede kurzer Sinn: DU BRAUCHST BEISPIELE IN EINER FRÜHEN PHASE DER REGELWERKERSTELLUNG! Ohne Beispiele wird das nicht nur nichts, sondern Du verschwendest aktiv die (Lebens-)Zeit und den guten Willen Deiner Testspieler. Ein Regelwerk MUSS mit Fokus auf die Spieler entwickelt werden, da es letztlich den Spielern etwas geben muß. Etwas, das nur dem Entwickler gefällt, das nenne ich rollenspielentwicklerisches Wichsen.:D
 
um mal wieder zur anfangsfrage überzuleiten:

meiner meinung ist wichtigstes kriterium für regeln, daß sie unauffällig sind und nicht den enzigen sinn und zweck der hintergrundwelt darstellen. ob mit vielen würfeln oder wenigen, ob mit realistisch oder cineastisch oder wie auch immer - die regeln dürfen nicht ablenken von der welt. ich will mich nach der erstmaligen runde an das abenteuer erinnern und nicht daran, wie ich proben würfel...
 
@Fuxfell: mein letztes selbstgemachtes Regelwerk ist 8 Jahre her. Ich denke das Anforderungen an ein Regelwerk eine sehr persönliche Sache sind. Ich denke du nimmst dir entweder ein bestehendes System und entfernst seine Fehler oder du nimmst von den Systemen die du kennst die Teile dir Gefallen und machst einen Amalgam daraus. Ersteres sind die bekannten Hausregeln letzteres führt nur zu einer kollage die wahrscheinlich nur dir gefällt.

Also hängt wie alle vorredner es sagten alles an der genialen Idee.

Wie wärs mit der vorgehensweise: Du baust ein minimalistisches System. Spielst damit in deiner Welt und ergänzt was du vermisst oder past an was du anders für deine Welt benötigst.


Eine hoffentlich neue Idee für Kampfsysteme im fantasy hatt mich schon länger umgetrieben Dachte ich poste sie mal, damit jeder sie in der Luftzerreissen kann: Es geht darum Simulatorischen und Gamistisches im Nhakmpf mit Waffen anzunähern.
Stadt mit gelungenen Attacken Schaden zu verursachen Sammelt man Punkte welche den Grad der Überlegenheit der eigenen Position gegenüber dem Gegner wiedergeben. Wenn man genug hat Legt man sie in die Wagschale und versetzt dem gegner einen sehr tödlichen Treffer.
 
Dabei müsste der andere dann eigentlich im Minus sein mit der Überlegenheit, oder?

Hier mal zitiert aus einer älteren Version:

Definitions-Stil
Fertigkeitsproben
Der Probenwert für eine Fertigkeitsprobe berechnet sich aus

Ursprünglicher PW Fertigkeitsprobe := Begabungswert + Fertigkeitswert

Begabungswert := Hälfte des Durchschnitts der Beteiligten Eigenschaften

Der Fertigkeitswert wird dabei höchstens in doppelter Höhe des Begabungswertes angerechnet.

Präziser Stil
Lebenskraft (L)
Gibt die Gesundheit des Charakters an. In profanen gefährlichen Situationen wird nur die Lebenskontrolle (LK) und die Lebensenergie (LE) benötigt. Jeden Tag regeneriert man so viele Lebensstufen (LS) an LE, wie man in Lebensregeneration (LR) hat. In manchen übernatürlichen Situationen wird auch die Lebensmacht (LM) benötigt.

Die Lebensenergie für einen Menschen beträgt 10. Eine Regenerationsphase findet üblicherweise einmal alle 24 Stunden während 6 Stunden Schlaf statt.
 
QuickAndDirty schrieb:
Es geht darum Simulatorisches und Gamistisches im Nahkampf mit Waffen anzunähern.
Statt mit gelungenen Attacken Schaden zu verursachen, sammelt man Punkte, welche den Grad der Überlegenheit der eigenen Position gegenüber dem Gegner wiedergeben. Wenn man genug hat, legt man sie in die Wagschale und versetzt dem Gegner einen tödlichen Treffer.
Das ist so ziemlich exakt das Regelsystem von HeroQuest/HeroWars für den sogenannten Extended Contest, also für erzählerisch wichtige Auseinandersetzungen.

Anders als den unwichtigen Extra, den man mit einem Simple Contest kurz niederkämpft, wird im Extended Contest ein "Boss-Gegner" mit ausgedehnten, vielfältigen Aktionen bekämpft.

Dabei wird das eigene Risiko, welches man bereit ist einzugehen, durch das Bieten von Aktionspunkten abgebildet: je riskanter die Aktion, desto höher das Gebot und desto mehr Wirkung - bei Erfolg gegen den Gegner, bei Mißerfolg gegen einen selbst - wird erzielt. Das ist wahrlich ein "in die Waagschale legen".

Ein vorsichtiges Austesten mit kurzen leichten Stichen aus der langen Distanz ist für einen selbst weniger riskant und wird den Gegner aber auch kaum entscheidend schwächen. Ein Sturmangriff mit einem wuchtigen Hieb kann hingegen mit einer Handlung den ganzen Kampf entscheiden - so oder so, da man sich selbst eine enorme Blöße gibt, man aber auch soviel Wucht in den Hieb legt, daß ein Treffer sicher tödlich wirken muss.

Man reduziert im Laufe eines ausgedehnten Kampfes den Aktionspunkte-Pool des Gegners und kann sogar, wenn man die Aktion des Gegners für sich nutzen kann, Aktionspunkte des Gegners in den eigenen Pool überführen. Das geht solange, bis mit einer finalen Handlung einer der Kontrahenten seine letzen Aktionspunkte verliert. Das bedeutet, daß man ihn ausmanövriert und müde gekämpft hat und er nun in den finalen Angriff förmlich hineinläuft.

Das resultiert dann in einer zumeist schweren oder gar tödlichen Verletzung, die die Kampfsequenz enden läßt. Ein sehr schwer verletzter Gegner erholt sich eventuell auch von selbst nicht mehr oder man tötet einen Wehrlosen, was aber keinen Kampf an sich mehr darstellt.

Dieser Mechanismus ist übrigens weder simulationistisch noch gamistisch orientiert, sondern ein klassisches Beispiel für ein - in dieser Hinsicht auch sehr erfolgreiches - rein narrativistisches Regelsystem. Gerade die Theoretiker-Fraktion auf The Forge kennt und schätzt das HeroQuest/HeroWars-System deswegen auch besonders.
 
ja wie auch immer. Es ist aber genau die art wie ich mir einen Kampfwünsche.
Erst ein gewisses hinund her und dann eventuell ein tödlicher Stich. Und nicht 30 wunden und dann der tödliche Stich, wobei dann eigentlich beide Kontrhanten ähnlich hohe verluste erlitten. Auch blöd ein Angriff mit Ansage auf Kopf und Tod.

Also wie auch immer die Richtung Narativistisch oder ..., Ich HeroQuest es macht wirklich ein gutes gemisch aus Realismus, Spielbarkeit......und Sicherheit der Charaktere.

Du hast von Theoretiker-Fraktion von Forge gesprochen. Bist du der Meinung das es nicht so Praktikabel ist? (<---Wertungs freie Frage)
 
QuickAndDirty schrieb:
Du hast von Theoretiker-Fraktion von Forge gesprochen. Bist du der Meinung, daß es nicht so praktikabel ist? (<---Wertungs freie Frage)
Die "Theoretiker-Fraktion" war nicht auf HeroQuest/HeroWars bzw. die HQ-Spieler bezogen, sondern auf die Leute und ihre bisweilen recht abgehobenen Diskussionen im The Forge Forum. Dort findet man zuhauf die Experten in GNS-Theorie und anderen trockenen Themen rund um den Forschungsbereich "Rollenspieltheorie". :D

HeroQuest/HeroWars ist bestens spielbar und vermittelt gerade für das magiereiche, mystische Glorantha als Spielwelt ein adäquates, flüssiges Spielgefühl und gibt den z.T. sehr High-Powered Magie-Effekten dieser Welt Rechnung den rechten Raum zur Entfaltung.

Mit QuestWorlds soll aber noch dieses Jahr das HeroQuest-Regelsystem als genreunabhängiges (generisches aber nicht universelles ;)) Rollenspielregelsystem herauskommen.
 
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