RPG: Was macht ein gutes Regelsystem aus?

Ancoron Fuxfell

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Was soll ein Regelsystem leisten können? Welche Gebiete müssen abgedeckt werden? Welche Faktoren müssen dabei berücksichtigt werden? Wie genau sollte das System sein bzw. wie einfach muss es gehalten werden? Was macht ein Regelsystem für den Meister gut, was macht es für die Spieler gut? Wo treten bei vielen existierenden Systemen Probleme auf?
 
Die Antwort ist ganz einfach: Das System muss zum Spiel passen. Ein gutes System unterstützt den gewünschten Spielstil und ggf. das Setting.
 
- es muss in Aventurien spielen
- es dürfen keine Feuerwaffen existieren :D :chilli: *piesack,piesack*
 
Die Antwort ist ganz einfach: Das System muss zum Spiel passen. Ein gutes System unterstützt den gewünschten Spielstil und ggf. das Setting.

Bleibt noch zu ergänzen, dass die Regeln klar benennen sollten, was ihr Ziel ist und welcher Spielstil unterstützt wird. Dann müssen die Regeln auch konsequent darauf hinarbeiten. D.h. wenn es in dem Spiel wichtig ist zu gewinnen, dann müssen die Regeln für Fairness sorgen. Außerdem muss erklärt sein, was die Regeln abdecken und was die Spieler unter sich ausmachen müssen. Wenn zum Beispiel ein System darauf verzichtet Ausgewogenheit zwischen den Charakteren herzustellen, muss erwähnt sein, dass man eventuell alleine dafür sorgen muss.
 
Danke schon mal für die Antworten, aber ein paar Fragen häte ich da schon noch. :D

@1of3

Ich würde mich dann mal auf Fantasy (im weitesten Sinne festlegen). Wie also muss ein Regelsystem für ein Fantasy-Spiel sein?

Bei Spielstilen gibt es ja Simulationisten, Theaterspieler und Würfelspieler (ich habe mir sagen lassen, dass diese Einteilung grottenschlecht ist, also wer ne andere hat, raus damit :D). Wie müsste ein System sein, dass alle drei Spielstile unterstützt? (Ja, das geht, weil ich spiele alles drei. Aber ich brauche noch ein paar andere Meinungen, was man beachten müsste.)
D.h. das System müsste erstmal simulationistisch aufgebaut sein, die Regeln dabei unkompliziert, damit man nicht jede schöne Szene durchs Regelwerkblättern zerstört und schließlich sollten die Kämpfe aber nicht so realistisch sein, dass man nach zweimal würfeln ins Gras beißt? Oder wie würde ihr das formulieren?

@ Scaldor
Ein Regelsystem ist erstmal unabhängig von der Welt. Feuerwaffen sind bis jetzt nicht geplant. :D Aber theoretisch soll alles unterstützt werden können.

@ Eddie
Fairness heißt, dass Charaktere genau mit Punkten zu bewerten sind und alle mit den gleichen Punkten starten? Das wird es bei mir jedenfalls ziemlich genau geben.
Welche Sachen sind denn empfehlenswert den Spielern zu überlassen?
 
Würde ich auch sagen. Es gibt schon eine Menge Systeme, die von sich behaupten für jeden Spielstil verwendbar zu sein, aber ich kenne keines, das dem Anspruch wirklich gerecht wird. Selbst wenn: Noch ein Versuch interressiert keinen.

Mein Tip: Überleg dir genau was du mit deinem System verwirklichen willst und schneidere es dann perfekt darauf zu. Kompromisse machen die Sache nur komplizierter, als sie sein müsste. Allgemeine Systeme gibt es schon genug.
 
Ancoron Fuxfell schrieb:
@1of3

Ich würde mich dann mal auf Fantasy (im weitesten Sinne festlegen). Wie also muss ein Regelsystem für ein Fantasy-Spiel sein?

Die Frage ist immer noch nicht klarer. Fantasy ist im weitesten Sinne eine Nullaussage. Was für Fantasy? Sword & Sorcery? High Fantasy? Low Fantasy? Exotic Fantasy? Dark Fantasy? Exotic Sword & Sorcery? Dark High Fantasy?

Selbst das wären noch keine genauen Beschreibungen. Genre ist nur ein Mittel, um auf der Breitbandleitung Fakten in den gemeinsamen Vorstellungsraum zu importieren. Leider handelt es sich bei diesen Fakten meistens um Color (~ Stimmung).

Bei Spielstilen gibt es ja Simulationisten, Theaterspieler und Würfelspieler (ich habe mir sagen lassen, dass diese Einteilung grottenschlecht ist, also wer ne andere hat, raus damit :D). Wie müsste ein System sein, dass alle drei Spielstile unterstützt? (Ja, das geht, weil ich spiele alles drei. Aber ich brauche noch ein paar andere Meinungen, was man beachten müsste.)

Dann hat der, der zu dir sprach sich aber sehr unklar ausgedrückt. Es gibt ein Modell (es gibt noch einige andere RPG-Modelle), dass eine solche Dreiteilung vornimmt. Das nennt sich GNS (Gamistisch/Narrativistisch/Simulationistisch).

Dabei hat Gamismus nichts, aber auch gar nichts mit Würfeln zu tun, sondern mit Gewinnen - im weitesten Sinne. Wer das Monster totwürfelt gewinnt, wer sich ein trickreiche Falle für das Monster ausdenkt gewinnt, wer seine Char-Werte hochtreibt gewinnt, wer den Rätselwettbewerb oder die Prinzessin für sich gewinnt, gewinnt schon dem Namen nach.

Simulieren kann man auch ganz verschiedene Sachen: Die Umwelt, orkische Clanspolitik, die Wissenschaft in Aventurien, gesellschaftliche Beziehungen, etc.

Und dass die Unendliche Geschichte und das Rad der Zeit zwar beides nette Geschichten sind, aber sonst nicht viel mit einander zu tun haben, sehen wir auch gleich ein.


Ein System kann in verschiedenen Teilen durchaus verschiedenen Ansätzen folgen, aber etwa die Kampfregeln können nicht gleichzeitig alles drei sein.
 
Für mich persönlich muss ein Regelsystem unabhängig von der Zielsetzung vor allem eins sein: Intuitiv und schnell.
 
Kampfsystem

Ich möchte nicht, dass jede Runde ein Charakter stirbt. Sprich: Die Treffer sind nur Streiftreffer, Ausnahme die qualitativ sehr hochwertigen oder Manöver. Manche würden sagen, dass bei einem simulationistischen Kampf sehr schnell Leute sterben würden, aber auf diese Weise kann man den Kampf simulationistisch, aber trotzdem nicht so tödlich machen.
Beschrieben werden können soll der Kampf auf jeden Fall. Das Kampfgeschehen soll man sich vorstellen können, darauf laufen die Regeln hinaus. Dürfte für die Narrativisten reichen. Bei meinen Kampfbeschreibungen kriegen die Spieler teilweise schon gar nicht mehr mit, dass ich tatsächlich einfach das Regelsystem benutze.
Die Fairness für die Gamisten wird auch bewahrt. Ein Charakter mit den gleichen Punkten kann nämlich genau so viel, wie ein anderer Charakter mit so viel Punkten und beide müssen die gleiche Anzahl Punkte ausgeben, um gleich zu werden. Ausnahme nur Vor- und Nachteile, die man sich evtl. später nicht kaufen kann.

Das Kampfsystem wird nicht cineastisch.

Sword & Sorcery? High Fantasy? Low Fantasy? Exotic Fantasy? Dark Fantasy? Exotic Sword & Sorcery? Dark High Fantasy?

Middle-Fantasy. :D Es darf schon nett Übernatürliches geben, aber man wird nicht pro Mann mit fünf Artefakten durch die Gegend rennen. Ein bisschen Richtung Dark auch, da wird's nicht an jeder Ecke Gardisten geben. Sword&Sorcery ja, aber ich weiß jetzt nicht, wo da die Alternative liegt. Für's erste wird man die Guten (mit Grautönen) spielen.

Und bei dem Spiel soll es um Abenteuer gehen, jedoch sollen die sonstigen Sachen halbwegs logisch sein.


Für mich persönlich muss ein Regelsystem unabhängig von der Zielsetzung vor allem eins sein: Intuitiv und schnell.

Jegliche Probe nach dem gleichen System dürfte schnell genug sein, oder? Das System ist leicht abschätzbar und benutzt ca. 2 Würfel.
 
Beschrieben werden können soll der Kampf auf jeden Fall. Das Kampfgeschehen soll man sich vorstellen können, darauf laufen die Regeln hinaus. Dürfte für die Narrativisten reichen.

Nein, tut es nicht, denn der Narrativist will dir kreativ erzählen, wie der Kampf abläuft, und sich nicht sklavisch an das halten, was die Würfel vorgeben.
Das Kampfsystem wird nicht cineastisch.
Spätestens nach diesem Satz ist das Kampfsystem dann für die N-Fraktion gestorben.

Der Simulationist dreht sich angewidert ab, wenn es keine sofort tödlichen Treffer gibt. Immerhin fallen die Leute in der Realität ja auch wie die Fliegen.

Und der Gamist? Der erwartet mehr "Spiel"-Elemente in seinen Kämpfen. Gratuliere, du hast einen faulen Kompromiß erzeugt, der keinem so recht schmeckt.


Middle-Fantasy. Es darf schon nett Übernatürliches geben, aber man wird nicht pro Mann mit fünf Artefakten durch die Gegend rennen. Ein bisschen Richtung Dark auch, da wird's nicht an jeder Ecke Gardisten geben. Sword&Sorcery ja, aber ich weiß jetzt nicht, wo da die Alternative liegt. Für's erste wird man die Guten (mit Grautönen) spielen.

ARGH. Dark Fantasy hat so absolut gar nichts mit der Präsenz von Gardisten zu tun...und die Tatsache, das man die "Guten" spielt disqualifiziert es sowohl für Dark Fantasy als auch für klassische Sword & Sorcery. Denn da gibt es die Gut/Böse-Dichotomie schlicht und ergreifend nicht.

Oder war Conan deiner Meinung nach der "Gute"? Immerhin ist er ein Dieb, Pirat und Söldner, und hat den König von Aquilonien vor dessen eigenen Thron erwürgt, um dann die Macht im Staat zu übernehmen.

Im übrigen finde ich es immer sehr erbaulich, wenn mir ein RPG vorschreibt, auf welcher Seite eines Konflikts ich zu stehen habe. Ich zeige ihm dann meist Ablage P, d.h. die Rundablage.

Du bist auf dem besten Weg, einen weiteren überflüssigen Heartbreaker zu schreiben.

-Silver
 
Silvermane schrieb:
Gratuliere, du hast einen faulen Kompromiß erzeugt, der keinem so recht schmeckt.
...
Du bist auf dem besten Weg, einen weiteren überflüssigen Heartbreaker zu schreiben.
Und wieder ist es die Legende... :wand:

"Faule Kompromisse" zu machen, d.h. Regelsysteme zu entwerfen, die alles wollen, aber nichts wirklich können - vor allem nicht die Bedürfnisse einer halbwegs fokussierten Spielergruppe befriedigen, kann man getrost bleiben lassen. Da kann man sich die Zeit statt mit dem Entwickeln des nächsten ungerichteten "Schuß-ins-Blaue"-Systems sparen und lieber ein Rollenspiel spielen, aus dem man die guten Ideen sowieso geklaut hätte (natürlich ohne eine eigene gute Idee zum "Würzen" zu haben).

Wo wir gerade bei den "Guten Ideen (tm)" sind: genau diese sind es, die ein Fantasy-Rollenspiel-Eigenbau zu einem klassischen "Heartbreaker" werden lassen. Die Heartbreaker-Rollenspiele sind in der Regel Klone bekannter Spielsysteme (in neuerer Zeit neben den klassischen D&D-Klonen auch WoD-Klone und in Deutschland nicht selten DSA-Klone - man denkt halt so, wie man spielt). Jedoch sind es nicht simple Klone, sondern ein Heartbreaker hat DIE EINE GUTE IDEE (tm), die ihn aus der grauen Masse der anderen, langweiligen Copy&Paste-Klone herausstehen läßt.

Und genau diese eine gute Idee ist hier (noch) nicht zu erkennen.

Also: noch nicht einmal ein Heartbreaker. Leider.
 
Mal was Konstruktiveres...

Du stellst da SEHR viele, sehr grundsätzliche Fragen, auf die Du nicht mit Ernst eine konkrete, oder gar erschöpfende Antwort erwarten kannst. Nach dem Verfolgen der bisherigen Beiträge habe ich den Eindruck, Du bist Dir selbst nicht so ganz im Klaren was Du für wen und warum eigentlich entwickeln willst.

Meine erste Empfehlung: schreib Dir die Antworten auf diese Fragen auf. Bei den Antworten versuche so spezifisch, so konkret, so detailgetreu wie möglich zu sein. Also nicht "für alle Fantasy-Rollenspieler", sondern "für Freunde heroischen, aber nicht erzählerisch-cinematischen, sondern simulationsorientierten Rollenspiels, die Spaß an taktischen Situationen haben, die sie aber ebenso sehr durch Taktieren wie durch den Glücksfaktor - z.B. Würfeln - lösen wollen, wobei die Charaktere mit der Zeit an Fähigkeiten hinzugewinnen sollen, was aber nicht den Fortschritt des Abenteuers beeinträchtigen soll. Diese Spieler wollen nicht im Geringsten Realismus, sondern sie wollen zumindest mittelfristig aus ihren Anfängercharakteren überlebensgroße Helden vom Formate eines Conan sich entwickeln sehen. Sie hängen an ihren Charakteren und wären enttäuscht, wenn sie oft durch Tod der Spielercharaktere neue Charaktere erschaffen müßten. Sie favorisieren ein mild kulturbestimmtes Spiel. Sie wollen ihre Fantasy ohne zu "moderne" Einflüsse wie Schießpulver oder Dampfantriebe. Sie mögen Fremdrassen und haben die Erwartung abseits der normalen Gegenden ständig auf Monster zum "plätten" zu stoßen. ... <das kann noch eine ganze Weile so weitergehen, aber man merkt hoffentlich, was hier bei der Zielgruppenfindung so festgehalten werden sollte>".

Aber bevor Du gleich loslegst und ein ganze Kladde an Beschreibungen anlegst: die wichtigste Frage sollte sein: Warum willst Du eigentlich selbst ein System entwerfen? - Finde die Antwort darauf und Du findest eventuell einfachere Lösungen als den kompletten Entwurfsprozess zu durchlaufen.

Was paßt Dir an den Systemen, die Du kennst, nicht? Kennst Du vielleicht ZU WENIGE andere Systeme? Eventuell gibt es auf dem großen, weiten Markt der Rollenspiele schon ein System, daß zu 95% das macht, was Du erwartest, und bei dem die 5% eigene Anpassungen als ein überschaubarer Satz an Hausregeln abgehakt werden können.

Magst Du es einfach selbst etwas werden zu sehen, wachsen zu lassen, es zu überarbeiten, zu verfeinern, usw.? - Dann könntest Du immer noch mit einer Modifikation eines bekannten Systems anfangen, indem Du z.B. ein Magiesystem, welches Du schon immer als viel cooler als das alte, schlechte in System XYZ aufgefaßt hast, ausarbeitest und in das System XYZ einfach einbaust. Dann merkst Du auch gleich, wie eng verzahnt einzelne Spielmechanismen in manchen Systemen eigentlich sind, und ob ein Umbau ("Pimp my RPG!") überhaupt Sinn macht bzw. möglich ist, oder ob er sogar sehr einfach geht, weil das Grund-System eher modular aufgebaut ist.

Hier noch ein paar Fragen, die nicht andere, sondern die DU FÜR DICH und DEIN Rollenspielvorhaben beantworten solltest..
Ancoron Fuxfell schrieb:
Was soll ein Regelsystem leisten können?
Ja, was soll Dein Regelsystem den ALLES leisten können? Und noch viel wichtiger bevor Du in die Details abtauchst: Was soll es explizit NICHT leisten?

Ancoron Fuxfell schrieb:
Welche Gebiete müssen abgedeckt werden?
Das hängt doch davon ab, was Du mit Deinem System anfangen willst. Nimm HeroQuest (nein nicht das Brettspiel, sondern das Rollenspiel, welches früher auch mal HeroWars hieß). Da gibt es EINEN Regelmechanismus für Konfliktlösung (Konflikt heißt hier nicht Kampf, sondern jegliche Unsicherheit einer Handlung, die durch einen passiven oder aktiven Widerstand behindert werden könnte. Z.B. passiv: dieser Baum ist gegen eine Schwierigkeit von 17 zu erklettern; z.B. aktiv: bei der Zusammenkunft des Clan-Rings wirft Dir beständig der Vertreter des Sturmgottes Feigheit vor den Vertretern des feindlichen Nachbar-Clans vor. Du willst Dich mit einer flammenden Prahlrede von diesem möglichen Makel reinwaschen, doch der Sturm-Khan stellt jede Deiner Heldentaten in Zweifel - hier ist das Prahlen aktiv behindert durch die Zweifelnden Zwischenfragen des anderen, ein aktiver Widerstand in dieser rein verbalen Konfliktsituation). Dieser eine Regelmechanismus deckt tatsächlich ALLES auf einmal ab. Nur eben absolut nicht im Geringsten simulationsorientiert, sondern auf reiner Erzählungsebene. D.h. nicht genau WAS passiert wird entschieden, sondern WIE es passiert. Der Rest liegt in der Erzählung von Spieler und Spielleiter.

Du willst aber explizit KEINE erzählorientierte Systemausrichtung haben, so daß genau dieses obige Beispiel Dir nicht direkt weiterhilft. Daher solltest Du Dir genau überlegen, was Du für nötig hälst durch Regelsysteme abzuhandeln, und wieviel Unsicherheit aber auch Interpretationsfreiheit Dein System dem Spieler oder Spielleiter in die Hand geben soll. Es gibt die "Wir regel immer alles komplett"-Fraktion mit Vertretern wie z.B. Midgard (so zumindest von den Autoren auch bei der Regeldiskussion zum Perry Rhodan Rollenspiel im Midgard-Forum vorgetragen) und es gibt die Fraktion des "Mach's Dir doch selbst, wir haben Dir hier gezeigt, wie die Grundmechanismen funktionieren, alle Details kann sich doch jeder Spielleiter aus dem Ärmel schütteln". Bei letzterer kann man sogar böse behaupten, daß man garkein Rollenspiel erworben hat, sondern nur eine Grundidee und alles andere muß man dann selbst machen. Stimmt. Manchmal reicht eine Grundidee - vor allem, wenn man viel Zeit hat und viel selbst machen möchte. Anderen Spielleitern, die entnervt von der Arbeit heimkommen und noch ca. 1 Stunde Zeit haben den heutigen Spielabend vorzubereiten, geht dieser zeitliche Anspruch konträr zu ihrer sonstigen Lebensrealität und sie wollen etwas Schnelles, Komplettes haben, wo sie ihre kostbare Zeit mehr mit den Kern-Aktivitäten wie dem Szenarien-Vorbereiten zubringen können.

Ancoron Fuxfell schrieb:
Welche Faktoren müssen dabei berücksichtigt werden?
Was meinst Du damit? Den Luftdruck? Oder das Genre? Oder ob es ein Regelsystem für LARP, Computerrollenspiele, Pen&Paper ist?

Ancoron Fuxfell schrieb:
Wie genau sollte das System sein bzw. wie einfach muss es gehalten werden?
Sag Du es mir. Was willst Du alles in Deinem System haben, und wie detailiert willst Du das alles regeln? Möchtest Du z.B. einen schnellen Rundenfluß im Kampfsystem, oder lieber möglichst viele Details und Handlungsoptionen, die wohlgeplant (vom Spieler!) eingesetzt werden sollen? Da kann das Kampfsystem schon mal sehr unterschiedlich detailliert ausfallen. - Soll Dein Regelwerk für soziale Interaktionen gleich detailliert sein, wie Dein Kampfsystem. Z.B. Castle Falkenstein und Savage Worlds (ein eher erzählorientiertes und ein eher spieltaktikorientiertes System) haben beide MEHR Fähigkeiten zur sozialen Interaktion als zum Kämpfen. Jedoch ist die Menge an Handlungsoptionen im Kampf bei Savage Worlds enorm viel größer als die für Übereden, Bluffen, Beleidigen, Reizen, Einschüchtern, etc. Bei Castle Falkenstein ist das anders. Da ist es ziemlich gleichdetailliert, ob man sich bei Hofe gut benimmt oder im Kampf gut verteidigt. Je nach dem Fokus des Spielsystems UND des Settings ist die Fokussierung auf Details in einem Regelwerk angezeigt. (Das heißt nicht, daß es nicht auch einige tragische Beispiele gibt, bei denen ein Fokus in die eine Richtung vom Setting, Genre, Spielertypus her angelegt ist, und bei denen das gelieferte Regelsystem komplett daneben liegt, da es eine ganz andere Art von Setting, Genre, Spielertypus unterstützt - gutes Beispiel für solch einen tragischen Fall: Engel nach D20-System.)

Ancoron Fuxfell schrieb:
Was macht ein Regelsystem für den Meister gut,
Wenn Du schon "Meister" schreibst, dann hat das einen Hauch von DSA. Liege ich da ganz falsch? - Das oder die Rollenspiele, die Du kennst, geben Dir auch Deine Grundlage zur Erwartungshaltung, was alles ein Spielleiter (Meister, Erzähler, Marshal, Game-Master, Kerker-Meister, Gastgeber, Gott, Schiedrichter, Wärter/Keeper, etc.) tun soll. Da das aber je nach Spielart, Genre, Systemumfang etc. sich enorm unterscheidet, solltest Du auch hier mal die Zeit aufwenden und für Dich aufschreiben, was Du meinst, was ein Spielleiter Deines neuen Systems alles tun soll. - Beispiel: in Unknown Armies verwaltet der Spielleiter die Trefferpunkte aller Spielercharaktere insgeheim. In Midgard weiß der Spieler immer genau, wieviel er noch aushält, weil hier der Spieler seine Ausdauer und Lebenspunkte selbst verwaltet. In Everway erzählt der Spielleiter (bei strikter Regelanwendung) stets allein den Ausgang einer Handlung nach Einsatz der Schicksalskarten - bei Engel erzählen in der Regel die Spieler nach Legung der Arkana-Karten den Ausgang und vor allem den Hergang einer Handlung selbst.

Du siehst, daß Du Dir vorher überlegen solltest, was alles der Spielleiter zu verwalten, aber auch, was alles er zu beeinflussen hat. Willst Du den mündigen Spielern mehr Autonomie zugestehen, oder willst Du den Spielleiter mit Haufen Verwaltungskram überlasten, so daß die Story vor lauter Buchhaltung auf der Strecke bleibt? So - salopp formuliert - stellen sich die Fragen dar, die Du Dir beantworten solltest.

Ancoron Fuxfell schrieb:
was macht es für die Spieler gut?
Wenn Du Deine Spieler-Zielgruppe en detail beschrieben hast, dann solltest Du bei dieser Frage stets - nein, besser - STETS, WIRKLICH IMMER einen Aspekt, ein Kapitel, einen Regelmechanismus in Deinem System finden können, der direkt auf einen Eigenschaft, eine Anforderung, eine Vorliebe Deiner Ziel-Spielergruppe bezogen ist. - Du hast Fans von taktisch-ausgeklügeltem Vorgehen: dann ist z.B. ein auf einem Kartenraster basierendes, sehr taktisch ausgelegtes Kampfsystem etwas, das diese Anforderung adressiert. Bringst Du denen ein System mit abstrakten Aktionspunkten, mit einem Bieten-Mechanismus je nach Risiko der Aktion und mit "Kampfkraft-Pools", dann fehlt der obigen Zielgruppe das taktische Element.

Ancoron Fuxfell schrieb:
Wo treten bei vielen existierenden Systemen Probleme auf?
Überall. Immer. Läßt sich nie vermeiden. - Nur, was hilft es Dir?

Wenn Du kein Steampunk magst, dann kannst Du mir sicher eine Latte von Problemen mit dem Steampunk-Setting nennen, die Dir den Spaß verderben.

Wenn Du keine kartenbasierten Konfliktauflösungen magst, dann kannst Du mir sicherlich eine Vielzahl von Dingen aufführen, die mit Würfeleinsatz besser gehen.

Wenn Du keine Hitpoints magst, dann kannst Du mir lauter Probleme und Unstimmigkeiten aufzählen, die alle mit einem mehr oder weniger anatomisch korrekten Wunden-System vermieden werden könnten.

Also Probleme gibt es vor allem, wenn das System und der Spieler/Spielleiter nicht zusammenpassen - siehe oben: Zielgruppe definieren!
 
Silvermane schrieb:
Der Simulationist dreht sich angewidert ab, wenn es keine sofort tödlichen Treffer gibt. Immerhin fallen die Leute in der Realität ja auch wie die Fliegen.

Der Simulationist in mir wendet sich eher bei dieser Vorstellung angewidert ab. Gerade das passiert in der Realität nämlich nicht allzu häufig.

mfG
bvh
 
Zwar sind viele Verletzungen/Verwundungen tödlich, aber nur die wenigsten sind sofort tödlich. Und je nach zweitlichem Setting kann man da sicher noch was reißen.
 
Der Simulationist in mir wendet sich eher bei dieser Vorstellung angewidert ab. Gerade das passiert in der Realität nämlich nicht allzu häufig.

Und ich Narr war der Meinung, das die gewaltsame Entfernung des zentralen Nervensystems oder die Zerstörung des Herzens auf dem Schlachtfeld ein schnelles Ableben zur Folge hat. Ist aber wohl doch nur 'ne Fleischwunde.

Seltsam nur, das die simulationslastigen Systeme so erstaunlich hohe Tödlichkeitsquoten bei Kopftreffern haben. Oder diese lustigen Sonderregeln für gezielte Angriffe besitzen, die meist ein sofortiges Ableben zur Folge haben.

Fehlen diese, mault der Simulationist gerne etwas von "unrealistisch" und "Warum kann ich ihm nicht mit einem gezielten Treffer den Kopf abschlagen?".

Realwelt-Realismus gehört nicht zwingend in ein simulationistisches RPG. Ganz besonders die Sorte, die sich mit Verletzungen und Langzeitschäden auseinandersetzt wird gerne spielerfreundlicher gestaltet. RPGs haben meist eine eigene Definition von "Realismus", der sich allerdings mehr am Genre als an der realen Welt orientiert.

-Silver
 
Silvermane schrieb:
Und ich Narr war der Meinung, das die gewaltsame Entfernung des zentralen Nervensystems oder die Zerstörung des Herzens auf dem Schlachtfeld ein schnelles Ableben zur Folge hat.

Schnell contra sofort. ;)

RPGs haben meist eine eigene Definition von "Realismus", der sich allerdings mehr am Genre als an der realen Welt orientiert.

Danke für die Übermittlung dieser grossartigen Neuigkeit. :D
Bei dem Wörtchen Realität (nicht "Realismus"), dass da ursprünglich verwendet wurde - und zwar ohne Einschränkungen zu machen - musste ich allerdings nun doch spontan an die reale Welt denken (und siehe da, ohne Anführungszeichen scheinst ja auch du unter der realen Welt, die reale Welt zu verstehen, und nicht etwa eine "realistische" Welt). :D

mfG
bvh
 
Auf jede Frage gibt es 1000 Antworten. Ich denke, man sollte das tun, was einem selbst Spass macht, ansonsten ist das Resultat doch nur Mittel zum Zweck (Ruhm, Geld, Macht).
Und dafür gibt es einfachere Wege, als Rollenspielsysteme zu schreiben. ;)

Ich denke, man merkt es einem System an, wenn es aus einer inneren Überzeugung geschrieben wird, dass es gut ist. Es gibt so viele seelenlose Systeme, die nur auf den Markt geklatscht werden, um die schnelle Mark zu machen. IMHO sind so die vielen d20-Zombies entstanden.
 
Also bisher habe ich immer wieder mit einem Regelwerk neu angefangen, weil ich irgendwas noch besser machen wollte. Ich möchte also nicht einfach schnell ein Spiel haben. Ob das Spiel für viele andere brauchbar wird, muss ich sowieso schauen. Ich schreibe meine Regeln in Definitionen, das ist nicht umbedingt der populärste Stil. :D (Aber mich kotzen einfach diese ewig zweideutigen Regeln an.)
 
Ancoron Fuxfell schrieb:
Ob das Spiel für viele andere brauchbar wird, muss ich sowieso schauen. Ich schreibe meine Regeln in Definitionen, das ist nicht umbedingt der populärste Stil.
Regeln wenden sich IMMER an die Zielgruppe der Spieler, eher nicht an die Zielgruppe der Spielentwickler.

Wenn Du für Dich selbst mit einer Art Regeln abzufassen zufrieden bist, aber jetzt schon absehen kannst, daß sie zum einen unpopulär sein wird, zum anderen wahrscheinlich so trocken und öde, daß sie kein Spieler jemals gerne(!) lesen werden wird, dann brauchst Du enorm leidensfähige Spieler.

Spielregeln sollten schnell erlernbar sein, klar formuliert, aber IMMER, WIRKLICH IMMER LESBAR abgefaßt sein. Ein Regelwerk in Extended Backus-Naur Format ist eine Abscheulichkeit vor dem Herrn und nichts was jemals irgendein menschliches Wesen (außer einem spielerfeindlich gesonnenen, selbstgerechten Spieleentwickler) jemals lesen wird.

Meine Warnung: Mach's nicht, außer Du stehst auf spieleentwicklerische Selbstbefriedigung, die solch eine an den Lesern/Anwendern von Spielregeln völlig vorbeigehende Abfassung von Regeln unweigerlich darstellt.
 
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